entwerden,
V., unr. abl.
– Obd. nur schwach belegt.
1.
›jm. entkommen, entwischen‹; zu  2a.
Bedeutungsverwandte:
 1; vgl.  1.
Syntagmen:
die bösen / unwerten e. lassen
;
j
. (z. B.
der täter, das kind
)
e
. (absolut);
jm
. (z. B.
got, dem teufel
)
/ e. S
. (z. B.
dem kummer, der helle, der hand Christi, den stricken
)
e
.
Wortbildungen:
entwerdung
1 ›Flucht‹ (a. 1614).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Lât ûch nicht intwerdin | dî boͤsen, dî unwerdin!
Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Ouch mit der demut eine | Der mensch von herczen reine | Entwirt gar allen stricken | Di im di vinde schicken.
Nymand czwar mac entwerden | Myner [Crist] macht nach myner hant.
Luther, WA (
1523
/
4
):
Eyn kind das getaufft ist und entflogen allen sunden, dem Teuffel entworden.
Ebd. (
1526
):
Gleich wie er [Herr] macht hat, alle gottlosen gewaltiglich zu straffen und kuͤnnen yhm nicht entwerden.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 269, 22
(
hess.
,
1540
):
hab ich noch denselbigen widerteufern greifen wollen, so ist mir nur der recht schuldigk entworden.
Kochendörffer, a. a. O. ;
Franz u. a., a. a. O.
201, 5
;
Karsten, Md. Paraphr. Hiob ;
Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
192, 3
;
2.
›jm. verloren gehen, abhanden kommen‹; zu  2a.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  1.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1632
):
Wer sich einmal in den Orden | treuer Freundschaft hat gesetzt, | und ist ihm das Herz entworden, | das er über alles schätzt.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
wir haben zu dieser zeit erlanget, das wir sicherheit haben, das uns das stift nymmer entwerden kan.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
das er [Apitz] hie geclagt hat, das ime die wolle entworden ist von seins aufhebens wegen.
3.
›sich seines eigenen Wesens entäußern, sein irdisches Selbst ablegen, um sich Gott zu öffnen und in ihm aufzugehen‹; teils subst.; zu  2a.
Texte der Mystik; 14. Jh.
Bedeutungsverwandte:
(V., unr. abl.) 8, .
Gegensätze:
1
 1, .
Syntagmen:
die formen, der mensch im selber, die sele ir selber e
.;
j. alles jedes, der eigenschaft, des seinen, des alten menschen e
.;
j. in gotte, seliglich e
.
Wortbildungen:
entwerdung
2 ›Selbstentäußerung‹,
entwordenheit
›Zustand der Aufgabe aller weltlichen und persönlichen Eigenschaften und Besitztümer zugunsten der Öffnung zu Gott‹,
entwordenlich
›entrückt, aufgelöst‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ie wir mêr des unsern entwerden, ie mêr wir in disem gewærlîcher werden.
Jostes, Eckhart
93, 12
(
14. Jh.
):
Wann sterben, [...] daz en ist niht anders dann ein entwerdung alles yedes.
Strauch, Par. anime int.
6, 14
(
thür.
,
14. Jh.
):
in disir predigade lerit meistir Eckart wi di sele ir selbir intwerdin sal.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
der mensch [...] noh nit kan under gan sines geistenriches wesens ordenlichen entwordenheit in ein war armuͦt.
Dis ist [...] ze verstenne allein nach des menschen nemunge, in der nach dem inswebenden inblike in entwordenlicher wise diz und daz unangesehen ist.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
so muͦst du an dir selber verwerden und des alten menschen entwerden.
Eichler, Ruusbr. steen
662
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
daz ist in vnserme vrsprunge do wir geistlich vs geborn werden, da súllen wir entwerden vnd sterben in got vns selbes vnd aller eigenschaft.
Jostes, a. a. O.
58, 30
;
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Vetter, a. a. O. ; ; .
Vgl. ferner s. v. (V.) 10.