entspringen,
V., unr. abl.
1.
›anfangen, beginnen‹ (räumlich, seltener zeitlich); ›entstehen, hervortreten, hervorquellen, seinen Ursprung haben‹ (von fließenden Gewässern, von Feuer, in medizinischen Kontexten auch von Adern u. dgl. sowie von Krankheitsbildern wie etwa Geschwulsten gesagt); auch: ›von wo abstammen, herkommen‹; in weiteren Ütr. (insbesondere in religiösen Kontexten) offen zu 2; Syntagmen:
ein bach / brunnen / flus / wasser, der mei, die sonne, eine krankheit, ein augengeschwer, ein gelust, die sele / warheit e
. (absolut); das blut, die blattern
(jeweils Subj.) jm., wasser aus etw., blut aus js. seite, eine flamme aus etw., die brunquelle aus dem grund, prinzen aus js. leib, die gnade, sacramente aus dem brunnen, tiere aus dem mer, ein liecht aus dem brand, der saft aus einer wunde, ein born aus gottes gewalt, die meinung bei den philosophen, die bandadern im hirn, ein born in der keuschheit, ein spasmus von einer wunde e
.; aus dem geschlecht der
[+ Familienname] e
.Wortbildungen:
entsprung
entsprünglichkeit
Belegblock:
Die [bekanten] [...] | [...] satzten jhn [Dachs] ehrlich zu tisch / | Legten jhm fuͤr Broth / Fleisch vnd Fisch / | [...] | Ohn das nach dem schnit / biß / vnd trunck / | Des Fewres flam darauß entsprungk
(Kontext: Der Dachs ist in der Hölle).
in dem êrsten ûzbruche, dâ diu wârheit ûzbrichet und entspringet, in der porte des goteshûses, sol diu sêle stân.
Ein brunne, dâ diu gnâde ûz entspringet, ist, dâ der vater ûzgebirt sînen eingebornen sun; in dem selben entspringet diu gnâde.
Da entspranck
[hier: ›aufwallen‹]
dem jungen man sijn bloyt. seind also vil Abgoͤttische meinung auch fuͤrnemlich bey den alten philosophis entsprungen.
Nam er seine Rheyse [...] am Fluß Cassanar her / welcher [...] auß dem Gebirg bey der Statt Tenuia entspringet.
das eine ist / daß du darinnen genugsam zuverstehen gibst / daß du auß dem Geschlecht der Jtalianischen Pistoln entsprungen.
Ebd.
404, 25
: waren sie beyde wie Bruͤder / so auß einem Leib entsprungen.
Gleich wÿe dÿ Sonne entspringt Jn der hoe des hÿmels.
in dem bildrichen licht der goͤtlichen einikeit ist ein inswebendú entsprunglichkeit der persoͤnlichen entgossenheit uss der almugenden ewigen gotheit.
Von gottes gewalt entsprang an der selben stat ein burne.
in dem selben oͮgenbligte, do wir des bevinden, daz got zemale vnser wil sin, so enspringet in vns ein giriger gytiger gelust.
Das ist ein grose wund wan offt spasmus oder der krampf dar von entsprı͂gt.
Wie Herculis tot wasserschlangen, | Aus denen andre gleich entsprangen.
uß herczen grund dieff | die voglin lieplich sungen, | der mey was auch entsprungen.
Des ersten des reichs zaichen, der adlar in ainem gulden veld pezaichnet got den herren, des tags sünnenclaren schein und der nacht rü, an dem alle frucht entspringet.
ez geschiht auch oft, daz gar nâhent pei enander entspringent zwai wazzer.
darnach vahet an und entspringt der vierd stamen in Beirnland aus dem edelen pluͦt und samen keiser Karl dem grossen.
von dem selbigen vrsprung alle ding sint entspringen vnd aus gen.
Es sey den, das dÿ gerechtigkait peÿ dÿ ainen yeslichen gibt sein gerechtigkait offt vnd digk von mennigklich entsprung, Zwitracht, Neidt vnd Hass.
Peil, a. a. O.
93, 1566
; Heydn. maister
18v, 4
; Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
15, 2
; Schweiz. Id. f.;
Lehmann, Rezeptb.
172
.2.
›aus einer (kausalen oder als kausal gedeuteten) Ursache entstehen, sich entwickeln, sich sachlich auf etw. gründen, aus etw. logisch folgen, in etw. seine natürliche, sachliche, logische Ursache haben‹; meist auf abstrakte Bezugsgrößen angewandt; ütr. zu 1; Gehäuft erzählende und berichtende Texte sowie Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Syntagmen
(in Auswahl): etw
. (z. B. die gnade / minne / warheit / wollust
) e
. (absolut); etw
. (Subj., z. B. der aufschlag
›Preissteigerung‹ / krieg / kummer / neid / schade / unglaube, die hoffart / ketzerei / klage / meinung / melancholei / schuld / zwietracht, das ärgernis / heil / übel / unglük, die künste / töne, die liebe gottes
[gen. subjectivus]) aus / bei / durch / von etw. (jm.) e., eine fabel von
[wo] e., etw. aus etw
. (z. B. aus dem handel, aus der rumsucht
›Ruhmsucht‹ / unkeuschheit, aus den gebresten, aus der neuen sekte
) e., etw. im geist, von Christus, von einem ursprung, von der todsünde e., die meditation von vernunft, das ewige leben vom wasser, ein argwan von den ehefrauen, die warheit von der warheit gottes e
.; e
. [+ Nebensatz].Belegblock:
das die schrifft [...] auch dazu endlich den namen vberkomen hat, das sie ein ketzer buch heisst als daraus alle ketzerey entsprungen ist.
klag die da entsprünge vss dem das einer betrogen ist.
das wasßer, das ich [Salvator] den mentschen geben, | dovon entspringet en das ewige leben!
darumb macht mann es [Gebrant Ertz] in die pflaster die da dienen zu dem miltzen / drauß dann entspringen melancholei.
der [...] legt sie [kindlein] neben das waßer als ein fündlein, daher ein fabel entsprungen.
Welches vielleicht dannenhero entspringt / dieweil wir dieselbige [Weibßbilder] so sehr lieben.
Die dritten wollen solches durchauß fuͤr ein falsches / aus Ruhmsucht entsprungenes vorgeben halten.
das die vnschuldige͂ möchten von den vnholden angebñ werdñ. do durch grosser ku͂mer entspringt.
Das get alls durch ut, re, mi, fa, sol, la, | da alle don und singen von ent springen.
Dvͥ meditacio, dvͥ da entspringet von vernunft.
Vil vnkusch kumbt vß trunckenheyt / | Vil vbels ouch dar uß entsprinckt.
von einer warheit gottis entspringent vil warheit.
sind zwitracht wort / daz ist / da aines solliche wort redet. auß denen mißhellung und zwitracht entspringt.
das arm und verdorben landt, da auf dy nott lag [...], daraus der kryeg entsprungen was.
In der andern gemain sint etleich, in der gedenchung [...] mit dem scheppfer auffstet vnde entspringt ain wollust in got.
aws diser v̈bernaturleichen wurczen entspringet czirleichayt aller tugent.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Tim. 6, 4
; Goldammer, Paracelsus
2, 52, 17
; Menge, Laufenb. Reg.
5812
; Schmidt, a. a. O.
15, 4
; Lemmer, a. a. O.
51, 17
; Hohmann, a. a. O.
109, 31
; ders., H. v. Langenstein. Quästio
203, 44
; Anderson u. a., Flugschrr.
26, 7, 13
; Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
20, 26
; Piirainen, Stadtr. Kremnitz
52
; 3.
›wachsen, erblühen‹ (von Pflanzen, Knospen usw., seltener auch von Haaren, vom Bart gesagt); häufig ütr.; Erzählende und berichtende Texte.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B. js. bart, ein baum / samen, äpfel / blumen / kräuter, gras / laub
) e., blumen durch das gras e., etw
. [wie] (z. B. schnel
) e
.Belegblock:
da ich Morolff zu jünste sach, [...] | sin bart was im dannoch nit entsprungen.
entsprungen vnder den esten gar vil lilien / rosen vnd aller hand edel gekruter.
von aller hande plumen | gel, rot, weiss und ach plau, | Die sicht man in der aw | auff durch daz grass entspringen.
laub, gras, kle | wunnikleich entspringen.
4.
›sich als Resultat aus einer Rechnung, einer mathematischen Operation ergeben‹; Fachtexte.
Belegblock:
komet eyne zal die du mit eyner figur schreybenn magst / so setz sie gleych darunder / entspringt aber eyne mit zweyen figurn / so schreyb die erste gleych darunnder.
wird auß ihnen [multiplicandus und multiplicans] erforscht / der auß ihrer vielfachung entspringende dritte numerus.
werden die darauß entspringenden 31 erste scrupel
[astronomisches Längenmaß]
[...] gantze. ‒
Vgl. ferner s. v. .5.
›sich von jm. / etw. schnell entfernen, vor jm. / etw. weglaufen, jm. entfliehen‹; resultativ: ›jm. entkommen‹; in 1 Beleg: ›(hastig) aufspringen‹; ›vergehen, verfliegen‹ (von abstrakten Bezugsgrößen gesagt); zu 2a.Erzählende und berichtende Texte.
Syntagmen:
j. e
. (absolut); etw
. (Subj., z. B. der flo, die würde, das gut / lob
) (jm.) e., j. den feinden, aus dem haus e., j. / etw
. [wie] (z. B. schnel / weit
) e
.Belegblock:
Er [Freund] ist zu fern weg / er ist entsprungen
[
enpfleuchtMentel
1466: ;
entrunnenFroschauer
1530: ;
entflohēEck
1537: ]
/ wie ein Rehe aus dem Netze. Wisset [...] | Kein Kunst zu brauchen in den sachen / | Ohn das jhr alls auff die flucht setzt / | Den Feinden entspringet zuletzt.
sus werdich mynre vrouwen quyt | und entspranch zer selver zyt.
Do ich dat hoerte, ich untspranck | Ind vant mich alre mit sweisse begossen | Umb myns droems wille.
Ryol ersahe den streych / vnd entsprang jme hinder sich.
Er [floh] waiß dann wider zu entspringen, | So lieb im sein leib, leben ist.
Dew vierd frucht ist ain verwunderung vnd ain lob, daz da snelle vnd weit entspringet.