entschuldigung,
die
.
1.
›Vergebung; Lossprechung bzw. Milderung von Schuld und Strafe aufgrund mildender Umstände‹ (resultativ; das Recht zur
entschuldigung
einer Person obliegt Gott oder einem Richter als weltlicher Instanz);

Belegblock:

Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Koͤnde denne der mensche zuͦ im selber komen und einen tieffen underval getuͦn in den grunt der demuͦtkeit fúr Got, [...] das er denne under viele sunder al entschuldigung in sin nút und in sinen grossen gebresten.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Entschuldigung des todschlags. [...] so würdt den todschlegern entschuldigung zuͦgelassen in nach gemelten faͤllen / Namlich so einer mit dryen onuersprochen mannen [...] dar thuͦn mag / das er sich syns lybs vnd lebens erweren muͤssen.
2.
›Bitte einer beschuldigten Person um Vergebung, Bitte um Entlastung von Schuld und Strafe aufgrund eines unterstellten bzw. tatsächlichen Normverstoßes‹ (allgemein); im Einzelnen (metonymisch hier anschließbar): ›Rechtfertigung, Begründungs-, Verteidigungsrede‹ (des Angeklagten oder eines für diesen Sprechenden); ›Fürsprache durch eine andere Person‹; ›entlastende Antwort auf einen Vorwurf‹; ›Bitte um Nachsicht für ein erwartetes Nichterscheinen‹; ›Nennung strafmildernder Umstände‹; wohl auch: ›juristischer Ein-, Widerspruch‹;
vgl.  35.
Syntagmen:
eine e. annemen / (dar)tun / sagen
;
die e. gut sein, gelten / helfen, gut stat finden
;
keiner e. bitten
;
der e. glauben
;
auf einer e. bestehen, jn. mit / zu einer e. ausziehen, etw. zu seiner e. tun, etw. zu e. genug sein
;
die frevenliche / unbeweiste, redliche / warhafte e
.;
die e. des deutschen adels, der helfer, gemeiner eidgenossen
;
ane e
.

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor.
180, 7
(
Lübeck
1639
):
Jede Entschuldtgung ist gut / wenn sie gute statt find oder gilt.
Ebd.
27
:
Wenn ein Entschuldigung nicht helffen wil / muß man ein andere Ausflucht suchen.
Köbler, Ref. Wormbs
104, 22
(
Worms
1499
):
so einer zu siner entschuldigung in notdurfft vor der oberkeit oder ym Rechten vßziehen oder inred thuͦn wolt [...] vñ fürgebe etwas das war yme zu der sach dinstlich vnd dasselb bewyst der were nit schuldig der schmach.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
[dem meidtlein ward das beuchlein schwellend] kondte es kein weitere entschuldigung oder antwort sagen, denn das es niemand anderst, dann den stuͤl bey im hett funden.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
328, 16
(
thür.
,
1474
):
Wo er aber sulche ehafte nodt, die ym zcu entschuldigung vorbimeltes thuns gnugsam seyn mochte, nicht wurde furbrengen, szo [...].
Meisen u. a., J. Eck
3, 3
(
Leipzig
1520
):
Des heilgen concilii tzu Costentz, [...] und auch des teutzschen adels entschuͤldigung, das in bruder Martin Luder mit unwarheit auffgelegt, sie haben Joannem Huß [...] wider babstlich, christlich, keyserlich geleidt und eydt vorbrandt.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
So aber der Tetter der tat on laugen were, aber desshalb redlich entschuldigung, die in, wo er die bewise, von peinlicher straff entledigen mochten, anzeiget.
wann ein soͤlche moͤrderin auff gedachter jrer angemasten vnbeweysten frevenlichen entschuldigung bestehen wolt.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
er hette ein husfroͮwe, er kunde nút kummen, und bat keiner entschuldigunge.
Anderson u. a., Flugschrr.
14, 1, 1
(
Straßb.
1524
):
Entschuldigung gemeyner Eydtgnossen: über die artickel so jnen [...].
Maaler (
Zürich
1561
):
Entschuldigung (die) Ein entledigung vnnd erklaͤrung oder erleüterung an eine͂ ding nit schuldig seyn.
Gnuͦgsame Entschuldigung. [...]. Entschuldigung anzeige͂ vnd fürwenden. [...]. Ein Entschuldigung annemen / vnd sich deren vernuͤgen / Für entschuldiget haben. [...]. Ein Entschuldigung guͦt lassen seyn. [...]. Mit Entschuldigung.
Rapp, UB Stuttg. (
schwäb.
,
1452
):
Lieber Richart, din entschuldigung haben wir vernommen und woͤllent dich also fúr entschuldiget halten.
Rot
290
(
Augsb.
1571
):
Apologei, Entschuldigung / verantwortung.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
Swen man uͤberzewgen mach mit siben zewgen, [...], daz er schuldich ist, dez beredung und seiner helffer entschuldigung sol man nicht nemen.
Ruh, Bonaventura
354, 26
;
Köbler, Ref. Nürnberg
352, 5
;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Köbler, Stattr. Fryburg ;
Hulsius
M jv
;
Vgl. ferner s. v.  3,  22,  6.
3.
›Ausrede einer beschuldigten Person für einen begangenen Normverstoß, um Nachsicht heischende Rechtfertigung, nachträglich vorgebrachter Vorwand für ein Fehlverhalten‹; anschließbar an 2, im Unterschied dazu bezogen auf eine unberechtigte Rechtfertigungsrede ohne Reue, auf schlaue Täuschung;
Mittleres und späteres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl.  2, (
die
5, (
der
3, ,  6,  1,  3,  14,  1,  1, .

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor.
180, 9
(
Lübeck
1639
):
Der ist einfaͤltig / der keine Entschuldigung weiß.
Luther, WA (
1520
):
wie hubsch kunden sie yhrer schand ein questen und entschuldigung flechten auß den blettern dißes heyligen.
Ders., WA Bibel (
1546
):
das sie keyn entschuldigung haben
[
Mentel
1466:
das sy sein vnentredlich
, Var. 1475
2
-1518:
vnentschultlich
; nd. Bibel 1478:
vnvthsprekelich
; Röm. 1, 20]
, die weyl sie erkandten, das eyn gott ist, vnd haben yhn nicht preysset als eynen got.
Stambaugh, Friederich. Saufft.
35, 13
(
Frankf./O.
1557
):
niemand am Juͤngsten tage entschuͤldigung vorwenden kuͤndte / als sey er nicht gewarnet worden.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1603
):
so der mensch von natur fürwitzig und in eines ieden kopff ein sonderlich sinn und anmuht, er kein entschüldigung hette, sich der warheit zu entschlahen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
Wann nu habent sy kein entschuldigung von ir súnde
[
Krumpach
1522:
damit sie yre sunde verdeckē kunnē
;
Luther
1545, Joh. 15, 22:
ire sünde zu entschüldigen
].
Nichten neyg mein hertze in die wort des vbels: zeentschuldigen die entschuldigungen in den súnden
(Vulgata: Ps. 140, 4).
Goedeke, Fischart. Schiff/Kehrab
354
(
Straßb.
1576
):
such in deim formular, | Da findts entschuldigung gleich par.
Ruh, Bonaventura
360, 18
(
orhein.
,
um 1480
):
daz du in schuld sprechen und bichten gantz vnd gar vnd gewor vnd bloß, on alle virheng der entschuldigung, verbergung oder verdeckung dim bicht vatter [...] offenbaren solt mit dinem eigenen mund.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
33, 10
(
mslow. inseldt.
,
1534
):
śollen śein fürgeśtelte Pürgen [...] on ferner vorZueg, einred oder entśchuldigung gantzlich vnd gar śamPt den Vnkośten ein genüegen than.
Anderson u. a., Flugschrr.
23, 6, 5
.