enthalten,
V., unr. abl.;
dicht vernetztes Bedeutungsspektrum; in 1-4 subjektbezogen, meist refl. gebraucht; in 5-7 transitive Verwendungen, die semantisch meist den Schutz der in der Objektposition stehenden Bezugsgröße ausdrücken; 8 auf räumliche oder räumlich vorgestellte Gegenstände und Sachverhalte bezogen.
1.
›sich von einer (meist negativ bewerteten) Bezugsgröße fernhalten, etw. meiden‹; auch: ›sich zurückhalten, beherrschen, auf etw. (z. B. auf die Ausführung einer beabsichtigten Handlung) verzichten, keinen Gebrauch von etw. machen‹; speziell: ›innehalten, über etw. nachdenken‹; in religiös motivierten Texten auch ütr.;
zu  3a,  21.
Gehäuft anleitende und berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2,  4,  1,  8, ,  34; vgl.  2, (V.) 345.
Syntagmen:
j. / etw
. (Subj., z. B.
js. natur, js. füsse
)
sich e., sich e., das [...], sich e., zu
[+ Inf.];
sich e. S
. (Gen., z. B.
des krieges, der lästerung, des geschreies, des lachens / predigens / redens / saufens / zankens, der schmäworte / wirtshäuser, der bösen tat, der tätlichen handlung, der französischen wörter
)
e
.;
sich in der lust e., sich von etw
. (z. B.
von fleisch / wein, von der güte / der unsauberkeit, von den sünden / urteilen, von ehelichen werken
)
e., sich vor etw
. (z. B.
vor fluchen / zorn, vor der speise, vor den opfern
)
e
.
Wortbildungen:
enthaltig
›enthaltsam‹,
enthältnis
1 ›Zurückhaltung‹.

Belegblock:

Anderson u. a., Flugschrr.
12, 4, 26
(
Wittenb.
1522
):
die glaubige sich solte͂ endhalte͂ / vor de͂ opffern.
Luther, WA (
1522
):
ein Pfaff, Münch oder Nonne, die sich nicht enthalten kann, der neme ein weyb unnd sy ein man.
Ebd. (
1528
):
Es sollen sich auch die Prediger aller schmehwort enthalten.
Ders. Hl. Schrifft.
Apg. 15, 20
(
Wittenb.
1545
):
schreibe jnen [Heiden] / Das sie sich enthalten
[
Mentel
1466:
enthaben
]
von vnsauberkeit der Abgötter.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Swenne sich der mensche dêmüetiget, sô enmac sich got niht enthalten von sîner eigenen güete.
Jostes, Eckhart
34, 19
(
14. Jh.
):
sel, ganch uz dir selber, [...] enthalt dich, daz du nimmer wider zuruk [...] sehest.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
11890
(
rib.
,
1444
):
Myne voisse sich neit unthalden en konnen | Vur huppen.
Köbler, Ref. Franckenfort
85, 20
(
Mainz
1509
):
lesteru͂g bey pene nach ermessigu͂g des gerichts sich enthalte͂.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
wenn du nun gen Pariß kombst, mustu dich dieses geschreys über die münche enthalten.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
38, 25
(
omd.
,
1487
):
Szagt aber das rechtt. das sich ehliche leẇtte [...] von ehlichen wercken. dreÿ, vier adder sÿben tage sollen enthaldenn.
Strauch, Par. anime int.
62, 34
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz andere inheltnisse, [...], daz man keinis dingis also vil neme, man inmugis me nemen.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
2, 85
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
das sich der mensch von allen urtailen seins nehsten enthalt.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
30
(
Nürnb.
1517
):
fing er an zu disputieren, worumb got geboten, sich zu enthalten von EINEM holz des paradeiß.
Franck, Klagbr.
226, 13
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
ich kan mich nicht enthalten / das ich nit herauß far.
Ders., Decl.
350, 31
(
Nürnb.
1531
):
Cheremon [...] sagt / das die alten Egyptischen pfaffen sich von weyn vnd flaisch alweg [...] enthalten haben.
v. Keller, Ayrer. Dramen (
Nürnb.
1610
/
8
):
Enthalt euch forthin böser that!
Schorer, Sprach-Verd.
2, 22
(
1643
):
Solte ein solcher halbgebackener Teutscher Frantzos sich der frantzoͤsischen Woͤrter enthalten?
Bachmann u. a., Volksb. (
alem.
,
15. Jh.
):
Do nun Karlus grosser wißheit was, do enthielt er sich ein wil und hanckt sin houpt nider.
Wickram
4, 14, 16
(
Straßb.
1556
):
welch hauß unnd hoff / meinen kinderen verbotten sind / deren kan und will ich mich auch wol enthalten.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
123, 66
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
daruͤmb daz sew dew geistleichisten vnd die enthaltigisten sein von weltleichen dingen.
2.
›sich an einem Ort aufhalten, wo verweilen, zu Gast sein; an einem Ort wohnen, leben; wo Zuflucht finden, sich verstecken‹; negativ wertend: ›wo herumlungern, sich wo herumtreiben‹; auch: ›anhalten, warten‹; in rechtlichen Kontexten häufig mit der Verpflichtung verbunden, einen bestimmten Ort nicht zu verlassen; in religiös motivierten Texten ütr.;
zu  6, vgl.  5.
Gehäuft erzählende und berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
 1,  3, (V.) 5; vgl. (V.) 1,
1
 5.
Gegensätze:
 4.
Syntagmen:
j. / etw
. (z. B.
das wild
)
sich
[wo]
e
. (z. B.
als gast, bei jm., in erbarkeit
),
das kind sich in der bärmutter e
.

Belegblock:

Luther, WA (
1542
):
ist jnen gleich wie dem gifftigen Thier Salamandra, welches so kalt ist, das es auch im Fewer leben und sich enthalten kan.
Ders. Hl. Schrifft.
1. Mose 12, 10
(
Wittenb.
1545
):
Da zoch Abram hin ab in Egypten / das er sich daselbs / als ein Frembdling / enthielte
[
Mentel
1466:
daz er do ellend was
, Var. 1475
2
-1480:
ellendet
, 1483-1518 /
Eck
1537:
ein pilgrim wer
].
Chron. Köln (
Köln
1499
):
he [buschof Dederich] zerstoerde [...] vil roufsloesser ind husere, dae sich die straissenreuvere zo enthalden plaegen.
Feudel, Evangelistar
47, 21
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
myne [Jhesus] sele ist betrubit [...], inhaldet uch
[
Mentel
1466:
enthabt euch
; Mk. 14, 34]
hy unde wachet mit mir.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
Do entpot deme herzogen der konigk von Sicilien, das her sich enthilde den wynter yn Bulgarien.
Quint, Md. Karl u. Eleg.
222
(Hs. ˹
thür.
,
n. 1455
˺):
Vel wege gingen in dy lant. | Do enthylt der fuͥrste wol bekant. | He wuste nicht, wor he hen solde.
Holtzmann, Gr. Wolfdietrich (Hs.
A. 15. Jh.
):
under eines steines ecke enthielt sich der werde man, | bisz der ritter edel ein nuwe kraft gewan.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
doctor Karelstatt hett sich hievor bey etlichen burgern allhie enthalten.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
die stat die nohe bi der ringmuren stundent, [...] verbranten sü, das sich die vigende nüt soltent darinne enthalten.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
biz daz die winde alle vergangen sint, | enthalt by disem staden alhie.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1547
):
Die römische kai. mt. [...] laßt allen vnd jeden kriegßleüten [...] gepieten, [...] in jre haimet oder an andere ort, da sy gedencken zeleben oder sich zuenthalten, ziehen.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1565
):
Man sol auch [...] aufsechen haben, wo muessig leut sich im gericht enthielten, nit arbaiten und kainen [...] erbern handl haben.
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
Vgl. ferner s. v. ,  1.
3.
›sich in einem bestimmten Zustand bewahren, halten‹ (allgemein); speziell von Lebensmitteln: ›sich halten, frisch, genießbar bleiben‹; auf Personen bezogen (in sehr unterschiedlichen Situationen) z. B.: ›sich ernähren, am Leben erhalten‹; ›sich, eine militärische Stellung gegen einen Angriff verteidigen, behaupten, sich vor einer Gefahr schützen‹; speziell (religiös motiviert): ›sich in einem Zustand der Weltabgewandtheit halten, sich nicht von weltlichen Gegebenheiten stören lassen‹;
zu  6, vgl.  424.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 2,  1, (V.) 9; vgl.  626,  2,  16.
Syntagmen:
der wein, das mel / tier sich e., die rose sich in dornen e
.;
sich js. / e. S
. (Gen.obj.)
e
.;
sich am jüngsten tage, ane speise, in erbarkeit / reinigkeit des leibes, mit etw
. (z. B.
mit wer
),
wieder jn., vor jm
. (z. B.
vor tausend helden
)
/ etw
. (z. B.
vor dem tod, vor durst / kälte, vor stichen
)
e., sich zu
[+ Ortsangabe]
e
.;
sich ärmiglich / lange / leichtlich / manlich / unschlafend e
.
Wortbildungen:
enthalten
(Adj.) ›treu, zuverlässig‹ (im Beleg als Übersetzung zu lat.
fidelis
; dazu bdv.:  16).

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Kol. 2, 19
(
Wittenb.
1545
):
der gantze Leib [...] an einander sich enthelt
[
Mentel
1466:
gemacht die fúgungen mit der ambechtunge
, Var. 1475
2
-1518:
durch [...] zuͦsamenfuͤgung vndergereychet vnd gebawen
]
/ vnd also wechst zur Göttlichen grösse.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen
39, 2
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
Saul, der [...] | [...] sich enthielt | vor tûsent helden küene.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Der ist alsô einvaltic und alsô kleinvüege
[›vergeistigt‹]
, daz er sich in dem abegescheidenen herzen wol enthalten mac.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
do nu des bischofs lude sain, dat si sich niet me enthalden moichten, so vlo der bischof under sinen luden.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Jr keinr kundt sich vor mir [Todt] enthalten.
Die Magd enthielt sich kaum daselb, | Es fehlt nit viel, das sie [...] | Auch in den Bach gefallen wer.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
10, 13
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
alle irdische creatüre, [...] wie lang sie sich enthalten, [...] müßen zu nichte werden.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
20, 37
(
omd.
,
1487
):
du̇ vnder hu̇ndertten kaẇm einen findest der sich Jn reÿnigkeit seins leÿbes, bÿß er ein weÿp genÿmpt enthalde.
Schmitt, Fachprosa
54, 19
(
nobd.
/
thür.
,
3. V. 14. Jh.
):
sint di wyn [...] der naturen, das si lichtlichin osmakhaft werdin, is si das man si halde in gepichtin vassin; so enthaldin si sich eczwas.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
neme diese lere
[des
Wickliff
]
über hant, so wolten sie [pfaffen] sich wol enthalten
(›behaupten‹).
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Wan allß die ros in dornen sich enthellte.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
wir sollen uns enthalten, als lang wir können.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1525
):
damit der schuͦlmeister dester bas bim dienst bliben und sich enthalten mög.
Guth, Gr. Alex. (Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
der helffant vil [...] | [...] mohten sich nit | Vor ir herten stich | Enthalten und begunden | Fliehen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
cham der kayser auff Ober-Cily und enntthyeldt sich da [...] als lanng, das die lanndtlewt von Steir [...] chamen im zu rettung.
Gereke, Seifrits Alex.
5372
(
oobd.
, Hs.
1466
):
das viech das tet permiklich | es macht vor duerst nit enthalten sich.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
Wannd dieselbe frawe was eines keẃschen lebens und irem eemann enthalden und getreẃ.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
98, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Sy [Medea] rawnt im [Josan] haimlich in sein or, | er solt unschlaffent sich ein zeit enthalten.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2656
;
Hübner, Buch Daniel ;
Reithmeier, B. v. Chiemsee ;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. ;
4.
›sich auf eine bestimmte Weise verhalten‹; meist in Verbindung mit einem wertenden Adverb;
zu  6,  19.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 6,  4,  33.

Belegblock:

v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
20, 34
(
omd.
,
1487
):
lewthe, [...] dÿe sich Jn einem bu̇ßfertigenn leben kewschlich enthalden.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
ob sich ain burgermaister [...] unrecht stalti und sich widerwerticlich enthielti, daz man kuntlich gebresten an im spurti.
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
Merck wie sittlich der hofnascher sich enthelt.
5.
›jn. / etw. in einem bestimmten Zustand erhalten, bewahren‹; ›jn. / etw. (vor jm. / e. S.) beschützen‹; ›jn. am Leben erhalten, ernähren‹; auch: ›(Vieh) halten‹; ›etw. instand halten; etw. verwahren, aufbewahren‹ (auf Sachen bezogen); auch: ›etw. (z. B. eine Burg, eine Festung) halten, gegen einen Angriff verteidigen‹; ›im Kampf standhalten‹;
offen zu 6; zu  6, vgl.  342627.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 1,  3,  12,  12, , , ; vgl.  456,  4, .
Syntagmen:
jn
. (z. B.
die bürger / dürftigen / kinder / strassenräuber / sünder, das volk
)
e., etw
. (z. B.
den hof / leib, die freundschaft / stat, js. ere / natur, das schlos, bergregister, die güter / kleider / schuhe
)
e., etw. als einen schaz e., j
. (z. B.
got
)
/ etw
. (z. B.
der trost, gottes wort
)
jn. e., die hasen ire jungen, frieden / einigkeit die freiheit e., j. jn. aus liebe, etw. an seinem wesen, in verwarung e., j. jn. in js. kosten, mit almosen / speise / trank, mit dem geiste e., jn. von der pein, vor dem tode e
.;
jn. gnädiglich e
.;
etw
. [wo] (z. B.
in js. behausung, in einem schlos
)
e
.;
e. S
. (Gen.obj.)
e
.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
[der Meister] wisse [...] so viel meel teglich [zu] machen, das davon hundert Personen Jahr und tagk enthalten sollen werden.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
lemet ein gethemet tier eynen menschen, sin wert sol vor iz buͦzen, ob her iz nach deme schaden huͦset vnde vntheldit.
Luther, WA (
1520
):
drumb gieng yhn [kindern vonn Jsrael] got fur am tag mit einer lichten wolcken, [...] speysset sie [...], enthielt yhre kleyder unnd schuh, das sie nit zurissen.
Ebd. (
1535
):
Denn der Gottlosen arm wird zerbrechen, Aber der Herr enthelt den gerechten.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Got ist vͥber elluͥ ding ein instan in sich selber vnd sin instan das enthaltet alle creaturen.
Dar umbe heizent sie [gnâde] götlîche tugende, [...] wan si alliu dinc lebendic machet und entheltet an irm wesene.
Wyss, Limb. Chron. U (
mfrk.
,
1395
):
Auch ist geret, daz ich [Johan] dẏ stat unde dẏ burgere von Limpurg enthalden sal [...] wedder ire vigende.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
rhfrk.
1523
):
du
[Franz von Sickingen]
habst [...] witwen und weisen gemacht, stroßen raüber enthalten.
Köbler, Ref. Wormbs
233, 8
(
Worms
1499
):
soͤllen [...] die güter [...] one schedlichen abgang [...] enthalten werden.
Ebd.
323, 5
:
wir auch haben durch natürlichen verstant [...]. das frid vñ einigkeit enthalten fryheit der menschen.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
154, 8
(
omd.
,
1554
/
1663
):
Bergregister werden [...] durch den bergkmeister [...] wohl verwahret, unter zweyen unterschiedtlichen schlößern enthalten.
Küther, UB Frauensee
277, 8
(
thür.
,
1495
):
Wan auch dy megedachtenn Claus unnd Cunne [...] denn hoff nicht mehe enthaldenn kundenn.
Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
181, 26
(
osächs.
,
1542
/
70
):
Diejenen, so peinlich gesatzt, sollen [...] mit notturftiger speis und trank enthalten werden.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
was gehoͤrt wunders her zuͦ das din arme nature enthalten werde!
Koppitz, Trojanerkr. (Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Aller fürstenklichen craft | Enthïltte
[›hielt stand‹]
in gantzer ritterschaft | Pasirius der kurtze.
Bachmann, Haimonsk. (
halem.
,
1530
):
Der manlich man enthalt sin volck nebend im.
Bächtold, N. Manuel. Papst
96, 1764
(
Zürich
1525
):
wir wend in rat, | Zuͦ luͦgen, wie wir unsern stat | Enthaltend und ouch witer merind.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1490
/
1500
):
hertzog Ludwig [...] lag da 2 tag und verprant [...] das schloß Radaw, da waren 34 gesellen uf, die enthielten das 1½ tag.
Ebd. (
1523
/
7
):
dieweil ich [Luther] ein mensch und nit gott bin, so mag ich meine biechlin durch kain ander handlung enthalten, dan mein herr Jesus Kristus sein selbs leer underhalten hatt.
Karnein, de amore dt.
96, 273
(
moobd.
,
v. 1440
):
die hoffnung vnd trost [...] machet mein senndlichen leyden ain klain ringer vnd tut mich endthallden.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1590
):
die zehentner sollen stier und beern auf ihren höfen enthalten wie billich.
Quint, Eckharts Trakt. ;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Päpke, Marienl. Wernher ;
Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 57, 37
;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ;
Winter, a. a. O. ;
v. Maren, Marquard. Ausgabe
134, 2
;
Vgl. ferner s. v.  2,  11.
6.
›jn. bei sich aufnehmen, beherbergen, jm. Aufenthalt, Schutz, Unterkunft gewähren‹; auch: ›jn. vor jm. / e. S. in Schutz nehmen, verstecken‹; das Verwendungsspektrum deckt die Beherbergung hochgestellter Gäste ebenso ab wie die Aufnahme schutzbedürftiger und / oder am unteren Rand der Gesellschaft stehender Personen; auch: ›jn. (finanziell) unterhalten, unterstützen‹; seltener: ›jn. in seinen Dienst nehmen‹;
zu  6,  18.
Bedeutungsverwandte:
 10, (V.) 18,  3,  1,  1,  1, ,  7; vgl.  2,
1
 1.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den bauern / kardinal, Martin Luther, betler / feinde / juden / landsknechte / pilger / sieche / zigeuner, arme menschen, gelerte leute, unerliches volk
)
e., das volk in der wagenburg e., j
. (z. B.
der bischof / herzog / könig
)
jn., got die gläubigen e., j. jn. lange, in seinen gebieten / häusern / städten, in einer herberge, von der pein, wieder die feinde, zu nacht e
.
Wortbildungen:
enthaltgeld
›Lohn eines Soldaten, Sold‹ (a. 1410; dazu bdv.: vgl.  1, ),
enthältnis
2 ›finanzielle Unterstützung, Unterhalt‹; 3 ›Zuflucht, Schutz‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
were disser vordampt Apostata nicht zu hoff komen adder ya von den hoͤfischen enthalten, Es were viel blutvorgiessens [...] vorblieben.
Ders., WA Bibel :
Philadelphus war sonderlich ein feiner Koͤnig, der [...] viel gelerter Leute enthielt.
Reissenberger, Väterb. (
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Mit grozer demutikeit | Baten sie [geste] den alden | Daz er sie wolde enthalden.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
do rait er [Cunradus] zu dem künig von Ungern, der enthielt in ein zeit.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
um 1525
):
daraus volgt, [...] das mich [Karlstat] in diser statt [...] nyemand hawsen, hofen, essen, trenken, furschieben, noch enthalten soll.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
821, 25
(
els.
,
1362
):
Do von det sú [heilig Otilia] buwen [...] eine herberge do alle bilgerin vnd arme menschen enthalten wurdent.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
die hüsere die uf dem burggraben stundent, den brach men die wende [...], das men keine entheltnysse dinne möhte haben.
Kurz, Murner. Luth. Narr (
Straßb.
1522
):
Wer nit ein besundern sitz
[hier: ›Platz‹]
moͤcht han, | Der mag wol in den buntschuͦ gan, | Der sitz enthalt wol iederman
(auch zu 8 stellbar).
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1498
):
Es sol niemand dhain frömbden bettler lenger enthalten den uber nacht.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1490
/
1500
):
der stat Augspurg veind solt hertzog Ludwig nit mer enthalten.
Turmair (
Ingolst.
,
1519
):
damit si [güeter] in beleuchtung der selben stift und in enthaltnus der armen [...] ewiglich zu aufnemung dienen sollen.
Ebd. (
moobd.
,
1522
/
33
):
künig Ernst [...] enthielt doch alles sein volk in der wagenpurg.
Meisen u. a., J. Eck
30, 35
(
Ingolst.
1526
):
hat sich der bischoff gegen euch erbotten, ewere predicanten in seiner expens [...] zuͦ enthalten.
Siegel u. a., Salzb. Taid. (
smoobd.
,
1565
):
Das niemand frembde unbekante persohnen, als zigeiner, landsknecht, petler oder ander feierende, verdechtige persohnen nit behausen, beherbergen oder [...] enthalten.
Schottenloher, Flugschrr.
34, 4
;
Baumann, a. a. O. ;
Holtzmann, Gr. Wolfdietrich ;
Roder, Stadtr. Villingen ;
Mollwo, Rotes Buch Ulm ;
Rwb  f.;
7.
›jn. / etw. von e. S. zurückhalten‹; ›jn. / etw. (physisch) festhalten, aufhalten, an der Ausführung einer Handlung hindern‹; auch: ›jn. wo (z. B. im Gefängnis) festhalten‹;
zu  6, vgl.  1.
Phraseme:
jn. gefänglichen enthalten
›jn. gefangen nehmen, verhaften‹.
Bedeutungsverwandte:
 7,  15202126,  22,  3, ; vgl.  3,  8.
Gegensätze:
 1.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
einen boten / prediger
)
e., etw
. (z. B.
geld, den zorn, die begerung / hand / sonne, die gedanken / zungen, das herz des menschen
)
e., jn
. [wo] (z. B.
in eisen, im turn, auf dem schlos
)
e., jn. durch jn. von etw. e., der könig / schultheis, die richter jn. e., die luft die pfeile, ein anker das schif e., die gemsen sich mit den hörnern e., jn. bei wasser und brot, in verwarung, in banden, lange, eine woche e
.;
Jesus an den nägeln
[
am kreuz
]
e. werden
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Herre got, [...] | [...] | du entheldes dinen zorn, | daz wir niht werden vorlorn.
Luther. Hl. Schrifft.
Weish. 1, 11
(
Wittenb.
1545
):
SO hütet euch nu / fur dem schedlichen lestern / vnd enthaltet
[
Mentel
1466 /
Eck
1537:
schont
; nd. Bibel 1478:
spart
;
Froschauer
1530:
gewaͤnnend
;
Dietenberger
1534:
verwaret
]
die Zungen fur dem fluchen.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
dar umbe ist er [got] mir als liep und sage im als grôzen dank [...], daz er mir ez [lebene] entheltet
[hier: ›vorenthält‹]
, als daz er mir ez gibet.
Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
so hat der rat etwe manich gelt ußgeben [...], das er doch wole enthalten gehabt hette.
Perez, Dietzin
1, 409, 5
(
Frankf.
1626
):
Cleria [...] hette es auch vollbracht / wo sie nicht durch den Flavium were verhindert worde͂ / der sie [...] davon enthielt.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
331, 32
(
thür.
,
1474
):
Ist [...] Peter Bratfischs [...] peynlichen angenomen und derwegin gefencklichen enthalden wurden.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
an denn negeln ploß | Enthaldenn ward [Jesus] so faste | Das hant noch fuß auß praste.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Ich weiß nit, was entheltet mich, | Daß ich [...] dich | Nicht schlag.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
563, 13
(
els.
,
1362
):
Do enphing der luft die phile vnd enthiel die daz su in [sant Sabinianus] nút fúrsertent.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1592
):
das si denselben [...] in gefencknuss legen und, biß er widerumben nüechter würdet, enthalten.
Jörg, Salat. Reformationschr.
51, 17
(
halem.
,
1534
/
5
):
da er [Josue] den sunnen ij tag enthiellt
(hier: ›anhielt‹).
Fischer, Eunuchus d. Terenz (
Ulm
1486
):
der ritter der vor so fraidig was das in niemand enthalten mocht.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2312
;
Berthold u. a., Zwick. Stadtrref.
51, 20
;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v. ,  6,
1
,  15,  1,  2,
1
 12,  3.
8.
›etw. räumlich (als Hülle, Gefäß usw.) umschließen, enthalten, in sich aufnehmen‹; auch ütr., dann z. B.: ›etw. beinhalten‹ (von Texten gesagt);
zu  6,  7.
Gehäuft ˹älteres Frnhd.; Texte religiösen Inhalts˺.
Bedeutungsverwandte:
 1922,  16,  2, ; vgl.  2,  8, (V.) 24, (V.) 2.
Syntagmen:
ein insiegel die warheit e
.;
ein fas
(Subj.)
wasser e., ein brief / privileg / vertrag
[einen Sachverhalt]
e
.
Wortbildungen
enthältnis
4 ›Behältnis, Kasten, Tasche‹ (dazu bdv.:
1
 1).

Belegblock:

Jostes, Eckhart
61, 2
(
14. Jh.
):
Wazzer ist in einem vazze, und das vaz enthelt sin.
Schmitt, Ordo rerum
201, 8
(
omd.
,
1466
):
Capsa entheltniß [...] ain taschen.
Strauch, Par. anime int.
45, 20
(
thür.
,
14. Jh.
):
di maze der nature der gnadin, di ouch ein creature ist und inthaldin in der sele.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
1525
):
der marschalk von Bappenhaim [...] gepetten, inen den vertrag der statt [...] zuzestellen, dann sie dess, was der enhalt, [...] zuwider nit handeln.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
Man sol wyssen, das in geistlichem und weltlichem stat man alle ding verfestiget und bestetiget mit dem insigel und das alle warheit enthalten soll.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
544, 26
(
els.
,
1362
):
Bartholomeus [...] was uf gezogen in allen sinen begirden [...] oder alle sine werk in gottelicher gnoden enthalten.
Toeppen, Ständetage Preußen
4, 559, 9
;
Quint, Eckharts Pred. ;
Gropper. Gegenw. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Vgl. ferner s. v.  3.