entgelten,
V., unr. abl.
1.
›Schaden, Nachteile, negative Folgen von etw. haben, für etw. (häufig: für die Schuld eines anderen) bezahlen müssen‹; betrifft insbesondere finanziellen oder politischen Schaden, der sich für jn. aufgrund eigener oder fremder Schuld ergibt; in moraltheologischem Kontext: ›für eine (moralische) Schuld büßen, bezahlen, für eine Verfehlung geradestehen müssen, bestraft werden; durch eine Verfehlung an der Seele Schaden nehmen‹;
zu  6,  4.
Bedeutungsverwandte:
 4; vgl.  3,  2,  4,  4,
1
(V., unr. abl.) 7.
Gegensätze:
 2.
Syntagmen:
etw
. (Akk.obj., z. B.
js. schuld / tod, js. sünden
)
e
. (z. B.
hart / ser / übel / unbillig
);
j
. (z. B.
der gotlose, die stat, das land, die leute / nachkommen, der bauch / fus
)
etw. e., der geist e., das [...], die kinder die schuld des vaters e
.;
js. / e. S
. (Gen.obj., z. B.
des neides, der bosheit / schuld / tücke / untat, des auflassens
›Verzichts‹
/ unrechtes, der sünden
)
e
.;
j. etw. an den hals e., gegen jn., von js. schuld e
.

Belegblock:

Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
hat auͦer her [straz robere] kint [...], de ne solen siner vntat nicht vntgelten.
Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Was dem Maul wol thut / das muß offt der Bauch oder Fuß entgelten.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
der richter noch dy scheppen synt nymandes pflichtig tzu beytene der do nicht en ist sundir wer do gewest ist der genysse syn. vnd wer do nicht gewest ist der entgelde syn.
Luther, WA (
1525
):
wir sundigen und verdienen, das unser nachkomen entgelten muͤssen.
Ebd. (
1527
):
der vater [Laban] handlet wie ein schalck, dennoch wil er [Jacob] sie [Lea] es nicht lassen engelten.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
sô tuot der getriuwe got, als ob der mensche nie in sünde enwære gevallen, und enwil in aller sîner sünden einen ougenblik niht lâzen engelten.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
hoffe, das ich solchs auflassens nicht engelden solle an mein erbzinsgut.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
die erbern geschlecht muͤssen das mit hergebung treffenlicher summa entgelten.
Jaspers, St. v. Landskron
137v, 27
(
Augsb.
1484
):
Wenn [...] einer fremds guͦt jnnen hat [...] er habe das noch oder nicht er habe des entgolten oder genossen [...] so muͦßs er ye das widergeben.
Klein, Oswald
1, 126
(
oobd.
,
1421
):
schaid ich also von diser werlt, | so bitt ich got, das si [frau] mein nicht engelt
(durch mich keinen Schaden hat).
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Sy [die kunigischen] [...] tetten das allweg in dem schein, man geb inn kainen soldt, das die armen lewt gar unnpillich entgullten.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
6, 7
(
moobd.
,
1473
/
8
):
so fürcht ich, das statt unde landt | von seiner schuld [...] entgellte.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
es süllen die kind nicht entgelten des vaters schuld.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
, Hs.
1. H. 16. Jh.
):
Die ainem ân erlaubnuß grassen [...], zu wandl 72 ₰, und wehr deß entgilt dem soll er seinen schaden abtragen.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Wie menschlicher geist entgilt, daz er in sündigem fleisch ade wonet.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
523, 531
;
663, 4923
;
Anderson u. a., Flugschrr.
15, 9, 23
;
Froning, Alsf. Passionssp.
571
;
Baumann, Bauernkr. Rotenb. ;
Herzog, Landsh. UB
544, 13
;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 138
;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 513
.
Vgl. ferner s. v.  10,  3.
2.
›jn. entschädigen; für einen Schaden aufkommen, eine Schuld ausgleichen, zurückzahlen, etw. erstatten, den Gegenwert für etw. bezahlen‹; auch: ›etw. ersetzen‹; in den Belegen meist ütr.;
zu  6,  2.
Meist wobd. / oobd.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3,  9,  5,  9,  4, ,  2,
1
 14.
Syntagmen:
e. S. / js
. (Gen.obj., z. B. pronominales
des, sein
)
e
. (z. B.
billiche
).

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
wan man hett im unrecht getan, des entgalt man pillich.
Munz, Füetrer. Persibein
421, 1
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Wes sollt der helld entgellten | Persibein wider mich, | der mein vergisset sellten?
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Ob ir [Herr] mein [hertzog] gefangen in disem streit ritterlich worden wärt, ir möcht sein fürwar entgolten haben.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
, Hs.
17.
/
18. Jh.
):
so auch ainen [nachpaur] durch sein aigen zaun schaden ergieng, des entgelt er.
3.
›etw. geltend machen, durchsetzen‹;
zu  3a, vgl.  5.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
Johannes [künig zu Beheim] [...] macht auch einen großen bunt; solichs auch darnach sein sune Carolus hanthielt. des entgalt er auch gegen dem bapst, der in nit krönen wolt, er versprech dann, daß er wellischer lant müeßig wolt steen.
4.
›etw. entbehren‹;
zu  1a, vgl.  7.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Durch Got, [...] er stæt strebt | Mit gab in rechter milde, | Des ich nu ser engilde | Und nimmer mer verwinden chan.