entfüren,
V.
1.
›jm. etw. (weg)nehmen, stehlen, rauben; etw. unterschlagen, veruntreuen; jm. etw. (z. B. eine fällige Zahlung) verweigern, entziehen, streitig machen‹; in 1 Beleg: ›etw. Unangenehmes abstellen, unterbinden, beseitigen‹; in religiösen Kontexten ütr.; zu  2a.
Verstärkt rechtsbezügliche und narrative Texte.
Phraseme:
jm. etw. mit einem eid entfüren
›jm. etw. durch einen Eid abgewinnen‹.
Bedeutungsverwandte:
 19,  3,  1,  2,  1,  1,  1,  3,  1; vgl.  3,  18.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
den zol, die ere / kraft / sele, js. minne, das erbe / geld / gut / land / silber, hunde, x mark
)
e., die gebrechen zwischen jm. e., der dieb jm. etw., got jm. die gabe e., jm
. (z. B.
dem herren / keiser / zölner
)
etw. e., jm. etw. durch dieberei, mit einer ansprache
›rechtlichem Anspruch‹
e., etw. dieblich / heimlich / raublich e
.
Wortbildungen
entfürer
›Räuber‹ (dazu bdv.: ),
entfürung
1 ›Diebstahl, Raub‹ (dazu bdv.: vgl.  1,  1).

Belegblock:

Luther, WA (
1522
/
7
):
Darumb keret der Teuffel allen fleyß an [...], auff das er dem menschen das wort entfuͤre, und der mensch anfahe zuͦ zappeln.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
das die gebrechen zwischen meinem gnedigen herrn und euch allen uff guttliche mittel [...] gantz entfurt möchten werden.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
so ist er [man] ir neher zu behalden mit merem rechten, dan sie [tor und gang] jemand entfuren moge mit seiner ansprache.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
9a, 28
(
nobd.
,
E. 14. Jh.
):
swenn in got di gab vnd di guttet enphuͤrt so fallen si von der minne in di vorht.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1382
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
Uf disem grad Paulus stund, | do er sich selichen rumt, | daz im moht kain creatur | unsers herren minne enpfurn.
Unger, Richtes Stig (o. O.
1474
):
er [diep] empfurt mir [Heintz] mein gut dieplich ader rauplich ader heimlich.
Chron. Strassb. (
els.
,
1393
):
daz das silber dem stocke zuͦ Stroßburg empfuͤrt werde.
Jörg, Salat. Reformationschr.
31, 5
(
halem.
,
1534
/
5
):
der schiffman [...] so die arch Noe gsund und ganntz / entfuͤrt dem sündfluß.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Adam von Rosenstain [...] hab [...] das gelt seinem herren also entpfüert.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Entfǔren / wegk fuͤren / abziehen [...]. Einem andern sein Erb einnemmen vnd entfuͤren [...]. Entfuͤrer (der) entzucker.
Weber, Füetrer. Poyt.
263, 1
(
moobd.
,
1478
/
84
):
SEin [Poytisliers] krafft im was entpfüeret | von streit vnnd starcken schlegen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
n. 1618
, Hs.
1681
):
Entfüerung deß holz.
Piirainen, Stadtr. Sillein
113b, 18
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
DEr pruke zol [...] entfuͤrt der sol vir valt yn gelden.
Ebd.
130a, 30
:
WEr icht gelobet [...] der sol iz gelten [...] wil er iz versagan do noch er enphuͤret iz ym mit eynem eyd.
Franck, Klagbr.
227, 31
;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Niewöhner, Teichner
564, 491
;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v. ,  1.
2.
›jn. gewaltsam von einem Ort wegbringen, entführen‹; speziell: ›jm. jn. (z. B. die Ehefrau, das Gesinde) abspenstig machen; mit einer verheirateten Frau Ehebruch begehen‹; ›jn. / sich dem Zugriff einer höheren Instanz (z. B. eines Gerichts, eines Gotteshauses) entziehen‹; auch ütr.; zu  2a.
Gehäuft Rechtstexte, teils narrativer Form.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2,  2, , ; vgl.  2.
Syntagmen:
j. jn
. (z. B.
den beklagten / man, js. eheweib / tochter, eine jungfrau / magd, die kinder, Helena
)
(jm.) e., j
. (z. B.
ein knecht, die verbrecher
)
jn. e., jm
. (z. B.
dem richter, den eltern
)
jn. e., j. sich dem gotteshaus e., jn. mit gewalt, wieder seinen willen e
.
Wortbildungen:
entfürung
2 ›Menschenraub‹.

Belegblock:

Toeppen, Ständetage Preußen
1, 351, 6
(
preuß.
,
1420
):
Wir wellen, das keyn man ymandes kynt adir frundynne entfuren sal wedir yren willen.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 31, 26
(
Wittenb.
1545
):
Was hastu [Jacob] gethan / das du mein [Labans] hertz gestolen hast / vnd hast meine Tochter entfüret
[
Mentel
1466:
hintribst [...] als gefangen
, Var. 1475
2
-1518:
fuͤrest [...] als gefangen
; nd. Bibel 1478:
en wech hest genomen
, 1494:
wechghedreven
;
Eck
1537:
haimlich hinweg treibest
].
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
180, 26
(
thür.
,
1474
):
daz er [Hanß Smed] in vorgeczyte eynem manne sin eewip entphurt hatte.
Franck, Klagbr.
229, 21
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
Das sy [verbrecher] vns / vnser weib vnd kind haben entfiert vnd beraubt?
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1354
):
Wenne och aim probst ain gotzhusman geruͤget wirt, daz er sich dem gotzhus enphuͤren welle.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Den Eltern jhre Kind entfuͤren / oder jhrer Kinden berauben [...]. Entfuͤrung mit gewalt.
Bastian u. a., Regensb. UB
51, 2
(
oobd.
,
1355
):
swelich unser purgaͤr [...] einem [...] purger oder purgerinne irew chint, chnaben oder junchfrawen, enpfuͤrent oder entspenent, da si verheyrat werdent.
Ermisch, Freib. Stadtr. ;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Piirainen, Stadtr. Sillein
137a, 10
;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v.  3.
3.
wohl: ›etw. veräußern, verkaufen, um einen Schaden zu ersetzen‹; zu  2a.
Bedeutungsverwandte:
 4; vgl.  5.

Belegblock:

UB Zug
1236, 52
(
halem.
,
1479
):
Were ouch, das er [...] das obgenant huß [...] verwarlosete [...], das sol er [...] úns abtragen und entpfuͤrren.