en-,
proklitisch mit dem Verb verbundene
Negationspartikel;
vgl. Frnhd. Gr. §  230; 249;
F. Pensel, Die Satznegation. In: Zur Ausbildung der Norm [...]. Der Einfachsatz, I,
1976, 287-326
. Die Belege zeigen für die unterschiedenen Gebräuche keine landschaftlichen Unterschiede.
– Im beginnenden 16. Jh. Auslaufen von
en-
.
1.
ohne weitere Negationsausdrücke.
Phraseme:
das enwelle got
›das verhüte Gott‹;
j. ensein
›verstorben sein‹.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
so wist dat ir die sone zobreicht | ind wert meyneidich, dat Got en wille.
Schmidt, St. Kastorst.
2, 468, 32
(
mosfrk.
,
1465
):
yr engedorrent des auch zu eren und zu recht vurkommen, als wir ummers tun wollen.
Küther, UB Frauensee
277, 27
(
thür.
,
1495
):
Wir [...] ensollen adder enwollen die obgedachtenn Clausenn [...] denn gemeltenn hoff wedder mit dynste adder zcynsenn hoer ader weither erstygenn.
Boos, UB Aarau (
halem.
,
1334
):
und swenn si enist, sol sullent si
[
zwei stucke kernen geltes
]
vallen an die egnanden swester Margarethen.
Dertsch, Urk. Kaufb.
57
(
schwäb.
,
1317
):
„Swen das ich enbin oder min husfrowe Adelhait, so sont [...]“.
Klein, Oswald
48, 6
(
oobd.
,
1417
/
8
?):
Frau, ich enmag, wann es ist ferre gen dem tag.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1057
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Ich enwaiz wie ir in meinem leichnam erschinen seyt, wann ich hab ewch weder den geist noch die sel gegeben.
Herzog, Landsh. UB
603, 38
.
2.
in Verbindung mit der Partikel
nicht
; außerordentlich dicht belegt, z. B.:
nicht ensein, enhelfen, entragen, enversterben
[...]; auch für Präfixverben gebräuchlich, z. B.:
nicht enerschrecken
,
nicht enverfallen
,
nicht enversterben
; bei der Übersetzung in das Nhd. gilt statt doppelter die einfache Negation.
Phraseme:
das enist nit
auch: ›das stimmt nicht, dem ist nicht so‹.

Belegblock:

Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
sô ein meister bilde machet von einem holze [...], er entreget daz bilde in daz holz niht, mêr er snîdet abe die spæne, die daz bilde [...] bedecket hâten.
Hilliger, Urb. St. Pantaleon (
rib.
,
1426
):
also lang, alss eyn hand an den tynsguedern steyt, so envervelt noch enverstyrft den heren darvan neyt.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
26, 7
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Grammatica, gruntfeste aller guten reden, enhilfet da nicht mit iren scharpfen und fein gegerbten worten.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Ich en wel nicht uff steen, es enfuget mir nicht.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
der alwegen in sorgen ist das sin liep frúnt sich nút uf in enzúrne.
Chron. Strassb. (
els.
,
1362
):
den wond er daz er gevangen were und noch lebende were, daz doch nüt enwas, wan er waz erschlagen.
Der den fritag nüt envastet | Und den sündag nüt enrastet, | Zwar der muͤße in der helle pin | Eweklich verloren sin.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
E. 15.
/
A. 16. Jh.
):
auch ist zuͦ wissen, das etlich wellend, Trussus lig zuͦ Mentz begraben [...], des nit enist.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
wo der herter nicht enist | da sind di schaff gar ungewis | vor den wolfen.
Piirainen, Stadtr. Sillein
78a, 26
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
UAz ein man nimpt mit seinem weibe dez enteilt er nicht mit seinem pruder.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1883
;
Jungbluth, a. a. O.
18, 1
;
Kummer, a. a. O. ;
Uhlirz, Qu. Wien
2, 1, 1561, 11
.
3.
in Verbindung mit weiteren Negationspartikeln, z. B.:
niemand enturren
,
nichtesnicht enbleiben
,
nichts enhelfen
,
keinen (anderen) enfinden
,
nimmer enkommen, keinen enfinden
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
allez abegescheiden und abegezogen und abegeschelt, daz dâ nihtes niht enblîbet dan ein einic ,ist‘.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
enkan er keinen andern vinden, so sol er überwunden sin.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Als Trebetta manig weg suecht zu widerstan und nichts enhalf, warb er [...].
Piirainen, Stadtr. Sillein
130a, 9
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
ab dv schuldik seist daz dv nim mer chvmst in abrahamez schozze noch enchvͤmst nim(er) czu der auf stentvnge.
Piirainen, Igl. Bergr.
22, 27, 2
(
slow. inseldt.
,
16. Jh.
):
Daen sol vnd entar nymannd wider seinen willen Insizen.
Bernoulli, Basler Chron. .
4.
in Verbindung mit negierenden Doppelformeln der Prädikatsverben oder eines Satzgliedes (mit Variationen im Einzelnen); z. B.:
noch
in
reue noch klage enbringen
,
dies noch das enhelfen
,
reich noch arm verschonet enwerden
,
endursten noch enhungern
,
ensehen noch schmecken
, jeweils: ›weder ... noch‹;
oder
in
gestehen oder gesitzen enkönnen
,
nicht
und/oder
kein
...
noch
in
kein gericht nicht gedinget noch bestalt enhaben
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Swaz sich zu Gote gejungert, | Daz endorstet noch enhungert | Noch enhitzet noch envrostet.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1256
(
Köln
1476
):
Dayr en wurden rijch noch armen | Verschoenet.
Ebd.
2265
:
Och, allet en halff dayr dyt noch dat!
Froning, Alsf. Passionssp.
7278
(
ohess.
,
1501ff.
):
die thufel thun uns alßo we, | das mer enkonnen gesiczen adder gesten!
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
227, 6
(
thür.
,
1474
):
sy enhattin keyn noidgerichte nicht gedinget nach bestalt.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
um 1480
):
Kein rew | Enpringt ez dir noch clag.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
41, 34
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
wirt zu fleisch und wein ze pluet, | was dein sin ensiecht noch smecket, | fest er dir dasselbe wecket.
5.
dient in formelhaft gebrauchten formalen Hauptsätzen (mit Zweitstellung des Verbs) nach dem Muster
ir enwellet
,
es enwerde
,
[...]
oder (vereinzelt) einer elliptischen Konstruktion (z. B.
entäte
...
die trösterin
, ohne Prädikat) dem Ausdruck einer Bedingung; als Übersetzung in das Nhd. empfiehlt sich eine Konstruktion mit ›es sei denn, dass [...]; wäre nicht, wenn nicht [...]‹.

Belegblock:

Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2957
(
Köln
1476
):
Wyr weren weerlych all verlorn, | En deed der sunder troesterijn, | Maria, dye hymmelsch furstyn.
Frantzen u. a., Kölner Schwankb. (
Köln
um 1490
):
Ir en wilt mir dan vil geldtz lenen, | Truwen, yr moicht myr also dienen.
Froning, Alsf. Passionssp.
710
(
ohess.
,
1501ff.
):
das ich keyn freude gehaben kan, | es enwerde dan an em gerochen.
Ebd.
4988
:
in des tufels gebode mußt er synn, | ir enfolget dan dem raide myn!
Vock u. a., Urk. Nördl.
2468
(
schwäb.
,
1449
):
Diss brieffs ensoll neymand seyn offen heren lesen, er ensy eyn recht friescheff des hilgen richs.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
ich muͦß sterben, ich ensehe dich.
Piirainen, Stadtr. Sillein
72a, 32
(
sslow. inseldt.
,
1378
):
Dem burgraven [...] ist chein schephe phlichtich noch chein burger vrteil czu vinden aus den dignen ez ensei denn an hanthaft tat.