empfindlich,
Adj.;
zu
mhd.
entvintlich, enphintlich
›wahrnehmbar‹
(
Mwb
1, 1736
);
Schreibvarianten des Präfixes wie bei
empfinden
(V.).
1.
›wahrnehmend‹; auch: ›wahrnehmungsfähig, mit Sinnen ausgestattet, über Sinne verfügend‹; ›zugänglich, empfänglich (für seelisches Erleben)‹; vom wahrnehmenden, fühlenden Subjekt gesagt; metonymisch bezogen auf dessen Zuwendungen einer anderen Person gegenüber auch: ›mit jm. mitfühlend, an js. Erleben anteilnehmend; freundlich gegenüber e. P.‹;
vgl. (V.) 12.
Bedeutungsverwandte:
 6, , , .
Gegensätze:
vgl.  6,  2,  2.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
die bekennung, das wesen
)
e. sein
;
j. gut und übel empfindliche
(subjektbez. präd. Attr., mit dem Akk. von
empfinden
);
etw. e. machen
(objektbezogenes präd. Attr.);
j. e. S
. (z. B.
des geistes, der hilfe gottes
)
e. sein / werden
;
jn
. (z. B.
Christum
)
e. schmecken
;
der empfindliche bericht / trost, das empfindliche leben, die empfindlichen creaturen / gnaden
.

Belegblock:

Luther, WA (
1519
):
Daraus werden rechte Christen, die Christum erkennen und empfindlich schmecken.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
139, 10
(
omd.
,
1529
/
30
):
so pitten wyr derhalben, e. f. g. wollen dysen [...] entpfinthlichen, gutmeynenden bericht in gnaden annehmen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Das gib vns Vatter, | [...] | Das wir [...] | [...] | Deins Geistes wirckungen, | Empfindtlich werden.
Illing, Albert. Sup. miss.
1244
(
els.
,
n. 1380
):
der ander adam, das ist cristus, der vns glich ist, der ist worden also einre von vns wissende enpfintliche guͦt vnd v́bel.
Schmidt, Rud. v. Biberach
136, 17
(
whalem.
,
1345
/
60
):
ist etlich bekennung nút verstentlich want begirlich old enphintlich.
Sudhoff, Paracelsus (
1530
):
das zu nacht ruhe ist; solche ruhe ist den empfintlichen geben, das sie rasten.
Goldammer, Paracelsus
2, 85, 4
(
1530
/
5
):
also daß das funfte wesen entpfindlich ist, im selbigen ist es entpfindlich gemacht durch den leib.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
Dritter staffel ist genannt sensitiua. das ist empfindlich leben vnd leiblich synn, die alle lebentige tyer an in haben.
Strauch, Schürebrand 17, Var. z. Z. ; 18, Var. z. Z. ;
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
73, 62
;
87, 67
.
2.
›verletzlich‹; speziell auch: ›feinnervig, feinfühlig‹; zu (V.) 1; Spezialisierung zu 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  2, hier wohl ›feinsinnig‹.
Gegensätze:
.

Belegblock:

Gropper. Gegenw. (
Köln
1556
):
were dz Lamb als lebe͂dig / entfindtlich / vnschuldig / demütig / vñ gehorsam thier [...] anlich [...] den Todt des Herren anzuzeige͂.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
Galienus spricht der neruus der do aller sinnrichest od’ entpfintlichest ist [...] der hat [...] den sterckesten schmertzenn.
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›sinnlich oder kognitiv wahrnehmbar, spürbar; offensichtlich, erkennbar‹; auch: ›merklich, deutlich‹; speziell: ›(sinnlich) aufwühlend, verwirrend‹; bezogen auf das Objekt der Wahrnehmung;
vgl. (V.) 3.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):  3, (Adj.) 1, ,  12,  3, , , , ,  2, , , ; vgl.  23,  1.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
die leibliche gemeinschaft
)
e. sein
;
jn. e. (mit ruten) züchtigen
;
die empfindliche begier / süssigkeit / welt / zeit, das empfindliche bild / leiden, die empfindlichen dinge / zeichen
.
Wortbildungen:
empfindlichkeit
2 ›Wahrnehmbarkeit‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1517
):
Also ist nit großer leyd, wan empfintlich leyden des gewißen.
durch das angesicht wirt die kegenwertickeyt ynn der geschrifft bedeutet adder die empfindlicheyt eyns dinges.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Got thuͦt mir guͦts, daß ich bei tag | Sein gnad empfindlich spuͤren mag.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
representirte also die Schlag⸗Uhr die gantz gleiche; die *Sonne*⸗Uhr die empfindliche zeit.
weil in so wenig Zeit das apogæum nicht empfindlich fortrucket.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
ein mensche, der nie zuͦ dem wine kam, so der des ersten beginnet trincken, so wurt ime der win enpfintlicher denne dem, der es dicke hat getan.
Sudhoff, Paracelsus (
1531
/
5
):
was da sol greiflich gebraucht werden, das muß sichtbar sein und empfintlich.
Ruh, Bonaventura
330, 13
(
oschwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
ist das füirlin vff zeerheben v̈ber alle entpfintliche ding, pildliche ding, versteliche ding.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
187, 27
(
Augsb.
1476
):
Ich hon gehabt empfintlich begir vnd vnordelich
.
zuͦ einer frawen.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
3, 39
;
Andreae. Ber. Nachtmal
47r, 8
;
Steer, Schol. Gnadenl.
2, 134
;
Höver, Bonaventura. Itin. A
20
;
Rwb  f.;
Vgl. ferner s. v.  7,  12.