empfelen,
V., unr. abl.;
zu
mhd.
entvëlhen, enphëlhen
›jm. jn. / etw. anvertrauen, übergeben‹
(
Mwb
1, 1730
 f.); Präfixbildung mit
ent-
zu dem im
Mhd.
nicht bezeugten Simplex
-vëlhen
(
Dwb, Neub.
7, 1264
).
– Die Schreibungen des Präfixes variieren hier und in den zugehörigen Wortbildungen infolge unterschiedlicher Assimilation aus
en(t)-
(z. B.
enf-, enpf-, entf, entpf-
); zur Variation von
-lh-
und
-l-
, seltener
-ll-,
in der Stammsilbe des Basisverbs vgl.
1
.
– Gehäuft obd.
1.
›jn. (oft: sich) / etw. (die Seele, den Leib, js. Armut u. Ä.) einer göttlichen oder sozial höher gestellten Person, religiösen Macht, sozialen Instanz (zum Schutz, zur Obhut) anvertrauen, unterstellen, in js. (häufig: Gottes) Gnade, Hände u. Ä. geben, legen‹; auch speziell: ›sich jm. anschließen‹; ›jm. jn. überstellen, ausliefern‹.
Überwiegend obd.; gewisse Beleghäufung für die Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Phraseme:
jn. / etw
. (z. B.
js. leib
)
der erde empfelen
›jn. bestatten, der Erde übergeben‹;
sich jn. empfolen sein lassen
›sich jm. gegenüber gutgesinnt, beschützend, helfend erweisen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 357,  3,  2, .
Syntagmen:
jm. jn
. (z. B.
die mutter, die kinder, die armen leute
)
e., sich jm. e., jm. etw
. (z. B.
armut / tröstung / trübsal
)
e., jm
. (z. B.
dem bischof / herzog
)
jn. / sich e., e. S. e
. (z. B.
js. segel dem wind
),
jn. in etw. e
. (z. B.
in gottes segen, in js. befelnis / gnade
),
js. geist in js. hände e., jm. / e. S. jn. / etw
. [wie] (z. B.
in die pflicht, tag und nacht
)
e
.
Wortbildungen:
empfelung
1 ›Schutz, Obhut‹.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
287, 244
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Mein sel ich dir auff gib und send, | in dy enpfelhung ich sy wend.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
16, 20
(
els.
,
1362
):
Es ist zit das du enpfellest der erden minen lib.
Ebd.
48, 22
:
Do enpfalch
[Var.:
beualhe
]
der keyser eim andern rihter sant Anastasiam das er sú solte in einen kerker beschliessen.
Ebd.
76, 12
:
[er] enpfalch sich dem bischhofe von Cantuaria.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
O vatter: ich enpfilch
[nd. Bibel 1478 /
Luther
1545, Lk. 23, 46:
befelh
]
meinen geist in dein hende.
Sappler, H. Kaufringer
17, 308
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
si empfalch in gottes segen | gar trewlichen die zwen man.
Bastian u. a., Regensb. UB
158, 14
(
oobd.
,
1359
):
daz ir derselben buͤrger [...] mitsambt ir leib und dem guͤt fuderlichen sichert, beschiermt und enpfolhen lat sein.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst. Vorr.
197
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
darumb [...] emphlilich meinen segel dem winde des heiligen geistes.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
91, 39
(
tir.
,
1464
):
da ruefften si an den namen des ersamen Jeronimi vnd enpfhalhen sich im, das er si pehüettet.
Barack, Zim. Chron. ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
23, 111
;
Roth, E. v. Wildenberg ;
Kummer, Erlauer Sp. ;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Bauer, Imitatio Haller
67, 2
;
Vgl. ferner s. v.  2.
2.
›jm. etw. (z. B. ein Herrschaftsgebiet, ein Amt, eine Machtbefugnis) übertragen, überantworten, verleihen‹; auch: ›jm. etw. zum Besitz überlassen‹; offen zu 3.
Syntagmen:
jm. jn. / etw
. (z. B.
den gewalt, die provinz / welt / würdigkeit, das ampt / gericht / herzogtum, ein teil des heres, land und leute
)
empfelen
.
Wortbildungen:
empfelnis
2 (a. 1419).

Belegblock:

Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
31, 4
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Ir [Tot] habt vor gesprochen: ir seit etwas und doch nichts, [...], und euch sein alle irdische lant enpholhen.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
[keyser Karle] kroͤnete den [sinen eiltesten sun Ludewig] zuͦ keyser und enpfalch ime keyserlichen gewalt und würdikeit.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Er [kunig Maximilian] gewan [...] Stenntz, das emphalch er herrn Jacoben Zeckl.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
dem [margraf von Peham] wardt ain tail des hers enpfolhen.
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Bastian u. a., Regensb. UB
172, 32
;
Leidinger, A. v. Regensb. ;
Grossmann, a. a. O. ; ;
Rwb  f.;
3.
›jm. etw. (z. B. Geld, Gut, auch: Tiere) zur Aufbewahrung, Versorgung, Verwaltung, Nutzung geben, anvertrauen, überlassen‹; offen zu 4.
Phraseme:
jm. seine heimliche empfelen
›jm. ein Geheimnis anvertrauen‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
die herde / müle / truhe, das geld / gut / haus, js. marktzölle, x gulden
)
e., jm. etw
. [wie] (z. B.
pflegweise, auf treue
)
e
.;
das empfolene gut
.

Belegblock:

Dienes, E. Gros. Witwenb.
81, 2
(
nürnb.
,
1446
):
In dem closter was eyn layenpruder, dem die mül was enpfoln.
Schmidt, Rud. v. Biberach
101, 11
(
whalem.
,
1345
/
60
):
er went nút, daz er enphel ieman anders denne im selben, so er sin heimlichi sinem frúnde enphilt.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
1340
):
Waz einem enpfolhen wirt auf triwe.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
, Hs.
um 1518
):
wemb wir unser marktzullen emphelhen, der sol uns drei meczen traid furn herauf.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
84, 19
(
tir.
,
1464
):
die hërten der schaf, die vns enpfholchen sint worden.
Welti, Stadtr. Bern ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
178, 2
;
Bastian, Runtingerb.
2, 114, 17
;
Auer, Stadtr. München  f.;
Vgl. ferner s. v.
1
 1, .
4.
›(jm.) einen Auftrag geben, etw. vorschreiben, anordnen, befehlen, verordnen‹.
Bedeutungsverwandte:
1
 2,  3,
1
 5; vgl.  3,  11,  7, ,  1.
Syntagmen:
(jm.) etw
. [wie] (z. B.
so weit, von js. gewalt
)
e
.;
jm. e
. [+ Objektsatz]; subst.:
von empfelens wegen
.
Wortbildungen
empfelung
2 (dazu bdv.:  2).

Belegblock:

Löscher, Erzgeb. Bergr.
59, 21
(
omd.
,
um 1450
):
sulche bekentniße und schrift, alzo wir von geheiße und entpfelunge wegen unsers gnedigen hern [...] schriftlichen gegeben.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
238, 11
(
thür.
,
1474
):
Der man, [...] deme daz schrotten zcu vorsorgen enpholn ist [...], der solde selbist [...] by deme schrotene sin.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1339
/
61
):
so hat der herzoge von rechte scheppen zu setzen, oder wenne her das von seinem gewalt enpfilhet.
Lutz, Buch Alfadol
161b, 11
(
obd.
,
n. 1478
):
Ob der bot hin wirt gan [...] vnd [...] vsrichten daß im entpfolhen ist oder nit.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1430
):
burgere und des rates zuͦ Bern, die ouch disi taͤding [...] von enphelhens wegen unser genedigen herren [...] vollzogen hant.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen (
halem.
,
1468
):
so haut min gnediger herr enpfolhen, zü verbieten gottschelten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
der Geir gab dem schuester das kind [...] und empfalch im, daß ers solt töten.
das getorst nun die obgenant potschaft nit tuen, dann man hett in so weit nit empfolhen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
98, 21
(
tir.
,
1464
):
[si] wolt in [chloster frauen] da sagen die selbig sach, die ir gepoten vnd enpfholhen was worden von dem heiligen Jeronimo.
5.
›jm. jn. / etw. nahelegen, ans Herz legen‹; auch: ›für jn. / etw. sprechen, bitten; sich für jn. / etw. (lobend) einsetzen‹; anschließbar an 1; 4.
Phraseme:
sich selbst empfelen
›für sich selbst sprechen‹;
sich etw. (wol) empfolen sein lassen
›sich etw. angelegen sein lassen; sich um etw. bemühen‹.
Bedeutungsverwandte:
 3,  13,  2.
Wortbildungen
empfelig
›angenehm‹ (dazu bdv.:  6),
empfelung
3 ›Bitte, Fürbitte‹ (dazu bdv.:
1
 12, ).

Belegblock:

Schein, NA
9, 11b, 17
(
Leipzig
1617
):
Thue E. F. G. hiermit Gott dem Allmechtigen zu langwiriger Gesundheit vnnd gluͤcklicher Regierung vnterthenig trewlichst empfehlen.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 293, 19
(
nobd.
,
1464
):
das zwͦ Libnaẃ ein besonder castner ist und [...] eynem entpfolhen moͤcht werden von der herrschaft.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
únserm herren ist enkain ding so empfellig so der gemain dienst.
Schade, Sat. u. Pasqu. (
orhein.
1520
):
uns ernstlich entpfolen in [den man] zuͦ hören, was er uns sag und lerne.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
um 1564
):
[Sathan] empfalch auch mit allem ernst, des kinds vleissig zuͦ pflegen.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Dez landes nutz, dez herren er | Liez ich mich wol enpholhen sein.
Buijssen, Dur. Rat.
95, 15
(
moobd.
,
1384
):
(daz) chaynn pittung oder petd oder mess oder prefacen oder emphelichung oder hendaufflegen werent gesprochen.
Bauer, Imitatio Haller
52, 6
(
tir.
,
1466
):
Der mensch der ist nich pewert, der sich selbs loben vnd enpfhellhen ist.
Dies., Zist.-Pred. Haller
81, 9
(
tir.
,
1466
):
das ist der rat vnsers hailes, das vns der herr alles hailes raten vnd enpfhelhen ist.
Schein, a. a. O.
11b
, 2;
Rieder, a. a. O. ;