einung
I
die
,
auch
der
;
(zu
die
)
/-s
(zu
der
)
/-e, -en, -Ø
.
– Zur Bestimmung des Ausdrucks unter begriffsgeschichtlichen Aspekten s.
Lex. d. Mal.
3, 1746
.
1.
a) ›Rechtsordnung, Rechtssatzung (einer Gemeinde, Stadt); Sammlung von rechtlichen Vorschriften und Festlegungen‹; vereinzelt auch metonymisch: ›einer bestimmten Rechtssatzung, Obrigkeit unterworfenes Gebiet‹.
Wobd.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
 1.
Syntagmen:
die e. üben
;
die e
. (Subj.)
(über etw.) gehen / stehen
;
von der e. wegen fürbitten
;
die e. der stat
;
die sage der e
.
Wortbildungen:
einungbrief
.
b) ›gerichtliche bzw. behördliche Instanz einer Gemeinde, Stadt, die mit (turnusmäßig wechselnden) Ratsmitgliedern (
einungern
) besetzt ist‹; vgl. I, 2.
Syntagmen:
die e
. (Subj.)
jm
. (z. B.
der herschaft
)
zugehören
;
j. bei der e. sein, der einunger bei seiner e. jm. etw. sagen / künden, etw
. (Subj.)
an die e. kommen, j. von der e. appellieren, jm. vor der e. gebieten
.

Belegblock:

Zu a):

Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1336
):
alle die, die vͥnser stat vmb totslag [...] verlorn hant, die suͥllen oͮch vͥnser stette zil, alz vͥnser einunge gant, miden.
Ebd. (
E. 14. Jh.
/
A. 15. Jh.
):
Dirre einung gat vͥber alle reben oben vss vnd niden vss, die man von vͥnser stat buwet.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1424
):
soͤllent beid teile daz [uͥbertriben] verbieten und daz vereinungen und die, so daz teͣten, nach des einungs sag straffen.
Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 568, 46
(
halem.
,
um 1541
):
demnach begerend gemein weidlüt [...], den Zürichsee zuͦ bewerben, wie von alter herkomen ist und der alt eynungbrieff wiset.
Merz, Urk. Lenzb.
86, 7
(
halem.
,
1547
):
daß kein burger, hinderseß vnd inwoner [...] sine ligende guͤter [...] inerthalb vnsern eynungen gelegen, eynichem vssern [...] verkhouffen soͤlle.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1376
):
der
[Totschläger]
sol [...] fuͥnf jar von der stat und usserhalb dez zehenden hie ze Ulme sin [...] alz unser ainung stat.
Graf-Fuchs, a. a. O. ;
Welti, a. a. O. ;
Schweiz. Id. (s. v.
eining
).

Zu b):

Mon. Boica, NF. (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
dy eynunge und alle ehaffte des gantzen dorffs gehoren der herschaft zu.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1376
):
wer die sint, den fuͥr den rat [...] und der ainung gebotten wirt, [...] und die nach der kuͥndung an den rat nit kemen, [...].
Ebd. (
1397
):
es were denne, ob sich die von ir zuͥnfte niht woͤlten straffen lassen oder ob diu sache an die ainung kaͤme, daz daz dem zunftmaister verkuͥnt wurd.
Müller, Nördl. Stadtr. (
schwäb.
,
1496
):
Wer von der einung appellirt, der legt den gulden hinder die rechner.
Mollwo, a. a. O. ;
Müller, a. a. O. ;
Vgl. ferner s. v.  2.
2.
a) ›strafbares Vergehen, Verstoß gegen die Rechtsordnung‹.
Wobd.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
eine e. leiten / öfnen / richten / suchen / verschulden / verschweigen
;
eine e
. (Subj.) [wie] (z. B.
heftig
)
sein
;
über die e. in js. busse stehen
;
kundschaft um e
.
Wortbildungen:
einungbuch
›Strafregister‹.
b) ›Strafzahlung, Geldbuße für ein Vergehen‹ (als häufigere Metonymie zu a; nicht immer klar von diesem trennbar); eng anschließbar an 1.
Gehäuft wobd.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Syntagmen:
die e
. (Subj.)
gefallen
›anfallen‹ (absolut);
die e. geben / leisten / verwirken, schuldig sein
;
jn. um die e. pfänden, jm. etw. zu e. geben, j. um etw
. (z. B.
um 40 mark silbers
)
zu e. kommen
;
die alte / zwiefalte e
.;
ein schilling heller zu e
.
Wortbildungen:
einunggeld
.

Belegblock:

Zu a):

Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
E. 14. Jh.
/
A. 15. Jh.
):
wie ein schultheis oder sin stathalter eynungen richten vnd suͦchen sollent.
Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
1376
):
welher ainung verschult, daz ain ieglicher ainunger [...] dem selben kuͤnden und sagen sol, waz in ze pen gesetzt ist.
welh ainung jar und tag verswigen und unclagbar belibet, [...], der sol ouch also unusgericht beliben.
Ebd. (
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
welher unser burger oder burgerin nu [...] fluͥchtig wurden und den luͥten ir guͦt entruͦgen [...] daz man die alle und ir ieglich besunder ze stund in das ainung buch verschriben sol.
Ebd. (
1376
):
ob ain ainung so heftig wer, ez wer von red oder von werken, daz si uͥber die geschriben gesetzt ainen ieglichen bessern muͥgen.
UB Zug
196, 36
;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Welti, a. a. O. ;

Zu b):

Loersch, Weist. Boppard (
mosfrk.
,
1387
, Hs.
1604
):
Were aver ymanß, der uber dat verbot verbreche, [...], und niet die eynunge geven en vulde als it vurgeschreven steit, [...].
Brinkmann, Bad. Weist. (
rhfrk.
,
1480
):
Welcher usman aber in der jungfrauen weld füre one urlop [...] und frevelt, der verwirkt die alt einung, das ist 3 lb. und 5 ß. heller.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1416
):
wer denne den
[aus der Stadt Verwiesenen]
darnauch huset [...] oder essen und trincken git, der kunt umb 10 lib. b. ze ainung.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
E. 14. Jh.
/
A. 15. Jh.
):
wele [...] zuͦ einem gestoͤsse gat [...] mit blossem messer, das der leisten sol einen zwifalten eynung an zite vnd an phenningen.
Ebd. (
1539
):
alle die, so in vnnser statt [...] frefflennt, die vsserthalb in andern grichten hußheblich gesessenn [...] sind, sollennt in irem eyd schweren, das eynung gelt [...] vßzerichten.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 97, 8
(
schwäb.
,
1445
):
ob ainer [...], der ein ainung schuldig wäre und nit güetlich geben wollt, so [...].
Ebd.
163, 40
(
1403
):
ain vih mit vier füssen verfraͤvelt ainen schilling haller ze aynung.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1484
):
tut er in solchem reyten schaden, denselben soll er [...] wider kern und gelten und [...] darzu die ainung geben, das ist 3 pfennig.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
23, 38
;
Merk, Stadtr. Neuenb. ;
Roder, a. a. O. ;
Boos, UB Aarau ;
Welti, a. a. O. ; ;
Schweiz. Id. (s. v.
eining
);
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›Absprache, Vereinbarung, Übereinkunft‹; daran anschließend: ›Vertrag; Bündnis, Vereinigung‹; auch eher negativ konnotiert: ›geheime Absprache; Verschwörung‹;
vgl. I, 2.
Meist Rechts- und Wirtschaftstexte.

Belegblock:

Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Entwzischen sie do machen | Begunden die einunge | Swie disse vrowe junge | Queme en zu bestricken.
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
,
um 1390
):
Ouch sullen sie [messersmyde] keynerley eynunge ader gesetcze machen, die unsern hern, der stat ader dem bergwercke schedelichen weren.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
98, 25
(
nobd.
,
1381
):
den ist allen die stat verboten 10 jar [...] daruͤmb, daz sie ein ainung mit andern sneyderknehten machten, daz si zu iren maistern niht dingen solten.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
Alle einunge und verschreibunge zwischen der pfaltze und hertzog Ludwigen [...] solle abe geteidingt [...] sein.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1491
):
ob sich begeben, das einicher [...] mit dem andern gemeinlich oder sunderlich conspiratz oder eynungen und anhaͤng stiften [...] wurden.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 293, 6
(
schwäb.
,
1592
):
wellicher oder welliche ainicherley ainung oder verbindtnus [...] under einanderen machen wurden, die sollen [...] mit allem ernst gestrafft werden.
Dirr, Münchner Stadtr. (
moobd.
,
um 1365
):
Wir verpieten auch alliu aynung under den hantwerchen pey 10 sol dn.
Wendehorst, UB Marienkap. Würzb.
147, 5
;
Bastian u. a., Regensb. UB
496, 37
;
4.
›Vereinigung, Einswerdung, Verschmelzung (als Vorgang sowie Ergebnis)‹; von der Vereinigung der menschlichen Seele mit Gott (Unio mystica);
vgl. I, 1.
Älteres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘, speziell der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ,  3,  1,  1.
Syntagmen:
die e. gefülen
;
die e
. (Subj.)
geschehen, eine e. grösser dan
›als‹
[...] sein
;
got
(Subj.)
an der e. geoffenbart werden, in der e. die sele
(Subj.)
in got gezogen werden, der mensch von der e. gotfar werden, j. zu der e. aufstehen, begerung haben, got
(Subj.)
die menschen zu der e. ziehen
;
die e. unseres herren gottes, götlicher und menschlicher natur
;
die e. mit got
;
die allerhöchste / geistliche / geware / innigste / nahe / rechte e
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Dar nâch sprichet man, daz kein einunge grœzer sî dan got und diu sêle.
Ders., Eckharts Trakt. :
Nie enwart sô nâhiu einunge, wan diu sêle ist vil næher mit gote vereinet dan lîp und sêle, die éinen menschen machent.
Jostes, Eckhart
6, 1
(
14. Jh.
):
[di sel] chuͦmt dar zu, daz si got gebirt, alz sich got selbe gebirt; und da geschiecht rehte einung.
Ebd.
50, 19
:
di minne, di gnad ist, di ist natur und vereinet di sel mit got; und in der einung wird di sel in got gezogen.
Strauch, Par. anime int.
9, 8
(
thür.
,
14. Jh.
):
di allir groiste selekeit ist daz daz Got geborin und geoffinbarit wirt in der sele an einer geistlichen einnunge.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
dise minnecliche lebende spise dem menschen wunderlichen wurt vereinet und in alzuͦmole in sich zúhet und in sich verwandelt, me wanne alle die einunge si die menschliche verstentnisse erdencken mag.
Eichler, Ruusbr. steen
320
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
súllen wir alsus got ansehen, daz er [...] allen menschen svnder vnderscheid ruͤffet vnd zúhet zvͦ siner einunge.
Quint, Eckharts Pred. ;
Jostes, a. a. O.
42, 18
;
Strauch, a. a. O.
133, 6
;
Vetter, a. a. O. ;
Eichler, a. a. O.
82
.
Vgl. ferner s. v.  5.
5.
›Einheit; Ungeteiltheit, Wesensidentität (als Zustand, Gegebenheit)‹; vorwiegend bezogen auf die Trinität bzw. Dreieinigkeit des christlichen Gottes;
vgl. I, 1.
Älteres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘, speziell der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
 3; vgl.  1.
Syntagmen:
(die) e. ausnemen, mit jm. haben, j
. (z. B.
Christus
)
die e. erbitten
;
gotheit, mensch und heiliger geist eine e. sein
;
der heilige geist der e. ein band sein
;
got seinen son in der e. gebären
;
die e. gottes, der gotheit, götlichen natur, der heiligen dreifaltigkeit, der drei personen, des vaters und des sones
;
die e. an / in götlicher natur, in dem götlichen wesen
;
die überwunderliche / ware e
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ich nim nuͥt uͥsz weder eynung noch heilikeit der gottheit noch nuͥtzend nit. alles daz er im [Jesum Chrm] in menschlicher natur ye gegab, daz enist mir nit frömbder noch verrer dann im.
Jostes, Eckhart
33, 16
(
14. Jh.
):
di einung der heiligen drivaldicheit di ist daz wesen dez puncht [des cirkels].
Strauch, Par. anime int.
18, 14
(
thür.
,
14. Jh.
):
dit ,fiat‘ ist gesprochin in der ewikeit in der drier personen einunge an gotlicher nature.
Ebd.
86, 20
:
tuit eime anderen daz auge we, daz intuit mir nicht we, ob ez min nicht inist, wan also vil alse ich einunge mit ume habe, also vile tuit ez mir we.
Sermon Thauleri
5va, 25
(
Leipzig
1498
):
Vnd also gebirt got der vater seinen sun in warer eynunge gotlicher natur.
Illing, Albert. Sup. miss.
1397
(
els.
,
n. 1380
):
also von eime burnen, der sun wurt geborn, vnd von dem vatter und súne got vs der heilge geist; vnd der heilge geist ist dirre einunge ein bant.
Niewöhner, Teichner
3, 98
(Hs.
moobd.
,
1360
/
70
):
die drey
[
gothait, mensch
und
heilig gaist
]
daz waz ain ainung ie | und wirt auch besundert nymmer.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm ;
Jostes, a. a. O.
42, 17
;
Strauch, a. a. O.
19, 2
;
Höver, Bonaventura. Itin. B
495
.
Vgl. ferner s. v.
1
 14.
6.
›einheitliche Ordnung, Eintracht, Einigkeit; Abwesenheit von Spaltung, Streit, Unordnung‹; speziell im Kontext einer Kirchenspaltung: ›Beendigung des Schismas‹;
vgl. I, 12.
Mehrfach narrative Texte.
Bedeutungsverwandte:
 13,  4, ,  12,  5.
Gegensätze:
.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
,
1. H. 15. Jh.
):
de wile de konik alda waz, do dadingde er mit den vurg. pabst Johan umb ein einug der hilgen kristenheit.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe (
thür.
,
1421
):
do vorsmete her [keisser Lodewige] den babist unde die heilige eynunge der cristenheit unde machte eyne grosse zweyunge [...] unde machte do eynen nuwen babist.
Illing, Albert. Sup. miss.
410
(
els.
,
n. 1380
):
so hoͤrent nu noch der lere bischof obrehtes von der einunge vnd ordenunge dez libez, daz ist der heilgen cristenheit, vs der geschlossen sint alle vngloͤbige lúte.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
hie wider schribent die cardinale [...], das einunge der kirchen nüt möhte sin denne mit absetzunge der zweger bebeste.
Morrall, Mandev. Reiseb.
3, 4
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
es sicher gott wol gefiele das wir cristen ain ainung under uns hettend.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der stain hât die kraft, daz er frid und ainung machet zwischen den läuten.
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. ;
Illing, a. a. O.
494
;
Buijssen, Dur. Rat.
39, 19
;