einfallen,
V., unr. abl.;
selten
eingefallen
.
1.
›wo eindringen, einfallen; jn. überfallen‹; auch: ›sich in js. Angelegenheiten mischen; jn. (z. B. in Bezug auf Verkaufsrechte, Priviliegien o. Ä.) behindern‹; mit Dativobjekt: ›jm. in die Quere kommen‹; häufig auf negativ bewertete Abstraktgegebenheiten ütr. (dann meist absolut): ›ausbrechen, plötzlich auftreten, unvorhergesehen, hindernd eintreten, sich einstellen‹;
zu  2.
Phraseme:
vor jm. einfallen
›sich vordrängen; jn. überbieten‹.
Syntagmen:
˹
j
. (z. B.
der nachtdieb / mörder
)
e
.,
etw
. (z. B.
der krieg / tod, die betrübnis / kälte, die gefaren, menschenleren, die schweren sachen, irrung in der satzung, das fürnemen zwischen zwei parteien, die stopfung der berggebäude
›Behinderung des Grubenbetriebs‹)˺
e
. (jeweils absolut);
j. / etw. jm
. (z. B.
der schrek dem armen / reichen, Cäsar den hansen
)
e
.;
j. / etw
. [wo] (z. B.
auf dem markt, auf dem mer, in dem fürstentum
)
e
.,
die deutschen Walen in Italien e
.;
das eingefallene siechtum
.
Wortbildungen:
einfallen
(
das
) 1 ›Eintritt (z. B. eines Ereignisses)‹,
einfällig
1 ›eingetreten; geschehen‹.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft. Röm. Vorr.
2268, 13
(
Wittenb.
1545
):
eine edle warnung fur Menschenleren / die da neben der Euangelischen lere einfallen / vnd ergernis anrichten.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
557, 1596
(
Magdeb.
1608
):
Nicht heimlich zun Froͤschen hinwallen / | Wie Nachtdieb vnd Moͤrder einfallen.
Ebd.
583, 2436
:
als ehemals die Teutschen Wallen / | Jn Jtaliam eingefallen.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
dâ enmohte kein betrüepnisse învallen noch pîne noch tôt.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
so kombt das moment des einfallens in den gantzen Schatten.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
Wo irrung in obbestimpten vnsern satzūgen infiele / behalten wir vns bevor zuͦ allenziten lutrung zuͦ thuͦn.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
n. 1437
):
da durch vnser gemeind, richem vnd armem, grosser schregk inviel [...].
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
was jemals von anfang der einfälligen spaltung in der religion etlich und zweintzig jar her bis auf disen tag wider hochgedachte rö. kay. mt. [...] abschid.
Ebd. (zu
1555
):
da [...] im 52. jar widerumb krieg einfiel.
Ebd. (
1544
/
5
):
Suetonius Tranquilius setzt, daß der Julius Cesar vilmalen den reichen, großen Hansen eingefallen und inen die überflissigen tracten und richten der speis vor der nassen hab auffheben und hinwecktragen lassen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
vasten vertreibt niht allain die eingevallen siehtüem, ez [...] beschermt uns vor den künftigen siehtüemen.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
17, 23
(
mslow. inseldt.
,
1546
):
das Balaśśa Melcheors [...] in Mayerhoff BoZog eingefallen śein, das schloß abgehauen, das Viehe weg getrieben, tüerkiśch geradt [...].
Ebd.
106, 8
(
1613
):
doch mitt dem Vorbehalt, dz wo ein müßwachs der Wein einfallen śollt, er nur die halbe gilt Zue erlegen śchuldig wer.
Tobler, Schilling. Bern. Chron. ;
Anderson u. a., Flugschrr.
9, 5, 8
;
Löscher, Erzgeb. Bergr.
64, 30
;
2.
›sich einstellen, beginnen‹ (von regelmäßig wiederkehrenden bzw. ordnungsgemäß eintretenden Ereignissen gesagt); als Generalisierung von 1 auffassbar.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  5, (V.) 3,  3.
Wortbildungen:
einfallen
(
das
) 2 ›Einkommen; Einnahmen‹.

Belegblock:

Chron. Mainz (
rhfrk.
,
15. Jh.
):
Jtem hat die stadt jars von allen stedigen infellen [...] 18316½ g. uf das mittel gerechent.
Ebd. :
und worde doch die 5 jare lang nach den 10 jaren der stadt alle jare uberbliben 950 g., der man mee infallen hette.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
9, 10
(
Frankf./M.
1568
):
daß zu geordneter vnd gewisser zeit Tag wirdt / vnd gleichfalls die Nacht nach bestimpter ordnung eynfellt.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Auch da eine total Finsternis cum mora einfellt.
Maaler (
Zürich
1561
):
Die nacht Falt eyn.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
daß er sich zum höchsten beflissen, in allen einfallenden sachen
[›anliegenden Geschäften‹]
die gemeind zuͤ furdern.
Schottenloher, Flugschrr.
66, 18
(
Landshut
um 1523
):
hab ichs jar nit gar hundert gulden einfallen und was ich sünst von meinen pawrn schetz.
Vgl. ferner s. v.  5.
3.
›wo hineinfallen‹; ütr.: ›wo hingehören, wo einzuordnen sein, unter etw. (z. B. eine Kategorie, eine Epoche) fallen‹; mit Bezug auf Personen: ›in etw. hinein geraten‹; ›auf etw. hereinfallen‹;
zu  2.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl. (V.) 1,  2, .

Belegblock:

Jostes, Eckhart
33, 27
(
14. Jh.
):
alz di sel alz ledich ist, waz da invellet daz bechent si.
Strauch, Par. anime int.
116, 27
(
thür.
,
14. Jh.
):
so ist doch deme menschin noit des lichtis der lere zu den tegelichin gebrechin da der mensche invellit.
M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
muͤste er [...] wissen / in welches Jahr vor oder nach Christi geburth solches einfiele?
Erstlich besehe er / ob die fuͤrgegebne Zeit in unser seculum, unter unsere Epochas einfalle?
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Meckel
276, 604
(o. O.
1571
):
[unser fleisch] underworfen allem jamr und not, | der hellen und dem ewigen tot, | dem teufel und seim hellischen strick | einfallen alle augenblick.
Goldammer, Paracelsus
6, 61, 20
(
1530
):
so wir einfallen in solche melancolei, fantasei und unsinnigkeit, so ist unser arznei das wort gottes.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
auch in ander vil mer irrtumben, falsche lehr und unchristliche ketzerei bin eingefallen.
Bauer, Geiler. Pred.
98, 22
(
Augsb.
1508
):
das sy [die sel] nit einfall / und sich einsenncke in den wuͦst unnd in daßs kott der sünden.
Vgl. ferner s. v.  8.
4.
›herablaufen, -fallen, wo hineinfließen, -brechen, -münden‹ (von Wasser); als Spezialisierung zu 3 auffassbar; in 1 Beleg passivisch und ütr.: ›eingeflößt werden‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  1,  2, (V.) 11.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
, Hs.
1601
):
das er die Elbe vor dem Bruckthore wolle einfassen und uff den Altensteter marckt in einem Röhrkasten lassen außlauffen und allda wieder einfallen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1488
):
die edel stat Neronberga ist mit großmechtigen gepewen gezirt [...]; felt zwischen den ein ein fluß, Pegnitz genant.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
85, 40
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
dew doyge, die da von dem guten geist wirt pesunderleich ingeflossen oder ingevallen.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
unden am schwarzen mer, da die Thonau einfelt.
Patocka, Salzwesen.
1987, 137
.
Vgl. ferner s. v.  1,  1.
5.
›einstürzen, in sich zusammenfallen, -sinken; in Stücke zerbrechen; umfallen‹;
zu  6.
Phraseme:
eingefallene augen
›tief in den Höhlen liegende Augen‹;
das herz einfallen
›das Herz zu schlagen aufhören‹.
Bedeutungsverwandte:
 2; vgl.  1, .
Syntagmen:
etw
. (z. B.
der baum / boden / himmel / tempel, die flamme / glocke, das gewelbe / haus / holz
)
e
. (absolut).

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Wenn der Himmel einfiel so blieb kein Kacheloffen gantz.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
199, 4767
(
Magdeb.
1608
):
Jch schrack / als ob einfiel das Hauß.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Wann ein Jungfraw jhr Kind gebracht, | Jn selber Nacht solt er [der Tempel] einfallen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
ist joch wol die hitzige flamme uwers ersten ernstes ettewaz verflecket und in gevallen.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
welcher [...] syn huß oder schüren / in diser Statt Fryburg infallen / vnd also iar vnd tag ongebuwen ligen ließ.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Eingefallne Augen / die tieff im Haupt stond.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
da fiel in der herberg der poden ein und fiel der pischof herab auf ein padwannen.
Qu. Brassó
5, 419, 32
(
siebenb.
,
1605
):
Den 21. Tag Februari ist die grosse Klock ingefallen.
Perez, Dietzin
1, 205, 24
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. ;
Dietz, Wb. Luther .
Vgl. ferner s. v.  1.
6.
›jm. einfallen, in den Sinn kommen‹;
zu  2.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl. (V.) 14,  2, (V.) 1.
Syntagmen:
jm. etw
. (Subj., z. B.
der wan, die abenteuer / beschwernis / offenbarung, das kreuz, etw. nützes, gedanken / greuel
)
e
.,
jm. etw. von js. rat e
.,
jm. e
.,
das
[...],
jm. e
.,
wie
[...];
die einfallenden gedanken
.
Wortbildungen:
einfällig
2 ›sinnfällig; einsichtig‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Darumb wisse [...], wenn dir solch schwere gedancken von Christo einfallen, das sie gewis nicht von Christo, sondern vom Teuffel komen, [...]. Denn also ist die natur, das jr nimer nichts guts einfellet, sonderlich wenn das hertz [...] zaghafft ist. Lass gedancken gedancken sein und einfallen, was da felt, Dencke aber, das du Christi wort hoͤrest.
Jch wil [...] die grewel die mir itzt hiebey einfallen, sparen.
Rupprich, Dürer (
nobd.
,
1528
):
das einer ein huͤbschers bild bedracht vnd mach vnd des gut natuͤrlich vrsach anzeygen der vernunfft eynfellig dann der ander.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
186
(
Nürnb.
1517
):
Die einfallenden gedanken – die nit begert, ungern angenomen und widern willen behalten werden – sein dienlich zu der peen und bueßwürkung.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
586, 10
(
els.
,
1362
):
Von disem boͤsen lúmuͦte betruͦbte sich die erbere frowe so sere das ir von des túfels rote in gefiel wie sú den jungeling moͤhte erdoͤten.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 164, 7
(
Hagenau
1534
):
Der ist ein narre / der da redet was im einfellet.
Maaler (
Zürich
1561
):
Der Plato ist mir Eyngefallen / oder in sinn kommen.
Sappler, H. Kaufringer
11, 7
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
ain aubentür ich davon schreib; | die ist mir gevallen ein.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
77, 98
(
moobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
etleich sint, die da glaubent, was in nach ainr vodrigen andacht inval oder furchoͤm, das daz selbig sey ain pesundre offenparung gots.
Quint, Eckharts Trakt. ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Vetter, Pred. Taulers ;
Sappler, a. a. O.
2, 218
;
Vgl. ferner s. v.  6,  1.
7.
›Rechtsansprüche anmelden; etw. einfordern‹;
vgl.  23.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  3,  9.

Belegblock:

Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
laßts hinder dem schuldner ligen / ob dann ander gloubiger infielen / vn̄ solche vnderpfand ouch froͤneten / so mag der erst pfandherr sich solcher insatzung halb [...] nit behelffen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
, Hs. 
1371
):
da schol ainer an den andern nicht invallen ân den amptman und ân die hausgenoͤzzen.