einfältigkeit,
die
;
-Ø/–
.
1.
›jede Beeigenschaftung, Teil-, Gliederbarkeit, Abgrenzbarkeit qualitativ ausschließende Ungeschiedenheit, Unwandelbarkeit, Überwesenlichkeit (Wesen und Sein Gottes)‹; auch: ›Vollkommenheit, Einheit‹;
Texte der Mystik; im mittleren Frnhd. auslaufend.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
aͤlluͥ ding, als er [der mentsch] suͥ gar gelassen haͥt in der manigualtikait, das wirt im alzemal wider in der ainualtikait.
Ders., Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
von der abegescheidenheit hât er [got] sîne lûterkeit und sîne einvalticheit und sîne unwandelbærkeit.
Strauch, Par. anime int.
34, 30
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz dritte ist daz di einveldikeit gotliches wesines nicht geteilit inwirt fon allin den werkin di got ie geworchte und noch gewirkin mochte.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Zuͦ dem wesen ker dinú ogen in siner luter einvaltekeit, daz du lassest vallen dis und daz teilhaftig wesen.
Eichler, Ruusbr. steen
45, 826
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
sv́ [grvndelose klarheit] bevahet vns in einvaltikeit vnd v́berformet vns mit ir selbesheit.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
Das nu die sinnelicheit schin inziehe in die vernunft und die vernunft in den geist, so wurde das swartze gel und daz gele wis, und wurde ein luter einvaltikeit do dis lieht alleine inlúhtet und anders niergent.
Schmidt, Rud. v. Biberach
58, 7
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Got [...] het in im selben in der obersten einvaltikeit alle begirlich schonheit.
Ruh, Bonaventura
345, 10
(
oschwäb.
,
2. V. 15. Jh.
):
got ist ain gegen wertige ewigkait, ain erfullende ainfeltikait vnd ain bewegenliche bestendikait.
Vgl. ferner s. v.  2.
2.
›Losgelöstheit, Unberührtheit, Abgewandtheit von weltlichen Dingen‹ (im Sinne einer inneren Haltung als Voraussetzung für die Begegnung mit Gott in der Unio mystica);
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
 2, (
die
2,  3; vgl. ,  3.

Belegblock:

Luther, WA (
1525
):
das nicht yemand umb der groͤsse [...] willen soͤlchs stands sich besser [...] fur Gott deuchte, denn eyn ander schlechter Christen, sondern bliebe ynn der eynfelltigkeyt des glaubens, der uns alle gleich macht fur Got.
Ders. Hl. Schrifft.
2. Kor. 1, 12
(
Wittenb.
1545
):
Das wir in einfeltigkeit
[
Mentel
1466:
einfalt
]
vnd Göttlicher lauterkeit / nicht in fleischlicher weisheit / sondern in der gnade Gottes auff der Welt gewandelt haben.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Dar umbe ist des geistes sælicheit, dâ er geborn ist, und niht, dâ er geborn wirt, wan er lebet, dâ der vater lebet, daz ist: in einvalticheit und in blôzheit des wesens.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz [ernsthafte geistliche leben] beginnet nu an menger stat gar ser zergan. [...] dú willig armuͦt und abgescheidnú luterkeit in heiliger einvaltkeit beginnet vergan.
Bauer, Imitatio Haller
48, 20
(
tir.
,
1466
):
Der mensch der würt auf erhebt mit czwaien flügen von dem schlechten ertreich vnd durch die rainikchait. Die ainfeltikchait die sol sein in der mainung.
3.
›Einfalt des Herzens‹ (im Sinne einer spezifischen Form einer in der Möglichkeit des Menschen liegenden Spiritualität;
vgl. ,
die
, 1); offen zu und sichtbar in verschiedenen christlichen Tugenden, dann z. B. ›kindliche Unschuld, Unverstelltheit, Arglosigkeit‹; auch: ›Sanftmut, Friedfertigkeit‹; ›Bescheidenheit, Zurückhaltung‹; gelegentlich: ›Demut‹; vgl.  78.
Bedeutungsverwandte:
, (
die
1, , .

Belegblock:

Alberus, Barf. (
Wittenb.
1542
):
Gott hat mich [Franciscus] beruffen / durch den Weg der demut vnd Einfeltigkeit.
Volkmar (
Danzig
1596
):
Simplicitas, einfeltigkeit / einfalt / froͤmmigkeit.
Fischer, Brun v. Schoneb. (
md.
, Hs.
um 1400
):
wer gotis kint welle sehen an, | der muz dru ding an sich han: | ich meine der tuben einvaldikeit | und dar zu des wazzeres clarheit, | der milch wize an der schone.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1619
):
Jhr seydt daß erste Opffer zard, | Welchs Jesulein geopffert ward, | Jn vnschuld vnd einfaͤltigkeit.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
grosen zu fal hatte her von siner eyfeldickeit wegen.
Strauch, Schürebrand (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz ir [...] grosze begirde gewinnent zuͦ lidiger armuͦt [...], zuͦ einfaltikeit aller uwere worte und wercke.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
da sprach es
[
das Muͤnchlin
, das jeden Tag einer Jesusfigur in der Kirche sein Essen bringt]
uß Einfaltikeit zuͦ dem Jesuskneblin [...].
Lemmer, Brant. Narrensch.
18, 30
(
Basel
1494
):
Dem wisen liebt eynfaltikeyt.
Ruh, Bonaventura
310, 29
(
Basel
1507
):
Wenn du das sichst jn luterer gemuͤts eynfaltikeyt, denn so wirstu vnd bist etlicher maß begoßen mit erlúchtung des ewigen liechts.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 243, 29
([
Augsb.
]
1548
):
Recht ainfeltigkait [...] | [...] | [...] wer kan die finden | Bey Gaistlichen leüten / bey klainen kinden?
Vgl. ferner s. v.  3.
4.
›einfache Art, Nüchternheit‹; mit Bezug auf Aussagen: ›Klarheit, Schlichtheit‹; auch: ›Wahrheit‹;
vgl.  23.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  5.

Belegblock:

Palmer, Tondolus (
Speyer
um 1483
):
vnd prediget in dz wort gottez [...] mit grosser innikeit / weißheit vnd einualtikeit.
Neumann, Rothe. Keuschh.
5299
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
nicht unzemlich si uwer cleid | sunderen in rechter einfeldickeid.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
Der Sohn Gottes [...] helffe mir [...] das ich euch in wahrer / rechter vnd heiliger einfeltigkeit / vnd in einfeltiger Warheit alles das / so da heilsam / nuͤtzlich vnd noͤthig ist / sagen vnd fuͤrtragen moͤge.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Leyen, daß sie abfallen weyt | Von deß wortes einfeltigkeyt.
Vgl. ferner s. v. .
5.
›menschliche Unzulänglichkeit‹; daraus resultierend: ›beschränkte Erkenntnisfähigkeit‹; auf weltliche Belange bezogen: ›selbstverschuldete Unwissenheit; mangelnde Einsicht, Verblendung; Naivität; Dummheit‹;
Bedeutungsverwandte:
.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (
orhein.
1520
):
daß ich mich erbarme der schedlichen einfaltigkeit und streflichen unwißenheit unser.
Neumann, Rothe. Keuschh.
691
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
ein so gethanne bose einfeldikeit | ist zu allen ziten gote leit.
Langen, Myst. Leben
221, 12
(
nobd.
,
1463
):
was wolt die sel aus irer naturleichen ainfaltickait, do si inne was?
Morrall, Mandev. Reiseb.
92, 23
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
ir soͤllent wissen das menig cristen haiden wúrt, etlich durch ainfaltigkait, etlich durch armuͦt.
Vgl. ferner s. v. .