eilen,
V.
– Deutliche Differenz des Bedeutungsfelds im Vergleich zum Substantiv .
1.
›hasten, schnell, hastig, mit großer Geschwindigkeit handeln, sich beeilen; nicht zögern etw. zu tun; unter Zeitdruck tätig sein‹; mit Tendenz zu: ›überstürzt handeln‹; regelhaft mit Subj. d. P., vereinzelt mit Subj. d. S., dann z. B.:
der hund eilt
; subst.: ›Übereilung, Hast‹ (vgl.
eile
); Kern zahlreicher Sentenzen und Sprichwörter (vgl. die Belege ;
Mieder
).
Vorwiegend Texte belehrenden, erzählenden, chronikalischen Inhalts.
Bedeutungsverwandte:
 1,
2
 2, , ; vgl. , ,  4, (V.) 5.
Gegensätze:
 2,
1
 1, .
Syntagmen
(in Auswahl):
j. e
. (absolut; in dieser syntaktischen Konstruktion oft subst., z. B.
auf / aus / im eilen
);
eine sache
(Akk.obj.)
e
.;
e
. [+ Infinitivsatz mit
zu
];
in einer sache e., mit dem begräbnis, sich mit etw
. (z. B.
mit einem anschlag
)
e., nach etw. e
.;
drate / fest / gemach / geschwind / langsam / redlich / ser e
.; refl.:
sich e
.;
zornes eilen
.
Wortbildungen:
eilfertig
›übereilt, hastig‹ (im Beleg, von Gedanken gesagt: ›unreif, unfertig‹),
eilfertigkeit
,
eilflüchtig
›voreilig, vorschnell‹,
eilwerk
›Angelegenheit, die schnell zu klären ist‹ (a. 1531).

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Eylfertigkeit / Eylen. [...]. Eylen thut nicht gut. [...]. Der Hund eylet / drumb wirfft er blinde jungen. [...]. Wer eylet der fehlet deß rechten Wegs. [...]. Thu gemach / eyle mit weilen.
v. Ingen, Zesen. Rosenw.
39, 19
(
Hamburg
1642
):
Hier [...] muß ich [...] die uͤbrige Zeit denen hinterlaßen / welche dasjenige was ich hier auß eylfertigen Gedancken [...] herfuͤr gestoßen / werden [...] zu verbaͤssern wissen.
Luther, WA (
1529
):
[Das Welt] meinet, Gott eile nicht also seer mit der Straffe, bis [...] sie [...] da ligt in der Aschen.
Ebd. (
1540
):
Die welt ist gestanden 5500, Die andern 500 werden wir nicht erharren. Denn gott pflegt zu eylenn.
Ders., WA Tr. (
1532
):
Man eilete aber mit dem Begräbniß.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
565, 1863
(
Magdeb.
1608
):
Darumb rath ich / eilt nicht zu sehr / | Krieg wird Freunden vnd Feinden schwer.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Jch sprach in meinem leiden, | Als ich eilfluͤchtig war: | Nu bin ich Herr gescheiden | Von deinen augen klar.
Wunderlich, Fierrabr.
120, 17
(
Simmern
1533
):
Reichard [...] eilet sich vnnd zoge vff die Bruck.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
Bald erweckte solcher handel dem kauffmann [...] einen argwon, doch gedachte er [...] in disen sachen nit zu eylen.
Ulner (
Frankf.
1577
):
Eilen. Nicht seumen / schnellen / Zauwen.
Ralegh. America (
Frankf.
1599
):
Darnach eileten wir vns mit vnserm vorhabendem Anschlag.
Gille u. a., M. Beheim
176, 164
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
mit gecht und czornes eilen | Verleust ein mensch czu weilen | hundert phunt phening durch ein streich.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
72, 35
(
Nürnb.
1548
):
solche grosse sachen / lassen sich nicht eylen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 72, 2
(
Hagenau
1534
):
Von eylen kam nie kein gut.
Maaler (
Zürich
1561
):
Eylen / Eylents gon / Gwaltigklich vn̄ schnaͤll eynhinfallen etwas zethuͦn. [...]. Redlich Eylen die kleider zemachen.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
131
(
Genf
1636
):
Eilen / fluchs vnd bald ein ding verrichten.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Dieweil aber die zeit, das die hochzeit sein sollte, so nahe verhanden, must man dest fester eilen und dester grösser tagraisen machen.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
die [Türcken vnd Moren] eylten bald seinem begerē gnuͦg zuthuͦn.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Er eylet mit allen dingen / er thuͦts alles in der eil [...]. Nach etwas eylen [...]. Wo eilestu nach [...]. Mit der arbeit eylen [...].
Die zu fast eylen / haben spat feyrabend. Der zornig Gott nur schleicht zur rach / | Vnd gehet sein leiß / vnd eilt gemach. [...]. Langsam eilen gehet am besten. Das am meisten eilet / soll man zu erst thun. [...]. Wann man sehr eilet / so kan man nirgend kommen [...]. Wer zu sehr eilet / der thut nichts guts. [...]. Auff eilen folgt jrrthumb vnd rew. [...]. Auß eilen kompt offt trawrigkeit. Das eilen bedenckt kein ding [...]. Das eilen ist auch den begirigen ein harren. [...]. Eilen bringt offt schaden.
Eilen im Raht thet nie kein gut / aber im lauffen gilts eilen. Eilen ist deß Rechts stieffmutter. [...]. Gut ding will sich nicht eilen lassen. [...]. Wenn man mit einer boͤsen sache sehr eilet / so macht man sie aͤrger. Wer boͤse botschafft bringt / der kompt fruͤhe genug / wenn er gleich nicht sehr eilet.
Klein, Oswald
70, 36
(
oobd.
,
vor 1408
?):
lüg umb dich als ain orfe | eil, held, eil! eil, held, eil!
Mollay, H. Kottanerin
24, 24
(
moobd.
,
1439
/
40
):
die [...] Kroͤnung muest ain ainem Hochczeitleichen tag geschehen. Das waren die Phingsten, [...] da was nicht verr hin, daz man eylen muͤst.
ders. Hl. Schrifft.
Ps. 70, 2
;
Peil, a. a. O.
91, 1500
;
280, 611
;
Rauwolf. a. a. O. ;
Heydn. maister
15r, 24
;
Klein, a. a. O.
48, 2
;
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 47
.
Vgl. ferner s. v.
1
 10,  2,
2
 20, .
2.
›sich schnell mit einem räumlichen oder (ütr.) räumlich gedachten Ziel fortbewegen, zu einem bestimmten Ort hineilen, streben, hasten‹; auch refl.; in religiös motivierten Kontexten: ›sein Streben auf etw. hin ausrichten‹ (positiv wertend: zum Himmel, negativ wertend: zur Hölle); subst.: ›das Streben‹; im Unterschied zu 1 deutlicher zielgerichtet; offen zu 3.
Bedeutungsverwandte:
 2, (V.) 5; vgl. , (V.) 4, (V.) 2.
Syntagmen:
j. von hinnen, hinter sich e., (sich)
[wohin] (z. B.
heim, an das gebet, auf die strasse, gegen dem schwein, in
›nach‹
Italien, in das gemach, nach einem ort, zu jm., zum grab / tod, zum himlischen reich, zur grube / kirche, zu den schiffen
)
e., ein vogel zum strik, die sele zur helle e
.;
drate (zu jm.) / fast / schnelliglich e
.

Belegblock:

Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn (
Wolfenb.
1594
):
ich bitte, Lasset vns von hinnen eilen, vnd ins Holtz gehen.
da sie die Christen also sahen zuͦ dem tode eylen.
Ders. Hl. Schrifft.
Spr. 7, 23
(
Wittenb.
1545
):
Wie ein Vogel zum strick eilet / vnd weis nicht das jm das leben gilt.
Perez, Dietzin
1, 407, 11
(
Frankf.
1626
):
Derowegen eylet Anteus gegen dem Schwein zu.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Ile an din gebet vnd sprich: [...].
Gille u. a., M. Beheim
104, 552
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Da daz [laitern] dy Turken wurden gwar, | sy eilten schnelliglichen dar | und slugens von der maure.
Engel, Rats-Chron. Würzb.
258, 8
(
nobd.
, Hs.
M. 17. Jh.
):
der Türckh het den Ungern uberfallen, darumb sein fürstliche gnaden wider hinter sich eyleten, seinem schwager [...] zu hülf zu kommen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
die selen ilent zuͦ der hell.
Maaler (
Zürich
1561
):
Mit grossen tagreisen in Jtaliam Eylen. [...]. Zum tod Eylen.
Sappler, H. Kaufringer
11, 382
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
Das gelabt mair Cuonrat. | zuo der kirchen eilt er drat.
Dreckmann, H. Mair. Troja
30, 1
(
oschwäb.
,
1393
):
küng Lamedonta, der wirt sich dann zu stund mit den seinen eylen zu den schiffen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Darnach [...] kamen die Vngerischen fur das geschlos Huettenberg und wollten das mit ainem eylenden sturm erobrigt haben.
Kummer, Erlauer Sp. (
m/soobd.
,
1400
/
40
):
dort siczt ein huͤbscher iungeling; | wıͤr eilen zu ıͤm drot, | ee es uns wird zu spat.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
22, 25
(
tir.
,
1464
):
Ach vnd we eüch, die da eilen fein zu dem himlischen reich in dem wëg der reichtum.
Dies., Imitatio Haller
70, 8
(
tir.
,
1466
):
Es ist ain schnödikchait, [...] das man nicht eilen wil an die stat, da die himlischen freuden ewikchleichen peleiben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
85, 1334
;
Froning, Alsf. Passionssp.
1440
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
31, 12
;
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
5v, 26
;
Sappler, a. a. O.
1, 292
;
Mollay, H. Kottanerin
11, 118
;
Hulsius
D ijr
;
Vgl. ferner s. v. (V.) 2,  16, ,  1,  3,  15,
1
 2,  13,  1,  19, .
3.
›sich um etw. bemühen, etw. anstreben‹; auch: ›auf jn. / etw. zustürmen, jn. / etw. angreifen‹; vereinzelt refl.; auch ütr.; eng an 2 anzuschließen.
Bedeutungsverwandte:
, (V.) 6,  2; vgl. ,  8,  10, , (V.) 16,  5,  1,  2, (V.) 3.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
e., das [...]
;
auf / durch / gegen jn. / etw., zu jm. / e. S. e
.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
dâ îlet got zuo, daz ez unser eigen sî alsô, als ez sîn eigen ist.
Langen, Myst. Leben
155, 1
(
nobd.
,
1463
):
Dar vmb so eyl ein / yeczlicher zw puswertigkait / daz nicht vber in der her chom / vnd find in vnberait.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
456, 6
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Paris mit grimme eylt auff in [Polamides] – | das muest der küene Chriech dort von im sterben.
Qu. Brassó
4, 30, 31
(
siebenb.
,
1603
/
20
, Hs. 
v. 1761
):
Herr Michael wollte ihm nicht raten lassen, sondern eilete mit dem Haupt dadurch und wollte nur je länger je tiefer zwischen die Feinde ziehen.
Quint, Eckharts Trakt. ;
Pfefferl, Weigel. Gn. S. 
95, 23
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
45, 34
.
Vgl. ferner s. v.  11,  8,  6, .
4.
›jn. zu etw. drängen, zur Eile anhalten, unter Druck setzen; (zu sehr) auf etw. drängen, nach etw. verlangen‹; in letzterer Nuance häufig mit negativer Wertung.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 24.

Belegblock:

Luther, WA (
1547
):
Gott hilfft den geduͤldigen, welche [...] nicht verbotene huͤlffe suchen oder auff menschlichen trost eilen.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
11, 26
(
Zwickau
um 1540
):
ich [...] hab aber aus ursachen die zeit in druck nicht eylen wollen.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
Meister thu gmach! laß dir der weil! | Der tag ist mein, und mich nit eil.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
Die predicanten aber baten ainen rat, daß man sie nit eilen wolte, bis sie es dem volck vor anzaigen.
haben der Granvella und Haß ainen rat mit unmaßen geeilt und kurtzumb haben wellen, antwort zegeben.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth .
5.
›jn. in feindlicher Absicht verfolgen, hetzen, jm. nachstellen; jn. wohin treiben‹; auch: ›(Tiere) jagen, hetzen‹;
Verstärkt chronikalische und berichtende Texte.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 3,  13; vgl.  1, ,  2,  1, ,  2,  1, (V.) 2, .
Syntagmen:
jn. / etw. e., jn
. [wohin]
e
.;
j
. (z. B.
der herre / teufel, bauern
)
/ etw
. (z. B.
ein wolf
)
jn. / etw. e
.

Belegblock:

Wolf, Gesetze Frankf.
38, 2
(
hess.
,
1387
):
Weres auch, daz dieselben geiilet oder gedrungen wurden, daz sie von solich ehafftiger node wegen [...] in die stad Franckenfurt [...] quemen.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1449
/
50
):
die [fußgengel] wurden geeilt von den pawern.
er [marggraff] eilt sie [die unsern] herein [in den wald] biß an die schrancken bei der lantwer.
Chron. baier. Städte. München (
moobd.
,
1402
):
Die wurden von Neuburg geeild bis geen Jngolstat.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1566
):
Ob der dem die freiung noth thet, in iemant eilet und er solich vor bestimbt freiheit so nachet erlangt das er ein phant in die freiheit wirft [...], hat er die freiheit.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
693
;