ei,
das
;
-(e)s/-er, -ger
.
– Zur Lautung von 'Ei' in den rezenten deutschen Mundarten s.
regionalsprache.de, s. v.
.
›Ei, von Tieren, insbesondere von Vögeln hervorgebrachte, von einer harten Schale umschlossene ovale Keimzelle, aus der sich ein Jungtier entwickelt‹; speziell: ›Hühnerei‹; selten auch ›Fischei‹; in den Belegen erscheint das Ei häufig als Nahrungsmittel, als Substanz zu entrichtender Abgaben (dann meist im Plural) sowie als Grundstoff für medizinische Zwecke; aufgrund der spezifischen Form oft als Vergleichsgröße herangezogen; vereinzelt (im Plural): ›Hoden‹; hohe Phrasem- und Wortbildungsaffinität; Kern zahlreicher Phraseme und Sprichwörter (s. u.
Henisch
).
Phraseme:
ein ei zusammenleimen
›nutzlose Arbeit verrichten‹;
eier wannen
dasselbe (gleichsam: ›Eier durch eine Getreideschwinge sieben‹);
verlorene eier
›ohne Schalen im Wasser gekochte Eier‹;
blat von eiern
›Eierkuchen‹;
minder den zwei eier
›sehr wenig‹;
güldene eier legen
;
ein ei verwetten
›nichts um etw. geben‹;
auf eiern gehen
›sehr behutsam vorgehen‹;
für ungelegte eier sorgen
›sich unnötige Sorgen machen‹;
jm. nicht ein ei geben
›jm. nichts geben‹;
narren über eier setzen
›ungeeigneten Menschen ein wichtiges Amt anvertrauen‹;
das ei das hun leren
(als Zeichen einer verkehrten Welt);
jm. ein gutes / böses ei legen
›jm. einen guten / schlechten Ruf verschaffen‹;
fremde eier ins nest legen
o. Ä. ›jm. ein Kuckuckskind unterschieben‹;
etw. nicht um ein ei wünschen
›etw. nicht im Geringsten wünschen‹;
etw. hilft jm. nicht ein ei
›hilft überhaupt nichts‹;
jn. wie ein rohes ei halten
;
ein skorpion für ein ei werden
›etw. Böses gebären‹;
ein böser rabe legt ein böses ei
;
etw. tun, ehe j. ein ei schält
›etw. sofort tun‹;
gackern, [...] aber keine eier legen
›viel versprechen und nichts halten‹;
schauen wie ein straus, der seine eier verloren hat
›dumm aus der Wäsche schauen‹;
ist die henne mein, so gehören auch die eier mir
(Rechtsgrundsatz).
Syntagmen:
eier aushecken
›ausbrüten‹
/ aussaufen / bezalen / braten / (aus)brüten / essen / gebären / (ver)kaufen / legen / liefern / schälen / sieden / verderben / zerbrechen, weihen, zur kirche, auf den markt tragen, in asche schlagen, in anken geben, jm. eier vorsetzen, die eier
(›Hoden‹)
quetschen
;
das ei
(Subj.)
schädlich sein, fieber machen, ein same eines huns sein, (die) eier aufgehen, an den adern hängen
;
etw. rund wie ein ei sein, etw
. (z. B.
ein stein
)
gleich einem ei sein, etw
. (z. B.
steine
)
als gros als eier sein
;
aus dem ei ein hun werden, etw
. (z. B.
pulver
)
in ein ei rüren, etw
. (z. B.
teig
)
mit eiern füllen, einen wein mit eiern machen, jn. um ein ei bitten, etw. unter die eier rüren, den dotter von eiern nemen, ein kind / lewe von einem ei kommen
;
die eier der fische
;
x eier für x mark, eier zu ostern, x eier zu järlichem zins
;
das abere
›rohe‹
/ alte / faule / frische / gebackene / gefülte / gerürte / gesottene / harte / lautere / lere / neue / weiche ei, x eier, x pfund / schok / viertel eier
;
das weisse eines eies
;
der vogel im ei, ein nest / zuber mit eiern, x heller um ein ei, der dotter, das gelbe / klare / rote / weisse von einem ei
.
Wortbildungen:
eierampt
›Vorratsraum für Eier und dessen Verwaltung in Klöstern‹ (a. 1378),
eierbrief
›Brief, mit dem der Papst den Genuss von Eiern in der Fastenzeit erlaubt‹ (dazu bdv.: ),
eierbrut
›Gelege‹,
eierdotter
, ˹
eierfisch
(a. 1532),
eierfladen
,
eiergerste
(a. 1619),
eier-im-schmalz
,
eiermus
,
eiermutzen
(a. 1589),
eierörle
,
eierplaz
,
eierring
,
eierspiz
,
eierwek
,
eierzelte
,
eitorte
˺ verschiedene Gerichte mit Eiern, Backerzeugnisse, ˹
eiergeld
,
eierzins
˺ ›Eier als Naturalabgabe‹,
eiergestalt
,
eiergucke
›Eierschale‹ (a. 1571), ˹
eierman
(a. 1402),
eiermenger
(a. 1463)˺ ›Eierhändler‹,
eiermilch
›geronnene Milch, in der Molke und Käse noch nicht getrennt sind‹,
eieröl
›aus hartem Dotter durch Rösten gewonnenes Öl‹,
eierpfaffe
ein Schimpfwort,
eierschaum
›geschlagenes Eiweiß‹ (15. Jh.),
eierschmalz
›Fett aus dem Dotter hartgekochter Eier‹,
eiersetzen
›Vorgang des Eierlegens‹,
eiersieder
Spottbezeichnung für eine Person, der man nur einfache Aufgaben (z. B. das Sieden von Eiern) anvertraut,
eierteig
›mit Eiern zubereiteter Teig‹,
eifarb
›bleich, blass‹,
eiförmig
.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu. (o. O.
1521
):
Den ratschlag möcht ich ainem erzelen, | Ee ainer ain ai thät schelen.
Schmitt, Ordo rerum
447, 25
(
nd.
,
1400
):
Oualis (eyformich).
Luther, WA (
1520
):
am Ostertag, da man noch die fladen, fleysch, eyer ec zur kirchen tregt und weyhen lessit.
auff das er [Paulus] also sie [Corinther] auffs aller senfftist hallte wie eyn rohe ey.
Ebd.
18, 611,
Anm. (
1525
):
mein lieber Erasme, würffet dich [...] hyn vnd widder deine klügheit, do du wilt allenthalben auff eyern gehen vnd keins zutreten.
Ebd. (
1526
):
das er [Teuffel] ja wolle das eye aussauffen und uns die schalen lassen, das ist, den leib und blut Christi aus dem brod und wein nemen.
Ebd. (
1533
):
hie leret Ey das Hun, und Kachel den Toͤpffer.
Ebd. (
1545
):
Da hat er [Teufel] feil Botterbrieve, Eyerbrieve, Milchbrieve.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
227v, 2
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
necze den knotten in roßenol vnd in einem / weyßen eineß eyß vnd salbe das gelit.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Natûre machet den man von dem kinde und daz huon von dem eie, aber got machet den man vor dem kinde und daz huon vor dem eie.
Follan, Ortolf. Arzneib.
30, 5
(
rib.
,
1398
):
Jst auer eyn mensche bekart von der sucht [...], so sal man eme lychte spyse geben, alz czegen flez gesoden ader weche egere.
Herborn u. a., Rechn. Jülich
126, 17
(
rib.
/
snfrk.
,
1398
/
9
):
des guedestaigs C eye(r) vur 1 mark.
Struck, Joh. Pfannstiel
1746, 2
(
mosfrk.
,
1546
/
7
):
1 alb. vor eyn fertel eyher und zwey eyherweck vor yr recht.
Hajek, Guͦte spise
11
(
rhfrk.
/
nobd.
,
um 1350
):
mache einen duͤnnen eyer teic.
Ebd.
67
:
nim einen apfel vnd snit den wuͤrfeleht drin vnd ruͤrez wol mit eyertotern.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
48, 12
(
Frankf./M.
1550
):
Die Ganß legt nicht mehr guͤlden eyer.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
Wenn narrn sollen eyer außhecken, | Wird nichts drauß, denn eytel gäcken.
Stedtfeld, Roger-Glosse
59
(
omd.
, Hs.
15. Jh.
):
dÿ eyer werdin eyme czu queczhet [...]; dÿ hut czu rÿset do sy nohen ist den eyern.
Küther, UB Frauensee
219, 25
(
thür.
,
1446
):
czwey geschog eygir czu ostirn.
Keil, Peter v. Ulm
23
(
nobd.
,
1453
/
4
):
nym denn roßen-wasßer [...] vnd nym eyr-schmaltz vnd thu das dorein vnd stoß es vntereinander, [...] so hastu ein gut weiß pflaster.
Ebd.
272
:
Die gelsucht kumpt von dreyerley sach, [...] von faulem flaisch [...] vnd von faulen ayrn.
Bell, G. Hager
650, 12, 6
(
nobd.
,
1615
):
aÿ ring neẅ gbacken | Hat man auch feil.
Voc. Teut.-Lat.
a vjr
(
Nürnb.
1482
):
Ayergestalt. oualis.
Fischer, Folz. Reimp.
3, 347
(
Nürnb.
1480
):
Frü sich die frau von im [kauffman] auffmacht | Und richtet zu ein eyrimschmalcz
(wohl:
eiernes schmalz
).
Sachs (
Nürnb.
1530
):
Ayerpletz thut man von pircken schitten.
Ebd. (
1563
):
die graßmuck [...] | Setzt sich uber die eyer-brut.
Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
, zu
1487
):
Anno ec. 1487 [...] was ein solicher [...] hagel [...], das die stein etlich wol als grosz als eiger [...] den halben theil der taͤcheren [...] erschluͦg.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Disen menschen wirt das scorpio fúr das ei, das ist: ein valsch geloͮbe von im selber.
Matthaei, Minner. I, (Hs.
15. Jh.
):
ein waßer [...] | [...] | [...] waz so rehte eigis var | daz mir beguͦnde grusen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
so werden geopffert [...] derbe eier fladen gemischt mit ole.
Anderson u. a., Flugschrr.
14, 10, 8
(
Straßb.
1524
):
es sol sich auch nyemant vnderstan in der heyligen fasten / fleisch / Eyer / kaͤß [...] zuͦ essen.
Dasypodius (
Straßb.
1536
):
laͤr Ey / da nichts auß geboren mag werden.
Sudhoff, Paracelsus (
1528
):
das, so widerzubringen were, als unguentum agrippinum [...] und die von eieröl gemacht werden.
Ebd. (
1529
/
32
):
ein ei ist sam seines jungen hünleins.
Leisi, Thurg. UB
6, 431, 22
(
halem.
,
1367
):
sol im ouch werden jaͤrlich alles pfeffergelt, wachsgelt, huͤnrgelt und eigergelt.
Ebd.
8, 164, 21
(
1394
):
Der selb hoff jaͤrlichs giltet [...] hundert und fúnfftzig ayger.
Päpke, Marienl. Wernher (
halem.
,
v. 1382
):
Von ainem ay ain loͤwe kam, | Das ander ay ain lamp gewan.
Broszinski, Minner. Chir. Parva
73v, 17
(
halem.
,
2. H. 15. Jh.
):
Das gelw vom ey iij vntz, honig j vntz.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
so ward ouch wol von Eidgnossen angesehen, dass man allenthalben soͤlte verschaffen, dass man der [...] lantstricheren, gutzleren, eierpfaffen, zigineren [...] abkaͤme.
Plant u. a., Main. Naturl.
293rb, 19
(
ohalem.
, Hs.
E. 14. Jh.
):
Dc ander elem̄t ist dc wass
s
vn̄ ist och cugeleht vmbe dc ertriche als in eime eige dc luter vmbe den duttern gat also vmbegat dc wasser die erde.
Maaler (
Zürich
1561
):
Lautere Eyer / Das sind vnnütze eyer [...] welche die henn allein gemacht hat / one das fügelen deß gückels. [...]. Eyermilch [...] Gescheidne milch / da der ziger vnnd die schotten noch in einanderen sind. [...]. Eyeroͤrle. Laganum. Ein gattung der kuͤchlinen.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
663
(
schwäb.
,
1453
):
Nun schowt, wie sicht er als ain struß, | Der sine ayer haut verlorn!
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
7
):
da lies ich ir ain schwester ir kiechlen und airzelten fürlegen.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
besorgt für und für, im megte ain ai ins nest gelegt werden.
Es ist nit hie der sitt, | Das man setz dnarren über aier.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 79, 25
([
Augsb.
]
1548
):
Er ist meins Herrn Ayersieder.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
3, 5
(
Augsb.
1553
):
nim das weisß von airen.
Ebd.
54, 1
:
Ain airmúsß zú machen.
Ebd.
129, 1
:
Ain ortorten mit eingerierten airen.
Ebd.
154, 22
:
stoß die [air] dúrch den airspitz.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Du leimest ein ay zusamen / das ist / du thust ein laͤcherliche vergebliche arbeit [...]. Ein boͤser Rab oder Vogel legt ein boͤses ay.
Eyer der fischen.
Das Ey will offt kluͤger sein / als die Henne [...]. Ein Ey ist deß Huns Tagwerck. Ein Ey hat kein Hertz / vnd gibt doch ein Hertz. [...]. Ein Gans legt ein groß Ey / vnd schweigt still. Ein Hun kackelet vil bey dem kleinen. Ein hauff Eyer / vnd hauff Kinder seindt bald vergangen. Es ist eben der Vogel / wie das Ey. Es ist nicht vil Gold vmb ein Ey gekaufft. Eyer sind Eyern gleich [...]. GOtt beraͤt / so lang ein Ey bret. Man darff die Eyer nicht wannen / man isset sie wol mit dem Staub. Man muß die Eyer nicht im Nest sparen. Man muß nicht einem jeden sagen / wo der Fuchs eyer legt. Man pflegt nicht eyer nach Sperlingen zuwerffen. Mancher behelt das Ey / vnd laßt das Hun fliegen. [...]. Wenn GOtt die Eyer zubrechen will / so setzt er Narren daruͤber. [...]. Wer Eyer haben will / der muß der Huͤner gatzen (kackelen) leiden. [...]. Wer vil Eyer hat / der macht vil Schalen. Wie ein Vogel ist / der sich vber eyer setzet / vnd bruͤtet sie nicht auß / also ist der / so vnrecht Gut sam̄let. Wo man karg ist / da wachßen die Eyer. [...]. Vber den eyeren tantzen. [...] leiß vnschaͤdlich gehen [...]. Es ist vngewiß hoffen auff vngelegte eyer. Auß vngelegten eyern / werden spat junge Huͤnlein.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
sô nun der vogel seineu air hât gelegt [...], sô wirt daz mer gesänftigt [...], unz der alz seineu air geprüett.
diu henn arbait vast in dem airsetzen und singet doch nâch der gepurt.
der pfâwe zerpricht der pfæwinne air von dem lust, den er zuo ir hât. dar umb gepirt si ir air an ainer haimleichen stat.
Klein, Oswald
45, 7
(
oobd.
,
1415
):
sechzen haller umb ain ai.
Ebd.
105, 63
(
1432
):
Von slegen war der Steren blaw | und schrai: „misericordia!“ | das half in lützel umb ain ai.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
53, 11
(
oobd.
,
15. Jh.
):
wer tuncklew augen hat, der nem fenichel wasser [...] vnd ain clar von ainem ay.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
Alle die airzins dienen zu den ostern.
ders. Hl. Schrifft.
Lk. 11, 12
;
Fischer, Brun v. Schoneb. A IV ;
Hajek, a. a. O.
37
;
Dedekind/Scheidt. Grob.
130, 21
;
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
200, 19
;
Österley, a. a. O. ; ;
Hertel, UB Magdeb. ;
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
38, 24
;
Schmitt, Fachprosa
58, 7
;
Weitz, Albich v. Prag
164, 21
;
Bell, a. a. O.
619, 10, 4
;
Ott-Voigtländer, Rezeptar
204v, 7
;
Goedeke, P. Gengenb. ;
Welti, Urk. Rheinfelden
84, 10
;
Päpke, a. a. O. ;
Leisi, a. a. O.
84, 14
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
Lemmer, Brant. Narrensch.
76, 30
;
Hauber, UB Heiligkr. ;
Schlosser, a. a. O.
5240
;
Müller, Nördl. Stadtr. ;
Barack, a. a. O. ;
Stopp, a. a. O.
146, 2
;
Klein, a. a. O.
25, 109
;
44, 63
;
Deinhardt, Ross Artzney
26
;
Henisch ;  f.;
Öst. Wb.
1, 193
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 85
 f.;
Lehmann, Rezeptb.
171
;
176
;
Bücher, Berufe Frankf.
1914, 42
;
Vollmuth, Traumatologie
2001, 94
.