ehegericht,
das
;
-s/-e
, auch
.
1.
›in reformierten Gebieten die Kirchenzucht behandelnde weltliche Gerichtsinstanz (im Unterschied zum bischöflichen
consistorium
), in deren Zuständigkeitsbereich all dasjenige gehört, was dem Bereich Sitten und Moral zugeordnet wird, v. a. das Eherecht (Heiratshindernisse, Ehebruch, Notzuchtsdelikte), das Almosenrecht und die Schulordnungen‹ (sie ersetzt die bis zur Reformation gültige katholische Jurisdiktion); metonymisch: ›die dem Gericht vorsitzenden Richter (Laien und Geistliche)‹;
vgl. (
die
2, I, 45.
Gehäuft ˹obd.; seit der Reformation; Rechts- und Wirtschaftstexte˺.
Syntagmen:
ein e. ansehen / aufrichten / haben / halten / vornemen, hinab
[an einen anderen Ort]
schieben
;
das e. rechtssprecher haben
;
dem e. etw. anzeigen / fürbringen / gebieten
;
j. am e. sitzen, vor dem e. liegen
(›lügen‹),
die klage öfnen, etw
. (z. B.
ehebruch
)
vor dem e. bezeugen / darbringen, sich vor dem e. in recht einlassen
;
das doppelte / geistliche e
.;
der pedel, die erlaubnis, die beisitzer des ehegerichts
.
Wortbildungen:
ehegerichtshaus
,
ehegerichtsordnung
.

Belegblock:

Kollnig, Weist. Schriesh.
145, 6
(
rhfrk.
, Abschrift
1620
/
1701
):
Alle strittige ehesachen gehören vor Churpfaltz ehegericht.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern (
halem.
,
1529
):
Wenn der eebruch [...] offenlich vor dem eegricht bezugt und darbraͧcht wirt.
Wir habent auch gepotten [...] unserm eegericht, ein ernstlich uffsaͤhen zu haben uff alle predicanten, pfarrer und seelsorgern in unser statt landen.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1533
):
Waͤr im rathhuß, eegerichtshuß etc. frefflet.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1539
):
Ehegerichtsordnung. [...] hat ein erbarer rath [...] ermessen, nun fürohin allhie [...] ein eehgericht zu halten.
Welti, a. a. O. ;
Wintterlin, a. a. O.  f.;
Vgl. ferner s. v. .
2.
›zu bestimmten Zeiten abgehaltene Gerichtssitzung, bei der anfallende Angelegenheiten verhandelt werden (darunter in katholischen Gebieten und vorreformatorisch auch Delikte gegen die Kirchenzucht)‹; metonymisch: ›der Gerichtstermin‹;
vgl. (
die
1, I, 45.
Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1, I, 45.
Syntagmen:
ein e. haben
;
etw. e. heissen
;
der ehegerichte drei sein
;
den ehegerichten vorstehen; zu den ehegerichten wandel haben, j. zum e. kommen / reiten / schweren
;
der erste tag des ehegerichts
;
kosten von ehegerichten wegen
.

Belegblock:

Steinberger u. a., Urk. Hochst. Eichst.
245, 26
(
noobd.
,
1333
):
Ez sol auch der hofman daz erste wandel haben zu den rehten drein êgerihten.
Mon. Boica, NF. (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
das sind die gute, die vogtber sind, und gehoͤren zu allen egerichten vorzusten in der stat zu Swabach vor dem pawrengerichte. [...] derselben egerichte sind drewe im jare.
4 schilling dn. [...] fuͤr czerung eins voigts, der von Osternach hinuͤber zu dem eegericht reitt.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
83, 43
(
nobd.
,
1430
):
ein iglicher herrnkellner [...] hat zu setzen zwey gericht [...], eins an dem andern suntag nach sand Walpurgis tag, das ander an dem andern suntag nach sand Marteins tag, und heißen die egericht.