durchdringen,
V., unr. abl.
1.
›vorwärts drängen, an einen Ort, zu jm. gelangen, vordringen‹; auch: ›aus etw. herausdringen, herausdrängen; sich verbreiten‹; speziell: ›sich durch etw. (z. B. etw. Bedeckendes, eine Menschenmenge) hindurchdrängen‹; ›(eine Verteidigungslinie) durchstoßen, durchbrechen‹; vielfach tropisch;
vgl.  124, (V.) 2.
Phraseme:
die oren durchdringen
›(jm.) etw. zu Ohren kommen; etw. erfahren‹.
Bedeutungsverwandte:
 1, ; vgl.  1.
Gegensätze:
 2.
Syntagmen:
j. / etw
. (Subj.) [wie] (z. B.
allenthalben, mit gewalt / minnen / müe / not / zerstörung
)
d
. (absolut);
etw
. (z. B.
die wolken
)
d
.;
etw
. (z. B.
der tod, die flamme
) [wo, wohin] (z. B.
do, zu jm., zum begreifen
)
d
.;
ein durchdringender ton, eine durchdringende kraft
.

Belegblock:

Luther, WA (
1537
):
wer der sachen nachdencket, muss bekennen, das eines Menschen wort [...] dringet durch mit gewalt.
Ders. Hl. Schrifft.
Röm. 5, 12
(
Wittenb.
1545
):
ist also der Tod zu allen Menschen durch gedrungen
[
Mentel
1466:
vberget
; Var. 1475
2
– 1518:
durchgangen
;
Emser
1527 /
Dietenberger
1534:
durchausgangen
].
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
165r, 13
(
Leipzig
1588
):
[das wir] an Gottes Gnade vnd Huͤlffe nicht verzagen sollen / sondern mit starcken vertrawen vn̄ gewisser hoffnung vns auffhalten vnd durchdringen.
Franck, Klagbr.
231, 6
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
das sy mit stetigem empsigem gebeet die wolcken durchtringen.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
liebes kint, lo dich die nút hinderwert triben, sunder tring durch mit minnen.
die flamme tringet do durch und slecht uf in die hoͤhi.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew. (
Straßb.
1650
):
da kame ich in eine Gasse, [...], welche allenthalben mit tumult, [...], erfüllet, so daß ich mit grosser mühe vnd noth, [...], durchtrange.
Schmidt, Rud. v. Biberach
9, 12
(
whalem.
,
1345
/
60
):
das vuͤsse in der Schrift bezeichenent ein bewegelich kraft vnd durtringunde vnd gesnel.
Maaler (
Zürich
1561
):
Die oren Durchtringen / Zuͦ oren kommē / Einen erwecken [...]. Durchdringender ton.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
[die Turckhen] trungen mit gewaldt durch und chumen gein Rechperg.
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›etw. durchbohren, verletzen, zerstören‹; ›sich schädlich, mit zersetzender Wirkung in etw. ausbreiten‹; vielfach bildlich; als part. Adj.
durchdringend
auch: ›beißend, schneidend‹;
vgl.  2, (V.) 10.
Phraseme:
etw
. (Subj., z. B.
die rede
)
jm. durch das herze durchdringen
›etw. jn. betrübt, betroffen machen‹.
Syntagmen:
etw
. (Subj.)
jn
. (z. B.
den haufen
)
/ etw
. (z. B.
js. leib, böse feuchtigkeit, das gestämme / herz, die glieder
)
d
.;
etw
. (Subj.)
etw
. [wie] (z. B.
ganz / spizlich / stark
)
d
.;
die durchdringende kälte
.
Wortbildungen:
durchdringig
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Jes. 30, 32
(
Wittenb.
1545
):
es wird die Rute gantz durchdringen / vnd wol treffen.
J. W. von Cube. Hortus
98, 15
(
Mainz
1485
):
Die rynde hait groiß dogent an ir wan sie durchdringet vnd verzeret boͤse feuchtikeyt.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
92, 10
(
Frankf.
1535
):
Quecksilber ingetruncken / zerreißt vnd durchdringt alle innerliche glider.
Dietrich. Summaria
24r, 5
(
Nürnb.
1578
):
so ists [falsche lehr] doch ein schendliches [...] gifft / das bald den hauffen durchdringt / vnnd vergifftet.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Die Naͤgel eingeschlagen starck, | [...] | Durch Christi tieffe Wunden, | Mariae Hertz durchdrungen starck.
Ruh, Bonaventura
351, 8
(
orhein.
,
um 1480
):
O aller süssesten wort, [...] durch tringender den kein durch schnidendes scharffes swert.
Bachmann, Morgant (
halem.
,
1530
):
Der kŭnginen red durchtrungend dem betrüepten kŭnig durch das hertz.
Schmidt, Rud. v. Biberach
113, 20
(
whalem.
,
1345
/
60
):
Also schiessent oͮch dv́ beschowelich gemuͤte fliegent beschovnge vnd hitzzig begirde, [...] spitzlich dur tringent.
Maaler (
Zürich
1561
):
Durchtringende kelte / die eim durch den leyb gadt. [...]. Durchdringig. Penetrabilis. Das durchgadt / oder durchtringt.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
116, 3
;
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
1891
;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 218
.
3.
›jn. / etw. ganz und gar durchziehen, erfüllen, erfassen, beseelen, heilen‹; auch: ›etw. in umfassender Weise verstehen, begreifen‹; als part. Adj. auch: ›ergreifend, überwältigend‹;
vgl.  2514, (V.) 10.
Gehäuft Texte der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
 2,  2,  2, .
Syntagmen:
jn. / etw
. (z. B.
den haufen, die region / sele / unbegreiflichkeit, das corpus / herz, die wunden, js. kräfte
)
d
.;
etw
. (Subj.) [wie] (z. B.
inwendiglich
)
durchdrungen werden
;
eine durchdringende rede / verständnis
.
Wortbildungen:
durchdringer
,
durchdringlich
›ganz und gar ergreifend, überwältigend‹.

Belegblock:

Jostes, Eckhart
24, 25
(
14. Jh.
):
daz geschah im doch von clarheit seiner sel, di durchdrang di minne von berung der gotheit.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
6, 3
f. (
Frankf./M.
1626
):
trug der Pabst [...] die Sache mit einer [...] beweglichen / durchdringenden / langen vnd eygentlich dahin zielenden Redefuͤr.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Nichts nutzt der Stimm vnd Sayten klang, | Wenn dAndacht nicht das Hertz durchdrang.
Michels, Murner. Badenf.
3, 22
(
Straßb.
1514
):
[Got] Zunt in sim herzen an ein füer | [...] | Das in durchtrang der warme schweiß.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1520
):
wie der salzgeist ein durchdringer ist der metallen [...], durchdringet er die region des lebens.
Rohland, Schäden
357
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
der balsam durchdringet alle wunden.
Schmidt, Rud. v. Biberach
78, 20
(
whalem.
,
1345
/
60
):
er wart vereinet der gotlichen vnbegriflicheit, die dv́ verstentnissi nv́t durdringen mag.
Ebd.
116, 28
:
daz gemvͤte [...] wirt [...] inwendeklich dúr trungen vnd entpflammot.
Ebd.
124, 18
:
so ist nú behender, nút spitzzer, nut subtiler denne dv́ minne, old dúrtringlicher
(auch zu 2 stellbar).
Ebd.
73, 4
;
158, 6
;
Vgl. ferner s. v.  7,  2.