dunst,
der
;
-es/dünst(e)
.
1.
›trübe, neblige, mit Feuchtigkeit angereicherte Luft, Wasserdampf‹; ›in der Luft Schwebendes; Dampf, Rauch, Nebel‹; offen zu 2.
Bedeutungsverwandte:
, , ,  1, , , (
der
4, ; vgl. , (
der
1, , .
Wortbildungen:
dünsten
›verdampfen‹,
dunstig
1 ›dampfend‹.

Belegblock:

Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Ich wolde daz eyn vinster dunst | Het uber zogyn der sterne glunst.
Dor zu gemischet ist keyn dunst.
Keil, Peter v. Ulm
169
(
nobd.
,
1453
/
4
):
deck den hafen behentlichen zu, das der dunst do pey pleyb.
Maaler (
Zürich
1561
):
Dunst oder außdempffung deß wassers.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Dunst / außblasung / dampff / so sich erhebt vnd auffsteigt / schwadem / brodem.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
seind nu der dunst warm ist [...], sô widerstêt im der kalt luft und treibt in [...] her wider ab.
seind diu kelten sänfticleichen anrüert diu wolken, sô macht si klaineu tröpflein auz gar klaineu stükleinn des dunstes.
wenn ez [wazzer] dünstend werd, sô schol sich der siech dar über haben.
der
[Kranke]
schol den fenichel oder den hirs dunstig machen in einem hafen.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
358
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Der vnder dem hymel die regenwasser pindet in den wolkchen, [...] der mag [...] nicht mit ainem dv̈nnen tünst aber mit ainem vesten eys die wasser anhahen.
Keil, a. a. O.
224
;
Sudhoff, Paracelsus ;
Pfeiffer, a. a. O. ; ; ;
Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 217
 f.;
Lehmann, Rezeptb.
169
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 82
 f.
2.
›natürliche Ausdünstungen, Gerüche unterschiedlicher Herkunft‹; oft als giftig, bewusstseinverändernd und krank machend eingeschätzt; unter diesem Aspekt offen zu 4; im Einzelnen:
a) ›Ausdünstungen von Menschen und Tieren (durch Verdauungs- sowie Stoffwechsel- und Krankheitsprozesse entstehende Dämpfe; Verwesungsgase)‹.
Bedeutungsverwandte:
 2,  2, , (
die
4, (
der
5; vgl.  1, .
Wortbildungen
dunstloch
›Schweißpore der Haut‹ (dazu bdv.: ).
b) ›Gerüche und Aromen von Pflanzen bzw. pflanzlichen Produkten (u. a. Gärungs- und Verwesungsdämpfe, bewusstseinstrübender Alkohol)‹.
Wortbildungen:
dunstig
2 ›berauschend‹.
c) ›Auswürfe der Erde (u. a. tektonisch-vulkanische Gase, Staubwolke, Geruch von Gesteinen und Elementen)‹; auch: ›Sternenstaub‹; über das Vergleichsmoment der ,Trübung der Atmosphäre durch diese Auswürfe‘ anschließbar an 1.
Bedeutungsverwandte:
 2,  1, .

Belegblock:

Zu a):

Luther, WA (
1527
):
verstehe mich nichts drauff, ob aus den grebern dunst odder dampff gehe.
Strauss, A. v. Villanova dt.
155r, 13
(
obd.
, Hs.
1421
):
daz dy dunst von dem magen vnd von der spyß in daz heubt gent.
Sachs (
Nürnb.
1556
):
Durch unsern leib rindt ab der schweiß, | Auß den thunstlöchlein thut außwülen.
Goedeke, Fischart Flöh Haz
888
(
Straßb.
1594
):
wolf, der nüchters munds | Ain furz ließ, das es gab ain dunst.
Menge, Laufenb. Reg.
3260
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Vor sol kein tranke noch essen dir | Erloubet sin [...] | Die löcher sint denn offen | Die túnste heruß geschloffen.
Ebd.
3273
:
Die túnste löcher tuͦt es [baden] offen.
Ebd.
3291
:
Es [das baden] fúllet ouch die túnste sere.
Voc. rerum (
Augsb.
v. 1474
):
Porus donstloch vel schweißloch.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
siht man oft pei der naht flammen auf der tôten greber, von der âz vaizter dunst auf gêt.
daz si niht über die siechen giengen, daz der vergift âtem und der tœtleich dunst iht in si gieng.
wenne der leip noch voller rauchs ist und dunstes von ezzen und von trinken, ê die leipleichen gaist gefürwet werdent und gerainigt in dem slâf von den selben dünsten.
ez hât die art, daz ez den räuchen und den dünsten wert, daz si iht aufgên in daz haupt von dem magen.
Deinhardt, Ross Artzney
329
(
oobd.
,
1598
):
so laß im [dem roß] ausschnaidten, das der thunst dauon mag.
Strauss, a. a. O.
146r, 25
;
Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 46
.

Zu b):

Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
nim galgan und izz die und keuw die lang und verhab die nasen und den munt, daz dir der dunst in daz haupt gê.
dar umb slâft der mensch gern von [...] tunstigem tranch, es sei stark wein oder ander tranch.
diu [rinde] den dunst haltet und besleuzt, daz er niht auz geslahen müg.
Klein, Oswald
4, 43
(
oobd.
,
1421
):
ouch halt darinn ain mass. | Fleisch, weines tunst | teglichen meid.
Pfeiffer, a. a. O. .

Zu c):

Fischer, Folz. Reimp.
45, 272
(
Nürnb.
1482
):
ein loch darein geslagen [...], do der gifftig dunst ligt, den die natur dar getryben hat.
Sudhoff, Paracelsus (
um 1520
):
ens astrale, das ist der geruch, dunst, schweiß von den sternen vermischt im luft.
Ebd. (
1525
/
6
):
diser dunst gêt alle tag von sternen und falt herab auf die erden.
Maaler (
Zürich
1561
):
Dunst (der) Dampff vom erdterich.
Lauater. Gespaͤnste
38v, 5
(
Zürich
1578
):
daß die dicken tünst oder dempff uß der erden herfür kom̄ind.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der wint ist ain erdischer dunst gesament in dem luft [...] trucken von der irdischen nâtûr, dannen der dunst aufgêt oder der rauch.
daz ist dar umb, daz daz wolken sich umb und umb hât gesament umb den donrigen dunst, sô mag er nindert auz, unz er daz wolken zerpricht an ainer seiten sam der luft die plâtern tuot.
sô nu die dünst lang gevehtent in den hölrn, sô wirt ir stôzen ze letst sô stark, daz si auz prechent mit gewalt.
die stain wahsen in der erden auz dem erdischen dunst und auz der fäuhten, diu in der erden âdern und in iren clausen beslozzen ist, wan in den dünsten und in der fäuhten sint diu vier element gemischt.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
17, 26
(
noobd.
,
1347
/
50
):
der dunst fuͤrt pei weilen vil erden auz mit im.
Ebd.
28
:
Ist aber daz ertreich sweflik, als do die haizzen pad enspringent, so fuͤrt der dunst mit im aschen.
3.
›heftiger Windstoß; Explosionsdruck‹.
Bedeutungsverwandte:
; vgl.  6.

Belegblock:

Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
um 1545
):
Und was ein sollicher dunst, das er [...] ettlich starck thüren uffstiesz mit gewalt, und grossen schaden thet [...] an glasfensteren.
Niewöhner, Teichner
404, 16
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
also ist der wint ein tunst.
4.
›wirre Gedanken, Gefühle; Melancholie‹; teils mit gen. explicativus, z. B. der
sünde
, des
zornes dunst
, damit für: ›Sünde‹, ›Zorn‹.
Meist Texte gebundener Form.

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged. (
1631
/
9
):
Dieses feurige Beginnen, | dieser seufzerheiße Dunst | ist nicht, Lieb, nach deinen Sinnen | ein’ Erfrischung meiner Brunst.
Ettmüller, Heinr. v. Meißen ML.
24, 3
(
md.
, Hss.
14.
/
15. Jh.
):
Wer kan des zornes hazzec dunst versünnen | [...]?
Thiele, Minner. II,
32, 498
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
da sprichet man soesser mynnen donst.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2928
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
di meitliche kuscheid | [...] | di neret gotiz liebe unnd gunst | unnd vortribet aller suͤnde dunst.
Pyritz, Minneburg
5440
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
Daz man mit keiner cleinen kunst | Vertriben mug den starken dunst, | Da von die mynne sucht bekumt.
Sappler, H. Kaufringer
25, 118
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
die [göttliche kunst] kan des scharpfen zorns dunst | senften und vertreiben wol.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Am tag vil schlaffen ist nicht gut / Boͤß dunst im haupt es bringen thut.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob .
5.
›Gaukelei, Trugbild, Verschleierung‹.
Phraseme:
blauer dunst
;
sich an keinen dunst keren
›sich um nichts kümmern‹.

Belegblock:

Oorschot, Spee. Trvtz-N.
69, 6
(
wmd.
,
1634
):
O JESV nitt verschiebe, | Den dunst beseyten treib.
Jahr, H. v. Mügeln
600
(
omd.
, Hs.
1463
):
du merkest warheit miner [Alchimia] kunst, | dempft dich nicht unvernünste dunst.
v. Ingen, Zesen. Ged.
397, 22
(
Breslau
1641
):
Also schwaͤchen sie [Buchner / Opitz / Caesius] mit Kunst | Nebel / Schatten / Rauch und Dunst.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
[weib] Veracht smeich red und libkosung | Von fremden, reich, arm, allt und jung, | Kert sich an keinen tunste.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
231, 1
(
Nürnb.
1548
):
diß alles ist / wie ein blawer tunst fuͤr den augen.
Sachs (
Nürnb.
1562
):
Zeigt wunderzeichen ein grosse zal, | Der offt keins warhafft war zumal, | Sonder gricht mit abenthewr und kunst | Dem volck gemacht ein blober dunst.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Sanct Gorg verlachet diesen Gunst, | Vnd hielt es alles fuͤr ein Dunst.
All duͤck vnd dunst, list vnd schwartz kunst, | Wird er [Richter] der Welt außkuͤnden.
v. d. Kolk, Linck. Erb.
1978, 170, 33
.