dorn,
der
;
-s/-en
, auch
-e
,
-er
und
(+ Uml.).
1.
›Dorn, Stachel‹; allgemein: ›scharfer, spitzer Gegenstand‹, auch verwendet als Werkzeug oder Waffe; überwiegend speziell: ›spitzer Teil einer Pflanze, Dorn (v. a. von Rosen)‹; vielfach ütr., dann z. B.: ›Missstand, Belästigung, Schmerz‹; ›Unedles, Unreines‹; ›Erbsünde‹, wobei
dorn
als Symbol für v. a. religiöse und moralische Missstände und Verfehlungen steht; damit offen zu 2; 4.
Phraseme:
rose ane dornen
›Jungfrau Maria‹;
ein dorn jn. in den fus stechen
(ütr.:) ›in Nöte, Zweifel kommen‹;
jm. einen d. aus dem fus ziehen
›jn. von einem Missstand befreien‹;
barfus auf dornen gehen wollen
›schwer leiden wollen‹.
Bedeutungsverwandte:
 12, , ,
1
 1; vgl.  2.
Syntagmen:
den d. aussenden / ausziehen, einen d. an etw
. (z. B.
an einen schuh
)
machen, j. dornen achten, etw
. (z. B.
ein rosenstok
)
dornen tragen, einen d. von js. krone nemen
;
der d. jn. krätzen / reissen / stechen, reif werden, spiz sein, der dorn des jamers in füssen stecken
;
barfus auf dornen gehen, etw
. (z. B.
rosen
)
auf dornen wachsen, j. in einen d. treten, sich in die dornen stechen, sich mit den dornen kratzen, jn. mit dornen berüren / durchstechen, etw
. (z. B.
einen spies
)
mit d. zurüsten, nach einem d. greifen
;
der d. der rache
;
der eingetretene d., die spitzigen dornen
;
der schmerz der dornen
.
Wortbildungen:
dornenstich
,
dörnerpfeil
,
dörnerstrauch
,
dornestecke
,
dorngürtel
(dazu bdv.: c),
dornspreis
›Dornspreißel‹,
dornstachel
(a. 1517).

Belegblock:

Kochendörffer, Tilo v. Kulm (
preuß.
,
1331
):
Vrou dich, rose sunder dorn | In dornheit uf gedrungen, | Clar lilge schon ensprungen.
Luther, WA (
1524
):
Jch byn bekeret ynn meyn jamer, alßo der dornstachel eyngestochen ist.
Ebd. (
1518
):
Allso stechen uns die dorn, das seind boͤse wort [...], boͤß eingebung des teüfels, das aigen flaisch und das gewissen gethoner sünde.
Ebd. (
1531
/
3
):
Ehe die dornen reiff werden odder zu achten sind am dornstrauch
[dies zu
dorn
2]
, so komet der zorn.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
535, 901
(
Magdeb.
1608
):
Das Manthier legt jhm
[Pferd]
an den Zaum / | [...] | Vnd macht an seinen schuch ein dorn / | Weil noch nicht erfunden die Sporn.
Ebd.
615, 3423
:
Dazu hatten sie Distel keulen / | [...] | Vnd Dornestecken lang vnd rund / | Damit die Froͤsch zu kratzen wund.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Er wirt da mit beruͤret | Mit den dornen und bebluͤdet.
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl. (Hs. ˹
pfälz.
,
M. 16. Jh.
˺):
ee wolt ich ewig parfues uff dorrnen gan.
Knape, Messerschmidt. Bris.
35, 92
(
Frankf./M.
1559
):
Herr Brissonetus den spieß / mit den spitzigen dornē zu geruͤst / dem wurm [...] in den halß stieß.
Ebd.
42, 33
:
auch also stechend vnd spitz waren die dornen / das niemand kein hand darauff [...] heben [...] dorfft.
Allg. Schau-Buͤhne (
Frankf.
1699
):
die Staͤnde [...] bey dem Hertzog von Parma, [...] instaͤndigst angehalten / diesen Dorn ihnen aus dem Fuß zu ziehen.
Jahr, H. v. Mügeln
294
(
omd.
, Hs.
1463
):
ab schult erwecket sinen zorn, | uß sent er siner rache dorn.
Henschel u. a., Heidin
1037
(
nobd.
,
um 1300
):
Evch sticht liht ein dorn inden fvz.
Gille u. a., M. Beheim
169, 52
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
[der rosen stokch] tregt rosen [...] | und dorn, die ubel chreczen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Nürnb.
1631
):
Wer blindlich rohte Rosen bricht, | Gar leicht sich in die Dornen sticht.
Ebd. (
Bautzen
1567
):
Maria zart, von edler art, | Ein Ros an alle Dornen.
Ebd. (
Bodenseegeb.
1517
):
Vnd geüst dein [Jesu] bluͦt gantz miltigklich | Durch ruͦtschleg, gaisel, dorenstich.
Harsdoerffer. Trichter (
Nürnb.
1653
):
Dorn. Deß Rosenstocks Gewehr / die Schirmung selber Blumen / der rauhe Doͤrner Strauch / der Stachel und die Spitzen die reissen / kratzen / ritzen. Rosen. Den zugespitzten Dornen gleich einer ähren Nadel. [...]. Die scharffen Doͤrner Pfeile.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
Das sybend capitel [...] seit ob etwas fremdes in d’ wunden were / als dorn sprissen.
artzeuie͂
[sic!]
die do vß zihent dorn.
Lemmer, Brant. Narrensch.
36, 1
(
Basel
1494
):
Der kratzet sich mit den dornen scharff.
Klein, Oswald
13, 27
(
oobd.
,
1416
):
Wer ist die ros an doren, | do von man list und sagt.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
1827
(
oobd.
,
1607
/
11
):
Ein ander nacket weiblin so den rechten fuß aufhebt und nach einem eingedrettenen dorn greifft
(erotisch anspielend).
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
von dem obgemelten heyltum nam herzog Fridrich [...] ainen doren von der kron Cristi
(als Reliquie; vgl.
dorn
4).
Bremer, Voc. opt.
26016
(
wbair.
,
2. H. 15. Jh.
):
Cingula [...] dorngúrtel [...] gurt.
Peil, a. a. O.
537, 974
;
Broszinski, Minner. Chir. Parva
231
;
Bihlmeyer, Seuse ;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. ;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
2, 1
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
527, 7
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
107, 13
;
Dietz, Wb. Luther ;
Dwb ff.;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 79
.
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›Pflanze mit Dornen‹; auch: ›ein durch dornige Pflanzen gebildetes Gestrüpp oder eine entsprechende Hecke sowie deren Teile (z. B. Äste, Büschel, Bündel)‹; anschließbar an 1; genutzt als ›Baustoff für Einfriedungen‹; zudem verwendet als ›Festtagsschmuck vor Häusern‹ an kirchlichen Feiertagen, aber auch als ›Brennmaterial für Scheiterhaufen‹; in ütr. Verwendung: ›Unsitte, Sünde, schlechte Gewohnheit; sündige, gottferne Welt‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. sachbereichsverwandt): , ,
1
 1, ,  1, (
die
1,  3,  1,  2, ,  1, ,  1, ; vgl. ,  1.
Syntagmen:
einen d. abhacken / abhauen / achten
›bemerken, erkennen‹
/ anzünden / aushauen / ausreuten / darbringen / finden / hauen / roden / säen, jm. einen d. geben
;
der d. stechen / überwachsen, ein d. hart / stechelig sein
;
den dornen etw. bleiben
;
etw. auf dornen wachsen, j. durch dornen rennen, dornen für die häuser setzen, etw. in dornen tun, etw
. (z. B.
eine rose
)
in dornen sich enthellen, etw
. (z. B.
ein stam
)
mit dornen verwachsen, etw. mit dornen verhagen / vermachen, etw
. (z. B.
der friede
›Zaun‹)
unter dornen stecken, etw. von dornen hauen
;
der ast / die rosen eines dornes, der hag / die hecke von dornen
;
der schwarze / weisse d., die dürren dornen
; häufig als Doppelform:
d. und distel
.
Wortbildungen:
dornach
›Dorndickicht‹ (a. 1360; 1497),
dornbaum
,
dornbürde
›Bündel von Dorngestrüpp‹,
dornbusch
,
dornenhecke
,
dornenkraut
(a. 1483/4),
dornenstok
,
dornenstrauch
,
dorn|essen
,
dorngestäude
,
dorngesträuch
,
dorngewächs
,
dornhag
(a. 1512),
dornhandschuh
(a. 1529),
dornhecke
(häufig belegt; ›Dorngetrüpp‹),
dornheit
›das irdische Leben‹,
dornholz
›Dornbusch‹,
dornrose
›eine Rosenart‹,
dornsamen
›Samen von Dornbüschen‹,
dornstam
›Stamm eines Dornbuschs‹ (a. 1538),
dornstaude
,
dornstrauch
,
dornstraus
,
dornwächsen
›von einem Dorngewächs stammend‹,
dornwelle
›kleiner Dornbusch‹,
dornzaun
,
dornzeil
›Weißdornhecke‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1544
):
Ein friede, der da stecket mitten unter Dorn und Hecken.
Ders. Hl. Schrifft.
1. Mose 3, 18
(
Wittenb.
1545
):
Dorn vnd Disteln sol er [Acker] dir tragen.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe (
Wolfenb.
1593
):
Disteln vnd Dorn stechen sehr, | Lügenhafftige Zungen aber viel mehr.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
217, 5293
(
Magdeb.
1608
):
Dem Vihe gaben sie Silbr / vnd rinden / | [...] | Der wilden richenden Dorn rosen / | Solt sie von der gefahr erloͤsen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Köln
1582
):
Sie [menschen] warn vm mich wie bienen guͦt, | Dampfften, wie fewr in doͤrnen thuͦt, | Ich hab [...] | Sie vmbracht alzuͦsamen.
Ders., Lieder 14./15. Jh. (
14.-15. Jh.
):
Salve mueter hochgeporen | pluem von doren auserkoren | pluem in ruem des dorneichs
[hier ütr. für ›sündige Menschheit, Welt‹]
er. | Wir das dorneich mit der sünde | darvmb verwunden in die gründe | du gar par vor dornechz ser.
Struck, Klöster
224, 46
(
mosfrk.
,
1516
):
hinder der muern dorne abgehauwen 3 alb.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
129, 16
(
rhfrk.
,
um 1435
):
vnd [die konnigynne] rante [...] durch dorne das ir antlitz an allen enden bludete.
Schmidt, Frankf. Zunfturk. (
hess.
,
1607
):
Die weg in den fachen sollen frey sein [...], auch kein dornbaum darein gelegt [...] werden.
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
16, 32
(
Frankf./M.
1563
):
Auff den tag vor Philippi und Jacobi hat man Buͤchen Meyen unnd Doͤrner fuͤr die haͤuser gesetzt.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Rosen wachsen manchir var, | [...] | Uf dorne und ane dorn.
Schönbach, Adt. Pred. (
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
daz ist ein dorn der da hart und stechelich ist.
unser herre Jesus Christus [...] vant in dem akkere der werlde dorn kletten nezzeln und ander uncruͦt.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
266, 21
(
osächs.
,
1570
/
7
):
Einen selbwachsenden zaun zu machen. Samle im herbst allerley dornsamen, als weißdorn, schleedorn.
Anderson u. a., Flugschrr.
19, 15, 20
([
Eilenb.
]
1524
):
vnd fallen daruber in eine dorn hecken das ist in heidenische cerimonien [...] in vil fasten vnd bethen.
Gille u. a., M. Beheim
238, 108
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
o edler chunig, merk und gam, | lass deinen hach gepelczten stam | mit dornen nicht verwachsen.
Ebd.
244, 8
:
das er [gartener] seinen garten | [...] | auss haket, reutet und auch haut | pas disteln, nesseln und unkraut | und tarner ungelachsen, | Die darinn sein gewachsen.
Sachs (
Nürnb.
1563
):
Darmit trug man das kindlein nauß, | Und legt es in ein dorenstrauß.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
3815
(
halem.
, Hs.
um 1435
):
Davon er zornig und och gran | Sich rach mit dornen und schluͦg | Hopt, rippe, ruggen und buͦg.
Rennefahrt, Recht Laupen (
halem.
,
1471
):
die Laupener hätten zudem
etlich studern und tornern geriedet.
Schib, Urk. Laufenb.
313, 26
(
halem.
,
1605
):
so solle der werkhmeister [...] allweg ein jungen eich dar gegen auf pflanzen, mit dörnen vermachen vndt verhagen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Dorngesteüd / Ort voll doͤrnen.
Gruͤhaͤg (die) Toͤrnhaͤg / Zün auß [...] staͤchenden stauden.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
121
(
Genf
1636
):
Dorngestraͤuch, n. Hallier, Spinetum, Vepretum. [...] Dornholz, m. Solinéau, petit cheuron, Tignus Lacunar. [...] Dornwelle / ein buͦschlein von dorn, Faisseau d’espines.
Morrall, Mandev. Reiseb.
9, 5
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
und ward er [got] ouch gekroͤnt von ainem ast ains wissen dorn.
Ebd.
47, 12
:
man hett dar bracht dúrr dorn, und wurdent angezúnt.
Ebd.
85, 9
:
daz man dar in [land] sayte neßlen und dorn und bromen.
Sappler, H. Kaufringer
5, 124
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
er
[Mann auf Abenteuersuche]
kom zuo ainem dornzeil, | darbei ain hocher zaun was.
Ebd.
7, 220
:
ain dornzaun der stat nicht ferr | hinder meinem garten zwar.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 31, 12
(
schwäb.
,
1574
):
es soll niemands [...] weder von selben, doren, hägen oder anderm holz [...] nichzit hawen.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1615
):
Welcher [...] felben, dornhecken oder ainich ander holz abhauet, der kombt umb fünf schilling.
Bremer, Voc. opt.
48220
(
Augsb.
1468
):
Spinetum [...] dorngewaͤchß.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der môn hât in im swarz flecken, und sprechent die laien, ez sitz ain man mit ainer dornpürd in dem mônen.
ach got, dû waist wol, wâ dein stiglitz singent, dû waist auch ir haimleich dornezzen
[›Nahrung des Stieglitz‹; ütr. für ›demütiges Leiden der Gottgefälligen‹]
wol.
Plinius spricht, daz der vogel [aglaster] in dem augst tobend werd, alsô daz er sich selber erhenke ze stunden in den dornpüschen.
mein liep oder mein freundinn ist gestalt under andern töhtern, [...] sam diu lilig ist gestalt under den dornstauden.
Klein, Oswald
42, 58
(
oobd.
,
vor 1408
?):
Stauden stock | machet schock, | rauhen rock | als ain bock, | löblichen bedecket, | swarzer doren
[›Schwarzdorn‹]
, | weisser koren, | gar verloren | ist der zoren, | den der winder wecket.
Boot, Cassiodor. Hist. Eccl.
768, 9
(
moobd.
,
um 1385
):
und nach der marter hiez im der fraissam, unguetig chuͤnig ein grazze dornweͣgzze rueten hinden dacz dem leib instoͤzzen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1450
):
wer [...] seim nachpawrn zu schaden abhakcht ainn durn darn, der ist zu wandel 72 ₰.
Peil, a. a. O.
21, 11
;
Matthaei, Minner. I, ;
Schmidt, a. a. O. ;
Knape, Messerschmidt. Bris.
42, 30
;
Mayer, Folz. Meisterl. ;
Valli, Baldemann
61
;
Anderson u. a., a. a. O.
13, 6, 8
;
Hübner, a. a. O. ;
Sudhoff, Paracelsus ;
Boner, Urk. Brugg
514, 30
;
Voc. inc. teut.
d vijr
;
Golius  f.;
Dietz, Wb. Luther ;
Dwb, Neub.
6, 1274
f.;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 21
;
Lehmann, Rezeptb.
168
.
Vgl. ferner s. v. ,  1,  4, .
3.
›dornige Pflanzenteile als Material, aus dem z. B. die Dornenkrone Christi gefertigt wurde‹; Spezialisierung zu 2.
Syntagmen:
die dornen aufladen, drein schlagen
;
jn
. (
Christum
),
js. haupt mit dornen krönen, eine krone von dornen machen
.
Wortbildungen:
dornenhut
,
dornenkrone
,
dornenreisig
.

Belegblock:

Oorschot, Spee. Trvtz-N.
203, 10
(
wmd.
,
1634
):
Schimpflich habens ihn
[Christus]
gekrönet; | Zeugets jener DörnenHut.
Mathesius, Passionale (
Leipzig
1587
):
der HERR Christus [...] Ist bespeyet / verspottet / mit Dörnen gekrönet [...] gewesen.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Zu eim spot vor jedermann, | Sein heiligs Heupt gekroͤnet ward, | Die doͤrner drein geschlagen.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
wie er an dem crútz stuͦnt mit dornen gekroͤnnet.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
als Cristus Ihesus auch ward gekrent mit ainer dürnenkron.
Wunderlich, Fierrabr.
5, 8
;
7, 14
;
Kehrein, a. a. O. ; ; ;
Gille u. a., M. Beheim
167, 43
;
Glatz, Chron. Bickenkl. ;
Morrall, Mandev. Reiseb.
8, 20
;
Klein, Oswald
114, 58
;
Dietz, Wb. Luther f.;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 21
.
4.
›Anfechtung, Versuchung; Sünde, Laster, fleischliche Lust; irdische Güter als Hindernis zu einem gottgefälligen Leben und damit als Gefahr für das Seelenheil‹; bildlich und ütr. von
dorn
1; 2; häufig mit Genitivmetaphern.
Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
.
Syntagmen:
die dornen ausreuten / übertreffen
,
etw
.
dornen hegen / bären
(z. B.
eine rebe / die lüste
);
dornen
(Subj.)
etw
. (z. B.
trübsal / anfechtung
)
bedeuten
;
etw
. (z. B.
zeitliches gut
)
die dornen sein
;
etw
. (z. B.
die welt
)
in dornen liegen, vol dornen sein, j. durch dornen laufen, in den dornen wandern, got dienen, das herz in den dornen zeitlicher güter stecken, samen in die dornen fallen
;
der d. der bosheit / sünde / welt
;
der rechte dorn
.

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch (
rhfrk.
,
um 1405
):
Obe ich mich wol beflecket han | Mit den dornen der boßheit, | Das ruwet mich.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob (
omd.
,
1338
):
Wan wer von wiben wirt geborn, | Gephlantzet uf der sunde dorn, | Der mac ken Gote gar cleyne | Geschynen luter und reyne.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2280
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
wi wirt ein junge maget bewart, | das ir kuscheit nicht werde vorlorn, | wanne di werlt ist gantz vol dorn?
Ebd.
3363
:
der apphil ist des menschen licham | [...] | in dem wirt di kuscheid vorlorn, | wanne her muss wandern in den dorn.
Palm, Veter Buoch (
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Din mvnt sal niemmer vbel wort vorbringen, als ein rebe, der nicht dorne birt.
Gille u. a., M. Beheim
189, 30
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
wie torat die leüt sein, | das sy durch dorner lauffent | Also czu ires todes quell.
Dietrich. Summaria
26v, 33
(
Nürnb.
1578
):
In sonderheit aber sihet man inn diser Historia / wie das zeitlich gut die rechten dornen sind / welche die frucht des worts Gottes erstecken.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
die guoten lêrer auf ertreich, die vil leidens habent und doch in den dornen diser werlt frœleich got dienent.
Stackmann u. a., Frauenlob
14, 8, 4
;
Dienes, E. Gros. Witwenb.
53, 21
;
Rieder, St. Georg. Pred. ;
Lindqvist, K. v. Helmsd.
851
;
2965
;
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 4, 18
;
7, 13, 2
;
19, 5, 4
;
12, 5
;
Goldammer, Paracelsus
4, 250
.
5.
›Stamm einer dornigen Pflanze als (gedachtes) aufnehmendes Gewächs bei der Pflanzenveredelung durch Pfropfen‹; Spezialisierung zu 2.

Belegblock:

Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
es waͤre ain harte wunderlich ding daz man uf ainen dorn zwigeti edel und guͦt fruht.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
und wenn man den paum [nespelpaum] pelzet auf ainen fremden stam, ez sei auf ains pirpaums stam oder apfelpaums oder torenpaums
[s.
dorn
2]
oder ains andern, sô wirt diu fruht grôz.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1630
):
auch ain dorn der guet und pelzt ist, ist pueß schuldig zwei schilling.
6.
›Stachel eines Tieres (z. B. eines Igels)‹; eng anschließbar an  1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 4,
1
 1,  3, (
der
1,  4.

Belegblock:

v. Tscharner, Md. Marco Polo
55, 14
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
[eynhorn] han eyn horn mittin an der stirnen unde das ist grob unde swarcz, ir czunge scharf sam dorn von langin stichiln.
Maaler (
Zürich
1561
):
Doͤrn an den Iglen vnd dorn schweynen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
sô wizz, daz der igel ain tier ist, daz vil nâtürleicher dorn auf seinr haut tregt.
die echen sint der krebzen geslähtes, [...] wan sie habent auch dorn an der füez stat.
7.
›Knochen‹; speziell: ›Wirbelsäule, Rückgrat‹; ›Fischgräte‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
 6,  12.

Belegblock:

Stedtfeld, Roger-Glosse
56
(
omd.
, Hs.
15. Jh.
):
ist der man geslagen in dÿ bein vnde no bÿ der hant seÿn das da heißen toren.
Brack (
Basel
1483
):
Spina. dorn oder grat.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
Der ruck [...] strecket sein leng unz an die mistporten, und der dorn, der den rucken zesamen helt, ist auz vil painen.
8.
zu rechtsspezifischen Verwendungen s. : ›Unterlage aus Dornen zur Abwehr des Wiedergangs‹; ›Stab des Gerichtsboten‹.