doctor,
der
;
–/-es
;
aus
lat.
doctor
›Lehrer, Lehrmeister‹
(
Georges
1, 2269
;
Schulz/Basler, Neub.
4, 806
ff.);
häufig mit lat. Flexion.
1.
›Lehrer, Gelehrter, Kenner einer wissenschaftlichen Diszipin; Person, die durch ein Studium an einer der höheren universitären Fakultäten Kompetenz und Lehrbefugnis in einem Fach erworben hat (besonders in den Disziplinen Recht, Theologie und Medizin)‹; speziell: ›der mit einer Prüfung erworbene akademische Grad (als solcher Teil der Anrede)‹; auch außerhalb der Universität als Ehrentitel gebraucht, u. a. als ehrende Bezeichnung für die Kirchenväter (z. B. Ambrosius, Augustinus, Hieronymus) und die Kirchenlehrer (z. B. Bonaventura, Thomas von Aquin, Gerson), auch für Christus; nicht selten spöttisch gemeint;
vgl. .
Phraseme:
die heiligen doctores
›Kirchenväter‹;
doctor frost
euphemistisch für den Tod.
Bedeutungsverwandte:
(
der
),
2
 12, , .
Gegensätze:
II.
Syntagmen:
einen d. annemen / wälen, doctores machen, die doctores ausgehen lassen / erkennen, jn. einen d. bleiben lassen / nennen
;
der d. antworten / sprechen, jm. begegnen, der d. etw
. (z. B.
dignität
)
erlangen, die doctores etw. erfinden, etw
. (z. B.
einen spruch
)
tun, etw
. (z. B.
invenz
)
mit etw
. (z. B.
mit den gradibus
)
pflegen
;
j. d. sein / werden (wollen), j. d. in etw
. (z. B.
in der Biblia
)
sein
;
etw
. (z. B.
die Biblia
)
den doctoribus bleiben
;
etw. an den d. bringen, etw
. (z. B.
die regierung, das regiment
)
von doctores besezt werden, jn
. (z. B.
Christum
)
zu einem d. machen
;
d. decretorum / juris, der (heiligen) geschrift, der kirchen / des heiligen ordens / rats, der deutschen, der gesetze / rechte / sinagogen
;
doctores in sacra theologia, zu Leipzig
;
der abtrünnige / christliche / ehr- / hochwürdige / englische / grosse / heilige / himlische (Christus) / hochachtbare / hochgelerte / höchste / löbliche / seraphischliche / würdige d
.;
die meinung der doctores
; als akademischer Titel in der Anrede:
Doctor Eck / Doctor Luther
.
Wortbildungen:
doctorampt
(dazu bdv.: vgl. ),
doctorin
in einem Beleg mit Bezug auf die Gottesmutter Maria,
doctorisch
,
doctorlich
.

Belegblock:

Luther, WA (
1518
):
Aber die vorlesterer suchen nur das, das sie durch vieler doctor namen yhrem falschen predigen glauben machen.
Ebd. (
1520
):
Ey so fall es gar dahyn [...], das ynsz teuffels namen sich erhaben hat, und sey kein doctor Decretorum mehr auff erden, szondern allein doctores scrinii papalis, das sein des bapsts heuchler.
Ebd. (
1520
):
Ich meynet, die sententie solten der anfang sein der jungen Theologen, und die Biblia den doctoribus bleyben, szo ists umbkeret.
Ebd. (
1521
):
denn diß volck macht große hern, doctores und magistros, die geschickt sind, ander leutt tzu regiren, wie wyr denn furaugen sehen, das niemant prediger oder pfarner werden kan, er sey denn Magister, Doctor, oder auffs wenigste ynn der hohen schule gestanden.
Alda ist Christus tzum doctor gemacht.
Ebd. (
1523
/
4
):
das weib dem manne nach genant wirt [...]. Schneider schneideryn, Schuster schusteryn, Doctor Doctoryn.
Ebd. (
1524
/
27
):
Es sind heylose tropffen und rechte sew, wollen grosse Doctores seyn, schreiben grosse buͤcher.
Jch aber doctor Martin̂us in dazu beruffen vnd gezwungen das ich muste Doctor werden, on meinen danck, aus lauter gehorsam, Da hab ich das Doctor ampt mussen annemen vnd meiner aller liebsten heiligen schrifft schweren vnd geloben, sie trewlich vnd lauter zu predigen vnd leren.
Ebd. (
1533
/
36
):
Denn ich hoffe zu Gott, das ich mein Docterlich und predig ampt so redlich ausgericht habe, als er sein Fuͤrstlich ampt jmer mag aus richten.
Ebd. Br. (
1545
):
der baur hat seer diebische negel an den fingern, vnd ist nicht beurisch, sondern Doctorisch gnug, das seine zu suchen.
Buch Weinsb. (
rib.
,
1544
):
Es sint wol etliche advocaten und doctores, die durch sonderliche geschicklicheit [...] groisse digniteten [...] erlangen.
Lichtenstein, Lindener. Katzip. (o. O.
1558
):
ein zuckermacher oder wurmmsamer zuͦ Leyptzig, in der artzney ein baccalaureus, imm rechten oder ewigtem ein doctor, inn der schrifft des lebens ein bachant oder idiot.
wann einer ain doctor werden will, muͦß zuͦvor ain papyrer sein, ergo per consequens machet man auß den papyrern doctores.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
Er solte der Teutschen doctor seyn.
Hertel, Hall. Schöffenb. (zu
1554
):
des hat sy der rath [...] schriftlichen gescheyden nach lute eynes sproches, den dy doctores zcu Lipczk daruff getan habin.
Anderson u. a., Flugschrr.
1, 4, 34
(
Leipzig
1520
):
Die weil doch vil heyliger vnnd andere doctores gewest / dye auch dar von geschryben.
Ebd.
2, 7, 11
([
Augsb.
]
1523
):
also ist es christo vnserm himlischñ doctor / vnd ainigen mayster ergange͂.
Ebd.
5, 7, 12
([
Zwickau
]
1524
):
Laßt jn [Christus] vnsern lerer / Doctor / Maister / vnd vater sein.
Ebd.
26, 5, 23
(o. O. [
1522
]):
darum wil ich kein Doctor vnd schreiber ausserhalb der Bibel annemen.
Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
41, 31
(
obd.
, Hs.
n. 1570
):
das Cristus die neuen doctorn der sinagogen [...] jn der gotthait erkhennt hat.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
um 1480
):
[Sulch zweiung] Wart einem weisen kunt, | Mit namen eim doctore, | Der sucht theologey.
Der [schriffte] will ein yeder affe | Nun ganczer doctor sein.
Ebd. (
1517
/
18
):
O patriarchen künygin, | Aller weissagen proffetin | Un der zwelff potten, docterin | Der vir ewangelistin.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
um 1525
):
hat doctor Andreas Carelstat [...] gepotten, die vier alten doctores der kirchen zu halten
(gemeint sind die Kirchenväter).
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
24
(
Nürnb.
1517
):
Paulus, der hochachbar doctor der kirchen, die zung Christi [sagt].
Sachs (
Nürnb.
1548
):
Ich fragt ein doctor künstenreich, | Wem des menschen hertz wer geleich.
Dietrich. Summaria
30r, 39
(
Nürnb.
1578
):
Es ist aber leider solcher Doctor vnd Magister im Bapstumb all zu vil.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs.
um 1474
):
ein cardinal soll züm mynsten ein doctor sein der gesetz und der heyligen geschrifft.
Roloff, Brant. Tsp.
21
(
Straßb.
1554
):
diß Spyl [...] welches [...] der hochgelert Herr Sebastian Brandt Beider rechten Doctor [...] gestelt hatt.
Ebd.
337
:
Doctores und die Advocaten | Thͦund zuͦ der warheit schlechtlich rathen.
Sudhoff, Paracelsus (
1530
):
das ist ein treffenliche bachantische invenz, so die doctores mit den gradibus pflegen.
Ebd. (
1531
/
5
):
es ist ein groß ubersehen [...] von sovil doctorn und herren, meistern und baccalaurien ec der hohenschulen, das sie nicht besser augen haben sollen, sonder also blint.
Ebd. (
1537
/
41
):
magister sein und nichts wissen, doctor sein, nur wenen, ist gar zu wenig.
Goedeke, P. Gengenb. (o. O.
1516
):
Das die doctores iung vnd alt, | Wend auch vfft gouchmat mit gewalt. | Sind ir ein doctor der geschryfft, | Vnd hat nit glaͤsen wie vergyfft, | Venus so manchen glerten man.
Lemmer, Brant. Narrensch.
76, 65
(
Basel
1494
):
will mancher doctor syn | Der nye gesach Sext / Clementin.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
begeb sich das einem kind etwe ein erenstand zuͦstünd / also das es Ritter od’ doctor werde͂.
Warnock, Pred. Paulis
3, 14
(
önalem.
,
1490
/
4
):
ist der erst doctor der süss lerer Sanctus Ambrosius.
Ebd.
8, 27
:
das der hochwirdig, cristelich doctor Sant Bonaventura schribt, daz [...].
Ebd.
8, 148
:
Das aller minst kind were bas gelerter gesin denn jetz der höchst doctor sy.
Enders, Eberlin (o. O.
1524
):
als man sagt, vil Doctores vnd wenig geleerter leutt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
v. 1536
):
hat doctor Frost [...] mit aines armen badreibers tochter in seiner kirchen hochzeit gehept.
Rot
306
(
Augsb.
1571
):
Doctor, Lehrer / vnderweyser. Jtem ein ehr Tittel in den faculteten. Ein Doctor / das ist ein Hochgelerter vñ in Kuͤnsten wolerfarner mann / Es sey in der Theologey / Medicin oder Jure.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Der bawer vnter den Doctorn / der Esel vnter den affen.
Es kan ein bawer so wol ein weiß wort reden / als ein grosser Doctor.
Klein, Oswald
95, 3
(
oobd.
,
1425
):
O rainer got, | gnad, tugent hoch, der barmung tieffer gründe, | ain doctor aller weishait scharpf.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Der bischolf mit seinen doctoribus, juristen, capplan, priester [...] hieng man all.
Do erwelten die chorherrn [...] ainen frumen doctorem, kantzler hertzog Jorgen.
Moscouia
D 1v, 38
(
Wien
1557
):
das er khain menschen dermassen verhasst / als den Bapst / vnd nent den nur ain doctor.
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 159, 4
;
677, 28
;
Österley, a. a. O. ;
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
322, 28
;
Anderson u. a., a. a. O.
15, 14, 28
;
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
101, 832
;
Dietrich. a. a. O.
30r, 28
;
Schorer, Sprachposaun
45, 24
;
Goedeke, a. a. O. ;
Goldammer, a. a. O.
2, 54, 10
;
Buck, U. v. Richent. Chron. Conz. ;
Boner, Urk. Aarau
591, 3
;
Warnock, a. a. O.
9, 89
;
13, 48
;
22, 75
;
23, 264
;
25, 9
;
26, 215
;
26, 270
;
27, 17
;
Koller, a. a. O. ;
Lemmer, a. a. O.
107, 2
;
Schottenloher, Flugschrr.
51, 9
;
Lohmeyer, K. v. Nostitz ;
Wopfner, Bauernkr. Tirol
38, 18
;
Dietz, Wb. Luther ;
Eckel, Fremdw. Murners.
1978, 70
;
Bücher, Berufe Frankf.
1914, 39
.
Vgl. ferner s. v. ,  3, (V.) 1,  1,  1, (
der
3, .
2.
›Arzt, akademisch gebildeter, an einer Universität promovierter Doktor der Medizin (im Unterschied zum praktisch ausgerichteten Wundarzt, der auch blutende Wunden versorgte)‹; als Spezialisierung anschließbar an 1, wobei die Entwicklung dieser Bedeutung zum umgangssprachlichen Hauptgebrauch bereits in frnhd. Zeit deutlich ist;
vgl. .
Bedeutungsverwandte:
 1.
Gegensätze:
 2, ,  1, .
Syntagmen:
einen d. bestellen / bewilligen / versprechen, bei sich haben, um rat fragen
;
der d. sprechen, jn
. (z. B.
einen kranken
)
arzen, jm. helfen
;
ein d. sein
;
an den d. kommen, sich an den d. geben, bei den doctores suchen, jn
. (z. B.
einen kranken
)
durch die doctores verderben, jn. vor d. beschauen
;
der eigene / fleissige d., grosse / polyphemische doctoren
;
die bestellung der doctores
;
doctor medicinae, der arznei
.
Wortbildungen:
docterna
›Frau des Arztes‹.

Belegblock:

Peil, Rollenhagen. Froschm.
97, 1698
(
Magdeb.
1608
):
Jch hab selbst einen Doctor bey mir.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
EIn Doctor thet ein Krancken Artzen | So lang, biß jm vergieng das fartzen.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1563
):
Keinerley volck auff erden hat so große freyheit, als die doctores medicine oder ertzt, barbierer und bader.
Ebd. (
1602
):
wer sich [...] an die ertzte oder doctor gibt, der ist schon verderbt.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
11, 1
(
Frankf./M.
1568
):
Der Doctor. Ich bin ein Doctor der Artzney / | An dem Harn kan ich sehen frey | Was kranckheit ein Menschn thut beladn.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
dz sie nümer me geheilt mügen werden einer warenn heilung / nach dem als etlich doctores sprechent.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
):
also geferlich ist auch die arznei solchen poliphemischen doctorn.
Geier, Stadtr. Überl. (
nalem.
,
1557
):
werden die doctores der medicin, auch alle arzt, die sich, wie gehört, deß practicierens und arzneiens gebrauchen wöllen, ainen aid schwören.
Roder, Hugs Vill. Chron. (
önalem.
,
1528
):
er kam salbtritt tottlich kranck heruß gen Uberlingen an ain dockter, der halff im mit gotz hilff und sunst fill frumen lantzknehten.
Ders., Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1590
):
Welche zu geschwornen maistern und wundtarzt underm balbierer, scherer oder banderhandtwerck genommen werden, sie sollen schwören ainen aidt [...] sich der bainbrüch und gefahrlichen schäden [...] nit allain zu underfangen, sonder [...] den herren doctorem medicum auch darüber zufüren.
Goedeke, P. Gengenb. (o. O.
1516
):
Wie wol ich der Astrology | Ein meister bin, vnd der artzny | Ein doctor.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1495
):
daß kain artzet gruntlich darzuͦ kund, weder doctores noch ander artzet.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 816, 11
(
schwäb.
,
1550
):
wa ein persohn mit der außsätzigkeit veragwohnet wäre, so soll ein vogt und gericht dieselbe persohn angeben, damit er beschauet werde vor doctorn.
Hauber, UB Heiligkr. (
schwäb.
,
1551
):
so ist ainem convent verwilligt und versprochen ain aignen doctor der arzney.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
Der doctor [...] war bei wenig jaren darvor bei Haidelberg herauf gezogen. Sein weible war ganz geschnepper [...] do stand die docterna zu inen uf ein pritt [...] sprechendt [...].
Ziesemer, Gr. Ämterb.
709, 8
;
Diehl, Dreytw. Essl. Chron. ;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 453
.
Vgl. ferner s. v.  10, ,  3,  1,  2.