dik
I
Adj.;
1.
›eine bestimmte Dicke, Stärke, einen bestimmten Umfang aufweisend, im Verhältnis zu einer als durchschnittlich angenommenen Vergleichsgröße viel Raum einnehmend‹; häufig in Verbindung mit konkreten Maßangaben oder Vergleichsgegebenheiten; vgl. (die
) 1; oft in syntagmatischer Verknüpfung mit Münzbezeichnungen (z. B. dem Pfennig, Groschen, Gulden), mit der Tendenz zur Univerbierung; gelegentlich ütr. auf negative Abstraktgrößen (z. B. Angst, Schrecken), dann: ›groß, gewaltig‹.Syntagmen:
etw
. (z. B. der hafen, die beile / mauer / schlange / wurzel, das schif, stäbe, balkdielen / bandadern / bankladen, dinge
) [wie, z. B. x daumen / ellen / klafter, spannen / zoll / zollung, eines fingers / schuhes / zwergenfingers, eines halben augapfels
] d. sein
, etw. als d. als x finger sein, etw. d. bis an den himmel sein
; etw
. (z. B. der turm
) d. angehaben sein
›vom Raum her großzügig angelegt sein‹; der dicke
˹grosche / pfennig / plappert
˺ ›Silbermünze‹ / krieg / schrek, die dicke angst / eiche / mauer, das dicke kreuz / renozerhorn
.Wortbildungen:
dicken
dikgarn
dikgulden
dikpfal
dikpfennig
diktaler
Belegblock:
Luther, WA
16, 442, 30
(1524
/27
): Doch die Juͤden sind dennoch gleichwol so nerrisch nicht, das sie die guten guͤlden und dicke groschen, der sie viel haben, weg wuͤrffen, ob gleich Marien odder S. Joannes bilde darauff geschlagen ist.
J. W. von Cube. Hortus
95, 7
(Mainz
1485
): Die wuͦrtzel ist lanck vnd roit an der farbe vnd ist als dicke als eyn fynger.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
29, 13
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): ir
[
der stat Cambalii]
muren sind xx elin ho und x elin dicke. Rupprich, Dürer
3, 291, 23
(nobd.
, 1528
): Aber zwischen den zwerch linien felt man leychtlich. Dann etwan zeucht man die ding zu vil hineyn oder herauß, so werden dann die selben ding daselbst zu dick, duͤnn, breyt oder schmal
(hier im Sinne von: ›perspektivisch überdimensioniert‹).
Vetter, Pred. Taulers
353, 18
(els.
, 1359
): Do er gegen der porten kam geritten, do slos sich die porte mit einer starker dicker muren zuͦ.
Schib, H. Stockar
116, 18
(halem.
, 1520
/9
): und fürt vil gelt by mir, [...] kronan und rinsch gold, dick pfenig und sust vil müntz.
Heydn. maister
19v, 2
(Augsb.
1490
): Anatharsis het wissen das ein schif nit dicker wz dann vier finger.
Lappenberg, Fleming. Ged.
118, 32
; Hajek, Guͦte spise
10
; Knape, Messerschmidt. Bris.
42, 23
; v. Tscharner, a. a. O.
33, 19
; Rupprich, a. a. O.
2, 173, 89
; Spechtler, Mönch v. Salzb.
25, 49
; Bauer u. a., Kunstk. Rud.
9
; Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
12, 27
; Rwb
2, 796
; Schwäb. Wb.
2, 190
f.2.
›dick, fett, fleischig, kräftig‹ (vom Umfang, Wuchs des menschlichen Körpers und anderer organischer Bezugsgrößen gesagt); gelegentlich negativ konnotiert: ›feist, vollgefressen‹; Syntagmen:
die zunge d. werden
›anschwellen‹; der dicke
˹ars / siz
˺ ›Gesäß‹ / baum / fus / hals / leib, der dicke feind / prälat, die dicke backe / haut / hirnschale
(mehrfach) / wade
, das dicke blat / laub / maul
.Belegblock:
Luther, WA
19, 385, 9
(1526
): Aber wol gemest sein macht abgoͤtterey, wie Mose spricht ynn seinem gesang: ,Er ist fett und dick und vollig worden, drumb ist er widderspenstig worden.‘
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
4, 354, 15
(Frankf.
1603
): Man sagt, es habe sich bey einem sehr dicken und feisten prælaten in seinen kleidern eine lauß gehalten.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
10, 9
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): Ouch ist do eyn boum den wir heysin den durren boum, und ist michil groz und ouch dicke.
Rupprich, Dürer
3, 295, 408
(nobd.
, 1528
): Der morn angesicht sind selten huͤbsch der pflechsten nasen vnd dicke meuler halben.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
7, 164, 8
(Straßb.
1466
): Sein wurtzeln werden gedickert
[
Seine saat stehet dickeLuther
1545, Hiob 8, 17: ]
auff dem hauffen der stein. Anderson u. a., Flugschrr.
30, 4, 16
([Straßb.
1522
]): vnd gent da her blasen mit den dicken backen vnnd grossem bauch.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
206v, 14
(Hs. ˹nalem.
, um 1400
˺): Er swiczet gern vmb die brust / vnd wirt jm die zung dik
(hier: ›geschwollen‹).
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
4, 20
(oobd.
, 1349
/50
): von dem alter druckt sich diu hirnschal zesamen und wirt dik.
Kummer, Erlauer Sp.
4, 57
(m/soobd.
, 1400
/40
): pring die sel all mıͤr, | so wil ich
[der Teufel]
seu verslickchen | in meinem ars dikchen. Franck, Klagbr.
219, 16
; Cirurgia H. Brunschwig
14va, 40
; Schöpper
114b
; Maaler
89v
; Schweiz. Id.
12, 1224
f.3.
›dicht, dunkel, undurchdringlich‹ (von der Beschaffenheit atmosphärischer, kosmischer, meteorologischer Gegebenheiten gesagt); auf ungegliederte Ganzheiten (Stoffe, Gewebe, Massen) bezogen auch: ›undurchlässig, engmaschig‹; speziell von den Ohren: ›dumpf‹; Phraseme:
js. oren d. sein lassen
›jn. taub, unzugänglich (für etw.) machen‹.Gegensätze:
.Syntagmen:
etw
. (z. B. der dunst / mond / nebel / rauch, die sonne
) d. sein / werden
; der dicke rauch / schne, die dicke feuchtigkeit / finsternis / materie / wolke, das dicke garn / tuch / wetter
; etw. d. fallen
(z. B. schne
), gepapt sein
(von mehrlagigem papier
).Wortbildungen:
dicken
diksam
Belegblock:
Enders, Eberlin
3, 270, 21
(o. O. 1526
): Hie ist der rauch vnd nebel des schmertzens von entpfangnem schaden [...] so groß vnnd dick, das man dauor nit sehen mag.
Luther, WA
10, 1, 1, 537, 11
(1522
): Und ist yhn geschehen als dem, der das liecht fernn hynder yhm lessit, das er fur sich haben solt oder etwa fur sich hatte, und geht nu alßo ynn die dicke finsterniß on liecht.
Ebd.
32, 434, 24
(1532
): Verstocke das hertz dieses volcks und las jre ohren dicke sein und blende jre augen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
81, 18
(oobd.
, 1349
/50
): wenn sich der dunst gesamet in den luft, sô gestêt er zesamen und wirt dicke.
Ebd.
96, 30
: sô bedäut er
[Dunstkreis]
zehant ainen künftigen regen, dar umb, daz sich der dunst dicket und in wolken verkêrt. Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
51, 3
(noobd.
, 1347
/50
): daz der luft da neblik ist und dikke oder gar tunkel.
Munz, Füetrer. Persibein
224, 1
(moobd.
, 1478
/84
): Darnach ain wolcken dicke | dy sunn gunnd über / ziehen.
4.
›dicht (gedrängt)‹ (auf kollektive Größen und – adverbial korrespondierend – auf kollektive Handlungen einer vergleichsweise hohen Anzahl von Individuen bezogen); Syntagmen:
etw
. (z. B. ein haufen
) d. sein
; etw
. (z. B. heuschrecken
) d. fliegen, etw
. (z. B. bäume, buben
) d. stehen, auen d. mit korn stehen
, etw
. (z. B. eine hecke, bäume
) d. wachsen
; der dicke busch / hag / wald, das dicke har, dicke locken / stauden
.Belegblock:
Chron. Magdeb.
2, 167, 26
(nrddt.
, Hs. 1601
): sein dieselbigen losen buben [...] im Chore im Thome so gar dicke und voll gestanden [...].
Peil, Rollenhagen. Froschm.
634, 4007
(Magdeb.
1608
): Wie ein Sturmwind im dicken Wald / | Mit grossem krachen einher falt.
Wyss, Limb. Chron.
53, 5
(mfrk.
, zu 1362
): Di [hauweschrecken] qwamen unde flugen als dicke in der luft unde in dem velde, als hette ein groß snie gevallen.
Ralegh. America
23, 32
(Frankf.
1599
): vnd wuchsen die Baͤum so dick an beyden seiten / daß wir mit vnsern wehren vnd Schwertern einen Pasz dardurch musten machen.
Opitz. Poeterey
19, 26
(Breslau
1624
): ob ich mich kan auß dem staube schwingen / | Vnd von der dicken schar des armen volckes dringen | So an der erden klebt.
5.
›angedickt, zähflüssig, sämig; fest‹ (von der Konsistenz nicht-fester Bezugsgrößen gesagt); speziell von Wasser: ›gefroren‹; gelegentlich subst.: ›Bodensatz‹; Syntagmen:
etw
. (z. B. der balsam / brei / wein, die brühe / milch / seife, das mus / öl / pulfer, quelwasser, die tropfen
) d. sein / werden, etw. d. wie honig werden
; j. etw. d. befinden, etw
. (z. B. kot
) sich d. an etw. hängen
; das dicke
(subst.) von etw
. (z. B. von der milch
).Belegblock:
Luther, WA
45, 646, 18
(1538
): er [ein geladener wagen] gehet jmer hin ubers land durch schlam und pfuͤtzen und lesst den kot dahinden, ob er wol fest und dicke sich an den wagen henget.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
229r, 3
(md.
/oobd.
, 1446
/8
): das es
[ein Gemisch]
dicke / werd als ein honig. Hajek, Guͦte spise
12
(rhfrk.
/nobd.
, um 1350
): suͤde ez
[Gemisch aus Birnen und Honig]
mit ein ander, daz ez dicke werde. Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
110, 6
(Frankf.
1535
): wann du vernimpst das [seyffen] dick vnd zehe werden wil / so gib jr einen halben eimer voll zu der überigenn laugen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
25, 15
(oobd.
, 1349
/50
): sint si
[Tropfen der
frawen milch]
dann dick und zevliezent niht, sô ist daz gespünn guot. Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
361
(moobd.
, A. 15. Jh.
): Darumb haissen vnser lerer das wasser daz also dikk vnd vest ist den christallain hymel.