1
beugen,V.
1.
›etw. / jn. biegen, beugen (im konkreten wie ütr. Sinne)‹; speziell: ›(die Reben) niederbiegen und fachmännisch an Pfähle heften‹; dies Letztere auch mit Verschiebung der Bezugsgröße auf den Weinberg; als part. Adj. gebeug(e)t
ansatzweise lexikalisiert: ›fein gezogen (von den Augenbrauen)‹.Wortbildungen:
beuge
beugerebe
beugerin
beugig
beugung
Belegblock:
es ist kein Koͤnig so starck und mechtig, der den glantz und stralen der Sonnen beugen oder lencken moͤge.
Summa, sie leiden beides, geistlich und weltliche tyranney, und werden von beiden zustossen, das ia umb und umb ein zustossen rhor sey, das ein iglicher beuget, krummet, nider druckt, wo er kan.
si gebar iren êrst gebornen sun und în want en mit tůcheren und wider bougite
[
legetLuther
1545: ]
en in di krippen. zu Ostern reumet man umb die weinstöcke, stecket pfähle und beuget die reben.
Syt du [Mynne] bugest allterz eine | Daz sterkest dink uff erden.
ach wie schôn geböuget | ûz wîzer stirnen glizzen, | reht als sî dar gerizzen | wæren, brûne brâwen!
Das joch vnd die seile beugen den halß. [...]. Ein junges Kindlein / ein junges Streuchlin / das kan man beugen vnd lencken / wohin man will. [...]. Den baum soll man beugen / weil er jung ist.
leicht her den tzewg, | Das ich den [poswicht] tzwm ersten pewg.
2.
›sich mit dem Körper niederbeugen, verbeugen‹; ütr.: ›sich vor jm. / etw. verneigen und sich damit als ergeben, demütig, gehorsam zeigen‹; trans.: ›jn. mit einer als Beugung gedachten Bewegung zur Demut führen‹.Syntagmen:
bis auf Ausnahmen refl.; sich jm. b
.; sich zu / unter / auf etw., sich vor jm. b., jn. b
.Belegblock:
daz ist uns her gehorsam | und buget vor unsem gewalt.
DA beuget sich
[
fielen niederMentel
, Eck
1537: ;
bogFroschauer
1530: ]
Josaphat mit seinem andlitz zur erden. Ebd.
Hiob 9, 13
: vnter jm müssen sich beugen
[
sich bucken vñ gedemuͤtiget werdenFroschauer
1530: ]
die stoltzen Herrn. si [sele] muz sich an den hemil hogen | adir nidir zur erde bogen.
di lilie wechst unnd beigit sich nider | alles zu der erden wider.
die sich nicht Haben gar rund | ge beÿget an dem orte | vor dem Baal.
daz der mensche wider gebouget sol werden, sin oberstes nider, in dem insinkende in warre underworffener demuͤtikeit.
Des Küniges hertz / ist in der hand des Herren / wie Wasserbaͤche / und er beüget es / wa hin er will.
Schmidt, Rud. v. Biberach
137, 24
.3.
›(einen Körperteil, oft: die Knie) zum Zeichen der Ergebenheit (meist) oder des hartnäckigen Widerstandes (vereinzelt) beugen (sowohl im konkreten wie im ütr. Sinne); (seine Hände) zum Schutz über jn. halten‹; auch vom Neigen der Blätter oder Äste eines Baumes gesagt.Syntagmen:
(jm.) die knie b., die knie / beine (vor / gegen jm.) b., (jm.) den hals / nacken b., die schultern unter etw. b., die hand über jn. b
.; das gebeugte knie
.Belegblock:
Was ists nuͤtz, das sie die knie beugen und diß nit thun.
Das sind rechte Jsmael, unbendige, halstarrige und widderspenstige, ein volck das nicht zu lencken noch zu beugen ist.
Ein Furst lest fur im die knie beugen, credentzen, drumb, das Gott inen in das ampt gesetzt hab.
mir sollen alle Knie gebeuget
[
gebogenFroschauer
1530, Eck
1537: ]
werden. des wurdin si dô bougin | ir hertin nackin allintsam.
si bougiten
[
bucktendFroschauer
1530: ;
boge͂Eck
1537: ]
ire knie vor en und vorspotteten en. und bougiten
[
satztenMentel
: ; Var. 1475
neygten2
: ;
fielen auffLuther
1545: ]
ire knie, si anebettin en. es werden auch Koͤnige [...] jhre Knie fuͤr jhm beugen vnd sich neigen.
boͤugent uwer schultern under die búrde Jhesu in liebe und in leide!
do buttent si ir hende gen dem himel und boͮgtent ir haͤls undertaͤnenklich dem enthoͮpter.
Sie bugen all gen ir die bain | Und vielen ir zů fůsse gar.
Paum hoch, dikch kreuz, peug dein este, | Christi gelidern gib ein reste.
4.
›etw. (positiv Beurteiltes, z. B. das Recht) biegen, brechen, verdrehen, verfälschen‹.Belegblock:
wir beugen die schrifft, wies uns dunckt.
sol man sie lassen gellten, wie sie klingen und nicht mit unserm auslegen und deutten lencken oder beůgen.
Sonst ligt einer in Haß, der beugt balde das recht.
Dv solt das Recht deines Armen nicht beugen
[
biegenFroschauer
1530, Eck
1537: ;
verkerenDietenberger
1534: ]
in seiner Sache. Ebd.
Spr. 17, 23
: Der Gottlose nimpt heimlich gern Geschencke / Zu beugen
[
felschenFroschauer
1530: ;
verkere͂Dietenberger
1534: ]
den weg des Rechts. dich nicht bouge gabe breit, | Daz du recht gerichte breches.
wo wolt doch ir | lasen, glaubt mir, | Ewre ehre zu stunde, | das sie nit wert gebeichet schir | Do / vnder den ge fangnen weit.
5.
›etw. / sich in einer als Beugung gedachten Bewegung auf etw. / jn. richten‹.Belegblock:
Kein im wirt er nicht bougen | Sine gotlichen ougen | Lieblich als da vor.
daz in disime werke alle werc werdin wider gebeugit uf sich selber.
Ebd.
99, 32
: dar uz inspringit ein minne di sich widir beugit uf Got.
[Den menschen, der] auff eygne lieb geneyget | Auff sich selb gentzlich ist gepeyget.