beten,
V.
1.
›zu Gott oder (vereinzelt) zu einem Götzen beten, im Glauben mit Gott sprechen‹; der Bittgedanke spielt höchstens am Rande mit; oft im Orientierungsfeld gebraucht mit
ablas lösen
(s. v.  6),
almosen geben
(s. v.  1),  2, ,
messe hören
(s. v.
1
 1), , ; offen zu 2.
Zur Sache:
LThK
4, 537
 f.
Syntagmen:
andächtig / knieling / recht / stetiglich b
.;
die ganze nacht b
.;
zu got, zu dem vater, mit dem herzen, mit andacht / vernunft / verstand, mit der stimme, von herzen, vor die feinde, auf dem felde, vor bildern b
.;
b., damit [...]
; subst.:
verstand des betens
;
am b. vollenbleiben, jn. am b. irren, etw. mit b. volbringen
;
des betens geraten, los sein
.
Wortbildungen:
betegang
›Wallfahrt‹,
betekamer
,
beteselig
›betwillig, bittwillig‹ (a. 1539),
betjungfrau
›Nonne‹,
betklause
,
betläuten
,
betliecht
wohl ›Licht zum Frühgottesdienst‹ (a. 1455),
betpsalm
,
betsamlung
›Klostergemeinschaft‹ (1. H. 16. Jh.),
1
betschemel
,
betstul
,
betstunde
,
betweise
›betender Weise, betend‹ (a. 1529),
betwonnig
›betfreudig, gläubig‹,
betzeit
›Zeitpunkt, an dem zum Beten geläutet wird, (in der Regel) Abenddämmerung‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1521
):
Wer do opffert, der bett unnd bitt gott, das er wolt von yhm seyn opffer mit gnaden annehmen ec. Wer aber dancksagt, der bett nicht, daß eß angenehme sey, sunder frawet sich, das ym ettwas gegeben sey.
Ebd. (
1518
):
So der mensch anhebet tzubethen ,Vater unser, [...]‘, und thut das mit dem hertzen und munde, Bekennet er, das er eynen vatter hat [...], und der also betthet, der stedt mit eynem auffgehaben hertzen tzu goth.
Ebd. (
um 1535
):
Trew erbeiter, beten zwifeltig
[Erklärung in WA 38, 359: ›gewissenhafte Arbeit ist ein trefflicher Gottesdienst‹].
Ders., Hl. Schrifft.
1. Mose 24, 63
(
Wittenb.
1545
):
[JSaac] war ausgegangen zu beten
[
Dietenberger
1534:
trachten
;
Mentel
Var. 1475
1
,
Froschauer
1530:
betrachten
;
Eck
1537:
bedencke͂
]
auff dem Felde.
Ebd. Sir.
38, 15,
Marg.:
Betten hilfft mehr denn ertzneien / Vnd der Priester thut mehr denn der Artzt.
Ebd.
Mt. 6, 5
:
bete zu deinem Vater im verborgen [...]. wenn jr betet / solt jr nicht viel plappern.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
111, 2122
(
Magdeb.
1608
):
Vber das nimpt der Mensch ein bret / | Oder ein breiten stein zur stet / | Spert den auff mit eim Kreutzelein / | Als wers ein schoͤn Bethkleuselein.
Quint, Eckharts Trakt. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ich [...] spriche, daz abegescheideniu lûterkeit enkan niht beten, wan swer betet, der begert etwaz von gote, daz im werde.
Redlich, Jül.-Berg. Kirchenp.
1, 96, 1
(
rib.
,
1492
):
das si
[Untersassen]
di cristlige ordnunge, gewonheit und bedegenge mit anderm zinse und offer gehorsameclichen vurbass bewisen.
Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, zu
1354
):
di drette hiß jungfrauwe Else unde was ein betjungfrauwe.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
694
(
mrhein.
,
um 1335
):
Nu sollent ir beden vnd wachen, | wollent ir dem diuel widersachen.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
Herr pfarrherr, was kan ich viel andacht erzeigen oder beten, wenn ich truncken bin?
Ebd. (
1602
):
was beten were oder heiße, wen man anbeten, oder wie man recht beten solte.
Eggers, Psalter
4, 23
(
thür.
,
1378
):
dy ding, dy ir sprechet in vwerme herzcen, di bewegent vch in vwerin betekameren.
Ebd.
60, 10
:
Herre, erhore min gebet, so ich zcu dir bette.
Hertel, UB Magdeb. (
nd.
/
omd.
,
1483
):
das das betwunnige volk doselbst bie dem heiligen cristenglouben bliben [...] mochte.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
72, 32
(
Nürnb.
1548
):
ein rechter Christ der ein verstand / solches Christlichen werckes / des bettens hat / wirdt nicht vil Vatter vnser zelen.
Ebd.
85, 14
:
ists ein Sprichwort gewest / es sey kein groͤsser noch schwerer arbeyt / den̄ recht betten.
Ebd.
130, 27
:
wo vneinigkeit ist / da kan man nit recht beten.
Sachs (
Nürnb.
1559
):
David, der küniglich prophet, | Ainen petpsalmen machen thet.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
288, 31
(
els.
,
1362
):
daz er sich wider den keyser nút anders woffente, denne alleine mit fastende, mit wachende vnd mit andehtigem bettende.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
der mentsch hat zwo sprâch in dem gebet: mentschliche sprâch, so der mentsch bettet mit dem munde; engelsche, so er bettat mit dem hertzen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
daz er gesass in sinem gewonlichen betstůl und kom in ein betrahtunge des warhaften wortes.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1668
):
zugleich fürtershin kein dantz länger gestattet [...] werden bis umb bettleüthen zeit.
Lemmer, Brant. Narrensch.
35, 26
(
Basel
1494
):
Wer zornig ist / der bettet nit.
Ebd.
44,
Vorspr. 2:
Wer vogel / hund / jnn kyrchen fuͤrt | Vnd ander lüt / am betten jrrt.
Goldammer, Paracelsus
3, 277, 15
(
1530
/
5
):
wiewol es ie nit gebürt, vor bildern zu betten, die von holz oder stein sein.
Leisi, Thurg. UB
7, 613, 11
(
halem.
,
1388
):
dz das liecht, [...], alle nacht ewenklich ze bettzit angezündet werd.
Maaler (
Zürich
1561
):
Bettschaͤmel. (der) Scamnum.
Chron. Augsb. Anm. 3 (
schwäb.
,
v. 1536
):
sie pettent knieling und kusten offt die erden in der kürchen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Wer recht thut / der bett ohn vnterlaß. [...].
Rote wangen / vnd weisse beine / sind nicht allzeit die froͤmbsten / kochen nicht wol / vnd beten vbel [...]. Sey still / bete vnd traw Gott / So wirt gewendet deine noth. [...]. Beten ist der noͤtigste haußraht im Ehestand. Beten verschlegt die zeene nicht. [...]. Je mehr gebetet / je schwaͤcher der Teuffel wirt.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 814, 32
(
schwäb.
,
1550
, Hs.
17. Jh.
):
Wir [...] befehlen auch, das an heyligen sonn- und feyertägen [...] mann- als weibspersonen, [...] dem heyligen gottesdienst und predig, nicht weniger der vesper, umbgang und bettstund mit andacht abwarten und während solcher zeit bey hauß zu verbleiben sich nit gelisten lassen sollen.
Klein, Oswald
111, 71
(
oobd.
,
1436
):
wacht auff, bett mit vernunft, | wann ir nicht wisst tag, zeit des todes kunft.
Nyberg, Birgittenkl.
1, 336, 21
(
oobd.
,
1461
):
vnd machen euch [...] teylhaftig all der gutett, die wir mit Gotes hilf [...] volbringen [...], mit peten, vasten, wachung, abprechung erbeit, almusen geben, singen, leßen, messen mit vigilien.
Bauer, Imitatio Haller
87, 28
(
tir.
,
1466
):
ir gemuet das hat stetikchleichen gepetet vnd petrachtet die götleichen ding.
Zingerle, Inventare (
tir.
,
1488
):
i pettstuell.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
6390
;
Sievers, Oxf. Benedictinerr. ; ; ;
Froning, Alsf. Passionssp.
3324
;
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
2, 315, 17
;
Strauch, Par. anime int.
14, 6
;
49, 26
;
Asmussen, Buch d. 7 Grade
28
;
294
;
Reichmann, a. a. O.
69, 19
f.;
72, 11
;
Bell, G. Hager
4, 3, 16
;
72, 2, 49
;
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 6, 19
;
Buijssen, Dur. Rat.
28, 14
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst., S. 
284
;
Dietz, Wb. Luther ;
Bad. Wb.
1, 177
;
Vgl. ferner s. v.  1,  1,  6,  2,  1.
2.
›ein Gebet sprechen‹, im Unterschied zu 1 auf den äußeren Vollzug des Sprechens von Gebeten bezogen.
Wortbildungen:
betling
›Frömmler‹ (a. 1617),
betrödel
›Liste über die Ableistung der vorgeschriebenen Gebete‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1518
):
die Pfaffen und Monchen, die yre getzeite betthen sollen und slappern uberhyn an alles auffmercken.
Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Sant Augustînus betete maniger hande gebet.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
70, 39
(
omd.
,
1487
):
vinde ich gemeinlich kinder all wege ehr konnen fluchen vnd schelden vnd vnu̇ornu̇fftigk reden den bethen.
Strauch, Par. anime int.
50, 11
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz man mit den wortin lobit, daz ist ein cleine dinc, und mit deme munde bedit.
Ebd.
111, 17
:
ez ist ein groiz torheit daz ein mensche vile vastit und bedit und groize werc tuit [...], und inbezzerit sine side nicht.
Sachs (
Nürnb.
1524
):
ich [...] han abgedroschen. | Schuster. | Wie? hond ir gedroschen? | Chorherr. | Ja, ich han mein horas gebeet.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
66, 2
(
Nürnb.
1548
):
vnterricht / Wie man das Vatter vnser recht beten soll.
Bell, G. Hager
30, 1, 17
(
nobd.
,
1593
):
er Bettet mit fleise ein gebet.
Kehrein, Kath. Gesangb. 1, S.  (
Nürnb.
1631
):
wegen solcher auffmercksamer Andacht ist GOtt das singen offtmals viel angenehmer, als das einfache beten, dahero das gemein Sprichwort erwachsen: Qui benè cantat, bis orat; wer wol vnd recht singet, der betet zwyfach.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz sú grosse werg tůnt, also vasten und wachen, und bettent vil und ennement irs grundes nit war.
Lemmer, Brant. Narrensch.
45, 29
(
Basel
1494
):
Wer bett / vnd weißt nit was er bett / | Der bloßt den wind.
Müller, Lands. St. Gallen
68, 35
(
halem.
,
1543
):
mit feyern, predig gon, meßhören, beten und anderem gotzdienst, ze buß so oft dz nit bescheche zwainzig batzen.
Ebd.
88, 12
(
1562
/
4
):
so die priester ald predicanten die bycht und bet rödel in der nechsten wochen nach ostern der oberkayt nit uberantwurten, da soll ain jede person, och priester und predicant, umb 5 lib. d. gestraft werden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1549
):
sonst one zweifel vil volcks zuͤ des herrn nachtmal gangen, die nit recht betten könnden, auch die 10 gebot nit gewußt.
Barack, Zim. Chron. (
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
das sie unser lieben Frawen neunzig tausent Ave Maria zu betten verhiess.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Die Megdlin beten gern fuͤrm spiegel.
Die Bawren beten bey trunkener nacht.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Alle römische geistlikait [...] muesten singen pfeifen tanzen peten in allen kirchen umb ain regenwetter.
Moscouia
D 2v, 36
(
Wien
1557
):
Nach der Lethaney bett d’ Metropolit.
Rohland, Schäden
366
;
Vetter, a. a. O. ;
Moscouia
D 3r, 16
;
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
102, 6
;
Vgl. ferner s. v.  1.
3.
›etw. im Gebet erbitten, Gott um etw. bitten‹.
Bedeutungsverwandte:
(V.) 345.
Syntagmen:
mit Akk.obj. / Gen.obj. / präp. Obj.
Wortbildungen:
betweg
›Wallfahrt‹,
betwoche
›Woche vor Pfingsten, Bittwoche‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1535
):
[wir] warten auff unsers leibs erloͤsung, Beten und schreien mit grossem seuffzen [...] und sprechen: ,Zu kom dein Reich‘, das ist: Hilff.
Ebd. (
1538
):
Et hoc Euangelium ideo positum auff den Sontag, quia fuit ein Betwochen et Creutzwochen.
Ziesemer, Proph. Cranc Zach.
10, 1
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
Betet
[
Luther
1545:
bittet
]
einen reyn von dem herren an der abentzit, so wirt der herre machen [...] wazzerreyn.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
Weren zwei menschen die unsern herren beten
[dies zu 4]
, und der eine der bete eines grossen dinges das unmúgelich schine, und getrúwete des gentzlichen unserm herren, und der ander mensche bete umbe ein klein snoͤd ding und envoltrúwete nút als gentzlichen: diser der umbe dise unmúgeliche sache bete, der solte vil und verre e erhoͤrt werden von sinem grossen getrúwende.
Chron. Köln (
Köln
1499
):
quam eins koninks son van Portegaille sinen beedwech umb die hillige dri koninge zo beschauwen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
um 1580
):
Zu S. Veitt hat man ainen kierchtag zu s. Veitts tag und ainen in der pethwochen am montag. [...]. Den kierchtag in der pedtwochen hüetet der Merckhenstainerische dorfrichter.
4.
›(Gott) im Gebet (um etw.) ansprechen‹.

Belegblock:

Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
E. 14.  Jh.
):
Weren zwei menschen die unsern herren beten.
Klein, Oswald
9, 64
(
oobd.
,
1421
):
und bëten got, den reichen, | Das er uns wolt vergeben unser sünde.
5.
›jn. um etw. bitten‹.
Wortbildungen:
beter
2,
betpflug
›auf Bitte zur Verfügung gestellter, nicht um Lohn bestellter Pflug‹.

Belegblock:

Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1371
):
Es sol ǒch dehainer únsers rates dehain betpflůg han, der im ze acker gang, er geb im denne da von gewonlichen lon oder er sie denne sin aigen oder sin maier.
Kottinger, Ruffs Etter Heini V. (
ohalem.
,
1538
):
bin ich har kon, | üch hoch zuo ermanen und bëtten, | ir wellind vom römschen rich nit abtrëtten.
Maaler (
Zürich
1561
):
Baͤtten / oder bitten. [...]. Einen Baͤtten handtlich zeseyn oder etwz dapffers vnd handtlichs außzerichten. [...]. Mit Baͤtten überwunden werden. [...]. Umb hilff Baͤtten vnd anruͤffen [...]. Baͤtter / Der bitt das man jm etwas gaͤbe.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
den Herrn Probst flehentlich betten / daß er ihme doch einen seiner Finger [...] in seine verstopfte Ohren lege.
6.
›Bede geben‹.

Belegblock:

Struck, Marienst. Wetzlar
1214, 22
(Regestbeleg:
nit gebetit enhat
).
7.
›Fürbitte für jn. einlegen und ihn dadurch juristisch entlasten‹.

Belegblock:

Müller, Stadtr. Ravensb.
159, 18
(
oschwäb.
,
1361-5
):
Daz niemen sol helfen betten. Ez ist och gesetzet, daz kain burger noch burgerin niemant sol helfen betteln noch bitten, im erlob ez denn der raͧt.