beschirmen,
V.
1.
›etw. (unterschiedliche Bezugsgrößen) konkret gegen äußere Einflüsse (z. B. der Witterung) abdecken, durch Abdeckung schützen‹; auch bildlich.
Bedeutungsverwandte:
 9,  12.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Jes. 30, 2
(
Wittenb.
1545
):
das sie [abtrünnige Kinder] sich beschirmen vnter dem schatten Egypti.
Eggers, Psalter
29, 22
(
thür.
,
1378
):
Vndir deme schatewen diner vlugele bescherme mich.
Cirurgia H. Brunschwig (
Straßb.
[
1497
]):
das gelidt zů beschirme͂ vnd behütten vor soͤlchem zů fluß.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1.  H. 17.  Jh.
):
der ein gemein gemach mit ime hat, das da beßerens manglet, es seye des beschermens oder anderer gestalt.
Vgl. ferner s. v.  1.
2.
›jn. (auch: sich, ein Tier) / etw. (z. B. seinen Besitz) verteidigen, gegen Angriffe von außen, Gefahren unterschiedlicher Art schützen‹; auch: ›den Bestand eines Tieres (z. B.
den hecht
) schützen‹; ›etw. (vor Kälte, Ungeziefer) schützen‹.
Bedeutungsverwandte:
 6, (V.) 1,  2,  1.
Wortbildungen:
beschirmung
2.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
[Ein wiz pfert] beschirmete die guten | Und schoz die mismuten.
Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 140, 8
(
Wittenb.
1545
):
Du [Herr] beschirmest
[
Froschauer
1530:
bedeck
;
Dietenberger
1534:
bedeckest
;
Eck
1537:
hast umschattigt
]
mein Heubt zur zeit des Streits.
Kollnig, Weist. Schriesh.
242, 42
(
rhfrk.
,
1571
):
Sol sich niemant mit einem frembden hern beschirmen.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Das sie sich an der Sonnen wermbten, | Vnd vor des Mertzen frost beschermpten.
Goldammer, Paracelsus
2, 283, 3
(
1530
/
35
):
denselbigen [zeitlichen nutz] ihm und seinen kindern zu beschirmben und behalten.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
der eber beschirmet sich mit dem zand, sô beschirment diu hörner den hirz.
wer sich vor ainem leoparden beschirmen well, der nem knoblauch.
er [cappân] wirt gespeiset mit in, aber er beschirmt ir [hennen] niht.
ez [saf] beschirmet auch püecher, gewant und holz vil jâr vor wirmen.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
14, 31
(
moobd.
,
1305
):
Di purger, di in
[einen Fremden]
losent var sinen veinden, di suln dem richter darumb nicht antwurten und noch, ob seu icht an der beschermung, di si im tunt, leicht seinen veinden durch ir ungefueg, als bei solhem gestreuzze gerne geschiecht, schadens getunt.
Köbler, Ref. Wormbs
348, 30
;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Dietz, Wb. Luther ;
Bad. Wb.
1, 156
.
3.
›jn. in seinem rechtlichen, kulturellen, wirtschaftlichen, religiösen Status durch obrigkeitliche Mittel (vor allem durch das Rechtssystem) schützen, js. konstitutionelle (im weitesten Sinne des Wortes) Stellung sichern; etw. in seinem rechtlichen oder auf andere Weise begründeten Status erhalten‹; auch: ›jm. Unterhalt gewähren, jn. existentiell absichern‹; offen zu 4.
Gegensätze:
vgl.  1.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den abt, die Juden, die armen / beleidigten, gedrukten / kinder / reichen / weisen / witwen
)
b., etw
. (z. B.
den frieden / glauben / leib / zins, die christenheit / kirche / freiheit / gerechtigkeit / lere / stat, das dorf / gotshaus / gut / land / stift
)
b., jn. getreulich, bei dem rechten, von / vor gewalt b., etw. vor jm
. (z. B.
vor den ketzern
)
b
.
Wortbildungen:
beschirmehand
,
beschirmlich
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
prelate, | Die mit gutem rate | Die cristenheit uf halden, | Vor unrechten gewalden | Beschirmen mit irre lere.
Schöpper (
Dortm.
1550
):
Tueri, Beschuͤtzen beschirmen erhalten befreyen behaupten befriden handhaben behuͤten bewarn.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron. (
preuß.
,
um 1330
/
40
):
di [cristnen] ê von dûtschin landin | durch beschirmlich andin | des geloubin und durch vrumin | hin zu Průzin wârin kumin.
Große, Schwabensp. (Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
her sol ouch alle de Ioden, de in duͤdescheme lande, sime kenselere bevelen, So daz her se beschirme.
da von solen se [Ioden] des Rikes kamerknechte Sin, vnde daz riche sol se beschirmen.
Beckers, Bauernpr.
61, 42
(
Köln
1515
/
18
):
[karolus magnus] gaff dem adel luydt vnd landt | Tzo beschyrmen sy mit yrer handt.
Schwartzenbach (
Frankf.
1564
):
Beschirmen. Beschuͤtzen. Einen in schutz nemmen vnd verthaidingen.
Hübner, Buch Daniel (
omd.
, Hs.
14.
/
A. 15. Jh.
):
Er [kunic] gedachte in dem zil | Geben in beschirme hant | Danieln al sine lant.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
33, 26
(
schles.
,
1372
):
daz wir en daz egenante gut peicherwicz [...] befreden vnd beschirmen sullen.
Reichert, Gesamtausl. Messe
5, 13
(
Nürnb.
um 1480
):
so hat die heylige cristenliche kirche fuersten, graven, ritternn und andernn herrnn groß gut gegeben und verlihen von den stifften, das sie die sollen beschirmen und bewaren, leyblich und auch geystlich.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
1359
):
die muͤssent doch hinnan ab etwas worte haben ze beschirmende den geloͮben.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
118, 15
(
els.
,
1362
):
alles Franckenrich beschirmete er vor den keczern.
Ebd.
625, 26
:
wir [...] sint vs gefarn daz wir mit dem swerte die rehte sache wellent beschirmen.
Anderson u. a., Flugschrr.
9, 7, 30
([
Straßb.
]
1524
):
Die kirchgnossen seind schuldig / mitt gebürlicher narung vnd kleydung zů vnderhalte͂ / vnd zů beschirmen die / so inen das wort gottes [...] anzeyge͂.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
1459
):
vmb dz vͥns [...] got der almechtig [...] verlichen welle, land, luͥt vnd gůt in massen ze beschirmen.
Ebd. (
15. Jh.
):
der stat vnd dem land getruͥwlich zů wartent vnd ze | besorgent, der stat recht vnd fryheit zů beschirment.
Köbler, Stattr. Fryburg (
Basel
1520
):
das er ouch woͤll sin vogtperson / inn vnd vsserbalb rechts / gemeinlich beschirmen / vertretten / vnd derselben recht vnd gerechtigkeit handhaben.
Koller, Ref. Siegmunds (
um 1475
):
als man gehort hat ritterliche ordenung der geistlichen und weltlichen, der einer dye sele beschirmen sol, der ander den leyp.
Bauer, Geiler. Pred.
465, 27
(
Augsb.
1508
):
Ain getreüwes wider streyten unnd schreyen / die armen und unschuldigen tzu beschirmen.
Hör, Urk. St. Veit
145, 19
(
moobd.
,
1395
):
ob yemant [...] den obgenanten abt vnd das conuent an ıͤren briefen, rechten vnd guͤt gewonhaiten irren, laidigen oder beswaren wolt, das ıͤr si dann trewleichen davor beschıͤrmet.
Reithmeier, B. v. Chiemsee (
München
1528
):
daz wir den belaidigten zuo hillf koemen auch witiben vnd waysen beschermen.
Toeppen, Ständetage Preußen
1, 264, 26
;
Köbler, Ref. Wormbs
200, 22
;
Behrend, Magd. Fragen Anm.; ;
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
44, 6, 11
;
Welti, a. a. O. ; ;
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen ;
Koller, a. a. O. ;
Bauer, a. a. O.
465, 11
;
Dirr, Münchner Stadtr. ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Koller, Reichsreg. Albr. II.
150, 22
;
265, 4
;
Rot
343
;
Dietz, Wb. Luther ;
Vgl. ferner s. v. .
4.
›jn. (Gruppen) / etw. (politische Gebilde, Gebiete) mit Mitteln staatlicher, inbesondere militärischer Macht schützen, gegen Angriffe verteidigen‹.
Bedeutungsverwandte:
,  1,  1.

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
, zu
1391
):
der regirete den stift zu Palborne gar herlichen mit großen eren unde beschurte unde beschirmete di straßen.
Kollnig, Weist. Schriesh.
142, 24
(
rhfrk.
,
1610
):
wissend, das er und ander meins gnedigen hern gewapner [...] im meintzischen krieg zu Hemspach gelegen seien und das beschirmbt haben.
Thür. Chron.
9r, 18
(
Mühlh.
1599
):
wer ein Land fuͤr den Feinden beschirmet.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
wie das einer in deme burgundischen here solde gesagit habe, was heilgen das wehere, der die stad nuss bescermete.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
nabuchodonoser [...] schwůr [...] bei seim thron: daz er sich beschirmt
[Var. 1475
1
-1518:
woͤllt erwoͤren
;
Luther
1545:
rechen wolt
]
von allen den gegenten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
die 70 man solten die paurn beschirmet han.
Rauwolf. Raiß ([
Lauingen
]
1582
):
das sie die Kauffleüt [...] vor eüsserlichem gewalt der Türcken vnd Moren beschitzen vnd beschürmen.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch. (
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Chünig Otakcher beschirmet daz bischtumb ze Salczburg.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
184v, 26
.
5.
›jn. / etw. (z. B. die Kirche) auf grund göttlicher Machtvollkommenheit (vereinzelt: sonstiger übernatürlicher Macht) behüten, bewahren‹.
Bedeutungsverwandte:
 5,  8,  1,  1,  2.
Gegensätze:
.
Syntagmen:
jn. / etw
. (z. B.
die christenheit / kirche, den leib
)
b.
,
jn. / etw. vor etw
. (z. B.
vor der anfechtung / hoffart / wiederwärtigkeit, vor leid / zufal, vor dem ewigen tode
),
von etw
. (z. B.
von sünden, von der pein
)
b
.;
beschirmender got
.
Wortbildungen:
beschirmbuch
(a. 1524).

Belegblock:

Luther, WA (
1543
):
Der du HErr aller HErren bist, | Beschirm dein arme Christenheit.
Ders. Hl. Schrifft.
Hiob 33, 17
(
Wittenb.
1545
):
Das er [Gott] den Menschen [...] beschirme [...] fur hoffart.
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 7, 14
(Hs. ˹
md.
auf nd. Grundlage,
v. M. 14. Jh.
˺):
Daz vromte aller kristenheit, | din stab beschirmte sie vor leit.
Eggers, Psalter
65, 23
(
thür.
,
1378
):
Bis mir eyn beschermender got vn̄ eyn hus der zcuflucht.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
alle cristliche persan | Welstu, her, numer mer verlan | Und unter deinem sturem fan | Unß beschirmen all samen.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
Da vor beschirm dich got!
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
61, 26
(
noobd.
,
1347
/
50
):
erloͤs uns vor allem uͤbel und beschirm uns vor dem ewigen tod!
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Du pist beschirmt und befritt | Vor tzuval aller suͤnden glust.
Thiele, Minner. II,
26, 49
;
29, 92
;
Stackmann, a. a. O.
5, 9, 10
;
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
11, 2
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
632
;
Kehrein, Kath. Gesangb. ; ; Var.;
Bihlmeyer, a. a. O. ; ;
Rudolf, Peuntner. Sterbek.
151va, 3
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
41, 73
;
Bauer, Imitatio Haller
46, 17
;
dies., Haller. Hieronymus-Br.
42, 92
;
6.
›etw. in Verwahrung nehmen, festhalten‹.

Belegblock:

Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1404
):
und sol die herschaft und die bergteilen dar uff die phander beschirmen.
7.
›sich (vor Gericht) verteidigen; sich zur Stützung von etw. auf etw. berufen; (eine Aussage, These) verteidigen‹.
Wortbildungen:
beschirmrede
›Verteidigungsrede‹ (a. 1400).

Belegblock:

Mieder, Lehmann. Flor. (
Lübeck
1639
):
Die ersten haͤtten sein vngerechte Sach helffen beschirmen.
Köbler, Ref. Franckenfort
20, 3
(
Mainz
1509
):
das ich glaub / ein gůte sach hab mich gegen dem cleger zu beschirmen.
Goldammer, Paracelsus
7, 173, 9
(
1530
):
so mügen wir uns aus den jüdischen geschriften, historien und ordnungen nit beschirmben.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst (
Straßb.
1522
):
der het uffgeschlagen in der Stat Idoni zů disputieren und Antwurt zů geben und zů beschirmen, das Maria in Erbsuͤnden empfangen wer.
Pfeiffer-Belli, Murner im Glaubensk.
2, 31, 31
(
Luzern
1526
):
das der gegendeil dest minder frey die giete seiner sachen moͤg beschirmen, vnd verantwurten.
8.
›etw. bemänteln, beschönigen, verschleiern; sich herausreden‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Buch Weinsb. (
rib.
,
um 1560
):
derhalb wolt sich der son beschirmen, er hetz nit offenbaren moissen.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
177, 17
(
Augsb.
1476
):
zebeschirmen ein lúge die du hast gethan.
Bauer, Geiler. Pred.
467, 28
(
Augsb.
1508
):
Czum [...] xj. seind beschirmende wort / das ist da ayner [...] sein mainung alzeit mit seinen worten thůt beschirmen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
4844
;