bereuen,
berauen
(beide Formen in nahezu gleicher Häufigkeit; die
au
-Formen bzw. vorangehende nicht diphthongierte
u
-Formen gehäuft md., aber auch nobd. und wobd.),
V., unr. abl.,
vereinzelt seit dem 14. Jh. auch regelmäßig.
1.
›Reue empfinden, im Zustand der Reue sein‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok. (
nrddt.
,
14. Jh.
):
Swenne wir uns beruwen | Und ware bichte getuen.
Sievers, Oxf. Benedictinerr. (
hess.
,
14. Jh.
):
noch insal sich nit gedurren gevugen zu den andern biz sis sich beruwet.
Luther, WA (
1530
):
Bistu berewet, vnd ists ym himel also, wie wir absoluieren, so bistu absolüiert.
Dietz, Wb. Luther .
2.
›Reue, Schmerz, Gram, Leid über etw. Selbstverschuldetes empfinden‹ (oft im Zusammenhang mit Buße).
Bedeutungsverwandte:
(V.) 14.
Syntagmen:
den wan an sich selbst, am anderen b., die schande / tat / undankbarkeit, das laster, die sünden b., js. tod b
.;
sich der sünde b. lassen
;
ganzes bereuen
(subst.).
Wortbildungen
bereuung
1 ›Reue‹ (dazu bdv.: ,  1).

Belegblock:

Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
2226
(
rib.
,
1444
):
dat is as gebiget ind beruwet overlangs.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
do hatte on der henger vor mand, sich siner sunde lassen beruwen.
Luther, WA (
1530
):
denn sie berewen und straffen solchen ungewissen wahn weder an jhn selbs noch an andern.
Voc. Teut.-Lat.
ee viijv
(
Nürnb.
1482
):
Stechen oder berewen. conpungere.
Eschenloher. Medicus (
Augsb.
1678
):
allen den jenigen [...] so ihre Suͤnden hertzlich berewen / beichten vnd buͤssen.
Jndem er aber nach Berewung deß begangenen Jrrthumbs [...] ein Geluͤbd gethan.
Helm, H. v. Hesler. Apok. ;
Meijboom, a. a. O.
2242
;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Kehrein, Kath. Gesangb. ;
Weber, Füetrer. Poyt.
83, 4
;
Eschenloher. a. a. O. ;
Voc. Teut.-Lat. fee viijv;
Saueracker, Wortsch. PGo. Karls V.
1929, 102, 7
.
3.
›jm. Reue verursachen, jm. leid tun, jn. gereuen‹; im Unterschied zu 2 häufiger in profanen Zusammenhängen.
Phraseme:
es bereuet dich
(
nicht
) o. ä, oft im Futur:
es wird dich nicht / nimmer bereuen
›es wird Dir nicht leid tun, Du wirst es nicht bereuen‹.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
der anschlag, die flucht
)
jn. b., jn. / jm. b., das [...]
; ohne Subj.:
jn. b., jn. e. S
. (z. B.
des übels
)
b
.

Belegblock:

Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
26, 3
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
und mich ouch beruywe des obils, das ich gedacht habe.
Ebd. Jer.
26, 19
:
do berow den herren des obils, das er gesprochen hatte widir si?
Chron. Köln (
Köln
1499
):
dat berouwede in dairnae ind zoich zo Rome bi den pais ind bichde eme.
Froning, Alsf. Passionssp.
576
(
ohess.
,
1501ff.
):
kommestu widder, eß beruwet dich: | [...] | es wirt dich jo kosten dyn leben!
Ebd.
3139
:
das radden ich die in truwen, | want iß wirt dich nummer beruwen!
Ermisch, Freib. Stadtr. (
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Ab wol den zolner ichtes beduchte darnach unde in beruwen hette.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
20, 10
(
omd.
,
1487
):
nichtes saltu an mercklichen ratt, vnd betrahtúng thún, ßo wirt es dich nicht beraẃen.
Ebd.
73, 8
:
straffe deine kinder Jn der iogent wirt dich Jn ÿrem alder nicht berawen.
v. Groote, Muskatblut (
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
ich Muscatplůt besynne [befinde?] daz es vns nit berůwet.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
also nu Liberius vier jor in dem ellende was gewesen, do berou in, daz er dem keyser nüt gevolget hette sinre bosheit.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
samuel der beweint saul
.
das es het berewen dem herren das er hette geschickt. Saul zů eim kúnig.
er was gedenckent seines gezeugs: vnd in beraw nach der menig seiner erbermbd.
Lemmer, Brant. Narrensch. 73, Vorspruch
3
(
Basel
1494
):
Mancher der steltt noch geistlicheyt | Der an důt pfaffen / klosterkleyt | Den es berüwt / vnd würt jm leyt.
Ebd.
107, 50
:
das vns alltag | Berüwen all vnser anschlag.
Thiele, Minner. II,
12, 144
;
31, 833
;
Froning, a. a. O.
150
;
Holtzmann, Gr. Wolfdietrich ;
Preuss. Wb. (Z)
1, 532
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß ;
4.
›etw. bereuen, Bedauern über etw. (eine vollzogene Handlung, oft: ein Rechtsgeschäft) empfinden und es rückgängig machen wollen; jn. gereuen, reuen, zum Widerruf bewegen‹.
Bedeutungsverwandte:
 28,  8, (V.) 2, , , .
Syntagmen:
j. etw
. (z. B.
ein ding
)
b., jn. b
. (ohne Subj.),
etw
. (z. B.
der kauf
)
jn. b
.;
jn. e. S
. (Gen., z. B.
der verwilligung / aufnemung
)
b
.
Wortbildungen:
bereuung
2 (a. 1599).

Belegblock:

Lohmeyer, K. v. Nostitz (
preuß.
,
1578
):
Man hatt bißweilen den alten fromen hern im wingkel eines ader das ander beredet, das seine f. g. dornach berauhen.
Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
das sy nicht den kouf volvuren mochten adir beruwet is sy.
Behrend, Magd. Fragen (
omd.
,
um 1400
):
Ab eyn man adir geswistirde eyn erbe vorkoufte, unde hindennach sy der kouff berewte.
Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
darnach möchten die von innungen [...] geschickt waren zu dem handel, beruen der vorwilligunge.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
137, 34
(
thür.
,
1474
):
ap sy der uffnemunge yres geborlichen teyls obir eyn jar eher addir lenger beruwen worde.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
99, 9
(
nobd.
,
15. Jh.
):
ob ein man were, der sein gut ufgeben hett und wolt hinwegzihen, und hett ine berawen und hilt noch in den valdthoren.
Bobertag, Eulensp. (
Straßb.
1515
):
der kouff het sie all samen berůwen.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Ein ding berawen / widerruffen / widerreden / widertreiben.