austreten,
V., unr. abl.
1.
›einen Bezugsort (z. B. ein Haus, ein Schiff) verlassen, sich nach draußen begeben, hinausgehen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2,  6, ,  2,  2.
Wortbildungen:
austretung
1.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Die smede snel uis traden | [...] | ind wolden [...] | den weueren zo helpen komen.
Luther. Hl. Schrifft.
Lk. 5, 2
(
Wittenb.
1545
):
[er] sahe zwey schiff am see stehen / die Fischer aber waren ausgetretten / vnd wuschen jre Netze.
Dasypodius A (
Straßb.
1536
):
Egressio, Ein außtrettung.
Sappler, H. Kaufringer
12, 135
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
da er ze der tür austratt, | da kam der paur auf der statt | von dem veld eingevaren.
2.
›einen Versammlungsort vorübergehend verlassen (z. B. um sich zu beraten); eine Sitzung wegen Befangenheit, Verwandtschaft o. ä. verlassen‹; Synekdoche zu 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  7,  3,  2.

Belegblock:

Bernoulli, Basler Chron. (
alem.
,
1448
):
die von Zurich und von Costentz hiessz man von den stetten usztretten.
Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1536
):
nach irem austretten ward in ainer zunft durch den Hansen Hörtzog und Hans Ygenhausser, büxenmaister, umbgefragt.
3.
›mit einer Tätigkeit aufhören, (ein Gewerbe) aufgeben‹; Ütr. zu 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  9,  2.

Belegblock:

Serranus (
Nürnb.
1552
):
Außtretten auß dem handel.
4.
›einen Rechtsraum gegen die Regel verlassen, fliehen‹; als Synekdoche: ›sich durch Flucht einer Verpflichtung entziehen‹.
Gegensätze:
(V.) 1.
Syntagmen:
bürger / hintersässe / schuldner a., j. um malefiz, über den eid, die pflicht a.
;
austretender flüchtiger, ausgetretener untertan
; subst.:
strafe des austretens.
Wortbildungen:
austreter
1.

Belegblock:

Chron. Nürnb. (
nobd.
,
1516
):
darob die siben eltern herrn allein nach außtretung und entweichung der andern ein gantzen halben tag rathschlahen müssen.
Baumann, Bauernkr. Rotenb. (
nobd.
,
n. 1525
):
als ain rat anlangte, wie etlich burger ausgetreten und entwichen.
Hernach folgt, wie die ausgetretten burger und bawrn gestraft worden sein.
Roder, Stadtr. Villingen (
önalem.
,
1592
):
Welcher burger oder hindersäß abschweiff würdt, das ist, austritt.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu. (
schwäb.
,
1658
):
Da jemand [...] von der statt territorio und obrigkait in ein andere herrschaft außtretten.
Ebd. (
1502
):
von den ustrettern vnd [denen] das land verbotten ist, soll es also gehalten werden.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 21, 56
(
schwäb.
,
1574
):
Begebe sich aber, das der schuldner [...] außtritt und flüchtigen fuoß sezte.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1565
/
81
):
Wann ain person umb malefiz austrit oder fluchtig wierdt.
5.
›sich außerhalb einer Ordnung stellen und dadurch (Synekdoche) zum Rechtsbrecher werden, aus einer Rechtsordnung, einem Orden o. ä. austreten; von einem Dienstvertrag zurücktreten; sich absondern, abspalten‹; Ütr. zu 3.
Bedeutungsverwandte:
 1, ,  2; vgl. .
Syntagmen:
aus dem rechten a., von der kirche a., unter dem ziel
(›vorzeitig‹)
a., mutwillig a.
;
das a.
(subst.)
von dem rechten
;
ausgetretener bube / dienstbote.
Wortbildungen:
austreter
2,
austretung
2 (dazu bdv.:  2,  1,  1, ).

Belegblock:

Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
die leuthe bey zimblichem Rechten vnnd pillicheit nit pleibenn lassen, sonnder mit bemelltem vssdretten Vonn dem Rechten vnnd pillicheit zu betrawen oder schreckenn vnndersteen.
V. Anshelm. Berner Chron. (
halem.
,
n. 1529
):
ist die gedacht gschrift [...] den bemelten unsern widerwaͤrtigen, meineidigen, verraͤterschen und ussgetretnen bůben, so iez regieren, zůzemessen.
Maaler (
Zürich
1561
):
Außtraͤtten / Sich absünderen vnd treñen / als weñ ein teil volcks vom anderen abweycht / der meinung in seinem kyb zů beharren mit gewalt.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
213, 22
(
Augsb.
1476
):
hastu ye von vorcht wegen in grimmigem zorn außgetretten.
Ebd.
257, 12
:
der do ratt [...] zů vngerechten kriegen od’ absagen außtretten od’ traͤungen.
Rot
309
(
Augsb.
1571
):
Excess. [...] Verbrechung / vberfarung / mißhandlung / außtrettung.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. G,
wobd.
,
um 1520
):
die hant sy nun geschampt, in der rechten regel zu stan und in der gehorsami und han noch und noch ußgetreten, unz das sy jetzt als weltlich sünt als die priester, die zu der welt hörend.
Spechtler u. a., Frnhd. Rechtstexte
2, 6v, 5
(
moobd.
,
1526
):
ist auch auf anndern Reichstägen zu Trier [...] gemainer Absager und austreter halb [...] gehanndelt.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
1565
/
81
):
Wann ain person austrit und trölich ist.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. ;
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. ;
Koller, a. a. O. ;
Dietz, Wb. Luther ;
6.
›(aus einer astronomischen Bahn) austreten, sie verlassen‹; auch ütr.: ›von einer vorgezeichneten Bahn abweichen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.
Syntagmen:
zur rechten / linken seite a.

Belegblock:

M. Cunitia. Ur. Prop. (
Öls
1650
):
Den verzug des centri penumbræ in der Scheibe des Erdbodens / und das wahre moment, beyde des einbrechens / als auch des außtrettens oder verlassens.
Dietz, Wb. Luther .
7.
›ausbrechen (z. B. von Eiter); austreten, hervortreten, vorfallen (z. B. von inneren Organen)‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  18.

Belegblock:

Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
234v, 11
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
das dy rote sich mehet / mit der gelle, vnd durch ein gleicheit / der ercztey ein geswulst als ein kinbrun / vnd durch ein leychtikit vnd feuri/keit der matieren auß tretten, dy / hertikeÿ durch der droghet willenn/ der materien.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
74, 20
(
osächs.
, später handschriftlicher Zusatz):
Einer kranken kue, so die mutter austritt.
8.
›durch Treten (des Getreides) dreschen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  13,  4.
Syntagmen:
das korn a.
Wortbildungen
austretung
3 (dazu bdv.:  1).

Belegblock:

Maaler (
Zürich
1561
):
Troͤschung (die) Außtraͤttung deß korns.
Schweiz. Id. (a.
1468
;
1612
).
9.
›etw. aus seiner natürlichen Verwurzelung, technischen Verankerung heraustreten‹.
Syntagmen:
die türe, den zan a.

Belegblock:

Schweiz. Id. (a.
1549
;
1646
).
10.
›ausschlagen, austreten (von Zugtieren)‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
2. Sam. 6, 6
(
Wittenb.
1545
):
da sie kamen zur tennen Nachon / greiff Vsa zu / vnd hielt die lade Gottes / denn die Rinder tratten beseit aus.
11.
›etw. durch häufige Benutzung ab-, austreten‹.
Phraseme:
jm. die schuhe austreten
›sich an js. Stelle drängen‹;
js. fusstapfen austreten
›in js. Fußstapfen treten, jm. nachfolgen, nacheifern‹.

Belegblock:

Schwäb. Wb. (
15. Jh.
);
Schweiz. Id. (
seit 1580
); ;
Spengler, Fischart.
1969, 177
.
12.
›etw./jn. ausfindig machen, aufspüren‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  9.
Syntagmen:
den wein, das ort / tier, einen frommen man, eine säugamme a.

Belegblock:

Fischer, Folz. Reimp.
13, 68
(
Nürnb.
um 1488
):
Ich han den pesten wein außdreten, | Den muß ich gar verporgen tragen
[in diesem Beleg kann Bed. 8 mitspielen].
Bächtold, H. Salat (o. O.
1531
):
Sie [wiber] schlůgend das leger der nachtseld | Zwischen Aegeri und Menzingen in das feld, | Traten uß ein platz, da sie wolten ston.
Adomatis u. a., J. Murer. Bab.
1082
(
Zürich
1560
):
drumb ich mit üch von dannen wil | Und uns ein sicher ort ußtraͤtten | da wir fry ruͤwig moͤgend baͤtten.
Schweiz. Id. (hier wird ein vergleichbarer Beleg als ›zurecht-, festtreten‹ interpretiert); ;
Spengler, Fischart.
1969, 177
.
13.
›etw. (Glimmendes) mit dem Fuß austreten, zum Verlöschen bringen‹.

Belegblock:

Apherdianus (
Köln
1575
):
Das abgebutzt
[der brennenden Kerze]
mit dem fuß außtreden.