V., unr. abl.;
das Bedeutungsspektrum wurde nach folgenden Gesichtspunkten gegliedert: 1-3 ‘etw. konkret aus etw. anderem herausbrechen’, 4-10: ‘aus Einbindungen aller Art heraustreten, -brechen’, 11-12 ’von einem Ort oder aus einer Richtung (ab)weichen’, 13-17 ‘sich zeigen, als existent erweisen’.
1.
›etw. (affiziertes Obj.) mit Gewalt aus seinem natürlichen (meist) oder sachkulturellen (seltener) Zusammenhang herausschlagen, -stechen, -reißen, -brechen‹; hierzu mit verschobener Bezugsgröße: ›etw. (z. B. eine Kirche) aufbrechen‹; speziell in der Zahnchirurgie: ›(einen Zahn) ziehen, extrahieren‹; als Strafe:
jm. die augen a.
›jn. blenden‹; in einem Beleg: ›etw. (effiziertes Obj.) durch Zerbrechen zusammenhängender Gebilde in diese einfügen (z. B. einen Weg durch einen Zaun)‹.
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Wen her den zan uz brach | Und ougen uz durch rache stiez.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
6, 30
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
der selbe schoworchte der hatte im eyn ouge uz gebrochin, durch das geschrebin stet in deme ewangelio: ‘ist das dich ergirt din ouge, brich is us’.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Kön. 5, 17
(
Wittenb.
1545
):
der König gebot / das sie grosse vnd köstliche Steine ausbrechen.
˹Bildlich:
Gille u. a., M. Beheim
99, 777
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
ich wil sy [dise klainen] auss prëchen, | mit nichten also wurczeln lan
˺.
Keil, Peter v. Ulm
241
(
nobd.
,
1453
/
4
):
sind [die zen] faul vnd schwartz, so ist gut daz man sie außpricht.
Welti, Stadtr. Bern
(
halem.
,
1539
):
Ein gfieret stuck stein von Ostermundigen [...] so werschafft ist vnnd kein abschliff noch vßgebrochen stuck hat
[hier möglicherweise intransitiv: ›abbrechen, abbröckeln‹].
Dirr, Münchner Stadtr.
(
moobd.
,
um 1310
/
12
):
[swer] diu chirchen oder den turne uf stoͤzzet oder usprichet.
McClean, Havich
4608
(
moobd.
, Hs.
15. Jh.
):
das har sy all aus prachen, | an in selben sy sich rachen.
Winter, Nöst. Weist.
(
moobd.
,
A. 16. Jh.
):
wer ims verachtet, der ist schuldig das man fuer under den baum und im die augen ausprech das er hinfuer dem herrn sein federspil nit abwerf.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
(
m/soobd.
,
1537
):
der ist leib und guet vervallen oder baide augen ausprechen.
Ob ainer weeg [...] durch die zeün [...] machte und auspräch.
so ainer seinen nachpern ain marchstain, pidmarkt außbrücht, übermädt.
Feudel, Evangelistar
107, 19
;
140, 25
;
Sappler, H. Kaufringer
11, 90
;
13, 491
;
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 138
;
6.
›ausbrechen, hervorbrechen, hervortreten, herausströmen (von geistigen und religiösen Bezugsgrößen, darunter von Gott)‹; Ütr. zu
5.
Vorwiegend Texte der Mystik des 14. Jhs.
Belegblock:
Ziesemer, Proph. Cranc. Jes.
62, 1
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
wil ich nicht ablasen so lange, daz syn gerechtir uzbreche als eyn glantz.
Quint, Eckharts Pred.
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
nâch dem êrsten ûzbruche der gotheit, dâ der sun ûzbrichet von dem vater.
daz neizwaz gar heimlîches und verborgens und verre dar enboben ist in der sêle, dâ ûzbrechent die krefte vernünfticheit und wille.
in dem êrsten ûzbruche, dâ diu wârheit ûzbrichet und entspringet, in der porte des goteshûses, sol diu sêle stân.
Von götlîcher mügentheit brichet ûz diu wîsheit.
Jostes, Eckhart
22, 32
(
14. Jh.
):
da sich di gotheit gab in unser frauwen vernunft alzemal, wan si bloz und lauter waz, do si got in sich enpfinch. Von der uͤberfuͤlle der gotheit prach ez uz und floz uͤber in den leip unser frauwen und wart gepildet ein liht von dem heiligen geist in unser frauwen leip.
Vetter, Pred. Taulers
(
els.
, Hs.
1359
):
dise froͤide die ist als gros das sie inwendig qwilt reht als ungehaben win, der brocht in dem vasse. Es ist besser das es usbreche, denne das die nature ze krank werde.
es si hochfart oder unkúschikeit, has oder nit oder des glich, die brechent us.
Es waz dez ewigen lebens ein usbrechendú suͤssekeit nach gegenwúrtiger, stillestender, ruͤwigen enpfintlicheit.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
34, 12
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
du pist ordenleichen reichund nach dem verhaissen | des vaters das ausprechen des hailes.
Dehnhardt, Metaphorik d. Mystiker.
1940, 71
f.;
Zirker, Bereicherung d. dt. Wortsch.
1903, 86
.