argwan,
argwon
(beide Formen bis zum Ende der Epoche mit ungefähr gleicher Häufigkeit belegt),
der
;
-s/
–.
1.
›Argwohn, Verdacht, Vermutung eines schuldhaften Verhaltens oder eines dadurch herbeigeführten Zustandes, Verdacht gegen jn.‹; vereinzelt mit deutlicher Handlungskomponente: ›Verdächtigung von jm.‹; auch metonymisch: ›Verdachtspunkt, Verdachtszeichen‹; offen zu 2 und 3.
Syntagmen:
oft mit Ellipse der Sache oder Person, auf die sich ein Verdacht richtet;
(den) a. anrichten / anzetteln / aufschreiben / beweisen / benemen / hinlegen / verhüten, a.
(
auf etw., in jn., auf jn., zu jm.
)
haben, a. von wegen e. S. haben, a. an jn. legen, auf jn. werfen, auf jn. empfangen
;
a.
(Subj.)
auf jm. / in etw. liegen, aus etw. erfolgen, a. vor augen sein
;
dem a. folgen
;
jn. auf a. richten / enthaupten, jn. von a. wegen zu tod schlagen, jn. aus a. brengen, in a. kommen, in a. auf jn.
(auch:
sich
)
sein, jm. etw. von a. zulegen
;
blosser / falscher / grosser / schlechter / zweifellicher a.
;
a. der missetat / verwechslung (des kindes) / liebe, a. des diebstals
;
ane (allen) a.
(Rechtsformel: ›unverdächtig‹).

Belegblock:

Luther, WA (
1530
):
das man solt schlechtem argwahn und bosem duͤnckel odder auch boͤsen meulern [...] folgen.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
wo wir nachmals redlich anzeigung melden, da woͤllen wir alwegen redliche warzeichen, argkwan vnd verdacht auch gemeint haben vnd damit uͤbrige woͤrtter abschneiden.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. (o. O.
1532
):
so der cleger den argkwon der missethatt bewiesenn hat.
Sachs (
Nürnb.
1558
):
Köng Alexander [...] | [...] | Hat Philotam, mein lieben sun, | Unschuldig lassen richten nun | Allein auff ein blossen argwahn, | Samb er sich unterstanden han, | Ein bund in seinen todt zu schwern.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
Diser neigunge sol man allewegent in eime argwone sin uf sich selber.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
bei der hebreischen kierchen paulus wart gehabt in falschem argwone als ein zustoͤrer dez geseczes.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
280
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
Ich glaub es selber nit do bey, | Doch ist argwon des zolles frey.
Koller, Ref. Siegmunds (
Augsb.
,
um 1440
):
sol ain pischoff sein pfaffhait umb kain gelt straffenn, wann darinn ligt vil arckwan.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Argwohn wirckt zorn. [...] Dem argwohn gehoͤrt ein beil. Argwohn ist kein beweiß. Ein gut gewissen darff keines sorgens noch argwohns. Ein fromb glaubig hertz / soll sich nicht allein fuͤr boͤser that / sondern auch fuͤr boͤsem argwohn vnd leumund huͤten.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Umb diss argkwans willen eilt er in seinem gähen zorn haim.
Wolf, Norm im sp. Ma.
30, 12
(
oobd.
,
1486
):
das dy eefrauen solchs alters sein, das von jn kain arckwan mag enspringen.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
di frauen liess er enthaubten in seinem gahen zoren durch ainen arkbon, den er het zu ainem frumen ritter.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1628
):
und sich das authographum [...] in ernannt unserm archivo [...] unversehrt ohne allen argwohn befunden.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch ;
Thiele, Minner. II,
15, 205
;
Kohler u. a., a. a. O. ; ; Corr. ;
Dies., a. a. O. ; ; ;
v. Birken. Erzh. Österreich ;
Harsdoerffer. Trichter ;
Bihlmeyer, Seuse ;
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern ;
Kottinger, Ruffs Etter Heini ;
Bächtold, N. Manuel
193, 1681
;
Lauater. Gespaͤnste
27r, 16
;
Sappler, H. Kaufringer
4, 79
;
9, 201
;
Barack, Zim. Chron. ;
Karnein, de amore dt.
74, 21
;
97, 6
;
162, 287
;
Leidinger, a. a. O. ;
Fischer, Eunuchus d. Terenz ;
Mell u. a., Steir. Taid. ;
Voc. inc. teut.
b iijv
;
Voc. Teut.-Lat.
b vijr
;
Rot
307
;
319
;
354
;
Henisch (hier viele Sprichwörter);
Dietz, Wb. Luther ;
2.
›bösartige, feindselige Haltung, Haß von jm. gegen jn.‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , ,  1, , ,  2.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
1. Tim. 6, 4
(
Wittenb.
1545
):
Wortkriegen / aus welchen entspringet / Neid / Hadder / Lesterung / böse Argwahn.
Ebd.
Sir. 37, 11
:
HAlt keinen Rat mit dem / der ein argwon zu dir hat / Vnd nim nicht zu Rat / die dich neiden.
Vetter, Pred. Taulers (
els.
,
14. Jh.
):
daz ist der vigent der vichtet dich an mit arghertzikeit, mit bittern gedenken, mit argwan, mit urteil, mit hasse und roche.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel (
Straßb.
1466
):
von den do werdent geborn neyd krieg spot vbel arckwon.
Henisch (
Augsb.
1616
):
Hoffart / zorn / grim̃ vñ argwohn / richten nichts guts an. [...] Wo lauter murren / gruntzen vnd argwohn ist / da wohnt der Teuffel.
Sermon Thauleri
9ra, 18
.
3.
›Mißtrauen, Zweifel, Unsicherheit hinsichtlich eines Tatbestandes, Befürchtung von etw.‹.
Bedeutungsverwandte:
, ; vgl.  3.
Syntagmen:
ane a.
(Bestätigungsformel in Rechtstexten).

Belegblock:

Thiele, Minner. II,
10, 162
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
herr, wissent das an argwan: | nyemant stirbt e sinr zitt.
Sachs (
Nürnb.
1558
):
das ich an dem ort | Hab sein getrewe lieb verletzt, | In ein argwan und zweiffel gsetzt.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
so ich allein einen arkwan hab, daz du von minen verschulten gebresten din antlút habest unwertlich von mir gewendet.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
2453
(˹wohl
Straßb.
˺
1509
):
„Das du gaͤntzlich habst kein argwon, | Syh zuͦ“ / sprach er / „das sacrament | [...] | Das ist mein suͦn [...]“.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen (
halem.
,
1430
):
den sol inen die herrschaft bestaͤttigen allein ein iar [...] oͧch aͧne argwan.
Rieder, St. Georg. Pred. (Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
daz ist im tôgen und waiss es nit won von argwan
[›etw. auf Verdacht wissen‹ als Gegensatz zu
etw. für war wissen
].
4.
›Aberglaube‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. , .

Belegblock:

Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1670
):
ist eine zeit hero in zauberischen sachen ein großer argwohn und fantessei bei villen eingeschlichen.