abtreiben,
V., unr. abl.
1.
›jn. von etw. (meist von einem ihm rechtlich zustehenden oder beanspruchten Platz o. ä.) verdrängen, vertreiben‹;
zu (V.) 3.
Bedeutungsverwandte:
, , , ; vgl.  3,  6.

Belegblock:

Leman, Kulm. Recht (
Thorn
1584
):
Eyn man [...] kummet obir eyn vyhe [...] das man vorkoufen wil welchirleye das sy. den trybet keyn man dor abe.
Küther, UB Frauensee
277, 29
(
thür.
,
1495
):
Wir [...] ensollen adder enwollen die obgedachtenn Clausenn [...] denn gemeltenn hoff wedder mit dynste adder zcynsenn hoer ader weither erstygenn ader, ob er sich bessert, si abzcutribenn von nymandt keyn geschengk zu nemenn, sundern sy ruwelichenn sitzenn zu lasse.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
124, 27
(
omd.
,
1548
):
Wen der stolner die gewercken von iren orte abtreiben moge.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1528
):
der soll an recht, ob er gleich einem zunahet, hernachmals von seiner arbeit nit abgetriben werden.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
haben die von der erberkait [...] vil versuͤcht und understanden, die aufgerichte zunften abzuͤtreiben.
Ebd. (zu
1550
):
[die Spänier] wolten den predicanten kurtzumb nit predigen lassen und haben in mit gewalt abgetriben.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Die es vor allß auff frassen, [...] Treyben ferlich die andern ab.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Bautzen
1567
):
Zeuch vnd treib vns ab von suͤnden und boßheit, | Vnd forder vns zu deiner gerechtigkeit.
˹Über Tiere gesagt: Rauwolf. Raiß (
Lauingen
1582
):
starcke bengel / welche sie [Türcken] [...] tragen / vmb die Wolff [...] abzutreiben.
˺
Schwartzenbach
A iiijr
;
O iijv
;
Rot
304
;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
10
;
Wolf, Bergmannsspr.
1958, 147
.
2.
›jn. (im militärischen Sinne) vertreiben, aus dem Felde schlagen‹;
zu (V.) 3.
Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
, .

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. (
mfrk.
,
2. H. 14. Jh.
):
Des qwamen di geselschaft von dem sterne zu haufe me dan mit funfzenhondert rittern unde knechten unde dreben den lantgreben abe.
Thiele, Chron. Stolle (
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
[der keyser] wolde die stad nuss errede unnd on abe tribe.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
sie [die burger] triben in zwen groß sturm ab mit gwalt.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron. (
moobd.
,
1478
/
81
):
Darnach understuenden sich die Pfaltzischen für Vilshoffen zu ziechen [...], wurden aber mit schaden und spott abgetriben.
Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
Constantinus [...] nam nachmals Bressa ein, trib den gereisigen zeug ab gein Bern.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
[etlich fuessknecht] schussen zw den und tryben die auch ab.
3.
›(Vieh) wegtreiben‹;
zu (V.) 3.
Bedeutungsverwandte:
vgl. .
Gegensätze:
.

Belegblock:

Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica (
schles. inseldt.
,
1451
/
82
):
wÿ das ÿm das phanth ist off der awen weder app getreben.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1614
):
Es soll auch ein ieder sein viech [...] zutreiben dem halter und biß solches abgetriben darauf acht geben.
Gille u. a., M. Beheim
26, 18
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
das pantell der wirtschafft nicht wirdig were, | darumb solt man es pilich treiben ab.
4.
›jm. etw. abjagen, mit Gewalt oder List nehmen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl. (V.) 11.

Belegblock:

Chron. Magdeb. (
nrddt.
,
1550
/
1
):
hat der feindt den Zoll [...] eingenohmen, aber doch einmal von den Magdenburgern wider abgetriben.
Chron. Köln (
rib.
,
1. H. 15. Jh.
):
der meist deil hatten de wif in (rauf) afgedreven.
5.
›jn. (auch Tiere) abhetzen, erschöpfen‹; auch: ›(Material) verschleißen, abnutzen‹.
Bedeutungsverwandte:
 1,  2, , .

Belegblock:

Blümcke, Hans. Gesandtsch. (
nrddt.
,
1603
):
sich die Fuhrleute beclageten, dass sie ihre Pferde unterwegen abgetrieben hatten wegen des geschwinden Fahrendes.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
ich bitt dich auff mein trew, | Weil du bist alt vnd abgetriben, | Dein Blech an Achssen duͤnn geriben.
Sachs (
Nürnb.
1558
):
Da treibt man mich ab wie ein pferd.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth (
Frankf.
1602
):
der [hertzog] sie mit steten kriegen, arbeit und gelt außgeben abgetrieben, müd gemacht und außgesogen hat.
Haszler, Kiechels Reisen (
schwäb.
,
n. 1589
):
dovon düe camel sehr abgetrüben wurden.
Preuss. Wb. (Z)
1, 70
.
6.
›jn. von etw. abhalten, abbringen‹;
zu (V.) 3.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  3.

Belegblock:

Maaler (
Zürich
1561
):
Einen von seinẽ fürnemmen Abtreyben [...] Vom raͤchten vñ waaren Abtriben werden.
7.
›etw. vor Gericht anfechten, versuchen, etw. gerichtlich für ungültig erklären zu lassen‹; offen zu 8.

Belegblock:

Unger, Richtes Stig (
1474
):
ab man dir es [urteil] ablosen muge on deinen willen, ee das es dir abgetrieben wird mit recht.
Rennefahrt, Statut. Saanen (
halem.
,
1598
/
1647
):
Welchem ehrverletzlich zugeredt wird, der soll innert sechs moneten frist, nach dem er die wort vernomen, selbige abtryben.
welcher ein verbott abzutryben gesinet, soll sein gegenparty, so ime das verbott gethan, vor wuchgricht beklagen und die verbott daselbst als vor wuchgricht abtryben.
Cirullies, Rechtsterm. Anh. 1981. Nr.
5
.
8.
›etw. aufheben, für nichtig erklären, unterbinden, verhindern‹; resultativ im Vergleich zu 7.
Wobd.
Bedeutungsverwandte:
 4,  4,  28,  2.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
er [der bischoff] wolt den pflasterzoll abtreiben und sunst wolt er auch etlich zoll abtreiben.
Ebd. (
schwäb.
,
1563
):
darüber sie gantz unwillig worden seind [und] derhalben, solchem zuͤ begegnen und [es] abzutreiben, dise ordnung fürgenomen haben.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
, o. J.):
als nu vnnser frommen vordern all vnordnung [...] abgetriben haben.
Österley, Steinhöwels Äsop (
Ulm
1474
/
82
):
Esopus sprach: Du magst nit gewinnen; aber das gewett du abtryben.
Schwartzenbach
A vjr
;
R jr
;
9.
›etw. (z. B. eine Steuer) herunterhandeln‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  9.

Belegblock:

Mollwo, Rotes Buch Ulm (
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Waͤre aber, das dehain unser burger [...] fuͥr die selben [...] bitten oder den ir sach gen dem raut abtriben, lichtern oder bessren woͤlten.
10.
›etw. (oft die Leibesfrucht) durch Anwendung bestimmter Mittel heraustreiben; (die Leibesfrucht) abtreiben‹;
zu (V.) 3.
Vorwiegend rechtsgeschichtliche Texte.

Belegblock:

Kohler u. a., Bamb. Halsger. (
Bamb.
1507
):
so yemant einem weybssbilde durch bezwangk, essen oder trincken ein lebendig kindt abtreybt.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
nalem.
,
1616
):
daß ein [...] verleumbte person ihr geburt begerte ungebeurlicher weis zu verkurzen oder abzutreiben.
Bildl. bei Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
Als Gelt vnd gut het jm die Braut | Abtrieben sonder Woͤrme kraut.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V. ;
Rennefahrt, Zivilr. Bern .
11.
›(Metalle) voneinander scheiden, sondern, trennen‹;
zu (V.) 3.
Vorwiegend bergbaugeschichtliche Texte.

Belegblock:

Löscher, Erzgeb. Bergr.
180, 13
(
omd.
,
1554
):
Herdtkörner, die im abtreiben der silber uf dem herde stehen bleiben, welche man schnabelkörner nennet.
Ermisch, Sächs. Bergr. (
osächs.
,
1499
/
1500
):
Es sall hinfurder alles silber [...] an keinen andern enden danne in der huten [...] abgetryben werden.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil. (
schles.
,
1509
):
ein ieder meister soll in der hütten die roste schütten aber bley arbeiten, abtreiben, den gezeug ganghaftig und fertig halten.
Ebd. (
1528
):
Wir bevelhen, dass alle gewercken, so sie ir reich blei abtreiben wollen, solchs abtreiben unserm berckmeister ansagen.
Ebd. (
1533
):
Auf den XLIIII. artickel die schöpfprob sambt vorzeichnus eines ieden ubergelegten werchs von einem ieden abtreiben dem perckmeister zu verantworten.
Sudhoff, Paracelsus (
1529
/
30
):
weiter scheiden von ein ander golt und silber, weiter silber und kupfer und ander metall durch abtreiben, cementiren, solviren, schmelzen.
Karnein, De amore dt.
164, 325
(
moobd.
,
v. 1440
):
Was valsch möcht vnerkannt in silber sein, wann man es wol versücht vnd recht am strich bewärt oder im test abtreybt.
Löscher, a. a. O.
145, 6
;
Ermisch, a. a. O. ; ;
Helbig, Qu. Wirtsch.
4, 87, 30
ff.;
126, 36
;
Sudhoff, a. a. O. ;
Wolf, Mathesius.
1969, 293
.
12.
›etw. hinabtreiben, -wehen (von meteorologischen Erscheinungen)‹;
zu (V.) 4.

Belegblock:

Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
seind nu der dunst warm ist [...], sô widerstêt im der kalt luft und treibt in snell und gœhlingen her wider ab.
13.
›etw. (Land o. ä.) wegschwemmen‹;
zu (V.) 4.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  4.

Belegblock:

Wrede, Aköln. Sprachsch.
52a
.
14.
›etw. (Geländestücke) abholzen, kahlschlagen‹.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1548
):
dann die weld und höltzer umb die stat Augspurg auf etlich meil wegs [...] hart abgetriben.
Bad. Wb.
1, 19b
.