absagen,
V.
1.
›(jm.) ein Rechtsverhältnis (z. B. den Dienst, das Bürgerrecht) oder ein sonstiges faktisches Verhältnis aufkündigen‹; offen zu den Spezialisierungen unter 2 und 3.
Vorw. obd.
Bedeutungsverwandte:
 1,  5, ; vgl.  5.
Syntagmen:
(jm.) die mark / trostung / vormundschaft, das bürgerrecht a.; dem teufel, den söldnern a.; (jm.) um sache / kauf a.; gewissen
(Subj.)
jm. a.; a. in der bulschaft.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
106, 24
(
thür.
,
1474
):
daz der junge [...] vor den rath zcu Kale gegangen ist unde Guntern Lyrer daselbist, synem bruder, dy vormundeschafft abegesaget habe.
Chron. Strassb. (
els.
,
1420
):
Wer ouch das deheine unser burger sin burgerrechte abesagen wolte.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
um 1400
):
wie nieman trostung absagen sol noch mag.
Enders, Eberlin (
Wittenb.
1525
):
Wenn du ynn sterbender not leyst, wirt dyr dein eygen gewissen absagen, wenn du dich erkennen wirst.
Drescher, Hartlieb. Caes. (
moobd.
,
1456
/
67
):
Ich hab mir fũrgesaczt Gott zu dienen und wil dir [tẽwfel] absagen.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1434
):
der unserm obgenanten purkfrid wider recht wolte entziehn oder absagen di rechten marich.
Gille u. a., M. Beheim
347
Ü;
Welti, a. a. O. ; ;
Hauber, UB Heiligkr. ;
Auer, Stadtr. München ;
Siegel u. a., Salzb. Taid. ;
Ulner ; ;
Paul, Wb. Bergmannsspr.
1985, 134
.
2.
›(jm.) (vereinzelt: Privatpersonen, meist: Amtsträgern, auch: einer Instanz) den Frieden aufkündigen, Fehde ansagen, (bei Amtsträgern und Instanzen als Obj.:) den Krieg erklären‹; Spezialisierung zu 1.
Vorw. obd.
Bedeutungsverwandte:
 14, (V.) 1, ; vgl.  3,  2.
Syntagmen:
(jm.) den frieden, das geleit a.; (jm.) mit brief, brieflich, öffentlich a.; den witwen / weisen, dem vater / bruder / keiser / herzog / fürst, der stat, dem land a.;
oft ohne Objekte;
evangelium jm. a.; abgesagter feind / krieg, abgesagter weise
›in erklärter Feindschaft‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1529
):
Er ist mein abgesagter feind, des sol er sich gegen mir auch halten.
Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
1517
/
8
):
Wan uns da dürch wart ab geseit | Der gotlich frid und sein geleit | Und wart geschworn | Dy pein ewiges tottes.
Chron. Nürnb. (
nobd.
,
15. Jh.
):
do saget der marckgraf Albrecht mit 24 fuͤrsten der [stat] Nuͤrmberg ab zu sunbenden und wert die rais ain gancz jar.
Jaspers, St. v. Landskron
72v, 29
(
Augsb.
1484
):
die on geschefft vñ on gewalt vñ on rechtz vrlaub eins lantfürstẽ absagen. vnd angreiffen lant od’ leüt.
Chron. Augsb. (
schwäb.
, zu
1561
):
in wölchem dem kaiser Ferdinando auf seinen leib und leben, land und leute zemorden, zerauben, zebrennen durch dise hiebei benante 6 personen ist abgesagt worden.
Spanier, Murner. Schelmenz.
43, 11
(
Frankf.
1512
):
so rechen wir [schelmen] vns an dem landt | Vnd sagent witwen, weissen ab, | biß das sy gond am bettel stab.
Adomatis u. a., J. Murer. Abs.
1477
(
Zürich
1565
):
das einr sim vatter moͤcht absagen | Ja so fyndtlich mocht wider ston | als dann yetz thůtt der Absolon.
Leidinger, V. Arnpeck (
moobd.
,
v. 1495
):
herzog Cristof und Bolfgang schlugen sich auch zu dem swäbischen pund und zugen mit in auf daz Lechfeld und sagten irem bruder ab und zugen mit rauben [...] in vil dorfer.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
148, 28
;
Roloff, Brant. Tsp.
100
;
Rennefahrt, Statut. Saanen ; ;
Winter, Nöst. Weist. ;
Grossmann, Unrest. Öst. Chron. ; ; ; ;
3.
›jn. (aus dem Leben) abberufen‹; Spezialisierung zu 1.

Belegblock:

Mayer, Folz. Meisterl. (
nobd.
,
v. 1496
):
Fachten fir mercklich sach mich an: | Von erst erschroklikeyt | Das mir so kurcz was ab geseyt.
Primisser, Suchenwirt (
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Doch bleibet von mir unverswigen | Des edlen herren wirdichait, | Dem der tot hat ab gesait | Daz leben.
4.
›(jm.) etw. verbieten, untersagen; jm. etw. (einen Wunsch o. ä.) abschlagen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  8.

Belegblock:

Opel, Spittendorf (
osächs.
,
um 1480
):
wie der rath allen unwillen den burgern abesaget hette uff dem rathause.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1614
):
dieselbe [feierstet] soll man absagen und zu wenden anbefelchen.
Wrede, Aköln. Sprachsch.
35a
.
5.
›e. S. entsagen, etw. aufgeben‹.
Bedeutungsverwandte:
 3, .

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft.
Luc. 14, 33
(
Wittenb.
1545
):
ein jglicher [...], der nicht absaget allem das er hat kan nicht mein Jünger sein.
Wolf, Norm im sp. Ma.
57, 67
(
schwäb.
,
15.
/
16. Jh.
):
das si durch got haben abgesaget irem aigen willen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
4
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Der sol [...] | mir das trúlich nach tragen | Und der werlte by zit ab sagen.
6.
›etw. erklären, aussprechen, (ein Urteil) fällen, verkünden‹.

Belegblock:

Luther, WA (
1531
):
Das ist kurtz abgesagt.
Kisch, Leipz. Schöffenspr. (
osächs.
,
1523
/
4
):
wil [...] ime [sachwalde] das rechte [...] lassen tun, was ime das rechte darzu absagt.
Kurz, Waldis. Esopus (
Frankf.
1557
):
So solt man jm nach gmeinem Recht | Nach verhoͤrung antwort vnd klagen | Ein rechtmessig vrtheil absagen.
Baldt forderten den Storch herfuͤr, | Vnd sprachen: „was er wird absagen, | Das sol den Parten wol behagen“.
Preuss. Wb. (Z)
1, 53
.
7.
›jm. (auch einer Instanz) etw. absprechen, etw. bestreiten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Turmair (
moobd.
,
1522
/
33
):
die unsern [...] sagten dem römischen reich die ewigkait [...] ab, hielten, es würd zergên.
8.
›von erhöhter Stelle nach unten sprechen‹.

Belegblock:

Chron. Köln (
rib.
,
1483
):
[sie] moisten gain stain up die statt | da man die morgensprach af sacht.