ablösen,
V.
1.
›jn. (Menschen, Tiere) losbinden‹; speziell: ›(Christus) vom Kreuz abnehmen‹; ›etw. abtrennen, ablösen, abschälen, abschlagen‹ (je nach den sehr unterschiedlichen Obj., auch ütr.); mit
anker
als Obj.: ›(den Anker) lichten‹;
zu
2
 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1,  8,  4.

Belegblock:

Schmitz, Schiltb.
115, 8
(
Frankf.
1597
):
daß er [...] seinen Gaul abgeloͤst vnnd darauff sich geschwungen het.
Bihlmeyer, Seuse (
alem.
,
14. Jh.
):
do sú kamen und in
[
kint
›Jesus‹]
wolten ab loͤsen.
Gierach, Märterb.
503
(Hs. ˹
moobd.
,
A. 15. Jh.
˺):
doch der seldenbere | wart ab gelost pey der nacht.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2629
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
unflad, | der sich nicht gerne losset abe.
Brandstetter, Wigoleis
215, 4
(
Augsb.
1493
):
Er gieng da er sein roß gehoefft het. loeset das ab.
Chron. Augsb. Anm. 3 (
schwäb.
, zu
1548
):
er hat im aber den kopf abgelöst, daß er von der Richtstatt auf die erden hinab gefallen ist.
Maaler (
Zürich
1561
):
Abloͤsen / Abbinden [...] Den ancker aufziehen oder Abloͤsen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat. (
oobd.
,
1349
/
50
):
wer den pfeffer gar klain pulvert ân daz auzer tail, alsô daz er daz auzwendig ablœst.
Kehrein, Kath. Gesangb. (
Mainz
1605
):
Ihr reine Seel die loͤst sich ab, | Vom Jungfraͤwlichem Leibe.
Bihlmeyer, a. a. O. ;
Gille u. a., M. Beheim
146, 244
;
Dietz, Wb. Luther .
2.
›etw. (z. B. Gebäude) fachmännisch abbrechen, abreißen, Dächer abdecken‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  3.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
fünf gesellen, die solten den turen ablösen biß auf den grund.
Ebd. (
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
als nun der maister daran anhůb zů prechen, und das dachwerck ab wolt lesen.
3.
›sich (vom Irdischen, von allen die Hinwendung zu Gott störenden Gegebenheiten) lösen‹; spezialisierte Ütr. zu 1.
Kennwort Meister Eckharts.
Bedeutungsverwandte:
 7,  4,  12.

Belegblock:

Quint, Eckharts Pred. (
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Waz ze der sêle gehœret daz sol abegelœset sîn alzemâle.
daz man abegelœset sî und abegezogen und îngezogen.
Etlîche namen die sint gote eigen und abegelœset von allen andern dingen, als ‚got‘.
Aber wârheit sliuzet in éin bekantnisse und lœset abe.
Strauch, Par. anime int.
47, 22
;
31
;
49, 13
;
20
.
4.
›etw. (vor allem finanzielle Verbindlichkeiten, aber auch z. B. Naturallasten, mit Verbindlichkeiten belastete Gebiete, Forderungen von Klägern, Strafen) durch Zahlung ablösen‹;
zu
2
 7.
Syntagmen:
den zins
(formelhaft)
/dienst, die gülte, das geld/ bistum/ selgeräte/ hun a.; den kläger a.
Wortbildungen:
ablöser
,
ablösgeld.

Belegblock:

Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 350, 7
(
omd.
,
1430
):
dy [fphennyge] sten nicht abe czu losen.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
134, 25
(
omd.
,
1548
):
Do aber der beklagte [...] den kläger nicht ablöset und zufrieden stellet.
Hauber, UB Heiligkr. (
schwäb.
,
1437
):
so bald her Eberhart Trochsesz sin erben [...] fuͥnfzig Rinischer guldin an dem houptzinse [...] abgeloͤset haben.
Chron. Strassb. (
els.
,
A. 15. Jh.
):
dirre bischof [...] besserte das bistum vaste mit dem daz er abeloste Offenburg.
Merk, Stadtr. Neuenb. (
Basel
,
1414
):
als darnach dieselbe gúlte abgelöset sie worden.
Welti, Stadtr. Bern (
halem.
,
um 1400
):
das da alle die kloͤster [...] die selben selgerete [...] ab ze loͤsen geben soͤllent denen, so die huͥser [...] zůgehoͤrent.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
78, 24
(
moobd.
,
1427
):
die [gruntdinst] von alter her zu demselben gotzhaws zu Pawmgartenperg gehort habent und die nicht abtzulosen sein.
Staub, Qu. Wien (
moobd.
,
1379
):
wann man derselben gult icht abloͤst.
Winter, Nöst. Weist. (
moobd.
,
1604
):
den soll man die zung ohn alles ablesen abschneiden.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid. (
m/soobd.
,
16. Jh.
):
der übereilende gewalt des bittern dots durch kain [...] mitl kan abgelöst werden.
Ziesemer, Marienb. Konventsb.
231,
Anm. 1;
234, 6
;
240, 19
;
Anderson u. a., Flugschrr.
24, 2, 24
;
Kollnig, Weist. Schriesh.
129, 31
;
Hauber, a. a. O. ;
Welti, a. a. O. ;
Bernoulli, Basler Chron. ;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen ;
5.
›etw. (vor allem: Verbindlichkeiten) aufheben; jm. etw. erlassen, jn. von etw. befreien‹; im Gegensatz zu 4 vom Berechtigten gesagt;
zu
2
 4.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  2.

Belegblock:

Chron. Augsb. (
schwäb.
,
1523
/
27
):
das [gelt] sol kunig Karel zalen oder mag das ewig gelt den leutten ablesen.
Koller, Ref. Siegmunds (Hs. P: ˹
Basel
,
um 1440
˺):
man sol alle hüser, alle guͤter [...] do pfarkirchen zins uf haben [...] alles abloͤsen
(Hs. N:
abgeben zü loßen
).
6.
›jm. etw. abkaufen, etw. durch Zahlung von jm. erwerben‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.  1.

Belegblock:

Grossmann, Unrest. Öst. Chron. (
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Steirn, Kernndten und Krayn het er nicht, wann im die alle het abgelöst sein prueder, der kayser.
Staub, Qu. Wien
3, 2, 2888, 10
(
moobd.
,
1418
):
und das [haus] sy mit andern gutern von denselben iren geswistereden abgekaufft und abgeloͤst hat.