süssig
(vereinzelt),
süssiglich,
Adj.;
meist adverbial gebraucht, dann auch süssiglichen
.1.
›angenehm tönend‹ (vom Gesang, der Sprache des Menschen und menschenähnlich gedachter Wesen sowie von der Stimme der Vögel gesagt); vgl.
süs
3.Gegensätze:
abwörtig
Belegblock:
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl.
112, 5
(Hs. ˹pfälz.
, M. 16. Jh.
˺): frauw nachtigall mit gesange | thuet süeßigclich ansingen.
Palmer, Tondolus
11187
(Speyer
um 1483
): Vff den esten warent vil vogel von allerlei varb vnd stimmen die do sussiglich sungen.
Gille u. a., M. Beheim
267, 97
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): sussiglich gestymet | alz der kantor in dem auss seczel hauss
(ironisch).
Sachs
3, 432, 13
(Nürnb.
1544
): ander acht junckfrawen zart, | Die also süssigklichen sungen, | Zu mir von oben ab sich schwungen.
Bihlmeyer, Seuse
69, 18
(alem.
, 14. Jh.
): die himelschar vieng an ze singen einen himelschen reyen; daz erklang also suͤsseklich in sinen oren, daz [...].
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
240, 19
(oobd.
, 1349
/50
): ez [merweip] singt auz der mäzen suezleich, iedoch hât ez niht ain gestuckt stimm als ain mensch, ez hât ain abwörtig stimm.
2.
›jm. freundlich, gnädig, liebevoll zugewandt; sanft, angenehm, zärtlich zu einem anderen, in seinem Gesichtskreis Stehenden‹; dazu als resultativ zustandsbezogen auffassbar: ›friedlich, ruhevoll, erlöst‹; oft mit Gott als Ausgangs- und damit als religiösem Orientierungspunkt der Zuwendung; zu
süs
5.Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): demütig
1; 3, freundlich
, frölich
, gegenwärtlich
, götlich
1; 2; 6, minniglich
3; 4; 5; 6.Gegensätze:
unruhesam
Syntagmen:
j. süssiglich wer sein, süssiglich alten / reden
(z. B. Jesus mit dem vater
) / ruhen
(z. B. in got
) / entschlafen, zu jm. sprechen, got / Jesus jm. (Maria) süssiglich antworten, got jn. süssiglich zu im rufen, j. süssiglich mit jm. wirken, mit js. geist kosen, sich jm. süssiglich erzeigen, das grundlose gut sich s. in jm. güten, j. jn. (den herren) süssiglich lieb haben, got s. minnen, etw. süssiglich empfinden, eine ordnung süssiglich empfangen
; js. geist süssiglich mit got reden, die sele
(Subj.) got süssiglich beschauen / blicken / bekennen, die gnade jn. süssiglich trösten
; süssiglich in jm. gesprochen werden
[+ Hauptsatz]; die süssigliche freude
.Belegblock:
Neumann, Rothe. Keuschh.
2445
(thür.
, 1. H. 15. Jh.
): zu den andern male: en lieb haben sussiclich | van gantzer sele, umme das her dich | van dem ewigen tode hat erlost.
Thiele, Chron. Stolle
100, 5
(thür.
, 3. Dr. 15. Jh.
): do geschach es [...], das sy [frowen sente elsebeten] got sussiglichen zu ome hisch.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
121
(Nürnb.
1517
): schier weint er [Jesus], nun redt er süsiglich, nun felt er sie an und kust sie [Maria].
Bihlmeyer, Seuse
90, 19
(alem.
, 14. Jh.
): in entsunkenheit der sinnen war in im suͤzeklich gesprochen also: „ich wil dir hút erzoͤgen den hohen adel mins lidens“.
Adrian, Saelden Hort
1684
(alem.
, Hss. E. 14.
/15. Jh.
): der súezeclichen altet | dem dirr nam [Jesus] súezzet | und alle schaden búezzet.
Rieder, St. Georg. Pred.
167, 16
(Hs. ˹önalem.
, 1387
˺): daz wir Got minnen súllent von allem únsrem hertzen suͤsseklich, von aller sele wislich.
Päpke, Marienl. Wernher
6858
(halem.
, v. 1382
): Ingoͤtlicher, suͤsser wise, | Inder er [Jesus] sich die wile hielt, | Vil suͤsseklicher froͤden wielt.
Ebd.
12334
: Das Ihesus aber in erschain | Und gruͦste sú alle gemain: | Doch sine muͦter sunderbar | Gruͦste er suͤsseklichen gar.
Schmidt, Rud. v. Biberach
36, 17
(whalem.
, 1345
/60
): ist es zimlich, das vnser geist hin wider diemvͤteklich vnd suͤsseklich mit grosser danknemenkeit vnd andacht mit gotte rede.
Ebd.
58, 4
: dvͥ sel, dvͥ anblikende vnd gegenwuͤrtlich got bekent, dvͥ velt niemer vf nidruͥ ding, want si blicht vnd beschowet an vnderlas suͤzzeklich vnd eweklich got.
Steer, Schol. Gnadenl.
6, 56
(moobd.
, 15. Jh.
): dar durch ein mensch got ganczleich ym gemüt cze gefuͤgt vnd geaynigt wird, das er [...] in got allain süessicleich rwet [...], in gleicher weise, als got in ym selbs rwet.
Bauer, Imitatio Haller
50, 29
(tir.
, 1466
): Du pist gar suessikleichen ruen, ist das dich deïn hercz nicht straffen ist.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 176, 2
; 234, 6
; Jostes, Eckhart
59, 30
; Sachs
6, 265, 11
; Bihlmeyer, a. a. O.
202, 11
; Koller, Ref. Siegmunds
343, 18
; Schmidt, a. a. O.
36, 13
; 40, 15
; Adrian, a. a. O.
1869
; Lindqvist, K. v. Helmsd.
1157
; Wyss, Luz. Ostersp.
3, 162, 91
.‒
Vgl. ferner s. v. aklein
, angreifen
1.3.
›verführerisch, verlockend, berückend angenehm‹ vor dem Hintergrund von ›täuschend, unehrlich‹; zu
süs
6.Bedeutungsverwandte:
vgl. anfechtig
betrieglich
listig
Belegblock:
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
14b, 35
(nobd.
, E. 14. Jh.
): Di ersten wainen ir sünde Di andern irn gepresten Di dritten wainen svͤzziclichen. vnd wizzen ofte niht waz si wainen.
Niewöhner, Teichner
174, 47
(Hs. ˹moobd.
, 1360
/70
˺): also vast sich der betrewget | der so suezzichleichen leret | und sich selben doch uneret | mit einem ungefurten leben.
Ebd.
414, 16
: aver der mit fuͤr gedacht | unrecht sait, der leugt und prichet | daz er suezzichleichen sprichet: | ‚ie mein trew, ich wil dirs geben‘, | und gedenkcht di weil da neben | daz ers nymmer laisten well.
Ebd.
463, 17
: und chan sich niem wol gefrein | der suezzichleich gen ainem part
[s.
baren1
1]
| und sein doch im hertzen vart | als ein veint dez andern tut.4.
s. süs
8.