mut,
der
;
-(e)s/–
.
Ansatz 1 allgemein für Geistes- und Gemütskräfte, -zustände des Menschen; 2 als Synekdoche; 3-6 als Spezialisierungen an 1 anschließbar; 7 und 8 gehobensprachliche Substantivgruppen mit
mut
als Kern; 9 und 10 dicht belegte phrasematische Verwendungen.
1.
›Befinden, Empfindung; Gesinnung, Einstellung, Stimmung, Laune als Gesamtheit der menschlichen kognitiven Orientierung, der Situationswahrnehmung und -beurteilung einschließlich der damit verbundenen Handlungsdisposition‹.
Phraseme:
e. S
. (Gen.)
mut haben
;
jm. einen mut schicken
›jm. einen Rat zukommen lassen‹;
jm. den mut keren
›jn. zur Einsicht, Umkehr bewegen‹;
etw. aus dem mut
›aus dem Kopf, Sinn‹
schlagen / treiben
;
jn. im mut haben
›im Sinn haben‹;
etw. im mut haben
›sich etw. zu Herzen nehmen‹;
jm. komt etw. in den mut
;
sich nach seinem mut
(›nach Kräften‹)
nöten
;
etw. zu mut haben
›sich etw. zu Herzen nehmen‹;
jm. ist
[wie]
zu mute
.
Bedeutungsverwandte:
gedank
 1,
geist
 3,
gemüt
 1; 2; 3; 4,
herz
(
das
) 4,
sele
,
sin
,
wesen
.
Syntagmen:
den m. aufrichten / erfreuen, einen
(bestimmten, z. B.
krummen
)
m. tragen, jm. den m. nemen
;
der m. jm. betrübt sein, sich
[wie]
beweisen, sich geistlich erheben
;
die sele des mutes teilhaftig sein
;
aus einem
(bestimmten, z. B.
guten / rechten
)
m. singen, nach seinem m. mit jm. vereint sein
;
der gebogene / gute / kranke / krumme / rechte / wankelliche / weibische m
.
Wortbildungen:
mutblind
›im Empfinden blind, ziellos‹,
mutgelüste
,
muthärmen
(Gw zu
härmen
, V.),
muthart
›hartgesinnt‹,
mutig
1.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
8339
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Do schein her [Gotes lamb] uns mutblinden | Allen sinen lieben kinden.
Ebd.
17441
:
Daz her [trache] da mit umme ge | Des Gote zu nichte beste, | Daz dutet die mutharten, | Die nichtes mer enwarten | An irme geringe | Dan irdischer dinge.
Ebd.
18913
:
sin hertze sal irweichen | Alle die mutharten | Die daz riche an warten.
v. Ingen, Zesen. Ros.
76, 32
(
Hamburg
1646
):
daß ich fohr verwunderung [...] nicht wuste / wie mier zu muhte war.
Mendthal, Geom. Culm.
19, 11
(Hs. ˹
preuß.
,
A. 15. Jh.
˺):
das her wyl allen vndersessen irczeygen heylsams recht, czu mute nemende den sproch des propheten yn dem LVII. salmen.
Luther, WA
23, 197, 2
(
1527
):
ym fleisch, da nicht geist ist, da ist freylich das aller hohest vnd beste, der verstand, synn, wille, hertz vnd mut.
Ebd.
41, 384, 9
(
1535
):
Non habetis mut und synn ut Mosis volck, qui semper furchtet.
Thiele, Minner. II,
31, 804
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
sine dait sanfte und modeclich | sal er alle zyt zu brengen | und sinen muͦt betwingen.
Ralegh. America
3, 8
(
Frankf.
1599
):
wir machten die arme Soldaten / [...] / mit wenig Wein froͤlich / vnd in dem guten Mut erhuͤben / vnd ruͤhmeten sie die Landtschafft Guiana.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
22, 17
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
Freude und forchte kürzen, leit und hoffenung lengen die weil. Wer die viere nicht ganz aus dem mute treibt, der muß allzeit sorgend wesen.
Thiele, Chron. Stolle
91, 20
(
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
das der bisschoff dar uff dechte, wy her sy [elsebethe] gerne eyme fromen hern geben wolde, [...], do muthermete sy sich sere umme.
Stackmann u. a., Frauenlob
8, 14, 20
(Hs. ˹
nobd.
,
3. V. 15. Jh.
˺):
die [ungeberden] sie [pfaffen] nu triben um daz gut | in gires glut. | ich han den mut, | ez tete manch leie nicht.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1192
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
Wer got recht hat in dem müt, | Der enrücht sich, was die welt tüt.
Vetter, Pred. Taulers
305, 12
(
els.
,
1359
):
Wie mag denne dem ze muͦte sin des herzen und sele und grunt, [...], minnelos ist bliben dis unsprechlichen úbertreffelichen trostes!
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 187, 23
(
Hagenau
1534
):
es ist ym schwer zu muͦtte / und weyß doch nicht was es ist.
Ebd.
2, 183, 21
([
Augsb.
]
1548
):
Ain gedultiger ist besser / dann ain starcker / unnd der seines muͦts Herr ist / dann der Stett gewinnet.
Koppitz, Trojanerkr.
4665
(Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Orgaloyse nütt enlie, | Mitt rechtem mütt geluste | Sy den fürsten kuste.
Wyss, Luz. Ostersp.
644
(
halem.
,
1583
):
Damitt ein jedes vß sinem mütt, | All sünd vnd boßheitt möge schlahen.
Ebd.
4975
(
1571
):
Wellcher aber vß rechttem muͦtt | Mins himlischen vatters willen thuͦtt, | Der merck durch dise worrt vnd pott, | Ob [...].
Sappler, H. Kaufringer
14, 32
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
die [gräfin] kom dem küng in den muot, | das er ir ze der ee begert.
Ebd.
16, 41
:
der [got] hat mit seinen genaden rain | uns verlihen sin und muot, | das wir versten übel und guot.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
52, 13
(
oobd.
,
1349
/
50
):
Der hât ainen weibischen muot, der [...] der schier zürnt.
Ebd.
492, 18
:
got ist geist und muot.
Guth, Gr. Alex.
4230
(Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
Wir schickent auch unsern müt | Nit ze waschen unsern leib.
Klein, Oswald
28, 19
(
oobd.
,
1422
/
4
):
Abrelle, wankelicher müt.
Leidinger, A. v. Regensb.
604, 25
(
oobd.
,
um 1430
):
Habt ze muet ewern smerczen und widerkreftigt ewer mutikait.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
12, 24
(
oobd.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Der kunig nott sich nach seinem muet und strafft sy wol.
Rudolf, H. v. Langenstein. Erch.
33, 78
(
moobd.
,
1393
):
Ez ist nichtcz vnczimleicher dem menschen, wenn daz er mit aufgeraktem leib ainn chrumpen und gepogen mut traitt.
Steer, K. v. Megenberg. Sel
373
(Hs. ˹
moobd.
,
1411
˺):
Es ist auch animus vnd anima, das ist sel vnd muͦt, ain ding nach dem wesen.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
536
(
tir.
,
1486
):
Eva, dw solt sagen mier: | Jn deinen muet wie kam es dir? | Wie getarstu nemen das as, | Das dier von mier verpoten was?
Luther, WA
10, 3, 181, 2
;
10, 3, 380, 22
;
Kurz, Murner. Luth. Narr
3679
;
Banz, a. a. O.
2036
;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
1, 6, 1
;
1, 7, 82
;
Klein, a. a. O.
117, 57
;
Munz, Füetrer. Persibein
445, 4
;
Schmitt, Ordo rerum
329, 5
.
Vgl. ferner s. v.
anbeschäude
,
angesicht
 6,
ausspielen
.
2.
steht als pars pro toto (meist in Reimbindung) für die Person als Träger von
mut
(mit einem Verb meist des Denkens, Meinens, Sagens), damit eng an 1 anschließbar; in der Übersetzung empfiehlt sich ein Personalpronomen bzw. eine Personenbezeichnung.
Gehäuft ˹obd.; älteres und mittleres Frnhd.; Verstexte˺.
Syntagmen
(oft ansatzweise phrasematisiert):
js. m
. (Subj.)
toben, sich erfreuen, erwildet sein
;
etw. in den m. setzen
›etw. glauben, meinen‹,
von sin selbes mutes etw. tun
›von sich aus etw. tun‹;
in seinem m. turstig sein, etw. sprechen / wissen / gedenken
(o. ä., mehrfach),
im
(refl., ›sich‹)
in seinem m. etw. fürnemen
.

Belegblock:

Henschel u. a., Heidin
435
(
nobd.
,
um 1300
):
Mich trige denne min mvt | Mich tvnket iz sin vrevnde gvt.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1608
(
nobd.
, Hs.
A. 15. Jh.
):
Waz maht du [Jesu Christ] denne minne haben | zu uns armen milben und schaben, | die nimmer kainer slahte / gut | tun von unser selbes mut?
Eichler, Ruusbr. steen
290
(
els.
,
sp. 14. Jh.
):
wanne sv́ hant in iren mvͦt also gesat, also obe got noch helle noch himmelrich enwere.
Wiessner, Wittenw. Ring
1761
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Dar auf derfreuwet sich mein muot | Und harren ie auf guoten wan.
Wyss, Luz. Ostersp.
384
(
Luzern
1583
):
Ir wüssend dann das böß vnd guͦtt | Den götten glych in v̈werm muͦtt.
Sappler, H. Kaufringer
25, 157
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
der geitig ist zuo aller stunt | durstig ser in seinem muot, | wie er müg gewinnen guot.
Klein, Oswald
3, 21
(
oobd.
,
1416
):
ist si versmächt, so tobt ir müt | geleich des meres flüten.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
156, 5
(
moobd.
,
1473
/
8
):
pey disen frawen soltu leren fueg. | Dein muet ist alltzue sere dir erwildet.
Chron. Köln
1, 1309
;
6046
;
Asmussen, a. a. O.
2285
;
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
161, 23
;
Sappler, a. a. O.
1, 18
;
26, 1
.
3.
›Kraft, Mut, Hoffnung, Ermutigung, freudige Zuversicht (eines Niedergeschlagenen) für die nähere Zukunft‹; offen zu 4.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
herz
(
das
) 7,
hofnung
,
sin
,
zuversicht
; vgl.
getürstigkeit
 3,
trost
 1.
Syntagmen:
m. fassen / suchen / nemen / schöpfen / gewinnen / haben / behalten, den / einen m. verlieren, sich einen m. machen, jm. m. geben
;
m. macht gut, der m. jm. klein werden, dahin sein
;
mutes ane werden
;
der freie / frische / grosse / gute m
.
Wortbildungen:
mutlich
1 ›hoffnungsträchtig‹,
mutstark
›mutig, zuversichtlich‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
21796
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
die werden | Propheten, patriarken | Und nach in die mutstarken | Zwelfboten, ewangelisten.
Luther, WA
1, 179, 2
(
1517
):
Eyn fest steendes hertz ist, das ym gutem mut ist und sicher.
Ebd.
35, 413, 20
(
1524
):
der muͤt wurdt denn Sophisten kleyn | fur diesen newen dingenn.
Ebd.
41, 57, 14
(
1535
):
Mut macht gut.
Ralegh. America
7, 24
(
Frankf.
1599
):
[Johannes Martines] darauß sampt den seinigen einen guten Muht schoͤpffete / sein Fuͤrnemmen auch zu einem gluͤcklichen Außgang zu bringen.
Ebd.
14, 27
:
Wie dieses dem Berrheo so alles widerfuhr / gaben den Mut gantz vnd gar verlorn / vnnd hoffete auff nichts bessers.
Stackmann u. a., Frauenlob
3, 27, 27
(Hs. ˹
omd.
/
schles.
,
v. M. 14. Jh.
˺):
Gepriset soum, mit sprechendiges lobes zungen | glanz durchluitert mutlich ernstes blume, | ach wie trazlich broget din phat!
Dietrich. Summaria
21v, 34
(
Nürnb.
1578
):
Derhalben ist von noͤten / das man einen grossen mut fasse / ehe leib vnd leben lasse / [...] / denn das man vom wort wolt abweichen.
Bihlmeyer, Seuse
114, 14
(
alem.
,
14. Jh.
):
ein lidender mensch gewinnet ein guͦt muͤtli, so er hoͤret, daz ander sin nahgebur in noh groͤsren noͤten sind gewesen und in got dar us hat gehulfen.
Menge, Laufenb. Reg.
4135
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Suͦch muͦt so du betrübet bist | Das uffenthalt dich manig frist.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 177, 2
(
Hagenau
1534
):
ob er gleich das gut verleuret / so behelt er doch den muͦt unnd gedancken / anders zu gewinnen.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
1, 20, 44
(
schwäb.
,
1471
):
du vsserwelter man, | Mich rewt dein sorgelich von mir gan | Des bin ich muͦtes worden on.
Luther, WA
1, 192, 36
;
30, 2, 113, 6
;
Kurz, Waldis. Esopus
4, 81, 9
;
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
325a, 28
;
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
863
;
Goldammer, Paracelsus
6, 187, 12
;
Wyss, Luz. Ostersp.
3138
;
Lauater. Gespaͤnste
34r, 12
;
Klein, Oswald
18, 102
.
Vgl. ferner s. v.
abschreiben
 3,
aus
 14.
4.
›Courage, Wagemut, Verwegenheit, Kühnheit, Entschlossenheit des Verhaltens e. P.; mutiges bis keckes Verhalten‹; besonders mit letzterer Nuance offen zu 5.
Phraseme:
seinen mut külen
;
einen guten mut mit jm. haben
.
Bedeutungsverwandte:
herz
(
das
) 7; vgl.
baldheit
,
getürstigkeit
 1,
kecke
.
Syntagmen:
m. schöpfen, einen m. fassen, sich einen m. machen, der wein m. machen, jm. den m. aus dem herzen reissen
;
der m. aus dem troz kommen, der eigene m. den schuldigen beissen, der m. aus dem felde fliegen
;
jm. an m. nichts mangeln, von js. m. erschrecken
;
der m. des adlers / lewen
;
der frevele / kecke m
.
Wortbildungen:
mutbrünstig
›mit brennendem Mut‹,
mutbrust
(Gw als
brunst
zu lesen?) ›Anfall von Leichtsinn‹,
mutfrei
2 ›verwegen, vermessen, ungebunden‹,
mutfrevenlich
›kühn, verwegen‹,
mutlich
2 ›verwegen, keck, tapfer‹.

Belegblock:

Luther, WA
21, 308, 23
(
1544
):
wenn ein Prediger wil ein Schalck sein, kan er wol sein muͤtlin kuͤlen und sich selbs rechen mit schelten und fluchen auff dem Predistuel.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
1170
(
Eisleben
1565
):
die wil ich [Luciper] froͤlich enpfahn / | Vnd einen guten mut mit jhr han.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
531, 786
(
Magdeb.
1608
):
So musten sie ein andern wehlen / | [...] | Der zu regieren wust das werck / | Dem nichts mangelt an Muth vnd sterck.
Ebd.
549, 1334
:
Wenn ein schrecken befelt die Helde / | So fleugt Muth vnd Mann aus dem Felde.
Mieder, Lehmann. Flor.
892, 16
(
Lübeck
1639
):
Weise Leut thun selten grosse Thaten / das best thut der grosse Muth. [...] Weisheit ist gut / der es thut / das ist der Muth.
Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 138, 2
(
Köln
1582
):
Der mir [feind] on fuͦg muͦtfreuenlich | Thuͦt widerstreben?
Karnein, Salm. u. Morolf
438, 1
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Salmon gewan eins lewen muth, | vor den kunig Fore er sich hup.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
252b, 8
(
Frankf./M.
1649
):
das vnverstaͤndige Mißguͤnstige vnd boßhaffte Poͤbelvolck / welchs wann es sein Muͤthlein anders nicht kuͤhlen kan / seine feindselige affecten mit Lastern vnd schmaͤhen herfuͤr thut.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
293v, 42
(
Leipzig
1588
):
daher hat auch der Herr D. Martinus Luther (seliger) ein Hertz vnd Muth geschoͤpfft wider die grosse Macht vnd Gewalt seiner Widerwertigen.
Thiele, Minner. II,
17, 149
(Hs. ˹
wobd.
,
15. Jh.
˺):
dar an gedenck, hab adlers muͦt.
Enders, Eberlin
2, 30, 17
(o. O.
1523
):
yr seynd im grund nit so boͤßwillig, Das yr muͤdtlich diß vnnderstanden wieder got.
Kurz, Murner. Luth. Narr
3252
(
Straßb.
1522
):
Als ir dan manlich stürmen künnen, | Vnd woltens mutlich greiffen an.
Merz, Urk. Bremgarten
237, 4
(
halem.
,
1421
):
vf dz ich aber in einem muͦtbrust vnbesint vnd öch vber dz ich das recht nie angeruͤft ... han.
V. Anshelm. Berner Chron.
4, 179, 27
(
halem.
,
n. 1529
):
Adam Hassfurt [...], der so gidige, muͦtfrie badenfart zuͦ Baden hielt, [...], also dass im der unmaͤssig schlam noch diss jars sin jungs, frechs leben abbrach.
Henisch
266
(
Augsb.
1616
):
Den schuldigen beist sein eigen muth.
Luther, WA
8, 279, 6
;
21, 446, 32
;
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2700
;
Perez, Dietzin
1, 39, 14
;
205, 14
;
Franck, Decl.
341, 20
;
hail. altvaͤter
89r, 6
;
Schweiz. Id.
5, 751
.
5.
›auf eine in der Möglichkeit des Menschen liegende Handlung, auch: auf ein räumliches Ziel gerichtete mentale Verfassung, Absicht; Wille, das Trachten, Wollen, Streben, Begehren, Verlangen e. P.‹; im Unterschied zu 4 stärker intentional bestimmt.
Gewisse Beleghäufung für Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘ (oft in Versform).
Phraseme:
seinen mut haben
›seinen Willen bekommen‹;
wes hast du mut?
›wonach verlangst Du?‹
Bedeutungsverwandte:
gemüt
 2,
sin
,
wille
; vgl.
begeren
(
das
) 3,
gerung
 1,
herz
(
das
) 7,
2
tracht
.
Syntagmen:
den m. nemen / dammen / volbringen, nach etw. setzen
›auf etw. richten‹,
jm. js. m. sagen, m. auf / mit etw., zu jm. haben, m
. [wohin]
haben
(z. B.
gegen Beiern / Brabant
),
m. haben, zu
[+ Infinitivsatz, auch mit Ellipse],
dem ros seinen m. lassen, e. S
. (Gen.)
m. haben
;
der m
. [wohin]
stehen, sich erstrecken, js. m. sein, wie [...], js. mut nicht auf das erdreich sein
;
eines mutes sein, keines andern mutes haben, denne [...]
;
in dem m
. [wohin]
faren, das [...], jm. zu mute sein, zu
[+ Infinitivsatz],
jm. etw. zu mute sein
›etw. beabsichtigen‹;
der mut der tat, des endes
, jeweils ›zu [...]‹;
der böse / kranke m
.
Wortbildungen:
1
muten
6 ›nach etw. trachten, streben‹,
mutsatzen
›etw. vereinbaren‹ (a. 1385),
mutsatzung
›Vereinbarung, Entscheidung‹ (a. 1445).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
1946
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Die alde e die damnet | Die missetat swer sie getut, | Die nuwe dannet den mut | Zu der tat bi desen tagen.
Große, Schwabensp.
91a, 27
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
vnde ouch ist daz sin hertze eynen bosen muͦt gewinned, So sal der lip doch sin stete, daz her deme kranken muͦte wedder ste.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1291
(
mrhein.
,
um 1335
):
Bit der [salbe] han ich ganzen muͦt, | daz ich dem lieben meister min | salben solle die wunden sin.
Kurz, Waldis. Esopus
4, 99, 496
(
Frankf.
1557
):
wenn du thust eim andern guts, | Hab acht, vnd thus keins andern muths, | Denn das er dein wolthat zumal | Nur mit vndanckbarkeit bezal.
Strauch, Par. anime int.
87, 36
(
thür.
,
14. Jh.
):
wer Got minnet, des muit enist nicht uf ertriche.
Jahr, H. v. Mügeln
1144
(
omd.
, Hs.
1463
):
Das dritte ros was stete gut; | doch wer im liß den sinen mut, | es truk in hin in kurzer zit, | da Lucifer gefangen lit.
hail. altvaͤter
73r, 7
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
wan er hatt muͦt in die inren wústi da der hailig vater anthonius was gewesen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1865
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
du bist der, der es alles tüt, | Als du zü dem menschen hast müt.
Morrall, Mandev. Reiseb.
1, 4
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Do ich von hayman uß fuͦr in dem muͦt [...] das ich woͤlt faren úber mer zuͦ dem hailigen grab.
Primisser, Suchenwirt
40, 179
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Du geitig mensch, wes host du mŭt?
Niewöhner, Teichner
359, 115
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
ander lauͤt begunden muten, | wie seu taten mer dez guten.
Guth, Gr. Alex.
5170
(Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
All ir müt und synn | Waz wie er ir pey | Möht gesein.
Wackernell, Adt. Passionssp. St. I,
1152
(
tir.
,
v. 1496
):
Jhesus sol heint sein in huet, | Das er nit müg haben seinen muet.
Helm, a. a. O.
11570
;
18872
;
Froning, Alsf. Passionssp.
7999
:
Gille u. a., M. Beheim
82, 243
;
v. Keller, Ayrer. Dramen
2124, 25
;
Boos, UB Aarau
91, 8
;
Welti, Urk. Rheinfelden
237, 96, 6
;
Rennefahrt, Statut. Saanen
99, 24
;
Chron. Augsb.
2, 309, 11
;
Primisser, a. a. O.
29, 21
;
141
;
Guth, a. a. O.
4249
;
Rudolf, H. v. Langenstein. Erch.
30, 108
;
Leidinger, A. v. Regensb.
647, 8
;
Munz, Füetrer. Persibein
66, 4
;
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
203, 32
;
Wackernell, a. a. O. St. I,
282
;
Rwb
9, 1076
;
1085
.
Vgl. ferner s. v.
abzerren
 3.
6.
›die Wechselfälle des Lebens überdauernde charakterliche Stärke, Verläßlichkeit, Beständigkeit; Glaubensfestigkeit‹.
Phraseme:
kurzen mut und lange kleider haben
.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
beharrung
 2,
bestetigkeit
,
bestendigkeit
 5,
constanz
,
standhaftigkeit
,
stärke
 4,
stätigkeit
 2; 3.

Belegblock:

Dienes, E. Gros. Witwenb.
1, 15
(
Nürnb.
,
1446
):
das der [herre] auch dich kreftige in dem mut, das du beharres dorynn piß in den zeitlichen tot.
Mayer, Folz. Meisterl.
20, 67
(
nobd.
,
v. 1496
):
Wan sie [weiber] hant kurczen mut und lange cleider.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
130, 4
(
Nürnb.
1548
):
das weib ist ein schwache creatur / hat nit so ein mut vnd starckes hertz / wie der man.
Koller, Ref. Siegmunds
341, 15
(Hs. ˹
Basel
,
um 1440
˺):
in der anegesiht des crützes yederman bedencken sol sinen stat, das git kraft und muͦt und guͦten willen wider aller unsern vienden.
v. Birken. Erzh. Österreich
78, 22
.
7.
steht mit gen. explicativus für dessen Inhalt; z. B.
des geistes mut
›der Geist‹.

Belegblock:

Luther, WA Bibel
7, 54, 18
(
1522
):
Der aber die hertzen forschet, der weys, was des geysts mut
[
Mentel
1466:
was dinges der geyst begert
;
Emser
1527 /
Dietenberger
1534:
begeren
;
Luther
1545, Röm. 8, 24:
sinn
]
sey.
Neumann, Rothe. Keuschh.
1445
(
thür.
,
1. H. 15. Jh.
):
di kuscheit | [...] | erfrauwet auch des menschen mud.
Gille u. a., M. Beheim
13, 126
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
das sol wir glauben sunder zweivels mut.
Rudolf, H. v. Langenstein. Erch.
37, 75
(
moobd.
,
1393
):
Des starken arbaiter muͤt hat albeg genuͤg, aber der treͣg ist albeg in armuͤt.
Wackernell, H. v. Montfort
37, 6
.
8.
steht (dicht belegt, oft im Reim, vielfach mit Tendenz zur phras. Formel) mit Adjektivattribut für den Inhalt des Adjektivs, z. B.
mit aufgeblasenem mut
›aufgeblasen‹,
mit beratenem mut
›wohlbedacht, mit Überlegung‹; bei der Übersetzung in das Nhd. kann je nach syntaktischer Stellung und je nach nhd. Wortschatzinventar adjektivisch oder substantivisch formuliert werden (Beispiele im Belegteil als Übersetzungvorschlag); anschließbar an 1.
Vielfach Texte gebundener Form.
Phraseme:
mit be-, verdachtem / beratenem / vorgeseztem mut
(jeweils mehrfach);
mit ganzem mut
›ganz und gar‹.
Syntagmen:
der aufgeblasene / dumme / freche / freie / freudenreiche / gute / grimme / leichtfertige / schwere / stäte / tobende / traurige / weise m
., oft in Wendungen wie
aus frölichem mut
›frohen Herzens‹,
aus väterlichem mut, durch sanften / wankelen mut, in zornigem / heissem mut, mit falschem / ernstem / einhelligem / betrübtem / sanftem / mänlichem / vereintem mut
; mit Gen. z. B.:
des mutes bald
›kühn‹
/ frei / unverzagt
.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
4597
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
dô dî Prûzin sâhin | dî cristenen kein in gâhin | mit sô menlîchim mûte | ir spitz ein aftirhûte | wart in zegelîchir flucht.
Große, Schwabensp.
172a, 14
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
vnde ich vntfa tobenden muͦt
[›ich werde zornig‹]
vnde ich irsla vch mit minem ewighen swerde.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
219
(
Köln
1476
):
Bleyche wangen, Bedroefflych syn | Had yr gestalt Jn swaerem moed Seer mannichualt.
Wunderlich, Fierrabr.
120, 19
(
Simmern
1533
):
vor denen forchte er sich nit / vnd redt mit jnen in zornigem muͦte.
Karnein, Salm. u. Morolf
289, 5
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
Morolff der stoltze tegen gut, | der wart von sorgen da erlost, | des gewann er ein freidenrichen müt.
Perez, Dietzin
1, 204, 21
(
Frankf.
1626
):
sprach er [...] mit auff geblasenem Muth
[›aufgeblasen‹]
vnd gantz praͤchtigen Gebaͤrden.
Eggers, Psalter
7, 16
(
thür.
,
1378
):
Herre, berespe mich nicht an dime heizen mute
(›im Zorn‹).
Henschel u. a., Heidin
676
(
nobd.
,
um 1300
):
Daz evch min lip vnd min gvt | Ist bereit mit gantzem mvt.
v. Keller, Ayrer. Dramen
2807, 20
(
Nürnb.
1610
/
8
):
Hast gar ein leichtfertigen Mut, | Lest im Ehebruch ergreiffen dich.
Vetter, Pred. Taulers
242, 26
(
els.
,
1359
):
wel mensche sich mit willen und mit beratenem muͦte in dise ordenunge gebent: [...].
Spanier, Murner. Narrenb.
35a
(
Straßb.
1512
):
Mancher halt ein fryen muͦt
[›verhält sich leichtlebig, keck‹]
| Das nympt er von der heiligen guͦt.
Sappler, H. Kaufringer
26, 97
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
leiden machet ainen weisen muot
(›macht weise‹).
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 226, 6
([
Augsb.
]
1548
):
Dann staͤter muͦt
[›Verläßlichkeit‹]
hat Ehre und guͦt.
Weber, Füetrer. Poyt.
46, 3
(
moobd.
,
1478
/
84
):
Lorandin all zw hanndt | ging des mŭts vnuerzaget | zw Salabrey.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
63, 3
(
moobd.
,
1478
/
81
):
mit veraintem muet namen sy in für ain gotzhaws zu pawen.
Qu. Brassó
5, 485, 6
(
siebenb.
,
1613
):
So es aber aus vorgesatztem Muet
[›vorsätzlich‹]
ist geschehen, so vergebe es [...] Gott!
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
567
;
Sievers, Oxf. Benedictinerr.
36, 6
;
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
240b, 10
;
Stackmann u. a., Frauenlob
5, 65, 4
;
Gille u. a., M. Beheim
25, 34
;
Fastnachtsp.
1447, 11
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
153
;
Eichler, Ruusbr. steen
1199
;
Fuchs, Murner. Geuchmat
3535
;
3968
;
Gilman, a. a. O.
1, 541, 19
;
Sappler, a. a. O.
5, 24
;
14, 643
;
32, 14
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
26, 63
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
491, 5
;
Munz, Füetrer. Persibein
120, 7
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
117, 31
;
Rwb
9, 1073
.
Vgl. ferner s. v.
bald
 1,
bauerndremmel
,
bedenken
(V.) 2.
9.
phras.:
hoher mut
›Hochstimmung, innere Souveränität e. P.; hohes, auf die eigene Person bezogenes Wert- und Daseinsgefühl, Selbstbewußtsein; Großherzigkeit‹; je nach Kontext in unterschiedlicher Wertung; positiv: ›hohe Gesinnung, Ehre, Anerkennung‹; negativ: ›sündhafter Hochmut, Übermut, Stolz, Eigendünkel, Eigenbezüglichkeit, die die soziale Ordnung stört; dem entsprechende Verhaltens- und Haltungsdisposition‹.
Älteres und mittleres Frnhd.

Belegblock:

Strauch, Par. anime int.
79, 5
(
thür.
,
14. Jh.
):
sihit si [sele] besiden, so vellit si an hohin muit, daz ist sunde.
Pyritz, Minneburg
2662
(
nobd.
, Hs.
um 1400
):
frawe gut, | Nim mich durch dinen hohen muͤt | In die suß erbermde din!
Vetter, Pred. Taulers
215, 1
(
els.
,
1359
):
als balde als einem menschen in kumet ein hoch mŭt, ein beheglicheit sin selbes und ein vermessenheit oder eigen willikeit, so zehant ist der vigent do.
Welti, Stadtr. Bern
372, 29
(
halem.
,
n. 1437
):
ob ieman [...] durch sin hohen muͦt [...] nit gehorsam sin wolte, das [...].
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
1, 11, 88
(
schwäb.
,
1471
):
Volgt ir nur vnser ler, | So habt ir fräd vnd hochen muͦt.
Sappler, H. Kaufringer
9, 32
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
darin sas mit hohem muot | der herre bei der frawen vein.
Ebd.
14, 419
;
Klein, Oswald
25, 6
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
34, 7
.
Vgl. ferner s. v.
austragen
 1.
10.
phras. (im Anschluß an 1): ˹
guten mut haben
;
gutes mutes sein
o. ä.˺ ›guter Dinge, frohen Mutes sein‹.
Wortbildungen
1
muten
7 in:
wies
›sei‹
bas gemutet
.

Belegblock:

Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 253, 34
([
Augsb.
]
1548
):
Nun frewe dich liebe Seele / [...] / und hab ainen guͤtten muͤt.
Froning, Alsf. Passionssp.
1031
(
ohess.
,
1501 ff.
):
loß uns guddes muddes synn! | mer woln vortmen sanfft slauffen.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mk.
10, 49
(
osächs.
,
1343
):
Jhêsus stûnt und gebôt en zuͦ ruͦfine, und si hîschen en und sprâchin zuͦ ime: „Wes baz gemuͦtet
[
Mentel
1466:
Bisz starcks gemútz
;
Emser
1527:
Seye guts muts
;
Eck
1537:
Sei guͦttes gmuͦts
;
Luther
1545:
Sey getrost
]
und stant ûf!
Schade, Sat. u. Pasqu.
2, 214, 670
(
nobd.
,
1524
):
Und [der Pfaffe] hat mit seim sparnöselin | Ein frölich fein guͦts muͤtelin.
Fuchs, Murner. Geuchmat
554
(
Basel
1519
):
Sindt froͤhlich / vnd handt guͦten muͦt!
Spanier, Murner. Narrenb.
54, 34
;
v. Ingen, Zesen. Ros.
70, 13
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
72r, 27
;
Sappler, H. Kaufringer
9, 235
;
Turmair
5, 560, 5
.