michel,
Adj./Adv.
1.
›die Erwartung übersteigend, groß, beträchtlich‹ (meist von vorgangshaft gedachten kollektiven Bezugsverhältnissen, darunter von menschlichen Handlungen und Haltungen, auch von hohen Menschenzahlen, gesagt); je nach Bezugsgröße im einzelnen auch z. B. ›laut (von Schällen)‹; ›hell (vom Licht)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. gröslich
gut
massig
merklich
stark
statlich
tapfer
Gegensätze:
marbe
lez
Syntagmen:
der friede, ein tanz, die barmherzigkeit, js. leid / sünde m. sein, js. freude m. werden
; der michel(e) teil
(mehrfach) / raub / schaz / spot / streit / untrost, (die) michel(e) menge / not / schande / summe / (an)zal / untat / viele, das michel(e) gerümmel / getöne / getrift / heil / eilen / geuden / schallen / taschen / übel / wunder, michele eren / ungebärden
.Wortbildungen:
michelig
Belegblock:
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
7139
(preuß.
, um 1330
/40
): und tribin von dannen | mit michilim goidin | und mit grôzin vroiden.
Ebd.
24193
: Dô wart ein michil îlen, | sô daz bî zwênzic milen | manchir reit bî eime tage.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
1787
(nrddt.
, 14. Jh.
): Swo michel ir liecht doch were, | Biz daz Got vater schepfere | Sante den ewigen schin | Sines wortes der maget in | Und daz der werlde wart entact.
Ebd.
19583
: Diz tet Got nicht vorgebene, | Daz her diz michel getrift | Mit dem menschen hat gestift.
Ders., H. v. Hesler. Nicod.
3995
(nrddt.
, 14. Jh.
): Do er
[Jesus]
den geist solde ufgeben, | do geschach da michel wunder. Große, Schwabensp.
97a, 19
(Hs. ˹nd.
/md.
, um 1410
˺): wan iz ist eyn michel vntat.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
2226
(Köln
1476
): ouch michell noit | Erhoiff sych am gespalden wall.
Rueff, Rhein. Ostersp.
968
(rhfrk.
, M. 15. Jh.
): sie [salbe] ist umb ein rechten pennig feil, | und ist auch druwen eyn michel deil.
Karnein, Salm. u. Morolf
548, 6
(srhfrk.
, Hs. um 1470
): sin freude wart michel und groß.
Hübner, Buch Daniel
4174
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): In michilligem schalle | Giengen der meistre boten.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
9, 5
(Hs. ˹omd.
, 1465
˺): Enteigent habt ir mich aller wünnen, [...], entspenet micheler eren.
Eggers, Psalter
38, 12
(thür.
, 1378
): Got machet dy micheln
[
grosLuther
1545, Ps. 18, 51: ]
heil sines kunges vn̄ gnade sime cristen Dauid vn̄ sime geslechte ymmmer. Gille u. a., M. Beheim
111, 96
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): da was der frid wol pey zwolff jarn. | der waz so gross und michel, | Uber all in der welte.
Vetter, Pred. Taulers
238, 14
(els.
, 1359
): Von disem vorgange des geistes so wirt ein michel gerúmel in dem menschen.
Thiele, Minner. II,
13, 319
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): von den
[einem
pfennig]
so hebet sich ein michel daschen. | yeglicher meint, der ander hab yn funden. Kurrelmeyer, Dt. Bibel
7, 12, 11
(Straßb.
1466
): Daz almuͦsen wirt ein michler
[Var. 1475
grosser1
–1518 / Luther
1545, Tob. 4, 12: ]
trost vor dem hoͤchsten got. Chron. Strassb.
50, 9
(els.
, 1362
): do bleib er etwie lange und samete einen micheln schatze.
Wiessner, Wittenw. Ring
2112
(ohalem.
, 1400
/08
): churtz ıͤr stätichait | Jͤr sünde michel und auch prait.
Sappler, H. Kaufringer
12, 255
(schwäb.
, Hs. 1464
): das der pfaff [...] | det ain grossen trunk daraus; | der was michel unde gros.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
1, 11, 110
(schwäb.
, 1471
): Das fräwlin pracht ain schlayr weisz, | Vnd zwäheln ain michel tail.
Österley, Steinhöwels Äsop
248, 26
(Ulm
1474
/82
): Als aber der kopf zersprang, do fiel dar uß ain michel tail goldes.
Jaspers, St. v. Landskron
58r, 16
(Augsb.
1484
): das ein grosse ergernus od’ ein michelers übel darauß gieng.
Primisser, Suchenwirt
22, 128
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): Zu der werlt trueg er chain scham, | Daz nich dez michels wunder nam.
Klein, Oswald
111, 126
(oobd.
, 1436
): widerumb ward er gefürt | Pilato fürbass ungestillt | durch micheln spot als ainen toren wild.
Ebd.
117, 23
(1. H. 15. Jh.
): der vierd bewaint sein grosse sündt, | durch michel reu sein herz andächtiklich erzündt.
Leidinger, V. Arnpeck
585, 6
(moobd.
, v. 1495
): Albrecht und Wilhalm besassen ainen michelen tail des niderlands zu Bayren.
Munz, Füetrer. Persibein
430, 4
(moobd.
, 1478
/84
): dy
[
leben ›Löwen‹]
gen im sprungen mit michelnn vngeperden. Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
24, 7
(moobd.
, 1473
/8
): da hueb sich von den frawen ein michel schallen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
148, 11
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): wie er [...] gross ausgeben gethan hyet [...], das dan eyn michel summa pracht.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
914
; Chron. Köln
1, 4543
; Henschel u. a., Heidin
369
; 1425
; Chron. Nürnb.
3, 74, 1
; 4, 293, 7
; Spanier, Murner. Narrenb.
14, 91
; 41, 39
; Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 24
, Anm.; Pfaff, Tristrant
128, 5
; Primisser, a. a. O.
27, 49
; Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 127
.‒
Vgl. ferner s. v. aufsein
4, barhabe
.2.
›groß, auffallend (vom Umfang einzelner oder kollektiver bzw. kollektiv gedachter sachlicher Bezugsgrößen gesagt)‹.Bedeutungsverwandte:
gros
ausrufig
merklich
Syntagmen:
ein gefäs / korb, die sonne / stat m. sein
; michel erde / schar / wassers / geldes, ein michel gut / lon / schaz, ein michel teil (der heiden / helden / weiber / leute, der becher, des daches)
, nachgestellt: die kemenate michel
.Wortbildungen:
michelteil
Belegblock:
Karnein, Salm. u. Morolf
371, 2
(srhfrk.
, Hs. um 1470
): kunig, gebut einen tornei, | so koment der helden ein michel teil.
Froning, Alsf. Passionssp.
3027
(ohess.
, 1501ff.
): [hie] wyßet uch zu der selben stund | eyn kemnaden michel und wyt.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
5, 18
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): Do Alau den michil schacz sach, das wundirte yn.
Ebd.
13, 8
: Des worn di cristin gar betrubit unde botin den sarracen mychil geldis.
Ebd.
22, 16
: eyn gevese von purem golde und das ist michil unde groz vol edils wynis.
Eggers, Psalter
40, 2
(thür.
, 1378
): der dy [orteil] wol behutet, dem wert michel
[
grosLuther
1545, Ps. 19, 12: ]
wederlon. Leman, Kulm. Recht
2, 5, 31
(Thorn
1584
): wenne eyn mensche ist vyl thurer wen eyn schatz adir eyn mychil gut.
Sachs
5, 261, 5
(Nürnb.
1533
): Da het man alte weyber fayl, | Der jungen auch ein michel thail.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
212r, 11
(Hs. ˹nalem.
, um 1400
˺): Zuͦ dem taͤglichen ritten: Nim ain micheltail eglan vnd setz die alle vnder die schulteran.
Plant u. a., Main. Naturl.
293ra, 19
(ohalem.
, Hs. E. 14. Jh.
): vn̄ en mitten hoch davon so gat in div sunne e vf danne vns wonde si danne also gar michel ist davon schinet si sleht vñ breit.
Wiessner, Wittenw. Ring
3244
(ohalem.
, 1400
/08
): Grosses vich wil michel gras?
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
379, 7
(oobd.
, 1349
/50
): ains pfeffers korns grôz feurs oder luftes hât mêr kraft und werks denn gar michel erd oder wazzers.
Klein, Oswald
61, 1
(oobd.
, 1417
): Gelück und hail ain michel schar | wunsch ich dir, frau, zum neuen jar.
Winter, Nöst. Weist.
3, 402, 25
(moobd.
, 1451
): es sol auch der chorb als michel sein das ain vas wein werd.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
3, 2
(moobd.
, 1473
/8
): In Asia gelegen, | ein stat was michel und gross.
Ebd.
193, 4
: Das ich durch ew͂ren willen | verliess weishait, hort unnd michel guet.
Eggers, a. a. O.
42, 6
; Drescher, Hartlieb. Caes.
290, 5
; 294, 30
; Buijssen, Dur. Rat.
6, 27
; Herzog, Landsh. UB
446, 10
.‒
Vgl. ferner s. v. becher
1.3.
›groß (von einem als relative Einheit gedachten Kollektiv lebender Wesen, meist Menschen, gesagt)‹.Bedeutungsverwandte:
gros
Syntagmen:
der michele rat, ein(e) michel(e) diet / herde / menge / samlung / schar, ein michel(es) her / volk
(mehrmals) / gesinde, die schar michels geflügels
.Belegblock:
Mollay, H. Kottanerin
34, 38
(moobd.
, 1439
/40
): do gieng man mit dem heiltumb aus der Stat vnd ain michel volkch mit von fraun vnd von manen.
Bihlmeyer, Seuse
370, 12
(alem.
, 14. Jh.
): wie ein groͤssú schar michels gefúgels kemi fúr sin celle stúrmend.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
3, 77, 14
(Straßb.
1466
): ich mache dich in ein michel
[
grosLuther
1545, 1. Mose 12, 2 ]:
volk vnd ich gesegen dier. vnd ich michel dinen namen. Ebd.
9, 112, 7
: vnder den werdent der blinde vnd der lame vnd die schwanger vnd die berhaftig entzampt ein michelich
[Var. 1475
groß1
: ]
samnung der widerkerenden her. Wiessner, Wittenw. Ring
6601
(ohalem.
, 1400
/08
): daz von einem schlag | Ein michel diet vor im gelag.
Chron. Augsb.
2, 17, 8
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): und schickten 80 guet werlich gesellen [...], die nomen das vich, ain michl hert.
Ebd.
390, 17
(1444
): a
o
1444 ist der frey zug mit den drey nachstewren, [...], durch ainen micheln raut wider ze kreften erkent. Bäumker, Geistl. Liederb.
11, 4, 2
(oobd.
, 2. H. 15. Jh.
): Sye schickten sich mit grosser gab, | Mit michelm volck vnd schöner wad.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
82, 17
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): zoch der kunig Mathias mit ainem micheln volckh in das lanndt Osterreich.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
25, 17
(moobd.
, 1478
/81
): Er ersamlet aber ain michel her.
Turmair
5, 162, 2
(moobd.
, 1522
/33
): Darumb schicket er (kaiser Ludwig) mit ainem micheln volk sein haubtleut, [...] eilend heraus in das reich.
Chron. Köln
2, 510, 27
; Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
16, 23
; hail. altvaͤter
83v, 6
; Chron. Nürnb.
2, 36, 5
; Sachs
12, 366, 18
; Dierauer, Chron. Zürich
85, 2
; Wiessner, a. a. O.
9612
; Sappler, H. Kaufringer
3, 250
; Chron. Augsb.
3, 317, 37
; Leidinger, V. Arnpeck
692, 34
; Seuffert u. a., Steir. Landtagsakten
2, 226, 29
.‒
Vgl. ferner s. v. abtrünne
(die
).4.
›umfänglich, groß, mächtig, gewaltig (im eigentlichen und übertragenen Sinne von singulären Bezugsgrößen und -handlungen gesagt)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. heftig
Belegblock:
Quint, Eckharts Trakt.
118, 25
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): daz ein michel adeler mit grôzen vlügeln, [...] kam ze dem lûtern berge.
Gille u. a., M. Beheim
267, 79
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): knie scheiben knorren michel, | gross als zwen kafflaib in dem laff.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
9, 452, 16
(Straßb.
1466
): noch keiner der kúnig ist so michel
[Var. 1475 / 1476-1518 /
grosLuther
1545, Dan. 2, 10: o. ä.]
vnd also gewaltig vorscht er daz wort. Buck, U. v. Richent. Chron. Conz.
26, 16
(alem.
, um 1430
): da hett ain michel stang in siner hand.
Ebd.
41, 1
: ain micheln stockfisch umb iii ₰ ₰.
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
1029
(˹wohl Straßb.
˺ 1509
): Dem bruͦder gaben sye zuͦ glück | Des heilgen creütz ein michel stück.
Koppitz, Trojanerkr.
7125
(Hs. ˹noschweiz.
, 15. Jh.
˺): Der fürst tratt sunder sorgen | Gieng da er verborgen | Vand die zway michlen hoptt.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
145, 27
(moobd.
, 1478
/81
): ain michels puech, das auch der warhait gar wol geleicht.
Zingerle, Inventare
67a, 25
(tir.
/vorarlb.
, 1472
): vier gut, michl kessl, vom Johannes [...] kauft.
Fastnachtsp.
1175, 40
.5.
dient in festen Wendungen sowie als Gradadverb der Heraushebung der Qualität eines Geschehens, Zustandes oder einer Bezugsgröße: ›außerordentlich, sehr‹.Phraseme:
ein michel
›ein wenig‹; michels mer
a) ›um so mehr‹; b) ›noch mehr‹.Wortbildungen:
michels
Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
2, 615, 1
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Michel grœzer genüegunge suln wir haben an der bîwonunge.
Froning, Alsf. Passionssp.
2456
(ohess.
, 1501ff.
): michel groiß ist gereyde die schar, | die dem trogener nach gan!
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
15096
(omd.
, 1338
): Wer offenbart sin antlitze | Und sin angesleufe vul, | Das ist sin michel grozes mul?
Gille u. a., M. Beheim
76, 178
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): michels mer sol wir arm wurmlein | gehorsam sein.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
5, 201, 11
(Straßb.
1466
): do das maul waz eingegangen vnder ein dicke eichen vnd ein michle sein haubt zuͦhafft der eych: vnd er [absolon] behieng zwischen dem hymel vnd der erd.
Adrian, Saelden Hort
1215
(alem.
, Hss. E. 14.
/15. Jh.
): er [Joseph] pflag der mægt wol getan | dann hin do michels baz, | als es reh und billich was.
Ebd.
4131
: doch was er
[der verlorene Sohn]
michels me dez schaden | denn des spottes úber laden. Koppitz, Trojanerkr.
17297
(Hs. ˹noschweiz.
, 15. Jh.
˺): Die Krïchen nam besunder | Alle michel wunder | Das [...].
Sappler, H. Kaufringer
26, 152
(schwäb.
, Hs. 1472
): michels mer aun argen list | soll man leiden loben und eren.
Ebd.
28, 74
: so mag gott mit seinem gewalt | michel paz des prots gestalt | und des weins verwandeln schon.
Primisser, Suchenwirt
22, 128
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): Zu der werlt trueg er chain scham, | Daz mich dez michels wunder nam.
Ebd.
45, 58
: Michels paß ich preyse, | Daz smaltz von chislingen, | Damit so chan man twingen | Die siechen von den gesunden.
Klein, Oswald
2, 17
(oobd.
, 1421
): bei mancher ögelwaid | sicht man sein wunder michel swër, | wer nicht geloubn wolt, das got nicht wër.
Chron. Köln
1, 2018
; Feudel, Evangelistar V.
240
; Mayer, Folz. Meisterl.
38, 236
; 52, 301
; Sappler, a. a. O.
16, 296
; Klein, a. a. O.
4, 31
; Kummer, Erlauer Sp.
6, 226
.‒
Vgl. ferner s. v. bach
2, 1
barmung
4.