leise,
Adj.;
im Wobd. auch nasaliert:
leinse
.1.
›lautlos, unhörbar, still; kaum zu hören, mit niedriger Lautstärke‹; in verschiedenen Richtungen tropisch: ›ruhig, tief, fest, sanft (vom Schlafen)‹; ›ruhig, gemächlich, gleichmäßig (von Schritten)‹; ›hellhörig, wachsam‹; offen zu 2.Wortbildungen:
leisschläfe
leisschläfig
Belegblock:
Lappenberg, Fleming. Ged.
9, 3
(1631
): Neig‘, Herr, dein leises Ohr, | vernimb, was [...].
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn
387, 7
(Wolfenb.
1594
): Schweiget nur stille, vnd gehet fein leise.
Luther, WA
21, 503, 11
(1544
): Denn sie haben (nach der Schefflin art) seer leise oͤhrlin.
Ebd.
22, 70, 7
(1544
): so hoͤret er auch mit leisen, offenen ohren dein klagen.
Ebd.
37, 150, 20
(1533
): Sie sind mir aber nicht tod, [...] sondern sie schlaffen, und so leyse, das ich sie mit einem finger wecken kan.
Ebd.
52, 480, 3
(1544
): das, die auff dem Kirchoff und unter der erden ligen, vil leyser schlaffen denn wir in unserm bett.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
103, 1903
(Magdeb.
1608
): [Gutkes] Rieff seinem Gast mit leiser stim / Das [...].
Ebd.
548, 1308
: [Die Gans sagt] Jch schlaff auch leiser denn ein Haß / | Vnd halt mit grosser sorgen wacht.
Bell, G. Hager
300, 2, 7
(nobd.
, 1606
): Da aber nun die knecht | leiss Retten, fraget sie dauit [...].
Jörg, Salat. Reformationschr.
924, 20
(halem.
, 1534
/5
): Darinn er ouch so lys trapptt / alls uff filltzen.
Maaler
270v
(Zürich
1561
): Leyßschlaͤff / Leyßschlaͤffig / d’ leyß schlaafft oder eines ringen schlaaffs / der bald geweckt wirt. Leuisomnus.
Ebd.
273v
: Mit Linsem vnd wolgesetztem schritt gon / Nit schlirppen [...]. Linß vnd nider reden. [...] Vast Linß reden / Mit niderer stim͂ reden.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
304
(Genf
1636
): leise klopffen [...] leise reden [...] leise ruffen [...] leise tretten.
Sappler, H. Kaufringer
1, 91
(schwäb.
, Hs. 1464
): es schlief in der wiegen leis.
Barack, Zim. Chron.
1, 612, 35
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): wiewol das alles von den kinden leins und mit niderer stim geredt worden, so hats doch iren fraw muetter gehört.
Primisser, Suchenwirt
24, 29
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): [Jch] gieng des steiges phat | Nicht ze leis, ich eilte drat.
Weber, Füetrer. Poyt.
116, 2
(moobd.
, 1478
/84
): Der helld stund auf uil leys | vnnd sach dy magdt geschönet.
Ebd.
325, 1
: Dulzepta tet vil leyse | zer kemenaten gen.
Luther, WA
52, 439, 25
; Thiele, Minner. II,
12, 155
; 18, 278
; Koppitz, Trojanerkr.
7909
; 11615
; Sappler, a. a. O.
14, 153
; 14, 521
; 17, 23
; Volkmar
581
.‒
Vgl. ferner s. v. auffliegen
1.2.
›heimlich, verborgen, versteckt, mit der Absicht unentdeckt zu bleiben; hinterrücks, hinterhältig‹; hier anschließbar: ›leicht, ohne daß etwas bemerkt und damit verhindert wird‹.Gehäuft Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Wortbildungen:
leise(n)trit
leistreter
Belegblock:
Luther, WA
30, 2, 334, 24
(1530
): der heimliche ratschlag zu Mentz, [...] der selbige leise tritt gieng auff dieser ban?
Fischer, Brun v. Schoneb.
602
(md.
, Hs. um 1400
): gat ir und vil lislichen slifet, | di kleinen vuchse uns begrifet.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
9557
(rib.
, 1444
): mit yrre kouchelyen | Verwandelt sij turnose in parasise | Ind machet van vunffen seese lijse.
Lemmer, Schernb. Frau Jutte
75
(Eisleben
1565
): Auch wil sie heimlich vnd leise | Gekleidet gehn in Mannes weise.
Henschel u. a., Heidin
916
(nobd.
, um 1300
): Ir betriget mich niht so lise | Als ir manche getan hat.
Gille u. a., M. Beheim
78, 192
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): chain ding so haimlich noch so leis | mag im verporgen seine.
Fastnachtsp.
254, 15
(nobd.
v. 1486
): Du erzschalk, pfabentreiber und leistreter, | Du wurfelleger, poswicht.
Sudhoff, Paracelsus
14, 429, 39
(um 1572
): dan das dreckwerk, welches doctor Leisentritt auf der schau gehabt und durch sein doppelte hauben oder narrenkappen filtrirt.
Maaler
274r
(Zürich
1561
): Linß gon / Wie ein dieb gon.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
304
(Genf
1636
): Leise / Saͤnfftiglich / Gemach.
Sappler, H. Kaufringer
4, 428
(schwäb.
, Hs. 1464
): er hett die sach still und leis | gehandelt.
Ebd.
16, 66
: si haltent auf in da vil leis | in ieder huot mit grosser lag.
Ebd.
18, 67
(Hs. 1472
): er [teufel] schied von ir still und leis | in ains jungen mannes weis.
Henisch
263
(Augsb.
1616
): Beischleichen / leiß herbei gehn.
Klein, Oswald
43, 39
(oobd.
, um 1408
?): wer ich jetz euer leiser hort, | es wurd eu morgen greuen.
Ebd.
81, 25
(1428
?): Wer haimlich sündt, dem wirt sein büss | in ainer stille auf gesatzt. | dasselb bedenckt, liebs freulin süss, | [...] | [...] halt euer freuntschafft leise.
Luther, WA
38, 142, 28
; Klein, a. a. O.
25, 19
.3.
›milde, sanft, behutsam, sachte (vom Umgang mit Menschen); vorsichtig; nachsichtig, barmherzig, glimpflich (von Bestrafungen u. ä.); mild, lau (vom Wetter)‹.Phraseme:
leise gebacken sein
›von zarter Natur sein‹.Bedeutungsverwandte:
demütig
stil
Wortbildungen
leisbacken
meisterlos
verwönt
Belegblock:
Mieder, Lehmann. Flor.
801, 29
(Lübeck
1639
): Man muß dem grindigen gar leiß krawen.
Luther, WA
41, 686, 4
(1536
): Si cadit, videte, ut leise mit im umb, nicht inn dreck tret, sed ziehet.
Ebd.
52, 483, 9
(1544
): wie man dich leyß angreyffen unnd dir nicht wehe moͤge thun.
Enders, Eberlin
2, 3, 16
(Wittenb.
1525
): Aber do malen so leins, das mich verdrüst, das eim stoltzen Franciscaner so ain verschonte antwort soll haim geschickt werden.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
7225
(Magdeb.
1608
): Er trug jhn sicher / leiß vnd wol / | Wie man sein Herren tragen sol.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
537, 20172
(preuß.
, um 1330
/40
): daz was bi der sumirzit, | als daz wettir warmen pflit | und di kelde wesit lîs.
Volkmar
379
(Danzig
1596
): Submissus [...] demuͤtig / still / leise.
Sachs
17, 82, 25
(Nürnb.
1553
): Wie seyt ir nur so leuß gebachen? | [...] | Daß euch nur nicht erfrieren thett.
Maaler
267v
(Zürich
1561
): Leinß / sanfft zegreyffen vnd anzeruͤren. Lenis.
Ebd.
273v
: Lins / Guͤtig / Milt. Mitis.
Sappler, H. Kaufringer
3, 594
(schwäb.
, Hs. 1464
): ich kom zelest an ainen graben | [...] | da was mein ros so weise, | es tratt hinan gar leise | und viel mit vordern füessen ein.
Chron. Augsb.
8, 210,
Anm. 1 (schwäb.
, zu 1563
): die [urphed] auf das leussist und allain dahin gestelt, daß er ausser ordenlichs rechtens, was sich verloffen, nit anden oder rechen wölle.
Ebd.
421,
Anm. 1 (zu 1556
): solte ain frembd kriegsfolck in dise stat komen, es möchte nicht also leis abgeen wie hievor im 52. jar.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
36, 95
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): straf uns mit deiner barmung reis | gar väterlich und leis.
Sappler, a. a. O.
5, 263
; 12, 48
; Wiessner, Wittenw. Ring
1825
; Schweiz. Id.
4, 960
.4.
›relativ zum Erwartbaren in geringem Ausmaß; ohne auf Widerstand zu stoßen oder diesen zu erregen‹; im einzelnen je nach Bezugsgröße z. B.: ›nicht stark‹; ›nicht fest, locker‹; ›leicht; schnell‹; ›nicht couragiert‹; ›schlicht, einfach‹.Wortbildungen:
leinse
Belegblock:
Dedekind/Scheidt. Grob.
175, 18
(Worms
1551
): jr koͤch habt ein seltzam weiß. | Das habt jr gsaltzen vil zu leiß.
Wiessner, Wittenw. Ring
2425
(ohalem.
, 1400
/08
): Ir har gestrichen also leis, | Geflochten in einer ketten weis.
Bobertag, Eulensp.
105, 16
(Straßb.
1515
): so zoch er sie [pferd] bei dem schwantz, stuͦnd inen dz lang har leiß im schwantz, so kaufft er dz nit.
Maaler
267v
(Zürich
1561
): Leinße. Leuitas.
Barack, Teufels Netz
633
(Bodenseegeb.
, 1. H. 15. Jh.
): der guot win slicht lins in das hopt | Und machet das er wüt und topt.
Ebd.
2369
: Secht, das gat denn zuo gar lins | Das si [unkeuschen] den mannen zierend den lib.
Ders., Zim. Chron.
2, 557, 10
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): do wollt sie iren procurator, der sie was zu lies sein bedauchte, lenger nit reden lassen, sonder [...] sprach [...].
Wiessner, a. a. O.
2297
; Rohland, Schäden
467
; Schweiz. Id.
3, 1422
.