leben,
V.
1.
›physisch existieren (im Gegensatz zu
sterben
, V., unr. abl.; von allen Lebewesen gesagt), da sein in der irdischen Welt‹;
vgl.
leben
(
das
) 1.
Wortbildungen:
lebfisch
›lebender Fisch‹ (a. 1539),
lebjar
›Lebenszeit‹ (a. 1581),
lebmaus
›Pulsader‹ (16. Jh.),
lebschaf
(›zur Zucht bestimmtes Schaf‹, im Unterschied zum
schiedschaf
›zum Schlachten bestimmtes Schaf‹).

Belegblock:

Große, Schwabensp. 217, a,
3
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
Se ne haben denne gedinget, her lebe oder sterbe, daz se in recht zuͦ in hetten.
Quint, Eckharts Pred.
1, 101, 15
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Man sol ouch den geben, die in dem vegeviure sint, hilfe und bezzerunge und [...] den, die noch lebent.
Jostes, Eckhart
93, 4
(
14. Jh.
):
Dor um seit dez sicher, als lang als der mensch lebt und ez in im lebt, als lang weiz der mensch niht von disem tot.
Chron. Köln
1, 224
(
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
synen [Maternum] lijff hie [sente Peter] eme weder gaff, | ind leiftde seder veirzijch jair.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
144, 4
(
rhfrk.
,
um 1435
):
blibet das kint leben / so wirt es ein konnig.
Behrend, Magd. Fragen
114, 32
(
omd.
,
um 1400
):
daz daz kint gelebit habe also lange, bisz das das kint getoufft sey von den frouwen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
130, 4
(
Frankf.
1535
):
hauwen sie jm [drachen] sein coͤrper auff dieweil er noch lebet nemen sie jm den stein vß.
Luther, WA
23, 365, 6
(
1527
):
Gott hat die ertzney geschaffen [...], dem leibe fur zustehen und fein pflegen, das er gesund sey und lebe.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
14, 11
(Hs. ˹
omd.
,
1465
˺):
am besten zu sterben, wann am besten liebet zu leben.
Ebd.
24, 26
:
Weise mir ein hantvol schöne aller schönen frauen, die vor hundert jaren gelebt haben.
Thür. Chron.
2r, 16
(
Mühlh.
1599
):
Noah lebet nach der Sindflut / Dreyhundert vnnd Funfftzig Jahr.
Schönbach, Adt. Pred.
25, 18
(
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
uf daz du lange lebest uf der erden.
Rupprich, Dürer
1, 170, 12
(
nobd.
,
1521
):
lebt er [Luther] noch oder haben sie jn gemördert, [...] so hat er das gelitten umb der christlichen wahrheit willen.
v. Keller, Ayrer. Dramen
3005, 14
(
Nürnb.
1610
/
8
):
Solt meines Herrn ich vergessen, | Die weil ich leb auff dieser Ern.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
78, 25
(
els.
,
1362
):
Wir wellent dich toͤten. Du maht nút vúrbas leben.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 74, 10
(
Hagenau
1534
):
Ein Christen soll arbeyten als wolt er ewig leben.
Roloff, Brant. Tsp.
359
(
Straßb.
1554
):
Groß wunder ist das ich noch leb.
Rennefahrt, Recht Laupen
49, 19
(
halem.
,
1451
):
umb ander lebschaff sol und mag er uf die almend triben, sovil als ander sin nachburen.
Kottinger, Ruffs Etter Heini V
234
(
ohalem.
,
1538
):
wir buren, die da herren haben, | sind die aller arbeit seligisten lüt, | die da lëbend in disem zytt.
Maaler
259v
(
Zürich
1561
):
Laͤben / Sein alter verschliessen oder vollstrecken. [...] Laͤben biß. [...] Alles das laͤbt vnnd empfindt. Animal.
Henisch
1454
(
Augsb.
1616
):
Je laͤnger gelebt / je mehr nach gelt gestrebt.
Klein, Oswald
10, 77
(
oobd.
,
um 1423
):
das weder in wasser oder auf lande | nicht leb kain wilder tier.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
58, 15
(
mslow. inseldt.
,
1573
):
den Laden [...] śol der Jacob goldtśchmidt, weil er lebt, wie ein Jngeśindt brauchen.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
121, 3
;
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
24, 6
;
25, 5
;
Williams u. a., a. a. O.
26, 34
;
Roloff, a. a. O.
974
;
Andreae. Ber. Nachtmal
68v, 5
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
330, 14
;
Dirr, Münchner Stadtr.
336, 13
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1213
;
Maaler
165r
;
Schweiz. Id.
1, 1102
;
3, 969
 f.;
4, 478
;
Rwb
8, 822
.
Vgl. ferner s. v.
abtun
 4,
abwanken
 1,
1
achtung
 3,
angeheben
 2,
ausschieden
,
befinden
(V.) 1,
icht
 2.
2.
›sein irdisches Leben auf eine bestimmte Weise, in einem bestimmten Zustand verbringen (von Menschen, der Seele gesagt)‹.
Phraseme:
im sause / überflus leben
›in Saus und Braus leben‹;
im sacke und in der asche leben
›in Reue und Armut leben‹;
in rosen leben
›glücklich sein‹.
Syntagmen:
der hurerei l.; auf erden, ane neid, ausser der ehe, in arbeit / armut / dürftigkeit / eintracht / eren / faulheit / frieden / freudenspiel / keuschheit / müssiggang / liebe / ruhe / sündenflut / tugend / unzucht / wollust / zucht, in lediger stat, in göttlicher furcht, in einem abgescheidenen leben l., mit jm., für jn. l., mit gehorsam / schanden / würdigkeit, wieder das fegefeuer, wieder got l.; andächtiglich / christenlich / ehelich / einträchtlich / erbariglich / erlich / feist / frei / fürstlich / geistiglich / gerechtiglich / gut / heilig(lich) / heftig / innerlich / lästerlich / liederlich / mässiglich / minniglich / schandlich / selig / tugendlich / unordenlich / vernünftiglich / verschnitten / weltlich / wol, got gefällig l
.
Wortbildungen:
2
leber
1,
lebgeselle
,
lebherz
›Lebemann, Person, die auf großem Fuß lebt‹,
lebmeister
›Person, die dem Glauben lebt und diesen in vollkommener Weise ausübt; Seelsorger und Lehrer geistlichen Lebens‹ (im Unterschied zum
lesemeister
, der nur darüber diskutiert; vgl. dazu: Angenendt, [...] Religiosität im Mittelalter.
1997, 480
).

Belegblock:

v. Ingen, Zesen Rosenw.
80, 11
(
Hamburg
1646
):
Laß uns leben gleich den alten.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
263, 81
(
Magdeb.
1608
):
WJr Froͤsch [...] | [...] | Lebten gar frey nach vnserm willen.
Rosenthal. Bedencken
28, 8
(
Köln
1653
):
daß man [...] auch hie auff Erden heilig / vnd Gott gefaͤllig leben koͤnne.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
64, 16
(
Frankf.
1535
):
nach dem er [kappe] drei jar verschnitten gelebet hat.
Luther, WA
10, 1, 2, 389, 9
(
1526
):
Der ist vil anders todt, denn der es nicht entpfindet und doch ymmerdar im sauße lebet.
Schwartzenbach
k ivv
(
Frankf.
1564
):
Leben. Schlemmen. Brassen. Jm sauß oder vberfluß leben.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
17, 23
(
omd.
,
1487
):
[gott] ÿm [menschenn] einen gemahel mitt dem er Jn eintracht vnnd liebe lebet, zcüfüget.
Sermon Thauleri
4rb, 2
(
Leipzig
1498
):
muß sich die sele [...] gar lauter haben. vnd gar adelich lebenn.
Mathesius, Passionale
50r, 11
(
Leipzig
1587
):
der da jmmer wie im Sacke vnnd inn der Asche lebet.
Sachs
3, 36, 32
(
Nürnb.
o. J.):
Ich bin ein mild, frölich lebhertz | Mit singen, springen und hoffiern.
v. Keller, Ayrer. Dramen
3007, 4
(
Nürnb.
1610
/
8
):
Daß ich nicht auch sol ehelich lebn.
Ebd.
3401, 11
:
Ir wolt al Zwo mein gast heund sein, | Für gutt nemben, was hauß vermag, | Vnd Ich leben pfleg alttag.
Lauchert, Merswin
13, 25
(
els.
,
1352
/
70
):
so dunket mich, daz ich nv́t lebe noch gelebet habe also ich billich solte.
Vetter, Pred. Taulers
196, 30
(
els.
,
1359
):
die grossen pfaffen und die lesmeister die tispitierent weder bekentnisse merre und edeler si oder die minne. Aber wir wellen nu al hie sagen von den lebmeistern.
Roloff, Brant. Tsp.
475
(
Straßb.
1554
):
So thuͦn ich stets inn wolust leben.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
27, 29
(
Straßb.
1650
):
Es sind Leute, die da wohl leben vnd noch besser sterben.
Goldammer, Paracelsus
5, 179, 14
(
1530
):
prelaten, die ir uf erden mit solcher wirdigkeit gelebt habt.
Ebd.
7, 169, 20
:
daß in solchem stand wie Adam und Eva also auch wir auf erden dermaßen leben sollen.
Ebd.
170, 27
:
so wir im freien willen der hurerei leben.
Qu. Schweiz. Gesch.
1, 145, 9
(
halem.
,
1470
):
Ich lebt denn in rosen.
Bächtold, N. Manuel.
401, 311
(
Zürich
1523
/
6
):
Fridli, gott bwar dich vor ungfell! | Du bist ein rechter lebgsell.
Maaler
17r
(
Zürich
1561
):
Es laͤbt einer nit wie der Ander.
Sappler, H. Kaufringer
14, 241
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
da er nun trütet iren leib | und mit ir lebt in fräudenspil.
Bauer, Geiler. Pred.
104, 26
(
Augsb.
1508
):
sprechen die selben menschen die der welt vol seind / was ist es umb den menschen er lebt nit / er wert nur.
Chron. Augsb.
7, 44, 16
(
schwäb.
, zu
1548
):
[daß ich]
wider das fegfeur gelebt, gelert und gepredigt hab.
Fischer, Eunuchus d. Terenz
201, 5
(
Ulm
1486
):
du lebst geren mit ir [Thais]. lebst auch gern wol.
Henisch
1454
(
Augsb.
1616
):
Wie gelebt / so gestorben.
Klein, Oswald
5, 44
(
oobd.
,
1422
/
23
?):
solt ich jetz leben got zu wolgevallen | mit vasten, betten, kirchengän.
Ebd.
6, 20
(
um 1425
?):
solt ich neur leben aines jares lenge | vernünftiklich in diser welt.
Ebd.
65, 18
(
1410
/
11
?):
Vil besser ist mit eren kurz gestorben zwar, | wann mit schanden hie gelebt zwai hundert jar.
Niewöhner, Teichner
633, 115
(
moobd.
,
1469
):
das er ein rechter gesell sey | und ein leber mit den sachen.
v. Ingen, a. a. O.
71, 28
,
Quint, Eckharts Pred.
2, 524, 8
;
Chron. Köln
1, 257, 509
;
Valli, Baldemann
23
;
Dubizmay, kurß zu Teutze
87, 14
;
Luther, WA
33, 528, 32
;
v. d. Lee, a. a. O.
17, 5
;
72, 28
;
80, 41
;
Gille u. a., M. Beheim
81, 158
;
v. Keller, a. a. O.
2121, 8
;
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 4, 32
;
Roloff, a. a. O.
119
;
656
;
Goldammer, a. a. O.
6, 147, 13
;
188, 18
;
Sappler, a. a. O.
27, 25
;
Bauer, a. a. O.
101, 16
;
Klein, a. a. O.
10, 90
;
96
;
Bauer, Imitatio Haller
61, 19
;
100, 19
;
Schmitt, Ordo rerum
669, 8
;
Serranus
105v
;
Maaler
259v
;
Schwartzenbach
k vv
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
300
.
Vgl. ferner s. v.
3
aber
 4,
abgescheiden
(Adj.),
abwegs
 2,
abwuchern
,
allerding
 2,
altvater
 1,
andächtig
 1,
anfallen
 5,
annemen
 20,
2
armen
,
ausbrechen
 16,
befatzen
 2,
begnügen
(V.) 1.
3.
›sein Leben nach jm. / etw. ausrichten; jm. / e. S. dienen, jm. gehorchen‹; Spezialisierung zu 3.
Phraseme:
nach seinem haupt leben
›ohne Rücksicht auf andere nur dem eigenen Kopfe folgen‹.
Syntagmen:
jm. zu willen l., jm.
(z. B.
got
) /
e. S.
(z. B.
dem concilio / geist / mandat / schatten, der beichte / busse / geschrift / handfeste / natur / sünde, den sinnen
)
l.; in etw.
(z. B.
in dem waren gehorsam, in dem willen gottes
)
l., nach etw.
(z. B.
nach dem fleisch / gebrauch / geist / geheis / inneren menschen / mutwillen, der sinlichkeit, der ehe Moses, dem wort, den fünf sinnen, nach vernunft
)
l., nach js. willen l., unter etw.
(z. B.
unter der beichte / reue
)
l., aus fremdem rat und willen l.

Belegblock:

v. Ingen, Zesen. Rosenw.
39, 4
(
Hamburg
1642
):
Es muß ja alles Ihr [Venus] zu willen leben.
Pfefferl, Weigel. Ges.
41, 11
(
Hamburg
1646
):
sie [Gleubigen] leben nicht mehr dem Schatten, sondern dem Geiste.
Quint, Eckharts Pred.
1, 337, 10
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
di nâch den vünf sinnen lebent, wærlîche, die enbîzent dirre spîse niemer.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
224
(
mrhein.
,
um 1335
):
Moyses e, nach der wir leben, | hat vns solich gebot gegeben.
Luther, WA
30, 3, 309, 8
(
1531
):
Wer sich auffs Ablas getroͤstet und verlassen und also gestorben odder gelebt hat, der hat damit den Heiland Jhesum Christum muͤssen lassen faren.
Ebd.
35, 445, 5
(
1524
):
Der glaub wil keyns andern leben.
Eggers, Psalter
47, 7
(
thür.
,
1378
):
min sele lebet eme, vñ min geslechte sal eme dine.
Schönbach, Adt. Pred.
18, 17
(
osächs.
,
1. H. 14. Jh.
):
swanne der sundere mit ruͦwe siner sunden under der bicht und der buͦze lebet.
Meisen u. a., J. Eck
15, 17
(
Leipzig
1520
):
Die nation, die vor andern babsten anhiengen, haben die faren lassen unnd dem concilio gelebt.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
27, 15
(
nobd.
,
n. 1525
):
ain verpundnuß mit gott geschicht in dem tawf, nach seinem wort zu leben und nach kainer menschlichen uffsatzung.
Serranus
115r
(
Nürnb.
1552
):
Leben nach dem gebrauch der welt.
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
2, 385
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz sú [menschen] gottes alze mole sint vnd gotte alleine lebent.
Vetter, Pred. Taulers
78, 9
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
ist gros underscheit enzwúschent den die der geschrift lebent, und in den die alleine sú lesent.
Müller, Lands. St. Gallen
57, 39
(
halem.
,
1533
):
das dem selben mandat stif nachgangen und gelept werde.
Maaler
259v
(
Zürich
1561
):
Der natur nach Laͤben.
Koller, Ref. Siegmunds
311, 26
(Hs. ˹
Augsb.
,
um 1440
˺):
wa auch fürsten, hern [...] außslugen recht und mynn und nach irem haubt leben wolten, die sol man fachen.
Bauer, Geiler. Pred.
104, 12
(
Augsb.
1508
):
Wie die schowenden menschen. [...] weiß sind / unnd nach vernunfft leben.
Ebd.
104, 30
:
die weltlichen menschen / leben nach der sinnlichait.
Chron. Augsb.
7, 212, 22
(
schwäb.
, zu
1550
):
hát die kay. mt. mit ainem herold [...] ain langen beruf [...] thun lassen, [...] demselben aber wenig gelebt worden ist.
Andreae. Ber. Nachtmal 110R,
3
([
Augsb.
]
1557
):
das sy nicht nach dem flaisch / sonder nach dem Gaist leben woͤllen.
Steer, Schol. Gnadenl.
6, 46
(
moobd.
,
15. Jh.
):
ein warer gancz dyemutiger [...] allain aus fremdem rat vnd willen lebt.
Turmair
5, 445, 8
(
moobd.
,
1522
/
33
):
wo solcher hantvest hinfüran auch [...] nit gelebt würd von den fürsten.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
75, 17
(
smoobd.
,
1654
/
68
):
welchem wür als eur hochfü[r]stl. gn. etc. arm, getreu [...] gerichtsleit und underthannen in aller gehorsamb gelëbt.
Pfefferl, a. a. O.
5, 21
;
27, 9
;
Gille u. a., M. Beheim
55, 42
;
v. Keller, Ayrer. Dramen
2127, 30
;
Vetter, a. a. O.
277, 26
;
Mell u. a., Steir. Taid.
14, 22
.
Vgl. ferner s. v.
ablassen
 1,
absterben
 4; 5,
anderheit
 2,
arbeiter
 1.
4.
›seinen Lebensunterhalt (Kleider, Nahrung, Geld) mit etw. bestreiten; von etw. leben, sich von etw. nähren‹; auch ütr.: ›Kraft haben, seelische Nahrung beziehen (auf das seelische, geistig-geistliche Sein bezogen)‹;
vgl.
leben
(
das
) 4; 5.
Syntagmen:
e. S. (Gen., z. B.
des bettes / brotes / luftes / garten
)
l.; von etw.
(z. B.
von der kunst, vom altar, von der hände arbeit
)
, aus etw.
(z. B.
aus raub
)
l.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
5980
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
var, boser wicht! | Man lebet itels brotes nicht.
Jostes, Eckhart
21, 28
(
14. Jh.
):
Daz hertze lebet von der sel, also ist gnad in dem hertzen.
Wyss, Limb. Chron.
53, 12
(
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Di rupen sollent ire fruchte leben, arbeit der lude ist den hauwschrecken gegeben.
Dedekind/Scheidt. Grob.
179, 26
(
Worms
1551
):
Man muͦß den hunden etwas geben / | Sie koͤnnen nit des luffts geleben.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
3, 26
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Krichin und Armeni [...] lebin von kunstin unde von koufinschacz.
Ebd.
18, 27
:
dy [valken] lebin der tyr und ritin dy hirse und hyndin.
Palm, Veter Buoch
58, 2
(
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Da lebete er nicht wan palmen vruchten [...] vnd mochte anders werkes nicht getriben.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
713
(
schles. inseldt.
,
1481
):
Petter Kawffman hot seyn gelt der mutter gegaben, is das sÿ wert laben.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
150
(
Nürnb.
1517
):
das der mensch leb im brot und im wort.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
745, 25
(
els.
,
1362
):
Do stroffete sú sant Peter daz sú nút von irre hende arbeit lebte.
Maaler
259v
(
Zürich
1561
):
Auß roub vnd diebstal Laͤben.
Chron. Augsb.
1, 288, 29
(
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
bey seiner zeitt da lebten die bäpst des alemuͦsens als die zwelffpoten.
Ebd.
4, 422, 10
(zu
1495
):
gab man [arm folck] uͦmb gotzwillen zuͦ essen und zuͦ leben.
Sappler, H. Kaufringer
25, 197
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
muoss er des pettels leben.
Henisch
61
(
Augsb.
1616
):
Wer vom Altar lebt / der soll auch dem Altar dienen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
490, 27
(
oobd.
,
1349
/
50
):
Ez sint auch läut, die anders nihts habent des si leben dan daz si an aim apfel smeckent.
Jostes, a. a. O.
68, 18
;
Buch Weinsb.
2, 303, 7
;
Sappler, a. a. O.
17, 212
.
Vgl. ferner s. v.
anbollen
,
baum
 3.
5.
›sich regelmäßig an einem bestimmten Ort aufhalten, wohnen, sein Leben an einem bestimmten Ort verbringen‹; auch ütr. auf das Leben im Paradies.

Belegblock:

Rosenthal. Bedencken
34, 20
(
Köln
1653
):
daß wir in der verehrung [...] der mit Christo lebenden Heiligen / hiervon nit abweichen.
Weise. Jugend-Lust
91, 5
(
Leipzig
1684
):
Wo lebt er denn?
Sachs
15, 247, 28
(
Nürnb.
1563
):
der gott zu Berseba | Lebet warhafftiglichen da!
Vetter, Pred. Taulers
420, 12
(
els.
,
14. Jh.
):
er lebete und wonete in dem innewendigen riche do diz leben uss quillet uss sime eigenen burnen.
Chron. Strassb.
1, 235, 6
(
els.
,
A. 15. Jh.
):
an dem fünften tage mahte got alles das do lebet in dem wasser und in dem lufte.
Maaler
259v
(
Zürich
1561
):
Auff dem land Laͤben.
Volkmar
122
.
6.
›über die Grenzen des körperlichen Daseins hinaus existieren (von der Seele und dem Körper); auf ewig fortbestehen, ewig existieren (z. B. von Gott, von der Wahrheit)‹.
Vorwiegend Texte religiösen und didaktischen Inhaltes.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
15120
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
der engel [...] | [...] | swur bi dem lib gebenden | Und bi dem immer lebenden.
Gropper. Gegenw.
10r, 495
(
Köln
1556
):
wer von diesem brot essen wirdt / der wirdt lebe͂ in ewigkeit.
Luther. Hl. Schrifft.
Jes. 26, 19
(
Wittenb.
1545
):
deine Todten werden leben / Vnd mit dem Leichnam aufferstehen.
Eggers, Psalter
38, 1
(
thür.
,
1378
):
Min herre lebit, vñ geseinit ist min got.
Ebd.
73, 22
:
Wer ist der man, der da leben wel, der da minnet sehen sine guten tage?
v. Ingen, Zesen. Ged.
398, 13
(
Breslau
1641
):
Du solt nun auch ewig leben / | und mit bey den Sternen schweben.
Roloff, Brant. Tsp.
274
(
Straßb.
1554
):
Das Warheit lebt inn ewigkeit.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 533, 1
(
Hagenau
1534
):
Der alt mensch und Adam muͦß sterben / der new mensch unnd Christus muͦß erstehen und leben.
Schmidt, Rud. v. Biberach
1, 8
(
whalem.
,
1345
/
60
):
daz si [dvͥ vernvnftige natur] iren macher múge verstan vnd minnen vnd da mitte bestan vnd beliben vnd seleklich leben in dem, der daz ewig leben [weslich] ist eweklich.
Klein, Oswald
14, 6
(
oobd.
,
um 1410
):
Der immer lebt an end, | ie was an anefangk.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
49, 8
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
Got den ersten der heilig aphel | lebent noch auf erster staphel.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
42
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
wann der glaube an werch ist tod. Daz ist, er macht daz der mensch stirbet vnd nicht lebt.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
49, 11
(
tir.
,
1464
):
O wie gar chostleichen ist der tod, da die menschen an vachen zu leben, e das si sterben.
Schönbach, Adt. Pred.
27, 34
;
Steer, K. v. Megenberg. Sel
392
.
Vgl. ferner s. v.
ausmachen
 3.
7.
›existieren und wirken (von Gott); in und durch Gott sein und existieren (von der Seele), eins sein und werden mit der göttlichen Kraft‹.
Texte religiösen Inhalts.
Wortbildungen:
2
leber
2 ›Lebensspender‹,
lebewort
›Evangelium, Wort, in dem Gott im Menschen wirkt‹.

Belegblock:

Pfefferl, Weigel. Ges.
3, 6
(
Hamburg
1646
):
Das sich das ewige gutt außgieße [...] vnd nicht für sich selbst alleine in ihme Lebete.
Luther, WA
36, 131, 21
(
1532
):
Es sindt nicht Redewort, ßunder lebewort, quae possunt stare in vita et morte contra peccatum.
Quint, Eckharts Pred.
1, 305, 2
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Das êwige wort [...], in dem alliu dinc lebent und daz alliu dinc ûfheltet.
Ebd.
201, 12
:
gotes minstes des sint alle crêatûren vol und lebent und wahsent und gruonent dar inne, und sîn meistez enist niergen.
Ders., Eckharts Trakt.
19, 7
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
diu leidige crêatûre noch in im lebet und neiget in und würket in im diu werk.
Dubizmay, kurß zu Teutze
51, 15
(
hess.
,
1463
):
Das er vns stercke vns beschirme der in der volkumen driueltigkeÿt lebet vnd richtet ewiglich an ende.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
38
(
Nürnb.
1517
):
Paulus [...] sagt offenlich, das wir nit leben – aus dem erfolgt, das wir noch weniger würken –, sunder das Christus in uns lebe.
Turmair
4, 278, 1
(
moobd.
,
1522
/
33
):
ward ein köstlicher stift dahin gepaut in den êren des höchsten lebers und nothelfers.
Quint, Eckharts Pred.
2, 215, 1
;
266, 1
;
301, 6
;
Rosenthal. Bedencken
34, 29
.
Vgl. ferner s. v.
achtbäre
 1.
8.
›in besonderer Weise handeln, mit etw. / jm. verfahren; sich verhalten, sich benehmen‹; offen zu 4.
Phraseme:
übel mit jm. leben
›mit jm. streiten‹.

Belegblock:

Chron. Köln
2, 2v, 7
(
Köln
1499
):
dye gesetze synt regulen vnd wege off lere wye man sall leuen. mer noch tant wyrt niet dair nae geleuet.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
162, 5
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Als Warakir dar vff solde / da slug das ros vnd lebet so grülich / das Warakir by nach vff die erde was gefallen.
Froning, Alsf. Passionssp.
5682
(
ohess.
,
1501 ff.
):
was duncket dich nu gut, | wie mer mit Jhesu kleyder leben, | die uns Pilatus hot gegeben? | mer soln sie deilen.
Opel, Spittendorf
50, 13
(
osächs.
,
um 1480
):
wolten sie die thor zuschlissen und sehen, wie sie mit den pfennern leben möchten.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
99, 823
(
Zwickau
um 1540
):
Die Bischoff sollen [...] | [...] straffen die darwider thun und lebn.
Goedeke u. a., Liederb.
348, 260
(
Nürnberg
o. J.):
der künig het gar schnell ein rat, | wie er wolt leben mit der hurn.
Roloff, Brant. Tsp.
770
(
Straßb.
1554
):
Welche Vaͤtter vil doͤchter hant | Das sie ye die eltst von erst außgeben | [...] | So ich der gestalt auch meynt zuͦ leben.
Wyss, Luz. Ostersp.
7006
(
Luzern
1545
):
will ich [Judas] in [Christus] v̈wer hennd inn geben, | den mogend ir, wies v̈ch gfalt, mit im läben.
Ebd.
9306
:
Diewyl nun das den Juden gfallt, | so gib ich inen vollen gwallt, | mit inen
[den 3 Grekreuzigten]
zleben, wie sy wend.
Sappler, H. Kaufringer
14, 527
(
schwäb.
, Hs.
1464
):
der küng die junkfraw umbefieng | und lebt fraintlich mit ir | [...] | und machet aus der magt ain weib.
Memminger Chron. Beschr.
31, 20
(
Ulm
1660
):
Jn diesem Jahr lebte Paul Stebenhaber uͤbel mit seiner Frawen.
Ebd.
34, 34
:
lebten die Patricii hier uͤbel mit den andern Burgern wegen deß Dantz.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch.
139, 11
(
oobd.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
der Tatrer [...] fragt rates, wie er mit seinem weib [...] solt leben. Im rieten die ungetrewn ratgeben, er solt die frawn töten.
9.
›etw. erleben; etw. erleiden, erdulden, ertragen‹.

Belegblock:

Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
135, 2
(
rhfrk.
,
um 1435
):
Nü wollen wir gerne den dag leben / das ir der verreder enttragen würdent.
v. Keller, Ayrer. Dramen
1010, 32
(
Nürnb.
1610
/
8
):
Ach wie wird sein Frau Schwiger leben, | Daß der König den Geist auffgeben!
Bihlmeyer, Seuse
184, 7
(
alem.
,
14. Jh.
):
also daz geleptú enpfindung mit der scrift meinunge ein geliches ustragen gewunne.
10.
Grußformel zur Verabschiedung:
leb wol
.
Bedeutungsverwandte:
gehab dich wol
.

Belegblock:

Schöpper
50b
(
Dortm.
1550
):
Vale. Läb wol biß gesundt gehab dich wol.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 414, 18
(
Hagenau
1534
):
Lebet wol / gehabt euch wol / vil seliger zeit. Diser wunsch ist auch deren / die vor anderen leutten abscheyden.