irrig,
irriglich,
Adj.
1.
›umherschweifend, verirrt‹;
zu
irre
(Adj.) 1.
Bedeutungsverwandte:
abgewichen
(s. v.
1
abweichen
 2),
umschweifend
; vgl.
abwegig
 2.
Syntagmen:
irriger ors, irriges vieh / schaf
;
i. gehen / laufen / reiten / werden
.

Belegblock:

Munz, Füetrer. Persibein
47, 2
 (
moobd.
,
1478
/
84
):
Ain herr in vmbe reitten | sach irrig in den gassen.
Ebd.
288, 7
:
drumb luffen der ors vil irrig in dem wallde.
Siegel u. a., Salzb. Taid. 
187, 4
(
smoobd.
, Hs.
17. Jh.
):
wo ain irrig vieh befunden wurd.
Bell, G. Hager
26, 2, 16
;
Fischer, Eunuchus d. Terenz 
186, 3
;
Brandstetter, Wigoleis
194, 17
;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 413
.
Vgl. ferner s. v.
1
abweichen
 2.
2.
ütr. ›verirrt, ratlos, im Zweifel‹; zu
irre
(Adj.) 2; offen zu 4.
Phraseme:
irrig werden
(mit Gen.) resultativ ›etw. (den Dienst) verlassen, aufgeben‹.
Syntagmen:
jn. i. machen; irrige conscientia, irriges gewissen
.

Belegblock:

Bömer, Pilgerf. träum. Mönch  
501
(
rhfrk.
,
um 1405
):
Zum ersten saltu betrachten mildeclich | Die die du siest gaen irreclich.
Goldammer, Paracelsus
2, 138, 26
(
1530
/
5
):
da kein rechte art ist und tugend der obrigkeit, drumb sinds alle irrig.
Luther, WA
30, 3, 558, 16
(
1533
):
das ich meinen rat anzeigen wolt ettlichen, so bey euch hierinn jrrig und zweivelig stehen.
Ebd.
48, 216, 34
(
1541
):
ist hie die heilige Schrifft abermal von noͤten, das man die irrigen Gewissen vnterrichte.
Anderson u. a., Flugschrr.
26, 3, 6
(o. O. [
1522
]):
das sy mich auch irrig gemachet habent / also das ich nit weyß was oder wem ich glauben sol.
Siegel u. a., Salzb. Taid. 
141, 38
(
smoobd.
, Zusatz zu Hs. des
16. Jh.
):
welcher seines dinstes abstendig sein oder irrig wurde.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel 
2, 284, 5
Var.;
Bachmann, Morgant
97, 28
;
Chron. Augsb. 4, 
348, 22
;
v. Maren, Marquard. Ausgabe
52, 15
.
3.
›irreführend‹; ütr. auch ›falsch‹;
zu
irre
(Adj.) 2.
Bedeutungsverwandte:
abgelegen
(Adj.),
unbetreten
,
ungebant
.
Syntagmen:
irriger labyrinth / ort / trit / weg, irrige strasse, irrige wälder
.

Belegblock:

Österley, Kirchhof. Wendunmuth 
1, 6, 3
(
Frankf.
1563
):
die immerdar mit vilen mann hafften, trefflichen und irrigen sachen belestigt und muͤd gemacht.
Schwartzenbach
K ijr
(
Frankf.
1564
):
Ein jrrige mainung haben.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
115, 14
(
Nürnb.
1548
):
in dem jrrigen ergerlichen wohn ist der meyste teil auf erden.
Kohler u. a., Bamb. Halsger. 
175, 27
(
Bamb.
1507
):
das alles […] dem gemeynen mann auch jrrig vnd ergerlich sein moͤcht.
Strauch, Schürebrand
40, 31
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz ir keinen andern irrigen weg werdent umbe gefuͤrt von den […] gründen.
Qu. Schweiz. Gesch. 1, 
112, 2
(
halem.
,
1470
):
Dann ir kein irrigers, verwirrters und ungschikters regiment in allen üweren landen hendt.
Turmair 4, 
727, 15
 (
moobd.
,
1522
/
33
):
ist es etwas den unerfaren der historien und alten geschicht irrig.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 282, 8
;
M. Cunitia. Ur. Prop. 
228, 37
;
Vetter, Pred. Taulers
183, 21
;
Schwartzenbach
A iiijv
;
Maaler
237r
;
Stieler
1, 893
;
Schwäb. Wb.
4, 50
;
Rwb
6, 322
.
Vgl. ferner s. v.
abweg
(
der
) 1.
4.
›abweichend vom rechten Glauben, ketzerisch‹;
offen zu 2 und 3; subst.: ›Ketzer‹; zu
irre
(Adj.) 2.
Bedeutungsverwandte:
falsch
,
ketzerisch
,
unchristlich
,
verfürerisch
,
wiederhellig
.
Syntagmen:
i. deuten / reden; irriger prediger / wan, irrige begierde / haft / lere / meinung / schwärmerei, irriges wesen, irrige gedanken / leute
.

Belegblock:

Luther, WA
50, 54, 15
(
1539
):
Jch hab das gelernet, das ich allein die Heilige Schrifft nicht irrig halte.
Anderson u. a., Flugschrr. 13, 
5, 4
(
Leipzig
1522
):
Das ist aber falsch irrig / vnd ketzerisch.
Ebd.
14, 13, 11
(
Straßb.
1524
):
sollen auch wie irrig vnd vnchristliche võ vns geschetzt.
Bihlmeyer, Seuse 
390, 8
(
alem.
,
14. Jh.
):
Daz furben lit an usgetribenheit alles des, daz creatur ald creatúrlich ist nach ierreklichem hafte und begirde und kumbre.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
15261
;
Rieder, St. Georg. Pred.
218, 5
;
Anderson, a. a. O.
14, 3, 16
;
Stieler
1, 893
;
Diefenbach
519a
;
Brinckmeier
1, 1063
;
Schwäb. Wb.
4, 50
.
Vgl. ferner s. v.
1
andern
,
papist
,
papisterei
.
5.
›zornig, böse, streitsüchtig (von Personen); einen rechtlichen Anspruch geltend machend‹;
zu
irre
(Adj.) 3.
Bedeutungsverwandte:
stössig
 3,
streitig
 4,
wiederwärtig
,
zänkisch
; vgl.
ansprächig
 2.
Syntagmen:
jn. i. machen
(›erzürnen‹);
i. sein
(›einen Prozeß führen, Streit haben‹),
js. i. werden
;
gegen jn. / miteinander i. werden
(›uneinig werden, Streit anfangen‹);
irrige parteien
.

Belegblock:

Chron. Magdeb.
2, 152, 22
(
nrddt.
, Hs.
1601
):
ist das gemein gepöfel gantz irrigk und wolten den Probst […] erschlagen haben.
Küther, UB Frauensee 
383, 18
(
thür.
,
1528
):
das der amptman […] und der probst […] sein yrrig worden.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 96, 14
(
Straßb.
1522
):
Es was gar ein irrig Weib.
Adomatis u. a., J. Murer. Abs.
13
(
Zürich
1565
):
darumb soͤnd ir keiner eeren schonen | Und irrig machen alle lüt.
Rennefahrt, Statut. Saanen
99, 5
(
halem.
,
1451
):
wurden die von Sanen in künftigen ziten dheinest irrig oder stößig mit den von Wallas.
Chron. Augsb.
4, 244,
Anm. 1;
Anderson u. a., Flugschrr.
16, 4, 18
;
Ulner
263
;
Brinckmeier
1, 1063
:
Schwäb. Wb.
4, 50
;
Rwb
6, 322
.
Vgl. ferner s. v.
anhängig
 1.
6.
›hinderlich, störend, strittig (von Rechtssachen)‹;
zu
irre
(Adj.) 4.
Bedeutungsverwandte:
spännig
,
streitig
 2,
weitläufig
,
zwieträchtig
; vgl.
anspännig
,
ansprächig
 4.
Syntagmen:
irriger artikel / handel, irrige sache / probe, irrige dinge / gebrechen / zechen
.

Belegblock:

Köbler, Ref. Franckenfort 
71, 11
(
Mainz
1509
):
dz der Cleger […] die sach dermassen gestalt / das sie nit irrig were.
Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 79, 1
(
halem.
,
1489
):
suß bericht des irrigen invals, zů Zürich zwüschen der statt und den irn erwachßen.
Chron. Augsb. 4, 
122, 11
(
schwäb.
,
v. 1536
):
warden da 3 mann erwelt […] um all irig händel zů erkennen.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
492, 27
;
Chron. Augsb.
1, 101, 23
;
9, 119, 2
;
Ulner
263
;
Schweiz. Id.
1, 410
;
Rwb
6, 322
.