heucheln,
V.
– Seit dem 16. Jh.; gehäuft md. u. nobd.
1.
›sich demütig vor jm. ducken, bücken; unterwürfig sein‹; von einem Hund gesagt.Bedeutungsverwandte:
vgl. biegen
bucken
Belegblock:
Weise. Jugend-Lust
117, 9
(Leipzig
1684
): Wer wird dem Herren heucheln | Und ihm im Bette schmeicheln?
2.
›jm. schmeicheln (wohl in unaufrichtiger Weise)‹; fließender Übergang zu 3.Bedeutungsverwandte:
aufheben
augendienen
federklauben
gleichsen
künzeln
liebkosen
liebtraben
orenkitzeln
orenkraulen
schmeicheln
schmieren
streicheln
tutteln
zärteln
adulieren
beleckern
besalben
bestreicheln
blandieren
hälen
hälstreichen
kläuseln
klemenzen
klünseln
laffen
liebkallen
liebkosen
Wortbildungen:
˹heuchelei
schmeichelei
heuchlerei
heuchelköder
schmeichelköder
heuchelmaul
Belegblock:
Schöpper
61a
(Dortm.
1550
): Adulari Schmeicheln liebkosen ohrenkützeln zu duͤtteln schmieren augendienen liebtraben kuͤntzlen ohrenkrawen federklauben streicheln zärtlen lieblen heyen täntzlen auffheben heucheln gleißnen.
Luther, WA
7, 10, 4
(1520
): Laß dich nit betriegen, die dyr liegen und heuchlen, du seyest eyn herr der welt.
Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 137, 2
(Köln
1582
): Jhr lippen heuchlen wol on schertzen, | Vnd reden doch aus falschem hertzen, | Jhr wort sind los vnd voller list.
Knape, Messerschmidt. Bris.
22, 101
(Frankf./M.
1559
): denn (ich rede es on alle heuchlerey) eines solchen frommen / guthertzigen / Gottseligen manns gleichen / ist mir alle meine tag nie fuͤr kommen.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
72v
, 9 (Leipzig
1588
): Solches geschicht [...] Durch Heucheley oder Schmeicheley / Da jemand einem Diebe seine Geschickligkeit oder Geschwindigkeit lobet odr billichet.
Sachs
16, 448, 9
(Nürnb.
1563
): Die [fürsten] heuchleten ihm [könig] all gemein, | Auff daß sie von im uberkömmen | Herrschafft und küncklich schenck einnömmen.
Ebd.
19, 268, 12
: Durch den mund deß heuchlers allein | So wird verderbt der nechste sein; | Aber die klugen mercken den, | Und thund dem heuchelmaul entgehn.
A. à S. Clara. Glori
35, 6
(Wien
1680
): gedacht er denselben mit suͤß verzuͤckerten Worten anzugreiffen / und etwan durch solchen mit Heuchl⸗ und Schmeichl⸗Koͤder gespickten Angel zu sich zu ziehen.
Luther, WA
15, 186, 35
; Mieder, Lehmann. Flor.
393, 17
; Sachs
7, 274, 10
; 16, 324, 15
; 17, 518, 25
; Chron. Augsb.
9, 84, 29
.‒
Vgl. ferner s. v. jaher
, papagei
.3.
›jm etw. vortäuschen, sich verstellen, unaufrichtig sein und handeln; anders reden und handeln, als man denkt und fühlt‹; anschließbar an 2.Bedeutungsverwandte:
2
liegen
mäucheln
simulieren
anmassen
annemen
ausgeben
Syntagmen:
jm. mit dem mund h.
; mit jm. h.
; mäucheln / simulieren und h
.Wortbildungen:
heuchelchrist
heuchelei
heuchelleben
heuchelmaul
heuchelmeier
heuchelprediger
heuchelweise
heuchelwerk
heuchlerei
Belegblock:
Schorer, Sprachposaun
11, 8
(o. O. 1648
): Dan̄ Complementen ist so viel als Gepraͤng (gut teutsch / Auffschneiderey / Betrug / Heucheley).
Luther, WA Tr.
4, 361, 15
(1539
): Denn sein Simuliren und Heucheln, daß er sich stellet als ein Freund, und ist doch ein Feind, ist sehr verdrießlich und feindselig.
Ebd. WA
6, 307, 36
(1521
): Es werden in den letzten zeitten kommen, die von dem glauben treten, und anhangen den leren der teuffel in heuchlerey mit falschen, ertichten wortten.
Ebd.
7, 360, 1
(1521
): Darumb ists eytel erlogen erstuncken unnd vorfürisch heuchlerey. das man rew bereytten leret.
Ebd.
22, 179, 19
(1544
): Und gilt hie nicht heuchelns und meuchelns, sondern mus redlich und auffrichtig gehandlet sein.
Ebd.
32, 192, 17
(1530
): [Paulus] hat auch nicht ein heuchelleben gefuͤrt, er hat geredt, wie ers im Hertzen gehabt hat.
Ebd.
32, 412, 18
(1532
): Denn es mus doch ein jglich gut werck [...] gepruͤfft werden, das es bestehe und rechtschaffen erfunden werde, welchs die ander gleissenden heuchel werck nicht thun.
Ebd.
36, 443, 9
(1532
): Er redet aber jmer [...] widder die falschen bruͤder und heuchel christen, die das Euangelion nur jm maul und auff der zungen haben und den schawm davon behalten.
Ders., Hl. Schrifft. Ps.
78, 36
(Wittenb.
1545
): Vnd heuchelten jm mit jrem munde / vnd logen jm mit jrer zungen.
Ebd. Spr.
26, 26
: Ein falsche Zunge hasset der jn straffet / Und ein Heuchelmaul richtet verderben a.
Ebd.
29, 5
: Wer mit seinem Nehesten heuchelt / der breit ein Netz zu seinen fustappen.
Sachs
19, 7, 10
(Nürnb.
1563
): Iedoch schaw, daß dein gottsforcht sey, | Nicht ein erdichte heucheley, | Die auß eim falschen hertzen kumb.
Harsdoerffer. Trichter
3, 261, 11
(Nürnb.
1653
): Die Heucheley. Fromm bin ich auf dem Marckt / und heilig auff der Gassen / | was ich dem Armē gieb‘ / hab ich veruffen lassen: | Zu Haus bin ich ein Schalck / und denke nie an GOTT / | der mich zu letztē macht zu vieler Leute Spott.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
9, 8
(Straßb.
1650
): diese Leute sind warhafftig nicht wie sie sich vor der Welt stellen, es ist Heucheley dahinder.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
236
(Genf
1636
): heucheln / sich stellen als mann er heilig were / da er doch ein Bub ist.
Anderson u. a., Flugschrr.
29, 2, 18
([Augsb.
] 1524
): Peter Wie / ist dãn flaysch essen sünd. ich main du heüchelst.
Luther, WA
17, 2, 264, 26
; 23, 33, 26
; 23, 575, 5
; 26, 155, 24
; 37, 590, 15
; 41, 438, 19
; 51, 588, 31
; Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn
344, 29
; Peil, Rollenhagen. Froschm.
341, 2541
; Dietrich. Summaria
30v
, 26; Sachs
9, 396, 14
; 19, 346, 22
; 20, 12, 34
; Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
7, 26
; 47, 7
; Stieler
1, 794
.‒
Vgl. ferner s. v. anschicken
2.