heilen,
V.;
Fortsetzung von
mhd.
heilen
(ahd.
heiljan
)
›gesund machen‹
(1; 2; 4; 5; 6) und
mhd.
heilen
(ahd.
heilên
)
›gesund werden‹
(Lexer
1, 1213
).
1.
›jn. (auch einen Körperteil) / seltener etw. (z. B. ein Tier) gesund machen, kurieren, heilen‹; mit einer Person oder einem Medikament als Subjekt;
mit Jesus Christus als Subjekt fließender Übergang zu 4; selten refl.; vgl.
heil
(Adj.) 1; 2.
Bedeutungsverwandte:
arzeneien
,
curieren
; vgl.
arzen
 1,
arzeteien
,
arzeten
 1,
büssen
 3,
ganzen
 2,
geheilen
 1,
gereinigen
.
Syntagmen:
j.
(Subj.)
sich h. lassen
;
den fus / kranken / leib / menschen / siechen / sin / verwundeten, das hun / schwein h.
;
jn. e. S.
(Gen.; z. B.
gebreste
)
h.
;
sich mit etw. h., jn. von etw. h.
;
allenthalben h
.
Wortbildungen:
heilbad
›der Gesundheit dienliche Badeanlage‹ (a. 1560),
heilsalbe
(a. 1503).

Belegblock:

Luther, WA
30, 1, 172, 16
(
1529
):
Und gehet nicht anders zu denn mit einem artzt, der zuweilen dem, den er heilen sol, an heymliche ort sehen und greiffen mus.
Luther. Hl. Schrifft. Mt.
21, 14
(
Wittenb.
1545
):
es giengen zu jm [Jhesus] Blinden vnd Lamen im Tempel / vnd er heilete sie.
Thiele, Minner. II,
32, 326
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
ich bin ein hoe meisterinne | und heile alle bedruefde synne | die vrouwe Tzwivel hait voroist.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
414, 740
(
mrhein.
,
um 1335
):
Meister, ich biden dich, | daz du wolles heilen mich.
Allg. Schau-Buͤhne
38, 44
(
Frankf.
1699
):
wie haͤtte er doch in seinem eigenen Lande ankommen / sich heilen lasen / und dann wieder abfahren koͤnnen / daß es niemand gewahr worden?
Gille u. a., M. Beheim
123, 125
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Hast verspert gar ain edle salb, | die dir dann vast ist hailens halb | und dich hailen und rainen | Mag etlicher gebriste.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
8, 3
(
Straßb.
1650
):
Jch hatte gelesen, daß die Medici die Krancken heylen und gesund machen solten.
Memminger Chron. Beschr.
34, 12
(
Ulm
1660
):
daß [...] dieses Wasser die Krafft hat zu reinigen / zuverzehren / zueroͤffnen / abzuloͤsen / zu staͤrcken vnd zu heilen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
149, 20
(
oobd.
,
1349
/
50
):
sô hailt si [des hasen lung] müed füez, der si dâ mit salbet.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
408, 4
(
moobd.
,
1473
/
8
):
In der zeit mocht man hailen mengen siechen.
A. à S. Clara. Deo Gratias
22, 32
(
Wien
1680
):
Der Hirsch / wann er sich uͤbel befind / so curirt er sich mit dem Kraͤutlein Dictam. Der Beer / wann er uͤbel auf ist / so heilet er sich mit dem Epheu.
Rechn. Kronstadt
3, 314, 8
(
siebenb.
,
1553
):
Am sontag vor paŭlli Bekherŭngk hŭn gebenn, das im des gleczer seinn fraw hatt gehelt, czu Beistandt asp. 25.
Luther. Hl. Schrifft. Mk.
6, 5
;
Küther, UB Frauensee
213, 10
;
Thür. Chron.
21r
, 16;
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk.
9, 1
;
Pyritz, Minneburg
3829
;
Gille u. a., a. a. O.
42, 68
;
Dietrich. Summaria
20v
, 4;
Päpke, Marienl. Wernher
7140
;
Schmidt, Rud. v. Biberach
148, 8
;
Anderson u. a., Flugschrr.
23, 23, 7, 30
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
24, 124
;
Kummer, Erlauer Sp.
3, 752
;
Schöpper
50a
;
Bad. Wb.
2, 599
;
Schwäb. Wb.
3, 1361
.
Vgl. ferner s. v.
agatstein
 2.
2.
›eine Krankheit / Verletzung (durch medizinische Behandlung) beseitigen, beheben‹; auch ütr. auf psychische Leiden oder Zustände;
mit Christus als Subjekt fließender Übergang zu 4; anschließbar an 1; vgl.
heil
(Adj.) 1; 2.
Bedeutungsverwandte:
arzen
 1; vgl.
benemen
 7,
leschen
(V.) 2.
Syntagmen:
den bresten / grind / schaden / siechtag, die bitterkeit / drüse / fistel / injurie / krankheit / seuche / wunde, das podagra h
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft. Mt.
4, 23
(
Wittenb.
1545
):
Jhesus [...] heilet allerley Seuche vnd Kranckheit im volck.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
226r
, 27 (
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
wunden / czu heylen das ist das erst das heÿlinn / das do nicht kan gescaden.
Froning, Alsf. Passionssp.
7560
(
ohess.
,
1501 ff.
):
kouffman, nu sage uns zcu hant: | ist dir der salben icht bekant, | dye wunden heylen kunden?
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
68, 10
(
Frankf.
1535
):
Der steyn Asius [...] heylt die fisteln vnnd truͤsen / das podagram vnd frembden siechtagen.
Ebd.
198, 10
:
Alle gruͤnspan odder kupffer rost [...] heylen die essenden wunden / vnd behalten sie on geschwulst vnnd aufflauffen.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
4, 10
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
das ole [...] ist [...] gut czu [...] vil chrancheit czu heylin.
Skála, Egerer Urgichtenb.
99, 10
(
nwböhm.
,
1573
):
Ir man sej ein artzt, hab offen scheden geheilet.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
188, 24
(
els.
,
1362
):
Jn disem gebet nemet Symeon vnsern herren ein heil, wenne er vnser wunden der súnden geheilet het.
Vetter, Pred. Taulers
405, 17
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
du solt eins andern bitterkeit heilen mit dinre senftmuͤtikeit, und heilen eins andern wunden und blibe selber ungewunt.
Martin, H. v. Sachsenh. Jesus
7
(
schwäb.
,
1455
):
Triackers und des tracken bluͦt | Das ist zuͦ manger artzny guͦt: | Das doch dis wundt nit hayln tuͦt.
Weitz, Albich v. Prag
136, 5
(Hs. ˹
oobd.
,
A. 16. Jh.
˺):
nym rautten, wegreich vnd schmer vnd leg es auff den schaden, es hailt sy.
Ebd.
139, 17
:
Wem ain nagel oder holcz jn den fuͦs gangen sey, das hail also.
Mieder, Lehmann. Flor.
785, 22
;
Belkin u. a., a. a. O.
56, 15
;
184, 1
;
Pyritz, Minneburg
3513
;
Keil, Peter v. Ulm
25a
;
Weitz, a. a. O.
164, 27
;
Ott-Voigtländer, Rezeptar
216r
, 18;
Vetter, a. a. O.
74, 18
;
Anderson u. a., Flugschrr.
9, 2, 26
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
37, r
, 23.
Vgl. ferner s. v.
aloe
 2,
arm
(
der
) 1,
arzen
 1,
arzetin
 1,
aufstreichen
 1,
aussaz
 3,
austroknen
.
3.
von Personen: ›gesund werden, genesen‹; von Verletzungen und Wunden: ›verheilen‹;
vgl.
heil
(Adj.) 1; 2.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
bekeren
 5,
geheilen
 2,
genesen
 4.
Syntagmen:
der sieche, die drüse / wunde, das viech / kind
(jeweils Subj.)
heilen
.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft. 3. Mose
13, 18
(
Wittenb.
1545
):
WEnn in jemands fleisch an der haut eine Drüs wird / vnd wider heilet.
Thiele, Minner. II,
13, 294
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
ein wund gar selten heilt on streymen, masen, fleckenn.
Keil, Peter v. Ulm
82
(
nobd.
,
1453
/
4
):
wenn eim ein pein abpricht oder wunt wird in eim gelid, daz er nach dem heilen daz nit pucken mag.
Ebd.
196
:
gib sein dem wunten ein guten trunck obentz vnd morgentz, so hailt er von grunt auff.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
316, 12
(
oobd.
,
1349
/
50
):
des hagdorns sâm ist [...] den kinden guot, diu ir ärmel oben verlaidigt habent an der wegung: wenn si den sâmen trinkent, sô hailent si.
Dirr, Münchner Stadtr.
359, 8
(
moobd.
,
1340
):
Wil er sich aver dez vichs underwinden und haim[en] als lang, daz ez geheilt, daz mag er wol tuͦn.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
233r
, 24;
Keil, a. a. O.
227
.
Vgl. ferner s. v.
auflaufen
 1,
ausfallen
 4.
4.
›jm. das Heil bringen; jn. von der Sünde erlösen, befreien, erretten; jn. dem Seelenheil zuführen‹;
vgl.
heil
(Adj.) 3.
Bedeutungsverwandte:
arzen
 1; vgl.
aufledigen
,
ausledigen
 2,
befrieden
 3,
behalten
(V.) 5,
ledigen
 6.
Gegensätze:
seren
.
Syntagmen:
jn., die sele, die gewissen h., das kreuz jn. h., durch die gnade h
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Nicod.
819
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Herre, heil uns alle!
Luther. Hl. Schrifft. Ps.
41, 5
(
Wittenb.
1545
):
JCh sprach / HERR sey mir gnedig / heile meine Seele / Denn ich habe an dir gesündiget.
Ebd. Jes.
53, 5
:
Die Straffe ligt auf Jm / Auff das wir Friede hetten / Vnd durch seine Wunden sind wir geheilet.
Eggers, Psalter
63, 21
(
thür.
,
1378
):
Herre min got, ich rief zcu dir, vn̄ du heildis mich.
Gille u. a., M. Beheim
82, 139
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Mit seinem tod und marter | und elend sold seins plucz verrern | was er uns hailen und ernern | auss grasser pein vil harter.
Dietrich. Summaria
20v
, 28 (
Nürnb.
1578
):
das er [Jesus Christus] aller armen gewissen schonen / jnen aufhelffen / sie mit Gottes gnade troͤsten / vnd heilen werde.
Martin, H. v. Sachsenh. Jesus
55
(
schwäb.
,
1455
):
Er kan wol hailen unnd auch seren: | Wann er der obrost maister ist.
Luther. Hl. Schrifft. Jer.
17, 14
;
Feudel, Evangelistar
101, 11
;
Eggers, a. a. O.
7, 23
;
8, 5
;
Spechtler, Mönch v. Salzb.
16, 56
.
Vgl. ferner s. v.
arzen
 1.
5.
›(ein Tier) kastrieren, verschneiden‹; meist im Partizip Präteritum.
Gehäuft halem.
Bedeutungsverwandte:
ausschneiden
 7,
verschneiden
; vgl.
ausleichten
,
aushauen
 6,
ausklopfen
 1,
auswerfen
 4,
auswürgen
 2,
galzlen
,
kapaunen
,
2
leichten
.
Wortbildungen:
heilbok
›kastrierter (Ziegen-)Bock‹,
heilböcken
›von einem kastrierten (Ziegen-)Bock stammend‹,
heilgalt
›von einem kastrierten Schwein stammend‹.

Belegblock:

Luther, WA Tr.
3, 130, 18
(
1533
):
Nonnae sic appellantur a germanismo, quia castrati sues sic vocantur, sicut monachi ab equis, aber sie sind nicht recht geheylet, mussen ebenso wol bruche tragen wie ander leut.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
528, 15
(
halem.
,
1432
/
33
):
Man sal naͧchgaͧn und richten, als Jos Cuͤntzeller heilgaltzis fleisch in der metzg verkoͧft haͧtt.
UB Zug
1203, 98
(
halem.
,
vor 1496
):
wenn die velder úbergand, so sol ankeiner kein geheilt vech uf die velder schlachen lenger den zwen tag oder zwo naͤcht, es sÿ rinder oder roß.
V. Anshelm. Berner Chron.
1, 98, 11
(
halem.
,
n. 1529
):
Im 74. jar, [...], ist hie volgende fleischschatzung beschehen, [...]. Namlich guͦt urferis und schwinis, ein pfund um 7 pfennig; guͦt rinds, heilboͤcken und wideris, ein pfund um 6 pfennig.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
380, 17
(
halem.
,
1530
):
guͦt geheilt urfer und souglammer und guͦt kilber lammer.
Maaler
216r
(
Zürich
1561
):
Heilen / Verschneiden / Außschneiden. Euirare, Euirare corpus, Castrare.
Ebd.
215v
:
Heilbock (der) Caper.
Schnyder, a. a. O.
429, 28
;
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
378, 23
;
Rennefahrt, Statut. Saanen
225, 23
;
Stieler
1, 818
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß
35, 167
;
Vorarlb. Wb.
1, 1356
.
Vgl. ferner s. v.
auswerfen
 4.
6.
›etw. ganz machen‹;
vgl.
heil
(Adj.) 4.

Belegblock:

Luther. Hl. Schrifft. 1. Kön.
18, 30
(
Wittenb.
1545
):
DA sprach Elia zu allem volck / Kompt her alles volck zu mir / Vnd da alles Volck zu jm trat / heilet er den Altar des HERRN der zubrochen war.