hagel,
der
;
-s/–
, md. vereinzelt kontrahiert zu
hail
, sehr selten auch Kontraktion zu
-a-
oder
-o-
.
1.
›Hagel, Hagelschlag‹, in den Belegen vielfach im Orientierungsfeld/Wortfeld mit anderen Wettererscheinungen o. ä wie
bliz
 1,
donner
 1,
feuer
,
frost
,
hitze
,
kälte
 1,
nebel
,
regen
(
der
),
2
reif
(
der
),
2
schauer
,
schne
,
wassergus
,
wetter
,
wind
oder mit natürlichen bzw. (von Menschen verusachten) Unglücken wie
bises
,
brand
 1,
brunst
 2,
erdbidem
,
her
(
das
) 1,
heuschrecke
,
1
krieg
 2,
misgewächs
 2,
pestilenz
 1,
plage
,
sucht
(
die
) 2,
vögel
,
ungewitter
,
zufal
, oft zur Kennzeichnung sozialer Not bzw. der zürnenden Strafe Gottes u. ä.
Phraseme:
(ich wolt) das dich der hagel (in den boden) schlüge / zerschlage
(Fluch);
wie der hagel in die stoppel kommen
›nicht mehr schaden‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
graupe
 1,
riesel
 1.
Syntagmen:
h. braten / kochen
(Hexen zugeschrieben),
regnen lassen, einen h. schwören, jm. den h. fluchen
;
der h. kommen / (darein) schlagen, etw
. (z. B.
das korn
)
abschlagen, in grund schlagen, jn. treffen, in den boden schlagen
;
jn. vor h. behüten, mit h. verseren, von des h. wegen etw. abgehen, von h. verderbt werden
;
der grosse / schädliche h.
;
schaden durch h
.
Wortbildungen:
hagelbrot
ein kleines gebackenes Brot, „daß Gott [...] die 1. Früchte vom Ungewitter erhalte“ (so
Schwäb. Wb.
6, 2092
; a. 1635),
hagelecht
,
hagelechtig
1,
hagelhaftig
(a. 1594),
hagelkreuz
›Abwehrzeichen gegen Hagel‹ (Beleg s. v.
hagelfeiertag
),
hagelriesete
(16. Jh.; Gw zur Schwundstufe von mhd.
rîsen
›fallen‹;
Lexer
2, 459
),
hagelschauer
,
hagelschlächtig
1. ›vom Hagelschlag getroffen‹; 2. ›verrucht‹ (a. 1650),
hagelschlag
,
hagelschlosse
›Hagelkorn‹ (Gw zu mhd.
slôze
›Hagelkorn‹;
Lexer
2, 988
),
hagelspende
›Spende zur Abwehr von Hagel‹ (a. 1557),
hagelstreich
›Hagelschlag‹ (a. 1642),
hagelsturm
(1. H. 16. Jh.),
hagelwetter
,
hagelwind
,
häglich
›hagelreich (wohl von Flurlagen)‹.

Belegblock:

Herborn u. a., Rechn. Jülich
34, 29
(
rib.
/
snfrk.
,
1398
/
9
):
went dair groit hagelslach gewest was.
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
28, 3
(
preuß.
,
M. 14. Jh.
):
sed, der tuchtige und der starke herre als ein haylslag
[
Luther
1545:
Hagelsturm
],
als ein brechende sturmwind, [...] ubir ein wytis velt.
Luther, WA
16, 133, 25
(
1524
):
wie Gott uber das Land geschickt hat Froͤssche, Leuse, Wuͤrmer, Pestilentz [...] und Hagel.
Ebd.
51, 653, 214
(
um 1535
):
Kompst wie der hagel ynn die stoppel.
Ders. Hl. Schrifft.
2. Mose 9, 18
(
Wittenb.
1545
):
Jch wil morgen vmb diese zeit / einen seer grossen Hagel regen lassen.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe
289, 12
(
Wolfenb.
1593
):
Gehe das dich der Hagel zerschlage, Du loser Ehrn Dieb.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
639, 4158
(
Magdeb.
1608
):
Warffen von sich / schleuderten / schossen / | Es fiel so dick als Hagelschlossen.
Fischer, Brun v. Schoneb.
6258
(
md.
, Hs.
um 1400
):
sine vroude hete ein hagel | nidirgeslagen an den grunt.
J. W. von Cube. Hortus
130, 19
(
Mainz
1485
):
wer Corallen habe in synem huse in das schlecht keyn hagel.
Jahr, H. v. Mügeln
118, 1219
(
omd.
, Hs.
1463
):
zwelf wind er [man] uß dem munde liß. | den hagel, sne, schur unde regn.
Gille u. a., M. Beheim
8, 38
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Ain ungewiter hub sich da in sturmes praus | mit hagel schaur und plicz gar ungeslachte.
Koller, Ref. Siegmunds
314, 7
(Hs.
um 1474
):
Dye ungetrewe, [...], dye bringen groß unheyl, das ungewinde, groß wasser, groß hagelwinde, mißwachs koment.
Dasypodius
342r
(
Straßb.
1536
):
Hagelschlechtig. Grandinatus.
Schade, Sat. u. Pasqu.
2, 149, 35
(
els.
,
1521
):
bringt ainer dann aier, so seinds halber faul, stinkent. des gleichen von ops, pirn, öpfel, klain, stainig, faul, hagelschlechtig.
Golius
21
(
Straßb.
1579
):
Imber grandinus, Hagelwetter.
Goedeke, Fischart. Flöh Haz
365
(
Straßb.
1594
):
O könt ich jetz ain hagel kochen
[›durch Kochen von Zauberkräutern zubereiten‹] |
Jch liß es doch nicht ungerochen.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern
331, 32
(
halem.
,
1525
):
So der hagel schlecht, setzen wir den zinßherren heim.
Maaler
206v
(
Zürich
1561
):
Hagel (der) Grando. Hagel der die frücht bey den haͤlmen abschlecht. [...]. Schaͤdlicher Hagel oder vngewitter. [...]. Das vom Hagel oder sunst von vngewitter verderbt mag werde͂. [...]. Das Waͤtter zeücht sich zum Hagel.
Ebd.
339v
:
Rysleten (die) Gefrorner schnee / der dick grad wie ein hagel herab falt.
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 41, 24
(
schwäb.
,
1427
/
8
):
Da gaut ab von dez hagelz wegen 3 malt.
Löffler, Columella/Österreicher
1, 164, 25
(
schwäb.
,
1491
):
das sy
[ohne gramm. Bezug]
me nog sin kallt oder warm, drucken oder döwesch, haͤglichs, windesch oder still.
Baumann, Bauernkr. Oberschw.
144, 30
(
schwäb.
,
v. 1542
):
ain grosser hagel, erschlug koren, haber, gersten, flachs, alles in grund.
Hauber, UB Heiligkr.
2, 258, 6
(
schwäb.
,
1443
):
so suͥllen wir noch unser nachkomen hier innen dehains zils noch järs nuͥmer icht fuͥrziehen noch ze wort haben weder hagel noch riffen miszgewächz lantzgebresten lantraisen wuͤstung brunst krieg aucht bannen noch dehain ander fuͥrzuͥg noch sache in dehain wyse.
Anderson u. a., Flugschrr.
2, 14, 9
([
Augsb.
]
1523
):
Plag. die got zuͦ vnß schicket / nemlich hagel / wasserfluͤß / krieg / pestilentz.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
17061
;
Luther, WA
30, 3, 31, 4
;
31, 2, 196, 2
;
36, 428, 35
;
Quint, Eckharts Pred.
2, 444, 1
;
Dubizmay, kurß zu Teutze
33, 11
;
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
126, 3
;
136, 1
;
Kollnig, Weist. Schriesh.
205, 4
;
Thiele, Chron. Stolle
173, 3
;
Thür. Chron.
13r, 6
;
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 297, 35
;
3, 203, 28
;
Wattenbach, Urk. Rauden
173, 7
;
Gille u. a., a. a. O.
273, 43
;
Päpke, Marienl. Wernher
3615
;
Löffler, a. a. O.
1, 165, 10
;
Koller, a. a. O.
315, 9
;
319, 9
;
Vock, Urk. Hochst. Augsb.
236, 20
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
163, 15
;
Schade, a. a. O.
2, 121, 14
;
Barack, Zim. Chron.
4, 57, 20
;
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
86, 5
;
Schmitt, Ordo rerum
23, 14
;
Brack
a 3v
;
Mylius
A 8v
;
Dietz, Wb. Luther
2, 202
f.;
Crecelius
1, 447
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß
162
;
Schwäb. Wb.
3, 1032
;
1034
f.;
6, 2092
;
Schweiz. Id.
2, 1075
;
6, 1369
.
Vgl. ferner s. v.
1
aust
 2.
2.
›Unglück, Verderben‹; Ütr. zu 1.
Bedeutungsverwandte:
schade
(
der
) 1,
unglük
.
Syntagmen:
ein h. sein
;
js. h. werden, jm. ein h. werden
;
der heiden / manne, aller worme, manniges tieres, der Griechen h.; der strenge h
.
Wortbildungen:
hagelbacher
›Unruhestifter‹,
hagelechtig
2,
hagelkocherin
›Unglücksstifterin, Hexe‹,
hageltragend
›Verderben bringend‹.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
15015
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Mit hageltragenden worten | Die da mer zur helle porten | Stiften dan zu himmel wart.
Matthaei, Minner. I,
7, 172
(Hs.
15. Jh.
):
mich duͤncket ir [frawe] sit der manne hal.
Fischer, Brun v. Schoneb.
2793
(
md.
, Hs.
um 1400
):
tyr allir worme ein hagel is | mit der rurunge sines zagelis | vorterbit her alle creature.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 548, 21
(
Hagenau
1534
):
Eyner ist des andern hagel worden. Eyner ist des andern unglück / ungewitter / und schade worden.
Goedeke, Fischart Flöh Haz
2344
(
Straßb.
1594
):
Jch wolt, es müst ohn wadel sein | Ain jeder muckenwedelmacher, | Dann es sind rechte hagelbacher.
Koppitz, Trojanerkr.
24793
(Hs. ˹
noschweiz.
,
15. Jh.
˺):
Sin schwertt waz der Krïchen hagel.
V. Anshelm. Berner Chron.
4, 207, 1
(
halem.
,
n. 1529
):
so kont Markolfus keinen bouͦm finden, der dise zoberin und hagelkocherin woͤlte verbrennen.
Maaler
207r
(
Zürich
1561
):
Hagelaͤchtig. Calamitosus.
Helm, a. a. O.
9455
;
Stackmann u. a., Frauenlob
6, 10, 8
;
Holtzmann, Gr. Wolfdietrich
1052, 1
;
Munz, Füetrer. Persibein
7, 5
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß
162
.
3.
›Machenschaften des Menschen, Unruhe, Aufruhr‹; Ütr. zu 1.
Wortbildungen:
hagelsieder
›Händelstifter‹ (a. 1652),
hagelsiederin
(um 1450).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
21730
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
Kegen dem ubelen hagele | Diser werlde.
V. Anshelm. Berner Chron.
4, 4, 24
, (
halem.
,
n. 1529
):
ist durch dis heilige puͤntnuͤss angends abermals vergessen worden des ufruͤrischen hagels.
Schade, Sat. u. Pasqu.
2, 125, 31
(
schwäb.
,
um 1521
):
so ist großer hagel von in vorhanden über den Luther.
Schwäb. Wb.
6, 2092
;
Schweiz. Id.
7, 315
.
4.
›Hagelkorn‹ oder ein vergleichbarer niederschlagender Gegenstand, z. B. ein Stein, Schrot; Metonymie zu 1.
Bedeutungsverwandte:
hagelstein
,
schlos
.
Wortbildungen:
hagelbüchse
›mit Schrot geladenes Feuergewehr‹ (a. 1580f.),
hagelgeschröt
(16. Jh.),
hagelgestreu
›Streufüllung von Geschossen‹ (a. 1644),
hagelhafen
fiktiv für ›Kochtopf (des Teufels)‹ (a. 1562),
hageln
3 ›mit Schrot schießen‹ (a. 1634),
hagelsak
›mit Schrot o. ä. gefüllter Sack‹ (a. 1627),
hagelschiessen
(wie bei
hagel
3; 1. H. 17. Jh.),
hagelschot
›Schrot‹ (Gw wohl zu
Schott
3 ›Erde‹;
Dwb
9, 1610
).

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
13287
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
,Sich mischete blut und vuͤr | Und der hagel und der stein.‘ | Der was Stephanus wol ein, | Uf den der juden hagel viel.
Luther. Hl. Schrifft.
Sir. 43, 16
(
Wittenb.
1545
):
Er macht durch seine Krafft die Wolcken dicke / das Hagel
[
Froschauer
1530:
hagelsteyn
]
eraus fallen.
Blümcke, Hans. Gesandtsch.
178, 23
(
nrddt.
,
1603
/
05
):
Vor 6 ℔ Hagellschott bezahlett [...] 12 Denn.
Mylius
A 8v
(
Görlitz
1577
):
Grando Imber lapideus Hagel / Schoß.
Qu. Brassó
5, 431, 8
(
siebenb.
,
1615
):
ist ein grosser Hol gewesen, vie Welschnuss so gross.
Schwäb. Wb.
3, 1032
ff.;
6, 2092
f.;
Bad. Wb.
2, 529
;
Schweiz. Id.
2, 1075
;
4, 1002
;
11, 2452
.