grimmig,
grimmiglich
(letzteres vereinzelt), Adj.
1.
›wütend, zornig, hitzig, haßerfüllt (als mehr oder minder spontaner Gefühlsausbruch); verbissen, erbittert (in einem Kampf); jähzornig (als Eigenschaft und Haltung eines Menschen)‹.Bedeutungsverwandte:
entrüstet
erhizt
gach
1
gram
hirnwütig
hitzig
schellig
tobend
ungeschlacht
unsinnig
unwillig
wütig
zornig
zornwegig
zornwütig
Syntagmen:
g. sein; g. anher laufen / ausgehen / schreien / sprechen / streiten / toben, sich g. erheben, g. um sich stechen, jn. g. ansehen; der grimmige anlauf / mensch / mut / schlag / zorn, das grimmige antliz / gemüt / gesicht, die grimmigen worte
.Belegblock:
Schöpper
20a
(Dortm.
1550
): Iracundus Zoͤrnig grimmig gramm vnwuͤrß zornmuͤtig zornwegig hirnwuͤtig schellig vnwillig entruͤstet.
Luther, WA
17, 2, 335, 11
(1523
): darumb, das sie solche wort hoͤrten, wurden sie noch vil grymmiger uber yn, [...], und stainigten yhn.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
568, 1944
(Magdeb.
1608
): DEr Koͤnig sahe den alten Mann / | Mit starnden Augen grimmig an.
Ulner
463
(Frankf.
1577
): Zůrnen. Boͤß / zornig / schellig / grimmig / erhitzt seyn.
v. Keller, Amadis
422, 14
(Frankf.
1571
): [Amadis] erzörnet noch mehr [...], daß seiner feind rüstung [...] in stücker auff den platz außgestrewet wurden, also daß jnen vnmüglich, seinen grimmigen anlauff lenger auffzuhalten.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt.
8, 28
(osächs.
, 1343
): [zwêne di die tûfele hatten], di gîngen ûz alzů grimmecliche
[
swerlichMentel
: ; Var. um 1475
grausam2
: ],
alsô daz nîmant mochte gên durch jenen wec. v. Tscharner, Md. Marco Polo
70, 9
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): Das volk vurcht nicht den tot, wen si sint sundirlichin stark unde grymmege striter.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
10, 28
(nürnb.
, 1. H. 15. Jh.
): Er sol auch betrachten, wie gutig, milt und parmherczig er sey [...], ob er sey senft oder grymmig und unruig und ungestöm.
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
4, 2
(Coburg
1626
): Denn der HErr hat mich voll Jammers gemacht am Tage seines grimmigen Zorns.
Vetter, Pred. Taulers
235, 35
(els.
, 1359
): Denne sint etliche menschen so zornig und grimmig.
Ebd.
367, 14
: Lossest in [Got] mit eime minneklichen frúntlichen gůtlichen antlit, so vindest du in mit eime grimmigen zornigen urteilenden antlit.
Barack, Teufels Netz
13221
(Bodenseegeb.
, 1. H. 15. Jh.
): Den sechsten nempt man Zorn, | Von dem ist manig man verlorn, | Wan er ist grimmeklichen | Und wil nieman endwichen.
Maaler
192v
(Zürich
1561
): Grimmig / gaͤch vnd hitzig gmuͤt oder verstãd [...]. Haͤfftiger vnd Grimmiger krieg / wenn zwen zeüg wider einanderen traͤffenlich verhetzt vnd ergrimmet sind.
Sappler, H. Kaufringer
13, 401
(schwäb.
, Hs. 1464
): si lief hain in grimigem muot.
Henisch
1744/45
(Augsb.
1616
): Grimmig / wuͤtig / vnsinnig / tobend / vngeschlacht / zornig / furiosus, rabidus [...]. Ein grim͂iger vnsinniger Mensch.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch.
79, 23
(oobd.
, Hs. 1. H. 15. Jh.
): [Karulus der grozz] het ain grimmiges
(hier wohl: ›wild, urwüchsig, markant‹)
gesicht und waz acht füzz lang. Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
85, 29
(tir.
, 1464
): da hueb der fürst der chëczer an [...] mit grimmigen worten.
Ebd.
88, 39
: da der pös wüetreich höret seine güetige vnd sënfte wort, da ward er ie lënger ie zörniger vnd grimmiger vnd zoch das swërt.
Luther, WA
34, 2, 380, 37
; Peil, a. a. O.
637, 4085
; 641, 4238
; 647, 4415
; Baumann, Bauernkr. Rotenb.
412, 4
; Koppitz, Trojanerkr.
9982
; Löffler, Columella/Österreicher
1, 44, 4
; Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
546, 6
; Roth, E. v. Wildenberg
15, 18
; 46, 13
; Dietz, Wb. Luther
2, 168
.‒
Vgl. ferner s. v. austreten
5, bedacht
(Adj.) 3.2.
›grausam, unbarmherzig, menschenverachtend; gnadenlos, rücksichtslos (von menschlichem Verhalten); böse, schlecht, sündig (in moraltheologischem Sinne); fürchterlich, schrecklich (von Ereignissen und Handlungen in ihren Auswirkungen auf den Menschen)‹; ›bitter (von Kälte)‹.Bedeutungsverwandte:
böse
frefenlich
grausam
grauslich
peinlich
scharf
unbarmherzig
ungeheuerlich
unmenschlich
Gegensätze:
gut
lieblich
sanft
sanftmütig
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
12924
(nrddt.
, 14. Jh.
): Her leit den grimmigen tot | Vor alle sine irkornen | Und loste die vorlornen.
Ebd.
22210
: So sie die manicvalden not | Biz an den grimmigen tot | Und die tuvele sie bekorten.
Schöpper
21a
(Dortm.
1550
): Crudeliter. Grausamlich grimmiglich.
Luther, WA
22, 10, 36
(1544
): Wie kan denn dieser Cain so unbarmhertzig und grausam sein, das er sein eigen blut und fleisch so grimmig ermordet?
Froning, Alsf. Passionssp.
5992
(ohess.
, 1501ff.
): ich sach die grymmigen dyn kynt fahen | und eß an eyn grußlich crucz slahen.
Ebd.
6090
: Symeonis grymmig swert | das hot mich wol befunden.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
12738
(omd.
, 1338
): Dar nach jach Job: ,du bist mir hart | In eynen grymmeger gekart‘.
Ebd.
12866
: Got di selben wol irkennet | Und sy unbarmherzik nennet | Wan sy uz dem wege huchen | Und gar grymmeclich gebruchen | Der gewalt di in geben ist.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
1, 1
(Hs. ˹omd.
, 1465
˺): Grimmiger vertilger aller leut, schedlicher durchechter aller werlt, freissamer mörder aller menschen, her Tot, euch sei verflucht!
v. Tscharner, Md. Marco Polo
7, 27
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): Das volk des richis sint gar grymmege rouber, is ensi das von getwange der Tartirn si nicht enturren beginnen.
Sermon Thauleri
80b, 2
(Leipzig
1498
): ich sage dir das du vyl starcker grimmiger veinde hast.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
148v, 48
(Leipzig
1588
): Ein grawsame grimmige Hungersnoth / die zu vielen argen Rath vnd That gibet.
Ebd.
152r, 23
: das der Reuter auff dem Fahlen Pferde so viel Menschen / on allen vnterscheid [...] / gantz grimmig vberfellet.
Göz. Leichabd.
182, 17
(Jena
1664
): Wo der Tod zwei treue Herzen Grimmig von einander reißt.
Böhme, Morg.R.
151, 32
(Hs. ˹schles.
, 1620
˺): du bist uͤberall also / nur in den grimmigen Teuffeln nicht / die haben dich verderbet in sich.
Ebd.
154, 10
: Auff dieses hat nun der gantze GOtt das Juͤngste Gerichte beschlossen / da will er das boͤse von dem gutten scheiden / und das gutte wieder in die sanffte und liebliche wonne setzen / [...] und will das grimmige dem Koͤnig Lucifer zu einer ewigen behaußung geben.
Henschel u. a., Heidin
196
(nobd.
, um 1300
): Hilf dir selber noch vz der not | Sint daz der grimmige tot | Gerne bi dir wolde wesen.
Pyritz, Minneburg
2632
(nobd.
, Hs. um 1400
): Von leides grymmigen morden | Ist sie nu gar derstorben.
Gille u. a., M. Beheim
161, 467
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): des grimigen fegfeuers prant.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
17, 70
(nürnb.
, 1. H. 15. Jh.
): in dem end dez ertrichs, ist die hicz swefelischs fewers, der frost der grymmigen kelt.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
345, 4
(els.
, 1362
): Also lange din gemahel din nút geweltig ist worden so erzeuget er sich gar senftmuͤtig: wenne aber er eine wile mit dir gewonet hette, so wirde er uber dich gar grimekliche herschende.
Ebd.
785, 17
: O Kyliane du pinigist mich gar grimmeklich!
Chron. Augsb.
2, 31, 20
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): her Barnabas was ain pös und griemiger her.
Qu. Brassó
5, 438, 37
(siebenb.
, n. 1646
): Sobald der Battory vermerkt, daß man ihn nicht einlassen wollt, hat er die Stadt grimminglichen belägert.
Helm, a. a. O.
16004
; Feudel, Evangelistar
138, 21
; 24
; Sachs
2, 297, 33
; Päpke, Marienl. Wernher
6835
; 9871
; Brandstetter, Wigoleis
216, 23
; Chron. Augsb.
1, 279,
Anm. 2; 2, 28, 17
; Eschenloher. Medicus
49, 24
; Klein, Oswald
22, 66
; Voc. Teut.-Lat.
m viijr
; m vijv
.‒
Vgl. ferner s. v. abländen
2, 1
acht
7, aller
1, aufhalt
1.3.
›gefährlich, furchterregend, bedrohlich, wild (von Tieren)‹.Belegblock:
Peil, Rollenhagen. Froschm.
96, 1672
(Magdeb.
1608
): Fuͤr Fewr / fuͤr Dieb / fuͤr Kriegesknecht / | Fuͤr der grimmigen Thier Geschlecht.
Perez, Dietzin
1, 406, 9
(Frankf.
1626
): sagt aber doch [...] seiner lieben Haußfrawen mit waren worten zu / sich an keine hawende Schwein oder andere dergleichen grimmige Thier zu wagen.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
38, 13
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): di lewin do gar groz sint unde grymmyk.
Kehrein, Kath. Gesangb.
2, 621, 8
(Leipzig
1537
): Vnder dir [Gott] ist der hellisch trach, | Der grymmigk law muß fliehen dich.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
1, 26, 24
(Straßb.
1466
): wann inwendig seint sy grimig wolff
[Var. um 1475
zuckend2
: ;
reyssendeLuther
1545: ].
Päpke, Marienl. Wernher
3649
(halem.
, v. 1382
): Kament sú do fúr ain hol | Grosser, grimmer draken vol. | Die kament mit grimlichem můte | Gegen dirre samenunge gůte.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
128, 32
(oobd.
, 1349
/50
): diu haizt rê ze däutsch und ist gar ain grimmigz tierl under seinem gesläht.
Karnein, Salm. u. Morolf
555, 5
; Wyss, Luz. Ostersp.
3, 94, 284
; Pfeiffer, a. a. O.
161, 6
; Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 70
.‒
Vgl. ferner s. v. bedrauen
1.4.
das Normalmaß übersteigend, ›heftig, arg, sehr, stark, schlimm‹; speziell: ›lautstark (von Geräuschen)‹.Belegblock:
Peil, Rollenhagen. Froschm.
537, 976
(Magdeb.
1608
): das Manthier nam sein schwerdt / | Vnd schlug so grimmig auff das Pferdt / | [...] | Das es aus schreckn die sprach verlorn.
Froning, Alsf. Passionssp.
2403
(ohess.
, 1501ff.
): die Judden han eren nyt | ßo grymmiglichen uff mich geleyt!
Gille u. a., M. Beheim
70, 21
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): von solchen ern so hohen | Viel er in hochvart grimiclich | und sprach hochmutigelichen.
Sachs
17, 460, 7
(Nürnb.
1562
): In dem die stud den fuß auffzug | Und den wolff gar grimmiglich schlug | Ant stiren mitten auff den kopff.
Ebd.
17, 495, 1
(1558
): Der hunger ihn noch grimmig kehrt, | Das er sein eygen fleisch auch fraß | Und dennoch nicht ersettigt was.
Päpke, Marienl. Wernher
11256
(halem.
, v. 1382
): Wan alles ertrich erschutte sich | Von bidnen, citeren grimeklich.
Heydn. maister
16v, 3
(Augsb.
1490
): ist ein offen vnd das ander ein verborgen übel. Vnd ein schedliche betruͤglicheit vnuerhoft / ist grÿmmiger vnd krefftiger czů schaden dienene.
Klein, Oswald
49, 23
(oobd.
, 1408
?): Los, frau, und hör des hornes schal, [...] | wachter! ich spür dein zoren michel gross. | [...] | das horen pollret grimmikleich.