gerichtszwang,
der
;-s
, auch -Ø/gerichtszwänge
.1.
›Gerichtsbarkeit, Gerichtsgewalt; Zuständigkeit eines Gerichts‹; als Metonymie: ›mit der Gerichtsbarkeit verbundene Einnahmen‹; vgl.
gericht
I, 2.Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte, auch Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
2
ban
buttelstab
gerichtsstab
freiheit
gerechtigkeit
gewalt
der
) 5, herlichkeit
jurisdiction
oberkeit
stabszwang
1
beschwerung
frevel
gejaide
gejägede
ungelt
wunne
zol
Syntagmen:
g. haben / dulden, den g. machen / setzen / bewilligen, gerichtszwänge vermischen
; der g. unteilbar sein, dem spital zugehören, schwert und g. einander hülflich sein
; der gerichtszwänge
(Metonymie) frei sein, sich des gerichtszwanges gebrauchen
; jn. dem g. unterwerfen, dem g. unterwürfig sein
; jm. in den g. greifen, etw. mit dem g. verleihen, unter js. g. gehören, unter einem g. sitzen / wonen, dienstbar / steuerbar sein, eine stat unter einen g. bringen
; der g. des amptes / kamergerichtes / apostolischen stules / ehemannes, des hauses Burgundie
; der g. über die bürger
; der bürgerliche / freie / fremde / geistliche / weltliche / hohe / niedere / kleine / ordenliche / wilkürliche
›unverbindliche‹ / häderische g
.; der gebrauch, die ausübung des gerichtszwanges
.Belegblock:
Luther, WA
9, 704, 3
(1521
): das den mit nicht getzimen sall, ßo den weltlichen gerichtstzwang haben, stewir und schoß den geystlichen personen ufftzulegen.
Buch Weinsb.
3, 395, 8
(rib.
, 1587
): das der die stat Coln under des haus Burgundie gerichtzszwank understunde zu bringen und dem hilligen rich abzustricken.
Aubin, Weist. Hülchrath
154, 19
(rib.
, 1607
): das beider Symons und Heinrichen vurschr. erblenderei [...] im erzstift Cöllen [...] dingpflichtich gelegen seien, [...], auch gleichs anderen, under ehegerurtem unserem gerichtszwang und bän gelegenen guteren schatz-, steur- und dienstbar seien.
Köbler, Ref. Wormbs
98, 23
(Worms
1499
): So aber die güter vnteilbar weren als dinstparkeit, gerichtszweng vnd der glichen gerechtikeit unlyplicher ding soͤllen nit verteilt sonder by einem erben blyben.
Laufs, Reichskammergo.
145, 24
(Mainz
1555
): und sollen daselbst cammerrichter, urtheyler, advocaten, redner, schreyber, [...], zum cammergericht gehörendt, [...], ungelts, datz, zols und aller beschwerung, auch anderer gerichtßzweng frey sein.
Ebd.
167, 2
: vom gewalt und gerichtszwang deß keyserlichen cammergerichts in erster instantz.
Hertel, UB Magdeb.
3, 505, 28
(nd.
/omd.
, 1494
): ordentlichen gherichtszcwangk und jurisdiction ubir den rath und burger zw gebrauchen.
Thiele, Chron. Stolle
486, 19
(thür.
, 3. Dr. 15. Jh.
): wir [...] wollen ouch unsern gerichten, [...], iglichem synen uffrichtigen loufft unnd dye gerichtsczwenge in deme erkentnisse nicht vor misschen.
Schottenloher, Flugschrr.
111, 4
(Bamb.
1523
): ob sy gleich unter iren gerichtszwang gehoͤrt, hetten sy noch kein beweißliche trohe von denselben Edelleütten gehoͤrt.
Chron. Nürnb.
5, 798, 23
(nobd.
, 1516
): iedoch haben sie kainen häderischen oder genotten sonder ein willkürlichen gerichtszwang, das ist, sie [...] vermanen gütlich zu dem das recht ist.
Köbler, Stattr. Fryburg
41, 11
f. (Basel
1520
): So ein frembder hie contrahiert oder freuelt / so ist er dem gerichtß zwang vnderworffen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 146, 14
(schwäb.
, 1473
): das hinfür zü ewigen zyten der gerichtzwang mit aller zügehörd des vermeldten dorffs Baltringen dem obgenanten spital [...] zügehören sol.
Ebd.
435, 38
(1535
): dieweil aber bißher dhain gepott, verpott, gerichtzzwang, ordnungen, satzungen, frävel und statuta in vermeltem unserm dorf Oberwachingen gewesen, dardurch dann das dorf gar schädlich gemindert.
Chron. Magdeb.
2, 165, 21
; Loersch, Weist. Boppard
240, 35
; Köbler, Ref. Wormbs
113, 19
; 256, 16
; Hertel, a. a. O.
3, 503, 6
; Kohler u. a., Peinl. GO Karls V.
13, 24
; Chron. Nürnb.
5, 560,
Anm. 5; Geier, Stadtr. Überl.
570, 22
; Merk, Stadtr. Neuenb.
104, 10
; Merz, Urk. Lenzb.
97, 26
; Uhlirz, Qu. Wien
2, 3, 5129, 7
; Rwb
4, 390
; Schwäb. Wb.
3, 416
.‒
Vgl. ferner s. v. gerichtsverwalter
.2.
›gerichtliche Anordnung, Maßnahme‹; auch ›Urteil‹; zu
gericht
I, 4; 6.Syntagmen:
g. erleiden / fürchten, gerichtszwänge üben
; dem g. nachkommen
; jn. mit g. geschweigen, zu etw. bringen, jn. durch g. abstrafen, zu etw. anhalten, etw. wieder den g. fürbringen
.Belegblock:
Köbler, Ref. Wormbs
152, 8
(Worms
1499
): vnbegrifflicher vnnd vnlyphaffiger dinge mag einer entsetzt werden als dinstparkeit oder gerechtikeit gerichtszwenge zuuͤben.
Ders., Ref. Nürnberg
82, 7
(Nürnb.
1484
): EJn Burger sol seinem verpott Jn vierzehen tage͂ [...] mit verkundung vnnd Clag oder verrerm gerichtszwãg nachkome.
Sachs
20, 386, 4
(Nürnb.
1563
): Nach dem richtet man mit dem strang | Die mordbrenner nach dem grichtszwang.
Turmair
1, 167, 19
(Nürnb.
1522
): Wir setzen auch [...], das kein person, [...], in dem herzogtumb Osterreich ainicherlai rechfertigung oder gerichtzwang ân des herzogen verwilligung und zulassung zu üben oder treiben sich vermesse.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
175, 48
f.; Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 693, 17
; Rwb
4, 390
.3.
›Gebiet, Sprengel, Bezirk, das / der unter die Gerichtsbarkeit einer Rechtsinstanz fällt, Zuständigkeitsbereich eines Gerichtes‹; zu
gericht
I, 7.Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
2
biet
1
gebiet
mark
gerichtsbezirk
gerichtskreis
grafschaft
grafschaz
grundgericht
landding
landgericht
landrecht
landschranne
stab
Syntagmen:
einen g. meiden
; der g
. [wo] anfangen, sich
[wohin] erstrecken
; in einen g. gehören, in einem g. sterben, gesessen sein, eine tat geschehen, in einem g. sich gestolene güter erfinden, zu einem g. gehörig sein, ein gut in einem g. gelegen / begriffen sein, unter einem g. seshaft sein, (etw.) sich unter einem g. begeben, ausserhalb des gerichtszwanges wonhaftig sein, ein gesez ausserhalb eines gerichtzwanges brauchen, ausserhalb dem g. seine wonung haben
; der g. des gotteshauses, der stat
; der geistliche / ordenliche g
.Belegblock:
Köbler, Ref. Wormbs
155, 14
(Worms
1499
): So aber solich vnser Statrecht. statut. oder gesetz vsserhalb vnnser Stat gerichtszwengen angezogen vnd gebrucht wolten werden.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V.
109, 26
(o. O. 1532
): so sich also mit angezeigter peinlicher hanndlung gestollene vnnd geraubte farende guttere jnn einem gerichtszwang erfunden.
Ders. u. a., Bamb. Halsger.
229, 13
(Bamb.
1507
): so sol vnser Richter, in des gerichtszwang die tat gescheen ist, den andern richter, in des gerichtszwang der erschlagen gestorben wer [...], ersuchen, jme das leybzeychen volgen zu lassen.
Ebd. Corr.
207, 6
: dem geistlichenn richter, in des geistlichenn gerichtszwang gemelt annemen geschicht.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 297, 11
(schwäb.
, 1592
): in irem ordenlichen gerichtszwang, da sie gesessen und hingehörig sind.
Turmair
1, 390, 28
(Augsb.
1517
): dioecesis ,gricht‘ apud Ciceronem ,piet, grichtzwang‘.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
367, 18
(m/soobd.
, 17. Jh.
): der soll durch ainen jeden anwalt, [...], als fehr sich sein gerichtszwang erstreckt, [...] gestraft werden.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl.
1, 1105,
Anm. 2; Köbler, Ref. Wormbs
38, 5
; 108, 5
; ders., Ref. Franckenfort
43, 10
; Schnurrer, Urk. Dinkelsb.
5
; Müller, Nördl. Stadtr.
94, 24
; Gehring, a. a. O.
3, 758, 27
; Mell u. a., Steir. Taid.
42, 30
; Bischoff u. a., a. a. O.
370, 22
; Rwb
4, 393
; Pfälz. Wb.
3, 226
.