erforschen,
V.;
sehr eng vernetztes Bedeutungsfeld.
1.
›etw. herausfinden, feststellen; etw. bemerken, vernehmen, entdecken, aufdecken‹; intrans.: ›nachfragen, nachforschen; sich erkundigen‹; mit Objekt der Person: ›jn. überführen‹;
vgl.
er-
 5; 6.
Bedeutungsverwandte:
ausspähen
 1,
besehen
 2,
erblicken
 2,
erkundigen
 3,
erspüren
,
hören
,
merken
I, 9,
sehen
; vgl.
erfaren
(V.) 4; 5.
Gegensätze:
verbergen
.
Syntagmen:
j. e
. (absolut);
jn
. (z. B.
den dieb / räuber
)
e., jn
. [wie] (z. B.
fleissiglich
)
e., etw
. (z. B.
die sache / warheit, die dinge / verbrechen
)
e., jm. etw
. (z. B.
das märe
)
e., j. e
. [+ AcI, z. B.
seinen könig verloren sein
],
wan [...], wie teuer / viel [...], wo [...]
.

Belegblock:

Luther, WA
6, 321, 20
(
1520
):
Wilcher dieb odder reuber hats gerne, das er fleyssig erforschet werde?
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
1, 141, 20
(
Frankf.
1563
):
fiel im [doctor] eyn, wie bei seinem pacienten die purgation gewirckt und er sich gehub, zuͦ erforschen.
Ralegh. America
11, 39
(
Frankf.
1599
):
Ich erforschete vnd erkundigte mich bey den aller Eltesten.
Gille u. a., M. Beheim
453, 241
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Alle ding waren pald ervorst. | kain purger haimlich reden torst | Gen dem andern.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 153, 13
([
Augsb.
]
1548
):
Es ist Gottes Ehre / ain sache verbergen / aber es ist der Künige ehre / ain sache erforschen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
299, 21
(
oobd.
,
1349
/
50
):
ervorschent si [di pœsen] ain pœs mærl, daz praitent si gar weit.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
38, 4
(
moobd.
,
1478
/
81
):
Als die Hewnen erforschten iren künig verloren sein.
Mieder, Lehmann. Flor.
184, 10
;
Luther, WA
30, 2, 26, 20
;
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
31, 6
;
Welti, Stadtr. Bern
251, 19
;
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
142, 2
;
234, 5
;
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
12, 13
;
Schöpper
6b
;
Maaler
109v
;
Henisch
1181
.
2.
›(etw.) untersuchen, erkunden, prüfen‹; auch: ›etw. ergründen‹; resultativ: ›etw. (geistig) erkennen, durchdringen, erfassen‹ (meist bezogen auf Abstrakta, besonders auf religiöse Inhalte); speziell: ›etw. errechnen‹;
vgl.
er-
 5; 6.
Gehäuft Texte religiösen Inhalts und didaktische Texte.
Phraseme:
herz und nieren erforschen
.
Bedeutungsverwandte:
begreifen
 12,
beschreiben
 6,
besinnen
 5,
bewiegen
,
contemplieren
,
denken
 1; 2,
dichten
 2,
durchforschen
,
durchwülen
,
erfaren
(V.) 4; 8,
erfragen
,
ergründen
,
erkennen
 2; 3,
erkunden
 3,
erlernen
 2; 3; 4,
erspähen
 2,
ersuchen
(V.) 4,
fragen
,
1
glauben
 1,
kennen
 1; 3,
lernen
 1; 2,
probieren
 2,
prüfen
 1,
spähen
,
studieren
 1,
suchen
 1; 3,
trachten
(V.) 1; 2,
unterscheiden
,
untersuchen
,
versuchen
; vgl.
beschauen
 7.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
die verständigkeit
)
e
. (absolut);
jn
. (meist:
sich selber
)
e., etw
. (z. B.
die bedeutung / [ge]schrift / tageszeit, die heimlichkeit gottes, der natur, das gewissen / leben, übel und gut, die waschwerke / worte, tiefen dinge
)
e., etw. von jm. e., etw
. [wann, wie] (z. B.
täglich / genau / übertreflich, aus erkundigung e. S., mit fleis und ernst
)
e., j. e., wie [...]
.
Wortbildungen
erforschlichkeit
wohl ›(geistige) Erkenntnis‹ (dazu bdv.:
begriffenheit
).

Belegblock:

Luther, WA
12, 590, 1
(
1522
):
Dann es hat noch nie kain Philosophus koͤnnen erforschen und beschreyben, was der windt sey.
Ebd.
18, 456, 2
(
1525
):
so wir die schrifft genugsam erforschet und durchwuͤelt hetten.
Ebd.
47, 27, 30
(
1538
):
je weiser und kluger die leuthe sein, je mehr wollen sie in gottes sachen alles wissen, verstehen und erforsschen.
Ders. Hl. Schrifft.
Offb. 2, 23
(
Wittenb.
1545
):
ich bin / der die nieren vnd hertzen erforschet
[
Mentel
1466:
ersuͦchent
; nd. Bibel 1478:
vndersoeken
].
M. Cunitia. Ur. Prop.
158, 34
(
Öls
1650
):
Es sind aber [...] drey reyen der Zahlen / deren 2 werden bekand gegeben / die dritte ist zu erforschen.
Ebd.
175, 40
:
Der ander wichtige Nutz ist / das man unter vorgegebener Elevation [...] die tages zeit in von mittag gezehlten stunden und minuten erforsche.
Langen, Myst. Leben
170, 22
(
nobd.
,
1463
):
Zw dem ersten so sullen dy krancken fleissigklichen erforschen [...] ir leben.
Mayer, Folz. Meisterl.
76, 182
(
nobd.
,
1517
/
8
):
Wan es ist gros erforschlikeit | Gocz heimlikeit seczen ein zil.
Kohler, Ickelsamer. Gram.
34, 11
(wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
alle die teütschen namen, da mit die mensche genennet werden, solten die teütschen seligklich vnnd künstlich studiern vn̄ jre bedeütūg erforschē.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
195, 34
(
oobd.
,
1349
/
50
):
Aristotiles spricht, daz ain vorscher, der die haimlichait der nâtûr ervorschen wolt, legt hüenrair under ain küssein und sprach, [...].
Ebd.
214, 14
:
[der pischof] schol [...] mit weisem vorbetrahten ervorschen übel und guot und dar nâch rihten.
Höver, Bonaventura. Itin. A
37
(
moobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Wann der sin des leibs der dient der verstënttikayt, dye da vernüfftikleich erforschet, oder dye trewlichhen glaubt, oder verstënttigkleychhen contemplyert oder speht.
Luther, WA
8, 278, 16
;
8, 536, 28
;
10, 1, 2, 406, 13
;
28, 436, 32
;
ders. Hl. Schrifft.
Ps. 139, 1
;
Pred. 7, 25
;
Mayer, a. a. O.
17, 116
;
Dienes, E. Gros. Witwenb.
24, 13
;
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
28
;
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
416
;
Höver, a. a. O.
397
;
Maaler
109v
;
Henisch
1181
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
142
.
Vgl. ferner s. v.
abziehen
 11,
austreibung
 1,
behutsam
,
patent
 1.
3.
›jn. / etw. aufspüren, ausfindig machen‹;
vgl.
er-
 6.
Bedeutungsverwandte:
ankommen
 2,
erfinden
 2,
finden
,
nachsuchen
 1,
wissen
; vgl.
erfaren
(V.) 5.

Belegblock:

Luther, WA
28, 701, 26
(
1529
):
da sie Kundschaffer ins gelobte land schickten und des landes gelegenheit, festungen, starcke leute und Riesen erforschen liessen.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
111, 18
(
wmd.
,
1634
):
Sie [Bienen] weit, vnd breit mitt sorgen | Erforschen ihren Raub.
Köbler, Ref. Wormbs
133, 26
(
Worms
1499
):
Setzen vñ woͤllen wir das so gestolen habe solicher masse wie hieuor beschriben erforschet vñ herfürbracht würde.
Henisch
1181
(
Augsb.
1616
):
Wilt sachen erforschen / die nicht zufinden sein.
Dirr, Münchner Stadtr.
357, 6
(
moobd.
,
1340
):
Hat er dannoch seines rechten lehenherren nicht erforscht, so sol er bereden mit seinem ayd, daz er seinen rechten lehenherren nicht enwizz.
Turmair
4, 7, 22
(
moobd.
,
1522
/
33
):
Der alten und zerbrochen stet und flecken, burgstal, welche von Ptolomeo [...] erzelt werden, hab ich aus fleissiger erkündigung der kraiß und austailung des himels erforscht und erfunden.
Thiele, Chron. Stolle
466, 3
;
Merk, Stadtr. Neuenb.
162, 29
;
Dirr, a. a. O.
568, 32
;
Henisch
1181
.
Schwäb. Wb.
2, 794
f.
Vgl. ferner s. v.
adigieren
.