dunkel,
Adj.;
das Bedeutungsfeld wurde nach folgenden Kriterien untergliedert: 1 und 2 auf physikalische, 3 auf soziale Gegebenheiten und ihre Erkennbarkeit bezogen; 4 von Sachen gesagt, deren Konsistenz sich auflöst, 5 auf moralische, 6 auf medizinische Defizite, 7 (schwach belegt) auf Klänge bezogen; im Hintergrund stehen in aller Regel in Lichtmetaphern gefasste Vorstellungen von Klarheit; generell hohe Affinität zu tropischen Verwendungen; Abgrenzungen in vielen Fällen diskutabel.1.
›finster, nicht oder wenig erleuchtet‹ (von der Nacht oder lichtlosen Orten gesagt); ›trübe, neblig‹ (als Folge von Bewölkung oder Nebel); oft auch metaphorisch gebraucht: ›gottfern, sündhaft‹; offen zu 2.Bedeutungsverwandte:
dik
finster
gewülkt
neblig
trüb
wolket
wolkig
blau
blind
Gegensätze:
durchscheinig
1
hel
liecht
Syntagmen:
etw
. (z. B. der mond / tag, die kamer / sonne, das liecht
) d. sein / werden
; etw
. (Subj.; z. B. das liecht
) d. brennen;
˹etw
. (Obj.) d. stellen
, das wetter d. machen
˺ (objektbezogenes präd. Attr.); j. dunkel in der stube sitzen; die dunkle finsternis / laterne / nacht / scheibe / stat, das dunkle liecht
.Wortbildungen:
dunkelechtig
dunkelkamer
dunklig
Belegblock:
Pfefferl, Weigel. Ges.
41, 31
(Hamburg
1646
): Solches wehre das Geseze genommen für das Euangelium, den Schatten fur das Wesen, die tunckele Finsternis für das helle Licht.
Luther. Hl. Schrifft.
Am. 5, 20
(Wittenb.
1545
): Denn des HERRN tag wird ja finster vnd nicht liecht sein / tunckel vnd nicht helle.
Quint, Eckharts Pred.
1, 234, 7
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): dat sy [sonne] dunkel is an eyme ende.
Apherdianus
93
(Köln
1575
): Cubiculum obscurum dunckelkammer.
Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 29, 1
(Köln
1583
): Christus kompt, nu muß weichen von dar | Die nacht [...] | Vnd al was dunckel ist gestelt.
J. W. von Cube. Hortus
83, 27
(Mainz
1485
): daz man Centaureã sall sameln [...] vnd darnach hencken an eyn du͂ckel stait.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
12, 18
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): also das si [czouberer] machin clar wetir vinstir und tunkil.
Gagliardi, Dok. Waldmann
1, 9, 35
(halem.
, 1457
): als er hein in sin hus keme, da sesse meister Munchs sun und der Waldman tunklingen
[mixtura verborum]
in siner stuben. Maaler
93v
(Zürich
1561
): Dunckelaͤchtig oder grad als durch ein naͤbel.
Sappler, H. Kaufringer
13, 229
(schwäb.
, Hs. 1464
): das sich die nacht her swang und die kamer tunkel ward.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
56, 8
(oobd.
, 1349
/50
): Saturnus [...] ist von seiner kraft kalt und trucken und ist sein lieht tunkel.
Ebd.
75, 16
: Der [...] cometa [...] scheint uns des nahtes als ain stern [...], der pei dunkelr naht reitt.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
1, 26
(tir.
, 1464
): die liecht [...], die prinnen gar tunkhel.
Luther. a. a. O. Spr.
7, 9
; Lauater. Gespaͤnste
19v, 8
; Morrall, Mandev. Reiseb.
163, 4
; Schöpper
32b
; Maaler
411v
; Henisch
767
; Dietz, Wb. Luther
1, 461
; Schweiz. Id.
710
ff.‒
Vgl. ferner s. v. bedecken
5, befinstern
.2.
›von gedeckter, nicht heller, ins Schwärzliche gehender Farbe‹; eng anschließbar an 1.Bedeutungsverwandte:
bleich
frisch
gros
schön
schwarz
trüb
Gegensätze:
klar
lauter
Syntagmen:
etw
. (z. B. ein stein
) d. sein, die perlen d. getan werden
; der dunkle schein, die dunkle farbe / perle, die dunklen steine / wolken
.Wortbildungen
dunkelblau
lasurfarbe
dunkelbleich
dunkelfarb
dunkelgel
dunkelgrün
dunkelrot
dunkelschwarz
Belegblock:
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
126, 18
(Frankf.
1535
): Corneolus ist ein rotgeeler stein / durchsichtig vnd dunckelfarb.
Ebd.
142, 13
: Der [Jacinct] ist der aller best / der weder zuuil klar / noch zu fast dunckel ist.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
110, 5
(Frankf./M.
1568
): Auß wuͤllem Garn vber Bett vnd Tisch / | Von farben schoͤn / tunckel vnd frisch.
Neumann, Rothe. Keuschh.
1970
(thür.
, 1. H. 15. Jh.
): fellet aber der tauwe zu abund dan, | so werden sy [perlin] gar dunckel gethan.
Mylius
I 2v
(Görlitz
1577
): Cyaneus Lasurfarbe / Dunckelblaw.
Pyritz, Minneburg
5185
(nobd.
, Hs. um 1400
): Er [snabel] luchtet sam der sardonix | By andern tunkeln stein tuͦt.
Maaler
93v
(Zürich
1561
): Dunckle farb / die nit jren lieblichen scheyn hat.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 214, 2
([Augsb.
] 1548
): Tunckele wolcken on allen regen | Seind Herren / die [...] | Vil geloben und lützel geben.
Henisch
767
(Augsb.
1616
): Dunckelgeel / blaich [...]. Dunckelrot / leberfarb / schwertzlicht [...]. Dunckele / grosse / truͤbe farben.
Fischer, Eunuchus d. Terenz
123, 25
(Ulm
1486
): Tunckelblaich. Etlich sprechen tod farb.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
52, 3
(oobd.
, 1349
/50
): Der ist ain zornich man, der ain ungeschaffen antlütz hât und ain tunkelrôtez an der varb.
Ebd.
442, 14
: Chrysolitus ist [...] mervar, alsô daz er tunkelgrüen ist.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
271, 310
; Ziesemer, Marienb. Ämterb.
155, 20
; Beckers, Bauernpr.
59, 3
; Jahr, H. v. Mügeln
2480
; Neumann, a. a. O.
1976
; Pfeiffer, a. a. O.
444, 17
; Klein, Oswald
33, 1
; Bauer u. a., Kunstk. Rud.
62
; 143
; 146
; 644
; 1923
; 2364
; Mylius
I 1v
; I 2r
; I 2v
; Henisch
409
; 767
f.; 1004
f.; 1762
; Schweiz. Id.
13, 712
f.; Matzel u. a., Spmal. dt. Wortschatz.
1989, 311
.‒
Vgl. ferner s. v. adamant
1, allectorius
, in
(Präp.) 12.3.
›schwer zu verstehen, un-, missverständlich; unbestimmt, undurchsichtig, unklar‹ (von Worten und Texten gesagt); auch: ›verborgen, verdeckt‹.Bedeutungsverwandte:
abgekürzt
abkürzen
figürlich
finster
metaphorisch
rätersch
übersezt
ungefär
unlauter
unverständlich
verwickelt
zweifelhaftig
blau
blind
halb
heimlich
krautwälsch
lächerlich
leise
taugen
Gegensätze:
1
hel
klar
liecht
verständlich
Syntagmen:
etw. d. sein
; etw
. (z. B. schriften / worte
) d. machen / reden / setzen
; j. d
. [wo] einhergehen, etw
. (z. B. ein vertrag
) d. stehen
; der dunkle verstand, die dunkle historie, die dunklen gleichnisse / reden / schriften / sprüche / worte
.Wortbildungen:
dunkelfrage
Belegblock:
Anderson u. a., Flugschrr.
12, 5, 26
(Wittenb.
1522
): Jhr dorfft mir auch nit figuren vnd dunckell schrifften hertragen. Jch wil klare vnd lichte schriffte͂ haben.
Luther. Hl. Schrifft.
Dan. 5, 12
(Wittenb.
1545
): verstand vnd klugheit Trewme zu deuten / tunckel
[
raͤtterschWormser Proph.
1527 / Froschauer
1530: ]
Sprüche zu erraten / vnd verborgen Sachen zu offenbaren. Loesch, Kölner Zunfturk.
2, 326, 42
(rib.
, 1452
): want dan dat verdrach [...] dunkel steit.
Gropper. Gegenw.
5v, 20
(Köln
1556
): von vnnoͤten ist in dise so Helle Klare wort einichen dunckelen Metaphorischen oder Figurlichen verstandt eynzufüeren.
Ebd.
12r, 26
: die [Jünger] doch zuuor von jm [Herrenn] so fill wunderzeichenn gesehen / darzu so fill dunckler gleichnissenn / vnnd sprichwort gehoͤrt.
Alberus
d jr
(Frankf.
1540
): Aenigma [...] dunckelfrag / raͤtersch.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
302, 38
(thür.
, 1474
): solliche schriffte, dy etwaz tungkel gesatczt ist.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 65, 5
(Coburg
1634
): Aus diesem folget / daß ein Redner sich zu huͤtten habe vor dunckeln / zweiffelhafftigen [...] Worten vnd Reden.
Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 8, 10
(orhein.
1520
): daß wir nit eim ieglichen glisner lichtlich glouben söllen siner glatten einfaltigen tunklen worten.
Schmidt, Rud. v. Biberach
56, 6
(whalem.
, 1345
/60
): Daz speculatiun ist, so ein ding nv́t in im selben, want in sinem bilde wirt gesehen tvnkellich als ein ding in eim spiegel.
Maaler
93v
(Zürich
1561
): Dunckle History / Schwaͤr zeuerston.
Barack, Zim. Chron.
4, 209, 9
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): befindt sich aber, das der selb [vertrag] so tunkel und unlauter an etlichen orten.
Kummer, Erlauer Sp.
3, 226
(m/soobd.
, 1400
/40
): di herzenlieb frau mein; | [...] | [...] get dunkchel in der vinster her.
Luther, WA
7, 570, 9
; Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
5, 14
; Stambaugh, Milichius. Zaubert.
7, 30
; Opitz. Poeterey
27, 31
; Gille u. a., M. Beheim
108, 101
; Andreae. Ber. Nachtmal
78v, 5
; Henisch
767
; Rwb
2, 1153
; Dietz, Wb. Luther
1, 461
f.; Schweiz. Id.
13, 713
f.4.
›verpestet, faulig; böse, Verderben bringend‹ (von Sachen); auch: ›schwermütig, bedrückt‹ (dies von Personen gesagt).Bedeutungsverwandte:
braun
glat
schwer
Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
1, 292, 3
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): swaz diu sunne, daz ist lust der werlt, swaz mich des beschînet und berüeret, daz machet mich dunkel und brûn.
Vetter, Pred. Taulers
221, 10
(els.
, 1359
): Och das der mensche nút belibe mit tragheit und unachtsamkeit und uf sinem eigenen gemache und uf dunkel krankheit.
Goedeke, P. Gengenb.
123, 249
(o. O. 1516
): Das hirn dir auch dar von wirt leer. | Vnd wirt din gsicht dunckel vñ schwer.
Dreckmann, H. Mair. Troja
24, 8
(oschwäb.
, 1393
): ochsen [...], die so grulich flammen liezzend us dem mund, davon der nach wendig luft aller ward dunkel.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
343, 27
(oobd.
, 1349
/50
): daz selb pflaster ist guot wider daz flaischswinden, wenn sich daz flaisch an dem leib entsleuzt und swindet tunkel.
Klein, Oswald
26, 81
(oobd.
, 1427
): Mein frölichkait gab tunckeln schein, | do mich gedenck hin hinder machten switzen, | das mich der phalzgraf von dem Rein | vor kurzlich bat, ob im ze tische sitzen.
Schweiz. Id.
13, 714
.5.
›verdächtig, betrügerisch, unrechtmäßig‹; auch: ›von zweifelhafter Herkunft‹.Bedeutungsverwandte:
gefärlich
Wortbildungen:
dunkelkauf
Belegblock:
Stackmann u. a., Frauenlob
8, 25, 1
(Hs. ˹md.
auf nd. Grundlage, v. M. 14. Jh.
˺): Nu merke, tunkel biderman.
Grimm, Weisth.
1, 478, 34
(hess.
, o. J.): wir weissen, dass hinfürter alle dunkle kauff [...] verbotten seyn sollen.
Rwb
2, 1153
; Schwäb. Wb.
2, 467
.6.
›von schlechter Sehkraft, trübe, blind‹ (vom Sehsinn gesagt).Bedeutungsverwandte:
blöde
unrein
blind
geblendet
stokblind
Gegensätze:
hübsch
klar
liecht
scharf
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 27, 1
(Wittenb.
1545
): es begab sich / Da Jsaac alt war worden / das seine augen tunckel worden zu sehen.
J. W. von Cube. Hortus
103, 19
(Mainz
1485
): Der safft gemischet mit honig vñ die du͂ckeln augen vssen an do mit geschmieret machet sye clare.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
1, 144, 28
(Frankf.
1563
): seh ich noch mit roten und dunckelen augen hin und wider viel haußraht und kleyder.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
20, 27
(Hs. ˹omd.
, 1465
˺): alle lichte augen müßen tunkel werden.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
147, 22
(oobd.
, 1349
/50
): er hât des tages ain tunkel gesiht und des nahtes ain scharpfez.
Luther. a. a. O.
1. Mose 48, 10
; J. W. von Cube. a. a. O.
85, 29
; Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
82, 13
; 158, 11
; Stedtfeld, Roger-Glosse
120
; Ott-Voigtländer, Rezeptar
216v, 11
; Pfeiffer, a. a. O.
398, 4
; Eis u. a., G. v. Lebenstein
52, 11
; Henisch
767
; Dietz, Wb. Luther
1, 461
; Schweiz. Id.
13, 713
; Schwäb. Wb.
2, 467
; Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 82
.‒
Vgl. ferner s. v. abgehen
17, abschneiden
8, augenschimmel
.7.
›gedämpft, tief‹ (von Lauten).Belegblock:
Kohler, Ickelsamer. Gram.
10, 17
(wohl ˹Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺): vnd nennen dises, aͤ, a obscurum ain dunckel a.