dis-,
Lehnpräfix
je nach lautlicher Umgebung auch lat.
Herkunft; dif-
oder di-
; vgl. generell: Schulz/Basler 4, 1999, 692
ff. (jeweils mit dem gesamten Wortbildungsfeld).›auseinander, ent-, ver-, zer-‹; bezeichnet eine Trennung, Unterbrechung oder eine Umkehrung bzw. Verneinung des im Simplex Gemeinten; vgl. Georges, Neub.
1, 1691
; Kluge/S. 2011, 204
; Bestandteil zahlreicher etablierter lateinischer bzw. romanischer Entlehnungen (vgl. z. B. disciplin, dispensieren, disputation
); daneben seltene bzw. singulär in Fachtexten (Medizin, Naturkunde, Astronomie) und Wörterbüchern belegte und semantisch nur annäherungsweise (in Anlehnung an die lateinischen Referenzwörter) bestimmbare Bildungen.Gehäuft seit dem späteren 15. Jh. belegt.
Wortbildungen
(Beispiele nach Wortarten geordnet): digression
˹disconcordanz
discordanz
discrepanz
disgeneration
dislocation
disordnung
dissension
dissertation
dissimulanz
dissimulation
dissuasion
distraction
diffamieren
digerieren
discolorieren
discordieren
dissentieren
dissimulieren
dissinieren
dissolvieren
distemperieren
distinguieren
distribuieren
distringieren
divulgieren
disparat
distrahiert
Belegblock:
Zu a):
Stambaugh, Milichius. Zaubert.
6, 17
(Frankf./M.
1563
): dieselbigen werden [...] als Ketzer beyd außgeruͦffen / unnd außgeschlossen umb einer geringen Dissension / unnd zweyspaltigen meynung willen.
M. Cunitia. Ur. Prop.
228, 36
(Öls
1650
): darumb / daß [...] niemandt / der dieses in Rudolphinis gerechnete exempel / mit meinen Tabeln conferiren wolte / (so grosse discrepantz befindende) in die gedancken geriethe [...].
Lutz, Buch Alfadol
184, 25
(obd.
, n. 1478
): Dises tode wirt sein von kelten oder ander disordenung willen.
Sudhoff, Paracelsus
10, 527, 12
(1536
): und ist ein apostem desselbigen glits, wie dan die disgeneration geben hat.
Ebd.
111, 19
: wiewol zu solcher dislocation mer gehört als alein cura tartari granulosi, so ist dasselbig im buch de podagra gnugsam begriffen.
Ebd.
178, 19
: die discordanz so die frau und man gegen einanderen haben.
Ebd.
13, 179, 17
(um 1530
): Nun merkent aber vom irgang der sternen, das sich oftmals begibt, das ein disconcordanz in inen sich zutregt, also das ofte die wintersternen im somer aufsteigent.
Rot
306
(Augsb.
1571
): Dissertation, Ein lange red / ein vilfaltige red. [...]. Dissimulation, vnnd Dissimulantz, vergleichßnung / verstaltung / verhellung. [...]. Distraction. Verziehung / entfrembdung / absündrung.
Zu b):
Dedekind/Scheidt. Grob.
144, 8
(Worms
1551
): Auch ob du viler gstalten wein | Den gesten soltest schencken ein / | So laß dich das nicht sehr vexieren | Wie du jn solt distribuieren.
J. W. von Cube. Hortus
75, 12
(Mainz
1485
): balsam ein droppen in wasser geworffen fellt zuͦ grunde vnd dissoluiert sich dar inne vnd machet das wasser wyß.
Sudhoff, Paracelsus
6, 441, 21
(1528
): ist des menstruums [...] zu wenig, so gibt es
[die Mixtur]
im sein maß, ist es discolorirt wider die natur, so bringt es im seine farben auch. Ebd.
11, 52, 17
(1537
/41
): was nicht discordirt, sonder coniungirt sich, da folgt hernach ein kint.
Jörg, Salat. Reformationschr.
36, 15
(halem.
, 1534
/5
): jch / wil [...] beschryben [...] wie die [fürnemsten] wider eyn andern dissiniert / und gstanden sind.
Rot
306
(Augsb.
1571
): Dissentirn. Anders gesinnet sein / Mißhellen / zwytrechtig / od’ vneinig eins dings halben sein. [...]. Dissimulirn. Nit dergleichen thuͦn. [...]. Distringirn. Verstricken / strengen / streng zugürten / starck zamhalten. [...]. Diuulgirn, Gemein machen / vnder das gemein volck außbreyten.
Eis, Gesundheitsl.
165, 4
(oobd.
, 1520
/30
): [aͤpffel] haben die eygenschafft, das sy stercken dy vorgengsten glyder [...] so sy distemperirt seyn yn der waͤrm.
Zu c):
Gropper. Gegenw.
5r, 7
(Köln
1556
): Soliches wirckt vnd erfordert die natur der Disparaten dynge / so nit eyner natur seindt.
M. Cunitia. Ur. Prop.
228, 33
(Öls
1650
): wann der Mensch etwas distrahiret, oder mit andern geschaͤfften und concepten verwirret ist [...].