1
borgen,V.
1.
›auf etw. achthaben, für etw. Sorge tragen‹.Belegblock:
Gille u. a., M. Beheim
80, 230
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): Und hast angst oder sorge | und pist vorchtig sam umb dein heil, | so schik dich czu guthait und eil, | nicht lenger du des porge.
Adomatis u. a., J. Murer. U
318
(Winterthur
1566
): So wil ich nüt mit zschaffen han | wie ich üch gester ouch zeygt an | Hand ir in gricht und stand in sorgen | so lan ich üch ein jar drumb borgen.
Schmid, R. Cysat
6, 14
; Schmid, Pilgerreisen.
1957, 407
.2.
›mit jm./etw. Nachsicht üben‹, auch ›jm. etw. nachlassen, ersparen‹.Belegblock:
Kurz, Waldis. Esopus
1, 75, 22
(Frankf.
1557
): O Jupiter, erhoͤr mein klag, | Mich mit eim andern Herren versorg, | Der mir zum theil die arbeit borg.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
547
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): mir ist nutz verborgen | Weder an dem abent noch an dem morgen. | Ich mag wol baiten und borgen, | Ob sich der mensch well versorgen.
3.
›jm. (mit dessen Versprechen der Rückgabe) etw. leihen, zur Verfügung stellen‹.Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
4865
(nrddt.
, 14. Jh.
): Wen enzware wiltu borgen | Und nicht dar umme sorgen | Daz du vorgeldes ie enhant, | Du werdes dar umme geschant.
Köbler, Ref. Wormbs
258, 26
(Worms
1499
): so vnser Burger vndersassen vnd verwanten einer dem andern etwas verkaufft lyhet borgt oder vertruwet mit geding.
Küther, UB Frauensee
352, 2
(thür.
, 1524
): Auch sal er den nachwernn, den jungfrawen unde unsserm gesinde, ßo sie nicht gelt haben, byß czu sant Michelß tag an geverde borgen.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk.
6, 34
(osächs.
, 1343
): wan di sundêre borgin ouch den sundêren, ûf daz si glîch wider nemen.
Ebd. L.
11, 5
: borge mir drů brôt.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 60, 25
(Hagenau
1534
): Ich wolt dir lieber einen gulden borgen / denn einen pfenning.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
72
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): So müstist dich in allen schmiegen | und lernen liegen und triegen | Und angsten und sorgen, | Ob dir iemen wölt lihen und borgen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
93, 17
(Basel
1494
): Ich will vom übernütz nit schriben | Den man mit zynß / vnd gült důt triben | Mit lyhen / blätschkouff / vnd mit borgen.
Niewöhner, Teichner
309, 28
(Hs. ˹moobd.
, 1360
/70
˺): er gewint zwivalt pein | wer einem tumen porgt daz sein.
Schöpper
84b
; Serranus
41r
; Maaler
75r
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
92
; Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 119
; Dietz, Wb. Luther
1, 328
; Preuss. Wb. (Z)
1, 728
; Schwäb. Wb.
1, 1297
; Schweiz. Id.
4, 1575
; Öst. Wb.
3, 626
f.; Rwb
2, 411
f.; Schirmer, Kaufmannsspr.
36
.4.
›jm. etw. (auf Kredit) geben‹.Belegblock:
Pyritz, Minneburg
1476
(nobd.
, Hs. um 1400
): Der wirt dir borgen wil.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 288, 27
(Hagenau
1534
): Es ist keyn wirt so arm / er kann einem gaste ein malzeit brot borgen.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 33, 21
(schwäb.
, 1574
): es soll auch bei straff eins guldins ein jeder wiert eins erbarn rats underthonen jedem nit mehr, dann ein zech und keinswegs weiter borgen.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
2, 715, 68
(schwäb.
, um 1600
): Eß sollen auch die würth keinem underthonen über 1 fl. nit borgen.
Henisch
111
(Augsb.
1616
): Es ist kein wirt so arm oder schlecht / er kan einem gast ein zeche oder mahlzeit borgen.
Dirr, Münchner Stadtr.
186, 16
(moobd.
, um 1310
/2
): Swer einer hausfrawͤn ân ires wirtes willen peitet oder porget oder von ir geheizze oder geluͤb oder pfant in nimet.
Klein, Oswald
72, 11
(oobd.
, 1431
/2
): Der wiert wil uns nicht borgen | das ist mein grösste klag.
5.
›sich von jm. etw. (mit dem Versprechen der Rückgabe) ausleihen, geben lassen‹.Belegblock:
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Mt.
5, 42
(osächs.
, 1343
): Und wer von dir bittet, dem gip; und wer von dir borgen wil, nicht kêre dich abe.
Feudel, Evangelistar
122, 19
(omd.
, M. 14. Jh.
): unde wer icht czu dir wil borgen, kere dich von ym nicht.
Fischer, Brun v. Schoneb.
8562
(md.
, Hs. um 1400
): dar umb han ich vil gesorget, | also gener der zun juden borget.
Fastnachtsp.
784, 31
(nobd.
, 15. Jh.
): Ich scholt im sein hochzeit versorgen | Und scholt darauf außschwern und porgen. Ich kan nichz kaufen mit lerer hant.
Thiele, Minner. II,
8, 82
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): auch bringt es manchen in sorgen | das er dar nach muß borgen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
78, 23
(Basel
1494
): Wer me verzeret dann er gewynnt | Vnd borget vil / so jm zerrynnt | Wer zücht syn frow eym andern vor | Der ist eyn narr / gouch / esel thor.