bestreichen,
V., unr. abl.
1.
›jn. (auch: sich) / etw. (z. B. einen Körperteil, eine Wunde) mit einer Flüssigkeit oder einer schmierfähigen Substanz zum Zwecke der Heilung, Hautpflege u. ä. einreiben; etw. (z. B. einen Ofen) ausmauern, auskleiden‹; offen zu 2.Phraseme:
jm. das maul bestreichen
›jm. Brei um den Mund schmieren und ihn dadurch hinters Licht führen‹.Bedeutungsverwandte:
aufmachen
ausstreichen
beschmieren
bestechen
salben
schmieren
besalben
Syntagmen:
jn.
(z. B. den wassersüchtigen / das kind
) / etw.
(z. B. den hirnschädel / leib / schaden, die geschwulst / stirn, das auge / bein / kalb
) mit etw.
(z. B. mit aloe / ambra / arznei / balsam / blut / honig / milch / myrre / öl / saft / salbe / tau / tymian / wasser
) b.
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
15731
(nrddt.
, 14. Jh.
): Daz man in daz houbet wole | mit gesegentem boum ole | Bestreich.
Luther, WA
16, 224, 22
f. (1524
): das durch die predigt das blut sol uber sich gesprenget und die uberschwellen damit bestrichen werden, [...]. Das ist denn ein recht bestreichen, und da ist denn das Blut Christi zwischen Gott und mir.
Ebd.
30, 2, 254, 15
(1530
): Mit S. Annthonius hailigthumb senckel gurtel bestraichen.
Ziesemer, Proph. Cranc Ez.
23, 40
(preuß.
, M. 14. Jh.
): du [...] bestrichst dyne ougen mit sminke
[
schmincktest dichLuther
1545: )
allumme. Keil, Peter v. Ulm
217
(nobd.
, 1453
/4
): nym pier-heffen vnd smir dich domit im pad. Bestreichestu den wassersichtigen, er schwitzet die sucht von im.
Adrian, Saelden Hort
1588
(alem.
, Hss. E. 14.
/15. Jh.
): du solt daz kint bestrichen | mit gnaden richem touwe.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
4018
(schwäb.
, 1453
): Die het gemacht ein zobersalb | Da mit bestreich sü wol das kalb.
Klein, Oswald
21, 60
(oobd.
, 1416
): und ire liechte öglin klar | mit swarzer farb bestreichet.
Weitz, Albich v. Prag
163, 1
(˹oobd.
, A. 16. Jh.
˺): du machst auch bestreichen die geschwulst vmb die wunden mit dem safft des selben krauttes.
Wiessner, Wittenw. Ring
2995
(ohalem.
, 1400
/08
): Ie mer sei zieret iren leib | Mit bstreichen und auf machen.
Eis u. a., G. v. Lebenstein
35, 1
(oobd.
, 15. Jh.
): wollich fraw nicht geren grab wirt, die pestreich das har da mit.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
113, 7
(moobd.
, 1473
/8
): Medea het mit einer reichen salben [...] | sein werden leib pestrichen allenthalben.
Froning, Alsf. Passionssp.
7537
; Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
124, 17
; 152, 11
; 160, 10
; Beyer, UB Erfurt
2, 35, 1
; 41, 8
; Keil, a. a. O.
166
; 257
; Ott-Voigtländer, Rezeptar
203r, 21
; 211v, 10
; 212r, 15
; Rohland, Schäden
366
; Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 55
; Päpke, Marienl. Wernher
3871
; 8026
; Schlosser, a. a. O.
5512
; Brandstetter, Wigoleis
218, 1
; Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
230r, 19
; 239v, 20
; Kummer, Erlauer Sp.
3, 42
; Voc. inc. teut. c
vijr
; Maaler
64r
; Volkmar
330
; Henisch
335/6
; Schweiz. Id.
11, 2015
; 2018
; Schwäb. Wb.
1, 942
.‒
Vgl. ferner s. v. ambra
1, bache
1, paralis
.2.
›jn. / etw. mit Hilfe eines Pinsels, Spatels oder anderen Instruments mit einer dünn- oder zähflüssigen Substanz bedecken, anstreichen, anmalen‹; auch ütr.Bedeutungsverwandte:
aufmachen
ausstreichen
berüren
Syntagmen:
jn. / etw. mit blut / farbe / honig / leim b.
, die augen mit schminke b.
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
2. Mose 12, 7
(Wittenb.
1545
): solt [...] beide Pfosten an der Thür / vnd die öberste Schwelle da mit [Blut] bestreichen.
Ebd.
Jud. 16, 10
: SJe bestreich sich mit köstlichem Wasser.
Helbig, Qu. Wirtsch.
1, 102, 26
(md.
, 1377
): Welche schüchwirt adir ledirsnyder wirt besayt mit bestrichem ledir [...], der sal büszen [...] zwenczig schilling.
Pyritz, Minneburg
2387
(nobd.
, Hs. um 1400
): ires hertzen gůmen | Bestrich mit mynnen honge.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
7, 204, 5
(Straßb.
1466
): Das aller reynest golde wirt nit gegeben vmb sy [weysheit] [...]. Noch enwirt verlihen dem bestrichen mit den varben an dem tag.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
2139
(schwäb.
, 1453
): was ist die varb, | Damit du mich bestrichen wilt?
Henisch
336
(Augsb.
1616
): Auß einer buͤchssen mag man nicht zugleich zwo wende bestreichen.
Hübner, Buch Daniel
2580
; Vetter, Pred. Taulers
166, 1
; Adrian, Saelden Hort
116
; Voc. inc. teut. s
vijv
; Maaler
64r
; Dietz, Wb. Luther
1, 284
; Schweiz. Id.
11, 2018
.‒
Vgl. ferner s. v. abtun
8, anbereitung
.3.
›die Innenseite von Kissen oder Federbetten zum Zweck der Abdichtung, zur Vermeidung des Durchdringens von Flaumfedern u. ä. mit wächserner Masse, Kleister bestreichen‹; Spezialisierung zu 2.Bedeutungsverwandte:
waschen
Wortbildungen:
bestreichete
bestreichgeld
bestrichgeld
bestreichmel
Belegblock:
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern
851, 30
(halem.
, 1591
): und die wyber deß wöschens und uffhenckens, bestrychens [...] sich ... zemuͤßigen.
Chron. Augsb.
8, 453, 15
(schwäb.
, zu 1563
): daß [...] weder der gesunden noch krancken bettgewandt [...] alhie bestrichen oder gesunnet werden soll.
Pfälz. Wb.
1, 737
; Schweiz. Id.
2, 270
; 11, 2016
ff.4.
›etw. schönfärben, beschönigen, bemänteln; jn. betrügen, anschmieren‹; Ütr. zu 2.Bedeutungsverwandte:
vgl. beschönen
Belegblock:
Niewöhner, Teichner
428, 33
(˹moobd.
, 1360
/70
˺): so ist worhait war | und dw lug gelogen gar, | an daz mans mit chunst bestreichet, daz di lug der worhait geleichet.
Schweiz. Id.
11, 2017
.5.
›etw. bedecken, sich über etw. (in den Belegen: eine Fläche, ein Gebiet) hin ausbreiten (vom Schatten des Mondes bei Mondfinsternis gesagt)‹.Syntagmen:
den trakt / das revier b.
Belegblock:
M. Cunitia. Ur. Prop.
256, 44
(Öls
1650
): die gantze revier der Erd-Kugel [...] / die von dem penumbra und umbra Lunæ [...] bestrichen worden.
Ebd.
261, 17
.6.
›etw. glattstreichen, glatt abstreichen, ebnen, ausgleichen‹; speziell: ›über den Meßbehälter hinaus angehäuftes Korn abstreichen‹.Phraseme:
etw. mit etw. bestrichen sein lassen
›etw. sein Bewenden haben, gut sein lassen‹.Bedeutungsverwandte:
1
gleichen
1
messen
ausstreichen
Belegblock:
Luther, WA
30, 2, 307, 1
(1530
): lassets damit bestrichen sein.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm
6084
(preuß.
, 1331
): Der erden estrich glichet | Daz fuer und bestrichet.
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl.
3, 502, 29
(mosfrk.
, 1335
): tria mlr. avene partim alte mensure, ut in vulgari dicitur gehuift, et partim [...] plane mensure, ut dicitur vulgariter bestrichin.
Mon. Boica, NF.
1, 15, 5
(nobd.
, 2. H. 14. Jh.
): von dreien teiln eins lehens drey metzen habern gehaufter und einen metzen bestrichen.
Rennefahrt, Gebiet Bern
144, 28
; Pfälz. Wb.
1, 737
.7.
›jn. mit dem Kruzifix, der Hostie, einer Reliquie oder einem Heiligenbild segnend berühren‹.Belegblock:
Buch Weinsb.
2, 3, 10
(rib.
, um 1560
): uff sontag invocavit ist s. Hupertz hilthumb [...] im haus gewest [...]; da beiert man und offert bestrichen riemen und broit.
Thiele, Minner. II,
13, 90
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): wer mich da mit [heiltum] bestricht.
Schmitt, Fachprosa
105, 23
(alem.
, 1510
): betler, [...] die hostiatim von hauß zu hauß gond vnnd bestreichen die houtzen vund hützin mit vnser frawen oder mit eim andern heiligen.
Primisser, Suchenwirt
11, 68
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): Daz chrewͮtz [...] | [...] | Da mit der průder mich bestraich | Und mich in gotes segen gab.
Schweiz. Id.
11, 2015
; Schwäb. Wb.
1, 942
.8.
›jn. verprügeln‹; offen zu 9.Phraseme:
jm. die nähte b.
Belegblock:
Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 133, 16
(Wittenb.
1524
/5
): Ist niergent mer ein dapfer man, | der mir [Babst] uf diß mal bei wil stan? | Ich theil mit im mein halbes reich, | Daß er den mönch redlich bestreich.
Sachs
17, 153, 32
(Nürnb.
1554
): ich muß dich noch baß puffen, | Dich mit dem holtz bestreichen baß.
Ukena, Luz. Sp.
839
(halem.
, 1575
): Ich wil v̈ch dnät bas bestrychen / | Ich han bis har nit than derglychen.
9.
›jn. belehren; jn. bestrafen, maßregeln‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. bestrafen
Belegblock:
Fischer, Folz. Reimp.
8a, 316
(Nürnb.
1479
): Das unser yder selbs verstunt | sich einem thorn gescheczet gleich, | Seyt das ein has den ein bestreich.
Niewöhner, Teichner
283, 96
(˹moobd.
, 1360
/70
˺): daz er in nach bestreich | mit der puezz.
10.
›jn. überkommen, überfallen, über jn. hereinbrechen (vom Tod gesagt), von jm. Besitz ergreifen‹.Bedeutungsverwandte:
besitzen
begreifen
Belegblock:
Hübner, Buch Daniel
5703
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): Daz er [Got] uns [...] | Vuͤre wec uz Sodoma | [...], daz uns icht alda | Bestriche ewiger tot.
V. Anshelm. Berner Chron.
4, 524, 28
(halem.
, n. 1529
): dass das glat Tuͤfeli der fromen, schlechten gemeinden voͤgt, undervoͤgt, weibel, wirt und schriber ouch hat besessen und bestrichen.
11.
›jn. erwischen, auf frischer Tat ertappen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. angreifen
Belegblock:
Mell u. a., Steir. Taid.
5, 133, 3
(m/soobd.
, 17. Jh.
): wo einer darin [pangewässer] begriffen oder bestrichen wüerd, der ist dem hern zur bues 60 ₰ verfallen.
Schweiz. Id.
11, 2018
.12.
›etw. berühren, streifen, kurzfristig wahrnehmen‹.Belegblock:
Reissenberger, Väterb.
480
(md.
, Hs. 14. Jh.
): Swaz er ie bestrichen | Hete guter lere, | Die hafte an im so sere.