2
bescheren,
V., unr. abl.;
zu
bescheren
›das Haar abschneiden‹ (
Dwb
1, 1562
).
›(jm., auch: sich) die Haare, (einem Tier) die Wolle, Borsten, Haare abschneiden, jn. / (ein Tier) scheren‹; mit verschobener Bezugsgröße: ›(den Kopf o. ä.) kahl scheren‹; in mehrfacher Richtung ütr. oder spezialisiert, dann z. B.: ›jn. tonsurieren, jm. eine Platte scheren‹; ›Münzen beschneiden‹.
Phraseme:
den esel bescheren
›Unnützes tun‹;
sich hoch beschoren dünken, hoch beschoren sein
›sich erhaben fühlen, erhaben sein‹;
beschorener fürst
›geistlicher Fürst‹.
Bedeutungsverwandte:
abhauen
 3,
abschroten
 1,
beschneiden
 4; 5,
beschroten
 1.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den knecht / wucherer, die frau / hekse
)
b., sich b. (lassen), sich kal b., jn. / sich als einen narren / toren, ein(en?) münch b., das vieh / lam / schaf b., den bart, das haupt, den kopf b
.;
pflegelichen beschoren faren, beschoren gehen
;
j
. (z. B.
die dirne, der nar
)
beschoren sein, wie ein priester, gleich einem gauch beschoren sein, ungenezt beschoren sein
;
beschorener götze / pfaffe / kopf, beschorenes schaf / fel / har, beschorene mastsau
(für jn. aus dem Priesterstand),
beschorenes priestertum / gesinde
.
Wortbildungen:
2
bescherer
(1. V. 16. Jh.),
2
bescherung
(dazu bdv.:
hackung
,
mähung
),
bescherwolle
(eine minderwertige Art der Wolle; a. 1671).

Belegblock:

Luther, WA
8, 488, 31
(
1521
):
Derhalben ist das geschmyrte und beschorne priesterthum ynn der heyligen schrifft wol gegruͤndt, spricht er.
Ebd.
8, 489, 8
:
O eyn wirdiger patron der beschornen und geoͤlten Goͤtzen.
Ebd.
32, 292, 14
(
1530
):
Die hirten beschoren sich, liffen yns kloster.
Ders. Hl. Schrifft.
1. Mose 15, 19
(
Wittenb.
1545
):
Du solt nicht [...] bescheren die Erstling deiner schaf.
Ebd.
1. Kor. 11, 6
:
Nu es aber vbel stehet / das ein Weib verschnitten har habe / oder beschoren sey.
Mieder, Lehmann. Flor.
784, 7
(
Lübeck
1639
):
Welcher vergebliche vnnuͤtze Arbeit gethan / von dem sagt man. Er hat leer Stroh getroschen? Ein leer Nuß auffgebissen: Den Esel beschoren.
Toeppen, Ständetage Preußen
2, 440, 17
(
preuß.
,
1442
):
hette man uffim ersten tage sulch andwertt gehort, do welde her umbe beschoren syn
(als Synekdoche für: ›Pfaffe geworden sein‹).
Leman, Kulm. Recht
2, 5, 65
(
Thorn
1584
):
so sal sy [wucherere] der geystliche adir der werltliche richter bescheren ofentlich.
Große, Schwabensp.
69a, 14
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
varent paffen plegelichen beschoren vnde in plegelichen gewande.
Fischer, Brun v. Schoneb.
2983
(
md.
, Hs.
um 1400
):
dine zene | sint geschaffen ane strafe | also vil beschorne schafe.
Chron. Köln
2, 532, 22
(
Köln
1499
):
do he buschof wart, satzte he zolle ind grois bescherunge
[substantivisch für: ›jn. rupfen, ausziehen‹]
ind schetzunge.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
55, 22
(
omd.
,
1487
):
Szolden Jn vnsern landen ehbrechern vnd ehbrecherÿn hare vnd cleÿder vorschnÿtten werden Jch gloẃbe ÿr worden meher geschorn gehn̄, den swartze weiße adder graẃe monche Jm lande sein.
Stackmann u. a., Frauenlob
11, 6, 13
(
nobd.
, Hs.
3. V. 15. Jh.
):
swie ho die fürsten sin beschorn.
Mayer, Folz. Meisterl.
99, 49
(
nobd.
,
um 1480
):
Beschern liß er sich allz ein torn | Und wart sich swerczen allz ein morn.
Voc. Teut.-Lat.
d iiijr
(
Nürnb.
1482
):
Bescherung oder meeung oder hackung.
Sachs
1, 399, 5
(
Nürnb.
1529
):
wer gnad hat, der soll geystlich wern, | Soll kutten tragen, kopff beschern.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
3, 426, 12
(
Straßb.
1466
):
Noch beschrott
[
Luther.
1545:
abschneiten
]
das hare in sinwell: nit bescher
[
Luther.
1545:
abscheren
]
den bartt.
Chron. Strassb.
633, 19
(
els.
,
A. 15. Jh.
):
Hildericus wart von dem künigriche gestossen und wart beschorn also ein münich.
Adrian, Saelden Hort
4869
(
alem.
, Hss.
E. 14.
/
15. Jh.
):
vil der beschornen fursten | git tůt nach gůt dursten.
Welti, Stadtr. Bern
353, 17
(
halem.
,
n. 1437
):
die wile man die schaff beschirt.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
2200
(
schwäb.
,
1453
):
Er ducht sich selb so hoch beschorn, | Als ob er weͣr herr Jacobs knecht.
Chron. Augsb.
8, 227
, Var. e (
schwäb.
,
1563
):
der
[Henker]
hat in beschoren und gebadet
[›gefoltert‹],
daß er bekent hat.
Henisch
303
(
Augsb.
1616
):
Es sind nicht alle Narren beschoren. Es ist nicht not / das man die Saͤue beschere / man kan sie wol sengen; auch nicht not die Schaff besengen / man kan sie wol bescheren.
Niewöhner, Teichner
349, 5
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
und mag nyndert ein wort gehaben | da mit er in [den holden] mocht beschern
[›ausnutzen, verleiten‹].
Munz, Füetrer. Persibein
195, 4
(
moobd.
,
1478
/
84
):
zw hanndt er dy peschar vnd auch verschnayd, | dar zúe si múesten sein schmachlich gefanngen.
Turmair
4, 322, 29
(
moobd.
,
1522
/
33
):
pauten si darnach ein kirchen den weibern zu er und einer ewigen gedächtnus, nentens ,zue der beschornen und glazeten frau Venus
.‘
Ebd.
5, 114, 21
:
herzog Thessel muest sich wider seinen willen bescheren lassen, ein pärtling und brueder werden.
Winter, Nöst. Weist.
3, 608, 6
(
moobd.
,
E. 15. Jh.
):
von ainem bescharnen lamp 1 hëlbing.
Luther, WA
23, 593, 34
;
29, 420, 4
;
37, 192, 32
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
984
;
Mayer, Folz. Meisterl.
43, 15
;
Chron. Nürnb.
2, 81, 9
;
Kurrelmeyer, a. a. O.
2, 89, 2
;
7, 145, 9
;
Drescher, Hartlieb. Caes.
197, 6
;
382, 2
;
Panzer, Merlin Füetrers
137, 4
;
Klein, Oswald
123, 2
;
Maaler
59v
;
60r
;
Henisch
303
;
Dietz, Wb. Luther
1, 267
;
Rwb
2, 87
;
Preuss. Wb. (Z)
1, 549
;
Schmidt, Hist. Wb. Elsaß
32
;
Schwäb. Wb.
1, 895
;
Schweiz. Id.
8, 1128
.