beschehen,
V., unr. abl.
1.
›geschehen, erfolgen, vonstattengehen; vorgenommen, vollzogen werden‹; mit resultativer Komponente: ›zustande kommen, sich ergeben, aus etw. resultieren‹; je nach Geschehen mit starker Betonung des Inhalts des als Subj. stehenden Verbalabstraktums, z. B.: abrede b
. ›getroffen werden‹, kauf b
. ›abgeschlossen werden‹, recht b
. ›ergehen‹, ruf b
. ›ausgehen‹; mit hinzukommender Metonymie des Subjektes: schriften b
. ›Schriften angefertigt werden‹; jeweils von Handlungen, seltener von Zuständen, die als in der Handlungsmöglichkeit des Menschen liegend gesehen werden.Syntagmen:
das anlegen / umfangen, die anvogtung / beschneidung / bezalung / fürsehung / meldung / volziehung, / rechnung / schiedung / urhebung / veräusserung / vergleichung, der heirat / kauf / mord, das werk, die abrede / reise / süne / schlacht / gerechtigkeit / gleichheit b., etw
. (z. B. gnade
) an jm. b., etw. aus / in / von
[›aufgrund von‹] etw. / jm
. [›durch jn.‹] b., b., das [...]
; beschehener kauf / nachtwunsch, beschehene fürbitte / konsekration / krönung / rede / verheissung, beschehenes ansuchen / opfer
.Wortbildungen:
beschehung
Belegblock:
Chron. Magdeb.
2, 139, 15
(nrddt.
, Hs. E. 16. Jh.
): auf beschehen Ansuchen des Keyserlichen Heroldes.
Quint, Eckharts Pred.
2, 44, 2
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Die meister sprechent, daz man enkein guot werk ein guot werk geheizen mac [...], ez enbeschehe denne in der minne.
Ders., Eckharts Trakt.
430, 7
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): daz anelegen enmac niht beschehen dan mit einförmicheit mit Kristô.
Skála, Egerer Urgichtenb.
176, 1
(nwböhm.
, 1575
): Sej domals do der mordt beschehen Zu Sirmitz Gewesen.
Gille u. a., M. Beheim
57a, 17
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): ,Was hie peschicht | von missetot | das richten wir!‘
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
191
(Nürnb.
1517
): Ist er beschlossen von dir, herr got, so beschech dein will!
Strauch, Schürebrand
30, 23
(els.
, E. 14. Jh.
): die gůten werg, die [...] von allen uwern bruͤdern und swestern ie beschohent.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
2, 120, 24
(schwäb.
, 1493
/4
): was du gern hast und wilt, das müß fuͤrgon und beschechen.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
11, 14
(Straßb.
1650
): dessen Erbieten ich zu Dank annam vnnd nach beschehenem Nachtwunsch.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1402
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Das beschiecht von Cristus minne nicht.
Schmidt, Rud. v. Biberach
69, 11
(whalem.
, 1345
/60
): Dise vrhebunge, [...], beschiht von drin sachen.
Merz, Urk. Bremgarten
145, 16
(halem.
, 1406
): da aber ein růff in allem land beschechen wz.
Sappler, H. Kaufringer
14, 39
(schwäb.
, Hs. 1464
): da der heirat nun beschach.
Drescher, Hartlieb. Caes.
145, 2
(moobd.
, 1456
/67
): was ander kúnftiger dinge durch Gott zu beschehend und wúrchende, die habent sy alle vorhin so aygentleich geweissagt.
Heydn. maister
4r, 13
(Augsb.
1490
): Als zweÿer geschlaͤcht der weÿsen meldunge beschÿhet / ein geschlaͤchtt der welschen / das ander der kriechen.
Barack, Zim. Chron.
3, 378, 29
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): ist ein gewette beschehen, ob er ein ackerross beim schwanz halten künde.
Klein, Oswald
4, 22
(oobd.
, 1421
): kain schidung zwischen ir [götlich minn] und got | beschicht nicht von in baiden.
Ebd.
20, 110
: zwai lieplich umbevahen | nahen da beschahen.
Ebd.
62, 6
: lass, frau, genad | an mir beschehen!
Munz, Füetrer. Persibein
500, 5
(moobd.
, 1478
/84
): das beschicht all ewer manhait gros zw eren, | das ich euch dienstes pin perait.
Weber, Füetrer. Poyt.
38, 7
(moobd.
, 1478
/84
): dise märe | seinr dar kumennden raise, | das durch sein tochter dy peschehen wäre.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
228, 32
(m/soobd.
, 1494
): auch darumben schriften zu beschehen not wurden.
Ebd.
449, 28
(1644
): der solle solhen orth und statt den geordneten waldmaister andeiten, [...], sodan nach beschechung dessen sich in der canzlei anmelden.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
4
(mslow. inseldt.
, 1492
): So Ein pergmeister [...] Ein pergwerich hin gibt So sall der also besch(e)nn.
Quint, Eckharts Trakt.
413, 1
; Gropper. Gegenw.
6r, 16
; 9r, 9
; Chron. Nürnb.
1, 117, 35
; 5, 522, 34
; v. Birken. Erzh. Österreich
82, 49
; Williams u. a., Els. Leg. Aurea
1, 20
; 35, 29
; Banz, a. a. O.
820
; Bernoulli, Basler Chron.
6, 455, 5
; Boos, UB Aarau
20, 32
; Dreckmann, H. Mair. Troja
13, 20
; Chron. Augsb.
8, 211, 18
; Reithmeier, B. v. Chiemsee
4, 15
; Siegel u. a., Salzb. Taid.
10, 24
; Bischoff, a. a. O.
425, 46
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
35, 19
; Dietz, Wb. Luther
1, 264
; Schweiz. Id.
8, 439
f.‒
Vgl. ferner s. v. abrede
(die
) 2, abredung
, abtreiber
1, afterweisung
, alienieren
, anbetung
2, anvogten
, anmacht
2, antworter
2.2.
als part. Adj. im Schlußprotokoll von Urkunden: ›vollzogen, beurkundet‹.Obd.; Rechts- und Wirtschaftstexte.
Belegblock:
Roder, Stadtr. Villingen
203, 8
(önalem.
, 1677
): So geben und beschehen den 5. monathstag Augusti anno 1677.
Zingerle, Inventare
81b, 41
(tir.
, 1434
): Weschechen am ertag nach corporis Christi anno domini etc. xxxiiii.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
5, 33
(m/soobd.
, 15.
/16. Jh.
): Beschehen am sambstag nach der heiligen drei könig tag.
Zingerle, a. a. O.
107b, 20
; 120a, 10
.3.
›geschehen, erfolgen, eintreten, sich ereignen‹, jeweils von Vorgängen, die als nicht in der Handlungsmöglichkeit des Menschen liegend gesehen werden.Obd.
Phraseme:
jm. beschieht zu kurz
›j. ist zu spät‹; es beschieht e. S. not
›die Sache macht etw. erforderlich‹; es ist um jn. beschehen
.Bedeutungsverwandte:
auskommen
ergehen
erstehen
Syntagmen:
etw
. (z. B. ein abenteuer, das verderben, zeichen / wunder, ein tag
) b., etw. in einem augenblicke b., etw. von etw
. (z. B. von dem unglük
) b.; b., das [...]
.Belegblock:
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
11, 6
(els.
, 1362
): Es beschach das ein iúngeling wider sinre frúnde wille noch volgende was dem heilgen sant Andres.
Ebd.
43, 8
: Der glich ist nie beschehen vnd sol númer beschehen, das got vnde moͤnsche vereinbert wúrdent, můter vnd maget.
Ebd.
746, 33
: wenne alle ding beschehent von glucke vnd von beschiht. vnd ergot iegelichem menschen als ime beschert ist.
Stammler, Berner Weltger.
7
(ohalem.
, 1465
): Der tag beschicht, das weiß ich wol.
Ebd.
141
: Der tag ist jeglicher besunder, | Beschechent zeichen vnd wunder.
Chron. Strassb.
44, 32
(els.
, 1362
): ertrunkent ouch mit im etwie vil sinr edeln dienere. daz beschach bi Rinouwe.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 362, 9
(Straßb.
1522
): Sie moͤchten in andern Doͤrffern nit daheimen sein, und moͤcht dir zů kurtz beschehen.
Bachmann, Haimonsk.
24, 25
(halem.
, 1530
): do bekant er wol, das umm inn beschechen was.
Chron. Augsb.
2, 64, 16
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): groß verderben an leib, an guet, an vil enden und stetten beschechen ist.
Koller, Reichsreg. Albr. II.
100, 3
(1438
/9
): also das er den [ban] furbasz irem amman, als offt des not beschicht, leihen und reichen moge.
Munz, Füetrer. Persibein
10, 2
(moobd.
, 1478
/84
): Nw höret frömde märe, | was zue ainr zeit peschach.
Mell u. a., Steir. Taid.
4, 27
(m/soobd.
, 1568
): so ain not von feur oder wasser erstuende oder auskeme oder ain einfall von glaubigen oder unglaubigen beschäche.
Gille u. a., M. Beheim
45, 3
; Williams, a. a. O.
9, 13
; 22, 11
; 315, 14
; 820, 33
; Stammler, a. a. O.
105
; Lauater. Gespaͤnste
20v, 13
; Rohland, Schäden, S.
365
; Sappler, H. Kaufringer
6, 21
; 12, 305
; Chron. Augsb.
2, 70, 6
; Vorarlb. Wb.
1, 298
; Schweiz. Id.
8, 439
.4.
›jm. zuteil werden, jm. erwiesen, geschenkt werden‹ (von Bezugsgrößen gesagt, die e. P. als Geschenk zufallen).Vorwiegend obd.
Phraseme:
e. S. stat beschehen
›e. S. stattgegeben werden‹; jm. genug beschehen
›jm. Genüge geschehen‹.Syntagmen:
jm. begabung / freude / gnade / heil / rat / recht, viel eren / gutes b., jm. etw. zu wissen b., der sele ein kus von der gotheit b., jm. eine liebe nacht von einer frauen b
.Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
1, 172, 5
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Wenne der sêle ein kus beschihet von der gotheit.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
352, 8
f. (els.
, 1362
): wenne durch dich ir [...] ist gnode beschehen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
898
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Da mag dir von mir als vil gütz beschehen.
Adomatis u. a., J. Murer. Z
244
(Zürich
1575
): dem Koch beschicht wol radt biß morgen.
Klein, Oswald
97, 18
(oobd.
, 1417
/8
): das im hinfür kain liebe nacht | von kainer frauen wolgetän | halt nimmer mer beschëch.
Quint, a. a. O.
1, 163, 1
; Roloff, Brant. Tsp.
1274
; 1551
; Koppitz, Trojanerkr.
30, 10
; Edlib. Chron.
8, 7
; Dirr, Münchner Stadtr.
549, 24
; Klein, a. a. O.
44, 31
; Schweiz. Id.
8, 440/1
.5.
›jm. widerfahren, jn. überkommen, jm. zustoßen, passieren, zugefügt werden‹ (von Bezugsgrößen gesagt, die außerhalb des Einflußbereiches des Einzelnen liegen und diesen überkommen).Obd.
Syntagmen:
e. S.
(z. B. des ungemaches
) b.; jm. etw
. (z. B. gewalt / hindernis / irrung / leid / mangel / ungemach / unrecht
) b., dem gotteshaus, der stat schade b., dem leichnam etw. b., jm. b., zu [...], jm. wirs b., jm. etw. von jm
. (z. B. von dem könig
) / etw
. (z. B. von der welt
) b
.; formelhaft: als oft jm. e. S
. (Gen.) not beschicht
.Belegblock:
Lauchert, Merswin
8, 19
(els.
, 1352
/70
): das eht mime lichamen vollen we beschehe.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1581
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): das mir nit als den torochten mägten beschech.
Ebd.
1655
: Alles laid und ungemach | Und was mir von der welt ie geschach!
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
86
(˹wohl Straßb.
˺ 1509
): Jch halts mit eüch / vch sy beschehen | Unrecht.
Welti, Stadtr. Bern
240, 24
(halem.
, n. 1437
): uon wem das bescheͣch, da indrent vngemaches beschige.
Henisch
302
(Augsb.
1616
): Den suppenfressern vnterweilen wehe beschicht / durch absterben jhrer Herren.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
193, 18
(oobd.
, 1349
/50
): wenn die hennen ze vil airnt, sô sterbent si schier. alsô beschiht den läuten, die sich ze vil underwindent leipleicher werk.
Hör, Urk. St. Veit
168, 35
(moobd.
, 1409
): Wir suͤllen in auch den egenanten hof mit allem zuͤgehoͤrn versten, [...], als oft in des not beschiht.
Munz, Füetrer. Persibein
189, 5
(moobd.
, 1478
/84
): das zwerg im von ainr grossen fraise sagt: | wer dar käm, wie dem pẹschech dar pey zw leyden.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
101, 18
(moobd.
, 1478
/81
): so hab ich guet hoffnung, mir beschech nicht übel von dem künig.
Turmair
4, 474, 10
(moobd.
, 1522
/33
): betrug, so mir zuegefallen ist und dem heiligen nam gottes beschicht.
Mollay, H. Kottanerin
22, 33
(moobd.
, 1439
/40
): Si solt nymer fur das haws geen, daz ıͤr nicht gewalt beschëch.
Kurz, Murner. Luth. Narr
3042
; Anderson u. a., Flugschrr.
10, 5, 4
; Schlosser, H. v. Sachsenh.
2878
; Fischer, Eunuchus d. Terenz
28, 16
; Dirr, Münchner Stadtr.
570, 16
; Koller, Reichsreg. Albr. II.
129, 17
; Munz, a. a. O.
31, 7
; 65, 2
; 179, 7
; Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
306, 4
; Schweiz. Id.
8, 441
;‒
Vgl. ferner s. v. abker
2, abstümlung
, angehen
12, anreiner
, ansaz
(der
) 2, auflegen
1, aufwerfen
8.6.
›jm. ergeht es in bestimmter Weise‹.Syntagmen:
nur in 3. P. Sing. belegt, ohne Subj.Belegblock:
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
134, 24
(els.
, 1362
): Du solt alle ior eine kercze [...] opheren, so beschith dir wol.
Dreckmann, H. Mair. Troja
19, 22
(oschwäb.
, 1393
): edliu fraw, mir und iu beschäch alz ir sprechend.
hail. altvaͤter
108v, 10
(schwäb.
, E. 14. Jh.
): wie ainem beschach der sich einer gůttaͤtt v́berhůb.
Williams, a. a. O.
251, 33
; Banz, Christus u. d. minn. Seele
1621
.