bereuen,
berauen
(beide Formen in nahezu gleicher Häufigkeit; die au
-Formen bzw. vorangehende nicht diphthongierte u
-Formen gehäuft md., aber auch nobd. und wobd.), V., unr. abl.,
vereinzelt seit dem 14. Jh. auch regelmäßig.1.
›Reue empfinden, im Zustand der Reue sein‹.Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
3276
(nrddt.
, 14. Jh.
): Swenne wir uns beruwen | Und ware bichte getuen.
Sievers, Oxf. Benedictinerr.
24, 9
(hess.
, 14. Jh.
): noch insal sich nit gedurren gevugen zu den andern biz sis sich beruwet.
Luther, WA
30, 2, 446, 18
(1530
): Bistu berewet, vnd ists ym himel also, wie wir absoluieren, so bistu absolüiert.
Dietz, Wb. Luther
1, 258
.2.
›Reue, Schmerz, Gram, Leid über etw. Selbstverschuldetes empfinden‹ (oft im Zusammenhang mit Buße).Bedeutungsverwandte:
stechen
Syntagmen:
den wan an sich selbst, am anderen b., die schande / tat / undankbarkeit, das laster, die sünden b., js. tod b
.; sich der sünde b. lassen
; ganzes bereuen
(subst.).Wortbildungen
bereuung
bereunis
stechung
Belegblock:
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
2226
(rib.
, 1444
): dat is as gebiget ind beruwet overlangs.
Thiele, Chron. Stolle
390, 6
(thür.
, 3. Dr. 15. Jh.
): do hatte on der henger vor mand, sich siner sunde lassen beruwen.
Luther, WA
30, 2, 499, 29
(1530
): denn sie berewen und straffen solchen ungewissen wahn weder an jhn selbs noch an andern.
Voc. Teut.-Lat.
ee viijv
(Nürnb.
1482
): Stechen oder berewen. conpungere.
Eschenloher. Medicus
13, 12
(Augsb.
1678
): allen den jenigen [...] so ihre Suͤnden hertzlich berewen / beichten vnd buͤssen.
Ebd.
49, 10
: Jndem er aber nach Berewung deß begangenen Jrrthumbs [...] ein Geluͤbd gethan.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
2382
; Meijboom, a. a. O.
2242
; v. Birken. Erzh. Österreich
79, 37
; Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 155, 4
; Weber, Füetrer. Poyt.
83, 4
; Eschenloher. a. a. O.
37, 5
; Voc. Teut.-Lat. fee viijv;
Schweiz. Id.
6, 1888
; Saueracker, Wortsch. PGo. Karls V.
1929, 102, 7
.3.
›jm. Reue verursachen, jm. leid tun, jn. gereuen‹; im Unterschied zu 2 häufiger in profanen Zusammenhängen.Phraseme:
es bereuet dich
(nicht
) o. ä, oft im Futur: es wird dich nicht / nimmer bereuen
›es wird Dir nicht leid tun, Du wirst es nicht bereuen‹.Syntagmen:
etw
. (z. B. der anschlag, die flucht
) jn. b., jn. / jm. b., das [...]
; ohne Subj.: jn. b., jn. e. S
. (z. B. des übels
) b
.Belegblock:
Ziesemer, Proph. Cranc Jes.
26, 3
(preuß.
, M. 14. Jh.
): und mich ouch beruywe des obils, das ich gedacht habe.
Ebd. Jer.
26, 19
: do berow den herren des obils, das er gesprochen hatte widir si?
Chron. Köln
2, 442, 15
(Köln
1499
): dat berouwede in dairnae ind zoich zo Rome bi den pais ind bichde eme.
Froning, Alsf. Passionssp.
576
(ohess.
, 1501ff.
): kommestu widder, eß beruwet dich: | [...] | es wirt dich jo kosten dyn leben!
Ebd.
3139
: das radden ich die in truwen, | want iß wirt dich nummer beruwen!
Ermisch, Freib. Stadtr.
237, 23
(osächs.
, Hs. v. 1325
): Ab wol den zolner ichtes beduchte darnach unde in beruwen hette.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
20, 10
(omd.
, 1487
): nichtes saltu an mercklichen ratt, vnd betrahtúng thún, ßo wirt es dich nicht beraẃen.
Ebd.
73, 8
: straffe deine kinder Jn der iogent wirt dich Jn ÿrem alder nicht berawen.
v. Groote, Muskatblut
24, 70
(nobd.
, 1. H. 15. Jh.
): ich Muscatplůt besynne [befinde?] daz es vns nit berůwet.
Chron. Strassb.
520, 3
(els.
, A. 15. Jh.
): also nu Liberius vier jor in dem ellende was gewesen, do berou in, daz er dem keyser nüt gevolget hette sinre bosheit.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
5, 67, 14
(Straßb.
1466
): samuel der beweint saul
.
das es het berewen dem herren das er hette geschickt. Saul zů eim kúnig. Ebd.
7, 403, 14
: er was gedenckent seines gezeugs: vnd in beraw nach der menig seiner erbermbd.
Lemmer, Brant. Narrensch. 73, Vorspruch
3
(Basel
1494
): Mancher der steltt noch geistlicheyt | Der an důt pfaffen / klosterkleyt | Den es berüwt / vnd würt jm leyt.
Ebd.
107, 50
: das vns alltag | Berüwen all vnser anschlag.
Thiele, Minner. II,
12, 144
; 31, 833
; Froning, a. a. O.
150
; Holtzmann, Gr. Wolfdietrich
1742, 3
; Preuss. Wb. (Z)
1, 532
; Schmidt, Hist. Wb. Elsaß
31
; Schweiz. Id.
6, 1888
.4.
›etw. bereuen, Bedauern über etw. (eine vollzogene Handlung, oft: ein Rechtsgeschäft) empfinden und es rückgängig machen wollen; jn. gereuen, reuen, zum Widerruf bewegen‹.Bedeutungsverwandte:
aufheben
abtreiben
gereuen
wiederreden
wiederrufen
wiedertreiben
Syntagmen:
j. etw
. (z. B. ein ding
) b., jn. b
. (ohne Subj.), etw
. (z. B. der kauf
) jn. b
.; jn. e. S
. (Gen., z. B. der verwilligung / aufnemung
) b
.Wortbildungen:
bereuung
Belegblock:
Lohmeyer, K. v. Nostitz
123, 4
(preuß.
, 1578
): Man hatt bißweilen den alten fromen hern im wingkel eines ader das ander beredet, das seine f. g. dornach berauhen.
Leman, Kulm. Recht
2, 4, 94
(Thorn
1584
): das sy nicht den kouf volvuren mochten adir beruwet is sy.
Behrend, Magd. Fragen
91, 23
(omd.
, um 1400
): Ab eyn man adir geswistirde eyn erbe vorkoufte, unde hindennach sy der kouff berewte.
Opel, Spittendorf
165, 45
(osächs.
, um 1480
): darnach möchten die von innungen [...] geschickt waren zu dem handel, beruen der vorwilligunge.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
137, 34
(thür.
, 1474
): ap sy der uffnemunge yres geborlichen teyls obir eyn jar eher addir lenger beruwen worde.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
99, 9
(nobd.
, 15. Jh.
): ob ein man were, der sein gut ufgeben hett und wolt hinwegzihen, und hett ine berawen und hilt noch in den valdthoren.
Bobertag, Eulensp.
134, 36
(Straßb.
1515
): der kouff het sie all samen berůwen.
Henisch
282
(Augsb.
1616
): Ein ding berawen / widerruffen / widerreden / widertreiben.
Ermisch, Freib. Stadtr.
142, 15
; Schwartzenbach
R jr
; Rwb
1, 1574
.