augenschein,
der
;
-s/ –.
1.
›Glanz der Augen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
augenglast
.

Belegblock:

Froning, Alsf. Passionssp.
6418
(
ohess.
,
1501ff.
):
Wo ist din augenschin? | Mit blude sie bedecket sin.
2.
›Anblick, Betrachtung von etw.; Augenschein, Evidenz; Augenmaß‹; metonymisch: ›Gesamtheit der vor Augen liegenden Umstände‹; zu
auge
 1, vgl. auch
auge
 6; offen zu 5.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anblik
 1,
ansehung
 1,
augenblik
 1,
äugung
.
Syntagmen:
den a. einnemen
;
a. etw. geben
;
sich auf den a. berufen, etw. nach dem a. anschlagen, etw. nach a. setzen, etw. im a. haben
;
a. des schadens
;
sichtbarlicher / offenbarer a.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb.
2, 709, 21
(
Nürnb.
1631
):
Nun nimm selbst ein, den Augenschein, | Daß sie im Schlaff nit reden.
Wolf, Gesetze Frankf.
315, 21
(
hess.
,
v. 1487
):
sal man die fruchte nit nach dem augenschine anslagen.
Weise. Jugend-Lust
120, 6
(
Leipzig
1684
):
da unser Hafen zur See / mit einer unbekannten Kriegs⸗Flotte gesperret wird? [...] Wie kan das moͤglich seyn? [...] Der Augenschein gibt es.
Winter, Nöst. Weist.
3, 799, 39
(
moobd.
,
n. 1589
):
sovil im geburt und der augenschein gibt.
Dietz, Wb. Luther
157
;
Rwb
1, 978
;
Schwäb. Wb.
1, 443
;
Schweiz. Id.
8, 806
/7.
3.
›äußerer Anschein, trügerisches Bild, das die Augen gegen die tiefere Erkenntnis liefern‹;
zu
auge
 1.
Bedeutungsverwandte:
gleisnerei
,
schein
.

Belegblock:

Sachs
14, 258, 17
(
Nürnb.
1553
):
Dien sie mir gleich im augenschein | Sindts doch heimlich die feynde mein.
Ebd.
17, 518, 27
(
1563
):
Ob er [freund] in not bestendig sey | Und nit steck voller hewchlerey | Und im mit gutem augenschein | Heymlich abstehl das hertze sein.
Goldammer, Paracelsus.
6, 66, 12
(
1530
):
als einer, der do fast mit vollem bauch, ist kein David. der arm ist, hat mehr dann der, der nit arm geheißen will werden. das seindt alls David mit augenschein vor den leuten.
Schwartzenbach J ijv.
4.
in den Phrasemen
(vor) augenschein sein
und
augenschein etw.
(z. B.
unrecht
)
sein
›offensichtlich, augenscheinlich sein, vor Augen liegen‹ bzw. ›offensichtlich etw. (z. B. ungerecht) sein‹.

Belegblock:

Kurz, Waldis. Esopus
1, 95, 35
(
Frankf.
1557
):
es ist vor augen schein, | Die Menschen nicht fuͤrsichtig sein.
Koller, Ref. Siegmunds
105, 38
(˹Hs.
Basel
,
um 1440
˺):
wie künnen die recht bäpst sein, die das verhengent und augenschein unrecht ist.
Tobler, Schilling. Bern. Chron.
1, 60, 27
(
whalem.
,
1484
):
als wol ougenschin were.
Schweiz. Id.
8, 807
.
5.
›amtliche, oft richterliche Besichtigung der Umstände eines Streitfalles, Ortsbesichtigung, verwaltungsrelevante Prüfung eines Sachverhaltes, Prüfung von Dokumenten‹; metonymisch: ›Ort einer rechtsrelevanten Handlung‹; ›Ortstermin‹; ›Beweisstück‹; auch Ütr. auf den Hörbereich, dann: ›amtliche Anhörung‹; Spezialisierung zu 1.
Rechts- und wirtschaftsgeschichtliche Texte.
Bedeutungsverwandte:
beschau
 3,
ersichtigung
.
Syntagmen:
den a. einnemen
(mehrfach), ˹
den a. besichtigen / sehen
(zu erstgenannter Metonymie)˺;
a. etw. ausweisen
;
jn. auf den a. berüfen / füren / schicken / verordnen, sich auf den a. verfügen, etw. auf den a. befinden / besichtigen / ziehen, auf den a. gehen / kommen, sich mit dem a. befinden, etw. in a. nemen, etw. im a. besichtigen, in a. erscheinen, zu a. kommen, beweisung geschehen durch a.
;
a. des spannes
;
gehaltener a.

Belegblock:

Kollnig, Weist. Schriesh.
14, 33
(
rhfrk.
,
1498
):
Wann einer ein cent auf einen augenschein führet und bleibt die cent in ihrer gemarkung, [...] so ist der, so die cent auf den augenschein führt, der cent 1 fl. zue lohn zue geben schuldig [...]. Da aber der augenschein ausserhalb der gemarkung in einer andern gemarkung einzuenemmen were.
Ebd.
75, 20
(o. J.):
Solle er, wann es in der allmend äckerich gibt [...], bey zeiten den augenschein einnemmen und die beschaffenheit dem centgraffen [...] notificiren.
Brinkmann, Bad. Weist.
266, 13
(
rhfrk.
,
1613
):
derenhalben bede parteien gegen einander schrift- und mundlich gehört, kundschaft eingezogen, auch augenschein eingenommen worden.
Köbler, Ref. Wormbs
278, 25
(
Worms
1499
):
an enden des buwes in Augenschyn zuerschynẽ. clag. antwort. beidteil fürbringẽ gezügnus vnd gerechtikeit nach notdurfft zuuerhoͤrn.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
21, 82, 34
(
schles.
,
1539
):
vermeinten sie aber bessere gerechtigkeit zu haben, dann wir, die sollten sie zu augenschein kommen lassen.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
755, 25
(
halem.
,
1616
):
das wir ... unß sampt den verordneten vierreren der underen gmeyd [...] uf den ougenschyn ... verfuͤgt.
Barack, Zim. Chron.
3, 283, 40
(
schwäb.
,
M. 16. Jh.
):
sein die spenn der freien gepürs uf ain augenschin gezogen worden.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 481, 29
(
schwäb.
,
1570
):
so sich dann mit dem augenschein und undergang befunde, daß im schwerlichs und unleidenlichs zugefüegt were.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
143, 7
(
mslow. inseldt.
,
1612
):
Wie nun ein Erśamber Rath, hinauß kumen, die śtrittig śoch in augenśchein genumen.
Kollnig, a. a. O.
196, 45
;
Merk, Stadtr. Neuenb.
111, 27
;
Gehring, a. a. O.
697, 45
;
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
490, 29
;
Schwartzenbach C IVv;
Rwb
1, 978
;
Pfälz. Wb.
1, 428
;
Schwäb. Wb.
1, 443
;
Schweiz. Id.
8, 806
/7.